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Category: Corona-Tagebuch

Corona-Tagebuch (43): Leergefegt

Corona-Tagebuch (43): Leergefegt

Weltweit: 676.609.955 Infektionen, 6.881.995 Todesfälle, 13.338.833.198 verabreichte Impfdosen
Deutschland: 38.249.060 Infektionen, 168.935 Todesfälle
1.627 Days Gone

Schon zwei Jahre her, dass dieses Tagebuch der Covid-Pandemie den letzten Eintrag erfahren hat. Im Juli 2022 wurde die Pandemie für beendet erklärt. Seitdem mäandert sie aber noch durch die Welt, erfährt aber wenig Beachtung. Auch die obigen Zahlen bedeuten nichts mehr, denn mit einer Infektion muss man nicht zum Arzt, und wenn man doch hingeht, wird man einfach krank geschrieben und gut ist. Aufgrund der Impfungen gibt es weit weniger Todesfälle.

Im Winter war ich noch vorsichtig: Im ÖPNV oder im stickigen Klassenzimmer der Volkshochschule saß ich stets mit Maske. Jetzt, im Sommer, ist mir die aber genauso egal wie allen anderen auch.

Weg ist COVID aber nicht. Das musste ich vergangene Woche erfahren, als ich praktisch allein in der Firma war. Eine ganze Etage war leergefegt. Die Mitarbeiter:innen dort hatten sich allesamt infiziert und sind alle zeitgleich krank geworden. Bei einigen war es nur ein kurzes Fieber und danach Ermattung, einige hatten über Tage 39 Fieber und starke Schmerzen. Kein Spaß.

Aber COVID war noch nie Spaß, und am Besten ist es, das gar nicht erst zu bekommen. Ich wundere mich immer über Leute, die sagen “Ach, neulich wieder Corona gehabt, war das vierte Mal, gewöhnt man sich dran”. Ich für meinen Teil hatte bislang Glück und noch keine Infektion.

Seit vergangener Woche impft die Superapotheke hier um die Ecke wieder, mit dem neuen Wirkstoff gegen die aktuellen Subtypen wie Flirt. Gefunden habe ich die über https://www.apoguide.de/. Als Leistung “COVID” ausgewählt, Ort eingegeben und eine passende Apotheke gefunden. Nicht alle Daten in Apoguide sind aktuell, aber ein Anruf oder ein Blick auf die Apothekenwebsite verrät meist, ob hier noch geimpft wird. Viel einfacher als mit meiner Hausärztin zu verhandeln, die auf Impfungen keinen Bock hat.

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Corona-Tagebuch (42): Sommerwelle

Corona-Tagebuch (42): Sommerwelle

Weltweit: 547.500.744 Infektionen, 6.335.874 Todesfälle, 11,74 Milliarden verabreichte Impfdosen
Deutschland: 28.293.960 Infektionen, 141.189 Todesfälle
846 Days Gone

Corona ist per Dekret vorbei. Diese Anordnung wurde erlassen vom FDP-Justizminister. Flankiert wurde die Maßnahme durch rühriges Säen von Zweifeln durch seine Parteigenossen. Ob die letzten Maßnahmen wohl wirklich verhältnismäßig waren? Ob der Virus wirklich so schlimm sei? Und überhaupt: “fReiHeiT!!!”.

Jaja, “Freiheit”. Maskenpflicht gibt es fast nirgends mehr, überall wird gefeiert und in URlaub gefahren wie vor der Pandemie, und getestet wird nur noch wenig. Der Finanzminister (auch FDP) verkündete zudem, dass für kostenlose Tests nun leider, leider kein Geld mehr da sei. Vorher wurde chon wenig getest weil Testungen insgesamt eingeschränkt wurden, Arbeitgeber nicht mehr dazu verpflichtet waren und weil man mit einer mutmaßlichen Infektion nicht zum Arzt durfte. Nun gibt es also auch keine Bürgertests mehr. TROTZDEM explodieren die Infektionszahlen. Viel weniger testen, trotzdem mehr Infektionen. Das muss man auch erstmal hinkriegen.

Die Ergebnisse sind natürlich zu besichtigen. Alle hatten eine Welle im Herbst befürchtet, aber der Wegfall aller Maßnahmen in tateinheit mit den neuen Omikron-Varianten BA.4 und 5 hat gefühlt meine halbe Twittertimeline und etliche Personen aus meinem Bekanntenkreis mit COVID infiziert. Fast immer “leichter Verlauf”, d.h. hohes Fieber, eine Woche Bett, danach verschleimte Atemwege und Erschöpfung. Meiner Meinung nach nichts, was man mal so nebenbei durchmacht wie einen Schnupfen.

Naja, mir egal. Ich trage weiterhin Maske. Ich habe ein Attest.

