Momentaufnahme: September 2025
Herr Silencer im September 2025
“Non chini il capo. Tua madre ti ha insegnato a tirarti su le maniche e a darti. Da fare per i tuoi cari.”
(Lass´ den Kopf nicht hängen. Deine Mutter hat Dir beigebracht die Ärmel hochzukrempeln und für deine Lieben da zu sein)
– Giuliettas Mamma
Wetter: Als hätte die Natur einen Wecker gestellt und einen Hebel umgelegt, fallen exakt am 01. September die Blätter von den Bäumen. Immerhin ist es mit 17-24 Grad noch warm und manchmal auch sonnig. Am 20.09. gibt es ein letztes Aufbäumen des Sommers, mit Sonne satt und 27 Grad. Am Tag darauf halbieren sich die Temperaturen, es regnet und nun fühlt sich alles nach Herbst an.
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From the World of John Wick: Ballerina [2025, BluRay]
Als 5jährige muss Eva mit ansehen, wie ihr Vater von einer Kommandoeinheit gejagt und getötet wird. Sie wird in die Obhut einer Assassinenorganisation übergeben und zur Killerin und zur Ballerina ausgebildet.
15 Jahre später: Nach einigen spektakulären Einsätzen beginnt die erwachsene Eva Jagd auf die Mörder ihres Vaters zu machen – nur um herauszufinden, dass sie es mit einer Sekte zu tun hat, die tief in den Alpen ein ganzes Tal für sich beansprucht. Der Alleingang wirft Wellen, und John Wick wird ausgeschickt, die Ballerina aufzuhalten.
Ich mag die John-Wick-Filme. Vom Plot sind die knackedoof, aber in sich sind sie Kunst. Dabei meine ich nicht nur die wirklich krachenden Actionsequenzen, die es so in westlichen Filmen nicht nochmal gibt. Es ist das gnadenlose “Show, don´t Tell”-Prinzip, das viele Dinge zeigt und andeutet, ohne sie ausführlich zu erklären. Oder die Beleuchtung und der Artstyle, die häufig das Gefühlsleben der Protagonisten wiederspiegeln.
Und ich mag Ana de Armas, seitdem sie in “No Time to Die” einen sehr kurzen, aber im Gedächtnis bleibenden Auftritt an der Seite von Daniel Craig hatte. Die spektakuläre Kampfszene aus dem Bondfilm wird nun in “Ballerina” auf 120 kurzweilige Minuten ausgedehnt, und natürlich sieht auch hier wieder alles nach Hochglanz aus und ist super choreographiert. Für mich schon jetzt einer der Actionfilme des Jahres und einer der besten der John-Wick-Reihe.

Thunderbolts* [2025, Disney+]
Elaine aus “Seinfeld” hat sich in verschiedenen End-Credit-Szenen diverser Marvel-Filme und Serien eine Truppe moralisch fragwürdiger Supergeschöpfe zusammengesammelt, die sie nun anscheinend schon wieder loswerden will. Und dann ist da noch Bob aus Top Gun. Hallo Bob.
Ach naja. “Thunderbolts” ist kein Totalausfall wie der letzte “Captain America” und kein CGI-Quark wir “Quantumania”. Es wirkt, als hätte man hier zumindest schon ein Drehbuch gehabt, als man begann zu filmen. Viele Stunts sind handgemacht, und auch die Schauspieler sind gut aufgelegt und machen einen guten Job. Trotzdem: Ein Burner ist “Thunderbolts” nicht.
Der Streifen leidet nämlich an starken Stimmungsschwankungen. Irgendjemand sollte den Marvel-Autoren mal stecken, das es wirklich seltsam ist, wenn man in eine Geschichte über Depressionen, Missbrauch und häusliche Gewalt ständig ironische Brechungen und pseudocoole Oneliner einbaut. Das wirkt nicht Gen-X-Ironisch cool, sondern tonal völlig deplatziert. Hätte man sich das gespart und “Thunderbolts” tonal noch etwas gedimmt, es hätte einer der besten Marvel-Filme und ein Antidot zur grassierenden Superhero-Fatigue werden können. Aber so, und mit dieser seltsamen Volte am Ende, ist der Film doch schnell vergessen.
Ach ja: Auf Disney+ ist der Ton scheiße.

Der Pate [1972, BluRay]
New York, 1945: Al Pacino kommt aus dem zweiten Weltkrieg zurück nach New York und möchte ein ehrbares Leben führen. Das klappt nicht, denn sein Papa ist nicht nur Marlon Brando, sondern auch ein Don der sizilianischen Cosa Nostra. Als auf den ein Anschlag verübt wird, muss Pacino “die Famiiiiiliiiie” beschützen und selbst zum Paten werden. Schnell steht er vor schwierigen Entscheidungen: Soll die Famiiiiliiie in Drogenhandel einsteigen, was Papa immer ablehnte?
Eine epische und sehr verwickelte Geschichte, bei der man definitiv hingucken muss. Während in aktuellen Filmen alle Charaktere immer aussprechen was sie denken und fühlen, damit der Zuschauer es auch mitbekommt, wenn er am Handy daddelt, stammt “Der Pate” aus einer Zeit, wo ein ganzer Handlungsstrang mit einem einzigen Blick durch eine Tür aufgelöst wird.

Der Pate II [1974, BluRay]
Al Pacino ist als Pate erfolgreich, will die Famiiiiiliiiie aber von illegalen Geschäften weg und hin zu auf legalem Business führen. Das klappt aber nicht wirklich gut, an jeder Ecke gibt es Verrat. In Rückblenden wird erzählt, wie Marlon Brando, der jetzt von Robert de Niro gespielt wird, 1901 nach Amerika kam und zum Paten aufstieg.
Episches Meisterwerk. Über drei Stunden lang und in Sachen Kamera, Schauspiel und Handlung der absolute Kracher.