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Corona-Tagebuch (41): Eigenverantwortung

Corona-Tagebuch (41): Eigenverantwortung

Weltweit: 498.154.313 Infektionen, 6.176.420 Todesfälle, 11,09 Milliarden verabreichte Impfdosen
Deutschland: 22.629.378 Infektionen, 131.679 Todesfälle
765 Days Gone

“It´s over.”
– Boris Johnson

“It ain´t over till it´s over”
– Sylvester Stallone

Eigentlich dachte ich ja die Pandemie würde mit der Entwicklung und Verteilung eines Impfstoffs enden und alles vorbei sein und wieder gut. Da habe ich nicht mit der unbändigen Dummheit von 30 Prozent der Mitmenschen gerechnet. Danach wusste ich ehrlich gesagt gar nicht so genau, wie ich mir so ein “Ende der Pandemie” überhaupt vorzustellen hätte. Das sie aber nun endet bevor sie vorbei ist, das hätte ich sicher nicht gedacht.

Genauso wenig hätte ich gedacht, das Karl Lauterbach – auf Twitter die Sirenenstimme der Vernunft für alle halbwegs Normalen – als Bundesgesundheitsminister eine dermaßen schlechte Performance und so ein ambivalentes Auftreten hinlegt.

Auf Twitter warnt er weiter vor den Gefahren von COVID, in der Politik kassiert er alle Maßnahmen dagegen. Damit entwertet er die kollektiven Bemühungen, sich in der Pandemie vernünftig zu verhalten. Seit über zwei Jahren Isolation, Abstand halten, Maske tragen? Die jetzigen Aktionen fühlen sich an, als sei das alles umsonst gewesen.

Maskenpflicht? Nee, da hat die FDP was dagegen, irgendwas mit Einschränkung Grundrechte. Welche Grundrechte? Äh. Kann ja jeder eigenverantwortlich tragen, diese Masken.

Isolation? Freiwillig. In Eigenverantwortung. Ach nee, doch nicht. In einer Talkshow wieder zurückgezogen.

Isolation ist jetzt wieder verpflichtend, aber nur 5 Tage. WTF? Über solchen Maßnahmen steht SO FETT FDP, dagegen wirkt deine Mudder wie Twiggy. Natürlich wollen die, das Isolation freiwillig ist. Aber nicht wegen Grunderechtsverletzungen, sondern weil es dann weniger Arbeitsausfall gibt – für freiwilliges zu-Hause-bleiben wären Arbeitnehmer nämlich gezwungen Urlaub nehmen. So heißt nämlich freiwilliges zu-Hause-Bleiben, wenn man nicht krankgeschrieben wird. Bei freiwilliger Isolation werden Arbeitnehmer zur Arbeit gezwungen. Das ist das Gegenteil von “fReIhEiT!!!”, dem neuen Supergrundrecht der Egoisten. Wi-der-lich.

“Eigenverantwortung” ist das Wort der Stunde. Kann ja jeder eigenverantwortlich Maske tragen und sich distanzieren. Ich krieg ja das Kotzen, wenn ich diese Wort höre. “Eigenverantwortung” heißt so gut wie immer: Abwälzen von Problemen, Verhinderung struktureller Lösungen oder gar ein Freibrief für Schweinereien jeglicher Art.

Noch sieht es in der Realität gerade so aus: In Supermärkten muss keine Maske mehr getragen werden, das tun gefühlt trotzdem 97% der Kunden und 10 Prozent des Personals. Das regt die Maskengegner auf. Warum?

Jens Scholz erklärt das schön auf Twitter:

  1. Die Maske ist, gerade für die “Querdenker”, eine Externalisierung ihrer eigenen Angst, mit der sie sich nicht auseinandersetzen wollen. Vor COVID haben sie eine geradezu irrationale Angst, die Masken machen die Pandemie sichtbar und damit real, also müssen die Masken weg. Ist wie Zaubereiglaube: Würde niemand Masken tragen, gäbe es auch kein Corona. Jeder der doch eine trägt, erregt Wut.

  2. Latent aggressiver Egoismus. Alle sollen keine Masken mehr tragen, damit es keinen Unterschied zwischen solidarischen und unsolidarischen Menschen gibt. Egoisten wollen nämlich nicht gerne als solche erkannt oder benannt werden. Oder anders: Egoisten sind so egoistisch, das sie beim egoistisch sein bitte niemand beobachten soll.

Alles Egal.

Aber ach, alles egal. Die Impfpflicht ist tot, zerredet in einem Bundestag, der langsam aber sicher in die gleichen faktenferne Kulturkämpfe abrutscht, in denen sich die USA und Frankreich schon lange befinden. Impfen wird zu einer Glaubenshaltung, die sich entlang Fraktionsgrenzen messen lässt. Immer befeuert von Propagandaaktionen von AFD und Querdenkern, die dem Vernehmen nach die Abgeordneten seit Wochen mit Briefen und in sozialen Medien unter Druck setzen. Was viele unserer Volksvertreter vermutlich nicht wissen:

Aber wozu eine Impfpflicht, die Infektionszahlen gehen doch gerade massiv runter? Aktuell liegt die Bundesweite Inzidenz bei “nur noch” 1.080!

Tja. Warum geht die runter? Weil nicht mehr überall getestet wird oder Tests nicht mehr kostenlos sind. Kann ja jeder selbst bezahlen. Eigenverantwortung! Und Impfung kann ja auch jeder eigenverantwortlich entscheiden, ob er das will.

Ist aber auch völlig unklar, wie im Fall einer Infektion verfahren werden soll. Gesundheitsämter winken vielerorts ab, sind überlastet. Hausarzthotlines empfehlen Hausarztbesuche. WTF? Will man infiziert im ÖPNV rumeiern und eine Praxis verseuchen? Ach ja: Eigenverantwortung! Muss halt jeder selber wissen.

Die Krankenhäuser ächzen. Zwar hat Omicron B oft einen leichten Verlauf im Sinne von “man stirbt vermutlich nicht”, zumal nicht wenn man geimpft ist, aber ein Spaziergang ist das dann doch nicht. Aber muss ja jeder selber wissen, ob er ins Krankenhaus muss. Und die Krankenhäuser müssen schon zusehen, dass sie ihren Kram auf die Reihe kriegen. Kann ja die Politik oder so ein Gesundheitsminister nichts dafür, ob und wie so ein Krankenhaus läuft. Eigenverantwortung, wissen schon.

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Corona-Tagebuch (40): fReEdoM dAy!!!!11!!!!

Corona-Tagebuch (40): fReEdoM dAy!!!!11!!!!

Weltweit: 461.679.643 Infektionen, 6.051.521 Todesfälle, 10,7 Milliarden verabreichte Impfdosen
Deutschland: 17.732.275 Infektionen (Verdoppelung zum letzten Tagebucheintrag), 126.146 Todesfälle
739 Days Gone

Alle reden vom Krieg, Corona wird für beendet erklärt.

Wie sieht es eigentlich aus, wenn eine in Klientelpolitik verhaftete Minderheitenpartei ein Deutschland regiert? Das lässt sich aktuell gut besichtigen. Selbst die wohlwollensten Beobachter kommen nicht umhin festzustellen, dass die FDP gerade in der Ampelkoalition in allen relevanten Bereichen den Ton angibt – im Falle der Spritpreisbremse sogar in unabgesprochenen Alleingängen von Lindner – und so auch bei Corona.

Weil die Liberalen schon im Wahlkampf das Ende aller Lockerungen angekündigt hatten und in Kürze im starken FDP-Land NRW gewählt wird, hat sich die Partei der Besserverdienen und Erstwähler durchgesetzt und den 20. März 2022 als Enddatum für alle Coronamaßnahmen angekündigt. Das sind momentan, nur noch mal zur Erinnerung, in erster Linie die Maskenpflicht in Geschäften und öffentlichen Einrichtungen. Ganz viel mehr ist es nicht, der Rest ist Pipifax.

Nun naht also, auch wenn er nicht so heißen soll, der deutsche “Freiheitstag” (in Anlehnung an den “Freedom Day” in UK, der im vergangenen Jahr nach wenigen Wochen grandios an die Wand fuhr). Aber ist der denn gerechtfertigt?

Eher nicht.

Deutschland liegt gerade weltweit auf Platz 2 der meisten Ansteckungen, und zwar in absoluten Zahlen.

Von Omicron gibt es zwei neue Varianten. Omicron B ist nochmal ansteckender als Omicron Classic, und eine neue Mixvariante vereint gerade die Verbreitungsfähigkeit von Omicron B mit der Tödlichkeit von Delta. Deltacron, sozusagen. Um dem ganzen den Gipfel aufzusetzen, erwirbt man nach einer Infektion nicht mal Immunität – wer jetzt Omicron A bekommt, kann in wenigen Wochen Deltacron kriegen. Sowas gibt es sogar in meinem Bekanntenkreis. “Ich habe jetzt 5G”, wird gescherzt, “Impfung eins und 2, Booster, Delta und Omicron”.

Das macht sich in den Infektions- und sogar den Hospitalisierungszahlen bemerkbar, die sind so hoch wie noch nie zuvor. 200.000 Neuinfektionen Bundesweit, Sieben-Tage-Inzidenz liegt bei 1.585 – selbst bei uns hier auf dem Dorf ist die so hoch. Zum Vergleich: Wir hatten uns mal Sorgen gemacht und harte Schließungen vereinbart, wenn die Inzidenz über 50 geht. Echt jetzt.

Die Impfung schützt nicht mehr vor Ansteckung, wohl aber vor schlimmem Verlauf. Das ist mild tröstlich, aber auch ein “milder” Verlauf kann wochenlange Krankheit und gravierende Langzeitschäden bedeuten.

In dieser Situation will die FDP “Freiheit” feiern und alle Sorgen fahren lassen? Und kriegt dabei auch noch von einem guten Teil der Bevölkerung Jubel? Warum, weil endlich Corona per Dekret vorbei ist? Was wird das hier? Ein Lehrstück für den Mandela-Effekt? Mit diesem Begriff bezeichnen wir Sozialwissenschaftler kollektiv die falsche Wahrnehmung von oder Erinnerung an Ereignisse oder das verkehrte Verständnis von Fakten. Alle Fachleute jedenfalls sind sich einig: Das ist Quatsch. Der übrigens mit einem juristischen Kniff durchgesetzt wurde, denn nach Auslaufen der “epidemischen Notlage von nationaler Tragweite” im November (was auch schon Quatsch war) ist eine Verlängerung von Maßnahmen juristisch schwierig.