Der Pate III [1990, BluRay]
Michael Corleone hat es fast geschafft, die Familiiiiiie ist kurz davor aus illegalen Geschäften auszusteigen. Die Casinos werden verkauft, stattdessen will man Teilhaber an der Vatikanbank werden. Das gefällt den anderen Familiiiien gar nicht, und in der Oper von Palermo kommt es zum Showdown.
Deutlich schwächer als seine Vorgänger und wirkt so, als sei er nur des Geldes wegen gedreht worden. 16 Jahre nach “Der Pate II” hat Teil drei nicht wirklich interessantes zu erzählen und mäandert mit einer Laufzeit von fast drei Stunden vor sich hin, bis am Ende unvermittelt jemand vom Stuhl fällt und der Abspann läuft. Klingt unfokussiert und uninspiriert und fühlt sich auch so an.

Cleaner [2025, BluRay]
Daisy Ridley ist Fensterputzerin im One Canada Square-Tower an der Canary Wharf in London. Dort putzt sie auch, als Terroristen eine illustre Abendgesellschaft als Geiseln nehmen. Zum Glück war Ridley in ihrer vorherigen Karriere nicht nur Jedi, sondern auch Elitesoldatin und nimmt sich die Verbrecherbande vor.
Okay, der Plot klingt, als habe hier jemand “Stirb Langsam” in London neu verfilmen wollen und das Drehbuch für Jason Statham geschrieben (Der ist abonniert auf Filme mit Jobbeschreibungen im Titel, siehe auch “Transporter”, “Mechanik” oder “Beekeeper”). Statham hatte dann keine Zeit, und so kam Daisy Ridley an die Rolle.
Anders ist “Cleaner” kaum zu erklären. Ridley spielt normalerweise in progressiven Filmen, wie zuletzt dem tollen “Young Woman an the Sea”. “Cleaner” ist aber geradezu unerträglich reaktionärer Scheiß. Die Terroristen sind nämlich Umweltschützer, was hier gleichgesetzt wird mit Anti-Humanisten, die die Menschheit auslöschen wollen. Nun bin ich gerne bereit über solchen Quatsch hinwegzusehen, wenn ich wenigstens gut unterhalten werde, aber auch das findet hier nicht statt.
Die Actionszenen sind ultrakurz, unspektakulär und sehen nach ganz viel billigem Greenscreen aus, die Physik der Wolkenkratzerfenster erratisch, die Handlung verheddert sich in langweiligen Erklärbärszenen und die Charaktere sind entweder unglaubwürdige Klischees (der Terropapst, die liebe Polizistenfrau) oder werden völlig überladen. So schleppt Ridleys Charakter neben Daddy-Issues noch Sozialkritik, Sorgen um das britische Pflegesystem und einen Bruder mit Autismus mit sich rum, dessen Autismus sich aber darauf beschränkt Marvel-Filme zu mögen und ab und zu aus dem Hintergrund zu sagen “Ich habe übrigens Autismus”.
Daisy Ridley macht zwar einen tollen Job als Actionheldin, ist aber als Fensterputzerin höchst unglaubwürdig, und Clive Owen telefoniert seine Rolle nur durch. Schade – “Cleaner” hätte cool werden können, ist aber Cringe geworden.

Heretic [2025, Prime]
Zwei junge Mormonen-Missionarinnen klopfen an die Tür von Hugh Grant. Er bittet sie herein, aber noch bevor sie ihre frohen Botschaften verkünden können fällt die Tür zu – angeblich gesichert durch ein Zeitschloss. Der Hinterausgang ist nur durch einen Keller erreichbar, und dort unten wartet nicht nur eine Prüfung des Glaubens auf die beiden.
Ich verstehe die Grundidee: Ein Charmebolzen wie Hugh Grant versucht, junge Nonnen von ihrem Glauben abzubringen. Das gibt Stoff für interessante Szenen, allerdings fällt “Heretic” schnell nach allen Seiten auseinander. Das liegt zuerst an der schwachen Prämisse und den wenig kraftvollen Argumenten, mit denen Grant hantiert. Das liegt auch daran, dass der Film sich nach kurzer Zeit nicht entscheiden kann, ob er ein Psychothriller oder ein Mummenschanz/Tortureporn-Horrorfilm sein will. Psychothriller wäre besser gewesen, so wird es zu einem kruden Mix ohne echte Richtung.
Spielen:
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Machen:
Fast nichts anderes als Arbeiten.
Neues Spielzeug:
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Ding des Monats:
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2 Gedanken zu „Momentaufnahme: September 2025“
Sehr schöner Blogeintrag mal wieder. Lese deine Monatszusammenfassungen immer gern.
Hast du von Der Pate 3 die Kinoversion geguckt oder diese neue Version “Epilog – Der Tod von Michael Corleone”? Kenne nur die Kinoversion und konne mich noch nie dazu durchringen, die neue Version zu gucken, weil ich dasselbe Gefühl hatte, Teil 3 gibt es nur des Geldes wegen…
Viele Grüße
Hi Ralf! Ich habe tatsächlich die 2008er BluRay hier, da ist nur die Kinoversion drauf. Den “Epilog” habe ich noch nie gesehen. Vermutlich ist dieser 2020er Umschnitt sogar der besser Film, weil er kürzer ist und einigen Quark weglässt. Mal gucken, ich kriege so ungefähr alle 10 Jahre mal Lust auf die “Paten”-Filme, beim nächsten mal dann vielleicht den Epilog. (Oder was dann aktuell ist. Vielleicht braucht Coppola bis dahin nochmal Geld und es gibt weitere Fassungen)