Besonders enttäuscht bin ich vom Gesundheitsminister Karl Lauterbach. Zu Beginn der Pandemie in der Opposition, war er dort die mahnende und analysierende Stimme der Vernunft. Jetzt, in Regierungsverantwortung, lässt der sich von der FDP vorführen, legt sich mit dem RKI an und traut sich nicht mal, einen Gesetzesentwurf für eine Impfpflicht vorzuschlagen. Was tut er dann? Er analysiert und mahnt weiter über Twitter, ganz so, als wäre nicht ER derjenige, der maßgeblich die Richtung vorgeben könnte.

Die Impfpflicht ist praktisch tot, und mit einer bei 75Prozent stehengebliebenen Impfkampagne steht uns aller Wahrscheinlichkeit nach ein wenig guter Sommer und – vor allem – NOCH ein weiterer Coronawinter ins Haus. Es ist zum Kotzen, aber irgendwie – siehe letzter Eintrag – haben gefühlt alle resigniert, zucken mit den Schultern und sagen: “Ja Gott, wir kriegen es ja eh alle”.

Ich jedenfalls habe nicht aufgegeben. Ich habe weiterhin den Anspruch, ohne eine Infektion hier durchzukommen. Also werde weiterhin tun, was mich schützt: Maske tragen, Menschenansammlungen auf engem Raum meiden. COVID ist kein unausweichliches Schicksal, dem man sich ergeben muss.

Falls mich wer wegen einer Maske doof anquatscht, gibt es feine Antworten:

“Aber bei der Maske geht es doch nicht um mich [Husthust]” ist der Klassiker. Schön auch:

“Nur weil die Politik es sagt, soll ich keine Maske mehr tragen? Was bin ich, ein systemtreues Schlafschaf?”

oder, auch gut:

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Corona-Tagebuch (39): Resignation

Corona-Tagebuch (39): Resignation


Weltweit: 355.027.209 Infektionen, 5.605.074 Todesfälle, 9,8 Milliarden verabreichte Impfdosen
Deutschland: 8.909.503 Infektionen, 116.967 Todesfälle
689 Days Gone

“Alle anderen Varianten des Virus verursachten Kurven bei den Infektionszahlen, Omikron ist eine Wand.”

So war es vorhergesagt, und so kam es. Die Infektionszahlen sind schlagartig in die Höhe geschossen, nachdem die Erfassung nach den Winterferien wieder halbwegs normal lief. Omikron ist tatsächlich noch einmal viel, viel ansteckender als alles zuvor Dagewesene, und es infiziert auch Geimpfte. Und es wird noch besser kommen, eine weitere Omikron-Mutante wird von PCR-Tests nicht mehr ordentlich erkannt.

Erstaunlicherweise wird darauf nicht mit Lockdowns oder harten Beschränkungen reagiert. Im Gegenteil. Die Schulen bleiben geöffnet und machen Präsenzunterricht, Einzelhandel und Gastronomie bleiben offen. Menschen mit einem Booster brauchen das Plus in “2G+” (Geimpft oder genesen und ein negativer Test) nicht zu beachten.

Ist vielleicht auch gut so, denn die bislang zuverlässigen PCR-Tests bzw. die Testkapazitäten werden in Deutschland knapp und deswegen bald rationiert und priorisiert. Die Quarantäne- und Isolationszeiten sind verkürzt worden, und Kontaktpersonen müssen unter bestimmten Umständen gar nicht mehr in Isolation.

Der Grund dafür: Omikron ist zwar viel ansteckender, macht aber angeblich nicht ganz so schlimm krank wie die vorherigen Versionen, zumindest nicht wenn man geimpft und geboostert ist. Geimpfte Infizierte kommen weniger häufig ins Krankenhaus und bleiben kürzer. Nur: Es gibt viel, VIEL mehr Infizierte und in der Summe sieht das alles nach Resignation der politisch Verantwortlichen aus. Eine Kapitulation vor einer Virusmutante, die die Gesellschaft durchseucht – “warum sich der noch entgegenstellen, wieso sorgen wir nicht dafür, dass es schnell vorbei ist”, das scheint gerade die Stoßrichtung der Politik zu sein.

Vielleicht sagt es nur niemand laut, und diese politische Richtung ist Ausdruck der Verzweiflung. Ein Rückzugsgefecht, das sich letztlich nur darum müht die Gesellschaft irgendwie am Laufen zu halten, damit durch die hohen Infektionszahlen nicht alles zusammenbricht und es zu Versorgungsengpässen und Panikreaktionen kommt.

Dabei reicht das hausgemachte Chaos schon völlig aus. Impfgegner werden jetzt liebevoll “Wichswichtel” genannt und laufen mittlerweile jeden Abend auf den Straßen der Städte rum. Angeführt von Rechtsradikalen “gehen sie nur spazieren”, um sich dann Straßenschlachten mit der Polizei zu liefern. Vor allem in Ostdeutschland, aber am Wochenende auch in Brüssel – unter Anwesenheit deutscher Rechtsradikalenprominenz.

Diese Menschen wähnen sich, zumindest zum Teil, im “Widerstand” gegen eine herbeifantasierte “Diktatur” und gegen eine Impfpflicht, die es noch gar nicht gibt und die so auch nicht kommen wird. Anders als in Österreich, wo eine Impfpflicht beschlossen wurde (und es ausreichend PCR-Tests gibt), hat die neue deutsche Bundesregierung keinen Bock auch nur einen Gesetzesvorschlag vorzulegen und tut generell so wenig, dass Merkels von-links-nach-rechts-Verwalten retrospektiv wie Leistungssport aussieht. Aus deren CDU, jetzt in der Opposition, kommt aber auch kein konstruktiver Vorschlag zur Impfpflicht.

Während der Bund langsam vor sich hin erodiert, ist man in den Bundesländern teils schon weiter. Hier stellt sich hier ein Vizelandrat der CDU auf Wichswichtelkundgebungen hin und kündigen an, Gesundheitsmaßnahmen des Bundes nicht umsetzen zu wollen. Unter dem Gejohle des Mobs tut man so, als ob man den “Widerstand gegen die da oben” unterstützt. Das ist natürlich in Sachsen, wo sonst. Die Radikalisierung der Konservativen, die auf eine Abschaffung der Demokratie hinausläuft, ist ein Phänomen was weltweit zu beobachten ist, insbesondere in den USA. Für Deutschland beginnt sie in den ostdeutschen Bundesländern.

Ich bin einfach nur noch sehr, sehr müde. Ich kann mich über die Wichswichtel schon gar nicht mehr aufregen. Ich diskutiere nicht mehr mit “Impfskeptikern”. Sollen sie doch alle machen was sie wollen. Ist mir egal.

Ich will mal hoffen, dass ist nur Wintermüdigkeit und nur bei mir… denn wenn sich die Resignation auf breiter Front durchsetzt, ist das ein weiterer Schritt in das neue Mittelalter.

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Corona-Tagebuch (38): Omikron

Corona-Tagebuch (38): Omikron

Weltweit: 276.246.019 Infektionen, 5.369.231 Todesfälle, 8,7 Milliarden verabreichte Impfdosen
Deutschland: 6.8999.439 Infektionen, 109.328 Todesfälle
655 Days Gone

Irgendwie habe ich ja immer gedacht: Wenn es einen Impfstoff gibt, dann lassen wir uns alle impfen, und dann ist dieser ganze Mist vorbei und das Leben wieder normal. Storytwist: Es kam ganz anders.

1. Habe ich den Anteil der Leute unterschätzt, die völlig gegen jeglichen Verstand die Impfung ablehnen und so bildungsfern sind, dass sie glauben, die Impfung ließe ihnen einen dritten Arm wachsen oder sie würden danach ferngesteuert. Extremversion: Spinner, die glauben sie würden absichtlich zu Tode gespritzt. Letzteres ist eine beliebte Story bei Rechtsextremisten, die behaupten, das die Regierung alle Deutschen (Amerikaner, Franzosen, beliebiges Land einsetzen) umbringen will, um sie durch… Menschen zu ersetzen, die eine andere Hautfarbe haben oder einen anderen Glauben oder sonst irgendwie anders sind.

Die Quittung für diesen Unfug haben wir schon bekommen. Weltweit liegt Deutschland jetzt auf Platz drei der Länder mit den höchsten Ansteckungsraten, gleich nach den USA und UK.

Ich meine, ich hatte ja immer vermutet, dass der Bevölkerungsanteil, der komplett balla ist, recht hoch sein muss. Aber nun wissen wir es genau: Rund 27 Prozent müssen es sein. D.h. jeder vierte, der einem auf der Straße begegnet, hat nicht alle Latten am Zaun und ist keinerlei Vernunft zugänglich. Das sind eine Menge Leute.

Immerhin ändert sich gerade das Narrativ. Bislang hatte der Großteil der Bevölkerung wohl immer den Eindruck, dass auch die “besorgten Bürger” und Querdenker-Schreihälse gehört werden müssten. Nun verlieren alle langsam die Geduld mit den Querulanten. Und das ist gut. Eine tolerante Gesellschaft muss die Intoleranten nicht tolerieren. Eine Minderheit muss sich den Erfordernissen und der Mehrheit beugen. Auch das ist Demokratie. Diese Erkenntnis setzt sich gerade überall durch. Auf Twitter sehr rasch, über den Hashtag #QuerdenkerSindTerroristen, im Rest des Landes etwas langsamer.

2. Der Schutz durch die Impfungen lässt nach. Und zwar nicht über einen Zeitraum von 10 Jahren, sondern binnen 5 Monaten. Das war für mich eine völlig unerwartete und neue Erkenntnis. Gegen Covid-19 muss man sich also drei Mal impfen lassen. Mindestens.

Ist aber gar nicht so einfach, denn rechtzeitig vor Beginn der vierten Welle sind ja manchen Bundesländern die Impfzentren Rückgebaut worden. Stattdessen sollten hier mal die Hausärzte was boostern, da mal mobile Impfteams ein wenig spritzen. War viel zu wenig Kapazität, und das der scheidende Gesundheitsminister erst den etwas schräg kommunizierte, er müsse den vertrauten BiontEch-Impfstoff rationieren und dann der neue Gesundheitsminister feststellte, dass von egal-was viel zu wenig da war, das ist eine Vollkatastrophe, die sich so in eine Abfolge von Vollkatastrophen einreiht, das ich vor Erregung nur noch mit den Schultern zucken kann.

Im Impfzentrum von Göttingen hockte übrigens das Göttinger Symphonieorchester. Die müssen gerade jetzt, in diesem Moment, ihre Instrumente raustragen, denn am 27. nimmt das Zentrum den Impfbetrieb wieder auf. Endlich.

3. Omikron. Eine neue Variante der Corona-Viren. So mutiert, dass sie nochmal um ein Vielfaches ansteckender ist als Delta, und sich auch Geimpfte und Genesene anstecken können. Schutz vor Infektion ohne Booster nach 4 Monaten: Praktisch Null. Mit Booster: 70 Prozent, und bei Infektion wenigstens kein schwerer Verlauf. Immerhin. Trotzdem eine Horrornachricht, denn eigentlich bräuchte es jetzt flächendeckende Schließungen und Kontaktverbote. Gibt es aber nicht, weil: 1. Weihnachten, 2. Ampel-FDP hat Lockdown im Wahlkampf ausgeschlossen.

Die Krankenhäuser liefen während der Delta-Welle am absoluten Limit. Wenn jetzt Omikron mit seinem exponentiellen und stark beschleunigten Wachstum ankommt, ist es vorbei. Zitat der Modellierer: “Da kommt keine Welle, da kommt eine Wand”. Aktuell warnt das RKI vor dem Zusammenbruch kritischer Infrastruktur. Nicht nur im Gesundheitswesen, wenn sich so viele Menschen infizieren, kann das auch Polizei, Feuerwehr, Lieferketten und Stromversorgung betreffen. Ein apokalyptisches Szenario.

Persönliches

Ist das jetzt schlimm für mich, so persönlich? Naja.
Die Isolation macht mir nichts. Ja, ich vermisse auch meine Freunde und Wegfahren und für Reisen kann man auch nicht planen, aber das sind Luxusprobleme. Ich habe Bücher und Filme und Games bis ins Jahr 2025, damit geht´s mir gut.

Im allerengsten familiären Umfeld ist mein Vater derjenige, der balla ist (siehe oben: Einer von Vieren). Er hat sich mit seinen 80 Jahren gegen eine Impfung entschieden, und nun ist es zu spät. Er wird Covid bekommen, und ich wünsche ihm einen milden Verlauf, der allerdings bei seinen Vorerkrankugen unwahrscheinlich ist. Ist nicht einfach, diese Entscheidung zu respektieren, zumal sie auf einer Mischung aus Ignoranz, Faulheit und Angst-vor-Nadeln beruht, und das hat mich lange Zeit sehr wütend gemacht. Jetzt ist es mir schlicht egal. Ich habe keine Energie mehr, um mich darüber aufzuregen.

Weihnachten feiere ich in einem so kleinen Zirkel, dass es schon kein Kreis mehr ist, sondern eher ein Punkt. Darauf freue ich mich, muss aber sagen: Selbst das Treffen von nur ein, zwei Personen, alle geboostert und getestet, ist mir fast ein wenig unheimlich. Nunja.

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Corona-Tagebuch (37): Im Brunnen

Corona-Tagebuch (37): Im Brunnen

Weltweit: 259.628.643 Infektionen, 5.178.043 Todesfälle, 7,5 Milliarden verabreichte Impfdosen
Deutschland: 5.595.678 Infektionen, 100.123 Todesfälle
628 Days Gone

Die haben es verkackt.

Also, eigentlich steht überall “Wir haben es verkackt”, wahlweise “Deutschland” oder “Wir als Gesellschaft” hätten versagt. Aber ich möchte an dieser Stelle klarstellen, dass ICH nichts verkackt habe. Ich war nicht monatelang mit Wahlkampf beschäftigt und habe deshalb die Pandemie versucht wegzulügen; ICH war es nicht, der keine Öffentlichkeitsarbeit hinbekommen hat. Und ICH war es auch nicht, der lieber mit Impfgegnerinnen gekuschelt hat als Vorbereitungen zu treffen. ICH habe auch nicht alle Modellierungen und Warnungen der Virologen ignoriert.

Nein, das waren DIE, die Landes- und Bundespolitiker:innen, die durch Nichtstun und Ignoranz die vierte Welle monumental und mit Ansage verkackt haben. Jetzt haben wir exponentielles Wachstum der Ansteckungsraten unter Ungeimpften. Es sind übrigens, abgesheen von Kindern, die Wenigsten, die sich nicht impfen lassen können. 15 Millionen Menschen in diesem Land WOLLTEN einfach nicht. Aus Protest oder aus Angst, weil sie schlecht informiert oder in die Kaninchenbauten von Verschwörungslügnern gefallen sind. Das ist das Ergebnis:

Noch nie seit Beginn der Pandemie war es so schlimm. Gestern wurde die Schwelle von 100.000 Toten überschritten. Aktuell liegt Deutschland weltweit auf Platz 3 der Länder mit den weltweit meisten Infektionen, nach den USA und UK. Mittlerweile gibt es Reisewarnungen anderer Länder vor dem Besuch in Deutschland.

Was macht die amtierende Bundes- und die Landesregierungen dagegen? Sie beenden die “Epidemische Notlage von nationaler Tragweite” und deckeln die Auslieferung von Biontech-Impfstoff. Ja, sicher passiert das begründet (Notlage wird durch Gesetz abgelöst, Moderna ist auch gut und überschreitet bald das MHD), aber es sind einfach die falschen Signale zur falschen Zeit. Genau wie die Ankündigung des Chef der Bahngewerkschaft, dass das Personal unmöglich die Einhaltung von 3G kontrollieren könnte.

Zusammenbruch

Ein weiteres Ergebnis des epischen Verkackens: Volle Intensivstationen und ein Gesundheitssystem, dass in Kürze zusammenbrechen wird. Da führt kein Weg mehr drum rum. Wir sehen jetzt die Hospitalisierungsraten für Ansteckungen von vor 14 Tagen. Der richtige Schub an Kranken kommt erst noch. Schon jetzt werden planbare Operationen verschoben. In zwei Wochen werden wir hier Bilder haben wie zu Beginn der Pandemie in Bergamo oder New York. Die Krematorien haben bereits Sondergenehmigungen für den Sonntagsbetrieb erhalten.

Selbst Lothar Wieler, dem Chef de Robert-Koch-Instituts, ist jetzt schon mehrfach vor laufender Kamera der Arsch geplatzt. Viral gingen gerade Ausschnitte aus einer Videokonferenz, in der er die sächsische Landesregierung belehrt, sowie ein Ausschnitt aus der Gesundheitsministerkonferenz, in der er dem neben sich sitzenden Gesundheitsminister offen widerspricht.

Zusammegefasst:
Es ist vorbei.
Das Kind ist im Brunnen.
Alles. Mit. Ansage.

Es gibt kein “flatten the curve” mehr, alle denkbaren Gegenmaßnahmen wurden zu spät eingeleitet oder gar gänzlich ausgeschlossen.

Licht am Ende des Tunnels

Wer beim Blick auf die Risklayer-Karte denkt: Oh super, weiße Flächen auf der Landkarte! Es wird wieder besser! Dem seit gesagt: Nee. Den Machern sind nur die dunklen Farben ausgegangen. Nach Rot, tiefrot, violett, dunkelviolett und schwarz ging es irgendwann nicht mehr weiter. Das weiße ist also nicht die Coronafreie Zone der Glückseeligen, das ist Sachsen.

Maximal kompliziert

Das epische Verkacken geht übrigens weiter. Man sollte ja meinen, dass Erst- und Boosterimpfungen angesichts der dramatischen Lage so einfach wie möglich zu erhalten seien, und man sich den schützenden Schuss in jeder Apotheke geben lassen kann. Dem ist aber nicht so.

In Niedersachsen ist es so, dass man Impfangebote erst gar nicht findet.

Geht man auf das Impfportal des Landes, bekommt man Stockphotos, Slogans das Impfen ja voll wichtig sei und dann exakt folgende Informationen:

  1. Das Impfportal ist geschlossen.
  2. Zum 1.10., also rechtzeitig vor Beginn der 4. Welle, hat man alle Impfzentren im Land geschlossen und rückgebaut.
  3. Wenn man Informationen möchte, soll man woanders hingehen.
  4. Es gibt eine Hotline, aber die soll man bitte nicht anrufen, und Impfungen vermittelt die schon gar nicht.
  5. Man solle gefälligst Hausärzte kontaktieren, dazu ein Link auf ein Ärzteregister, der in einem Fehler 400 endet.

Muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen: Als bereits absehbar war, dass alle Geimpften einen Booster brauchten und die Impfung von Kindern schon am Hoizont sichtbar ist, in einer Zeit in der niedrigschwellige Impfangebote LEBENSWICHTIG sind… da schließt Niedersachsen die Impfzentren. Un-fass-bar.

Die Hausärzte haben jetzt schon Wartezeiten bis St. Nimmerlein. Es gibt noch mobile Impfteams, die immer mal wieder von 09:00 bis 12:00 Uhr an unterschiedlichen Standorten stehen, aber da ist der Andrang so groß, dass schon morgens um 07:00 Uhr die Leute einmal um den Block stehen und quasi sofort nach Öffnung wieder weggeschickt werden, denn soviel Impfstoff haben die mobilen Teams gar nicht dabei.

Es ist ein Elend. Alles.

Und dann wird noch darüber disktutiert, ob eine Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen diskrimierend sei. Dazu sagte eine Krankenschwester in einer Rede vor Politikern: “Wenn jemand Taxifahrer werden will und keinen Führerschein hat, käme niemand auf die Idee zu behaupten, dass diese Person diskriminiert wird. Genauso irrsinnig ist es davon zu sprechen, dass ungeimpfte Pflegekräfte diskriminiert werden. Es gibt Freiheiten und es git Pflichten, und es ist keine Freiheit und keine Wahl, Alte und Kranke zu gefährden.”

Starke Worte.
Aber gut, dass die Politik von vornherein eine Impfpflicht ausgeschlossen hat. Wo kämen wir denn da hin, wenn alle, die sich impfen lassen könnten, das auch tun würden?

Ältere Einträge im Corona-Tagebuch

Corona-Tagebuch (36): Die vierte Welle

Corona-Tagebuch (36): Die vierte Welle

Weltweit: 251.054.359 Infektionen, 5.068.333 Todesfälle, 7,4 Milliarden verabreichte Impfdosen
Deutschland: 4.858.101 Infektionen, 96.968 Todesfälle
613 Days Gone

Lange keinen Eintrag mehr im Corona-Tagebuch gehabt, und das aus gutem Grund. Die Infektionszahlen waren im August und September moderat und zogen nur leicht an. Über Corona wurde nicht viel gesprochen, weil: Wahlkampf, Bundestagswahl. Außer Karl Lauterbach sprang kein Politiker durch die Kulisse und verbreitete schlechte Laune mit Warnungen vor einer vierten Welle. Es gab auch keine große angelegte Werbekampagne für die Impfung, keine Aufklärungsstrategie, und Vorbereitungen auf den Herbst ohnehin nicht. Jetzt ist es nach der Bundestagswahl, und gefühlt passiert – weiterhin nichts. Die geschäftsführende, alte Regierung sitzt gefühlt auf ihren Händen, einzelne CXU-Ministerpräsidenten verlangen Maßnahmen von den Wahlgewinnern, aber die haben noch nicht mal entschieden, wie und ob sie koalieren wollen. Im Besten Fall gibt es um Weihnachten herum eine neue Bundesregierung. Dann ist satte fünf Monate nichts passiert.

Oh, eine Sache hat die alte Bundesregierung doch gemacht. Sie rechnete sich während des Wahlkampfes die Warnstufen schön, indem man im Gesundheitsministerium die Auslastung der Intensivbetten als Indikator für den Stand der Pandemie heranzog.

Das RKI schlug vor, statt der Inzidenz die Hospitalisierungsrate, also die Zahl der Krankenhauseinweisungen pro 100.000 Einwohner, heranzuziehen. Das wäre vernünftig, denn Ansteckungen bei Geimpften verlaufen meist glimpflich. Die Ansteckungen steigen aber gerade exponentiell an, und hospitalisiert werden vor allem Ungeimpfte.

Ungeimpft sind leider noch viel zu viele. Stand heute kommt Deutschland nur auf eine Impfquote von 67,3%, damit liegen wir teils weit hinter anderen Ländern. 15 Millionen Menschen könnten sich impfen lassen, tun es aber nicht. Warum? Manche tun das bewusst und mit lautem Protest, manche sind schlecht informiert, andere einfach nur bequem. Dabei gilt die vierte Welle jetzt schon als “Pandemie der Ungeimpften”. Das hören Querdenker zwar nicht gerne und behaupten, das sei diskriminierend, aber die aggressive und dominierende Deltavariante haut nunmal durch. Die Zahlen belegen das:

Delta haut aber auch durch Impfungen durch. Die Impfstoffe wurden gegen die Wildvariante entwickelt, Delta ist aber ein anderes Biest. Das schlägt durch, wenn der Impfschutz nach sechs Monaten anfängt abzuklingen. Deshalb gilt nun, dass sich alle nach einem halben Jahr eine dritte Injektion geben lassen sollen.

Ist das ethisch richtig, das wir uns in Deutschland die dritte Dosis geben, wo Menschen im globalen Süden noch gar keine Impfung hatten? Das Ding ist: Wenn wir Sparsam sind, dann bringt das eventuell anderen gar nichts, denn die EU Kommission hat den Herstellern der Impfstoffe zugesagt, dass die Verbieten dürfen, dass Impfdosen von EU-Ländern in andere Länder abgetreten werden. Ein “Ich verzichte auf meinen Booster” hat also unter Umständen zur Folge, dass bereits bestellter und bezahlter Impfstoff schlicht weggeschüttet wird. Die Welt ist grausam.

Das es Impfdurchbrüche gibt, ist natürlich Wasser auf den Mühlen der Querdenker und Esoteriker, trotz obiger Zahlen bzgl. Hospialisierung tönt es jetzt: “Höhöhö, guckt mal, die staatliche Zwangsimpfung mit den 5G-Gift bringts ja nicht, höhöhö”. Tja. Was soll man zu solchen Leuten noch sagen? Gar nichts vielleicht, schlägt Heidi Kastner vor. Die Autorin hat ein Buch über Dummheit geschrieben und darüber mit dem schweizer Tagesanzeiger gesprochen. Dabei ist dieser denkwürdige Wortwechsel entstanden:

…und das beginnt die sich ändernde Stimmung abzubilden. Im vergangenen Jahr war es ein “Wir hängen alle gemeinsam in der Pandemie, wie kommen da irgendwie durch”. Jetzt ist es ein “Wir sind immer noch nicht durch die Pandemie, weil sich so viele nicht impfen lassen”.

Die Mehrheit der Bevölkerung ist FÜR eine Impfung, die Abstimmung fand mit der Nadel statt. Und diese Mehrheit verliert die Geduld mit den unsolidarischen Pieptröten, die der Meinung sind, ob sie sich Impfen lassen oder nicht, sei nur ihre Sache. Denn zumindest für die Intensivbetten, die die Querdenker belegen, zahlen wir alle.

Ältere Einträge im Corona-Tagebuch

Corona-Tagebuch (35): Zurück in der Fußgängerzone

Corona-Tagebuch (35): Zurück in der Fußgängerzone

Weltweit: 210.073.348 Infektionen, 4.404.573 Todesfälle
Deutschland: 3.855.150 Infektionen, 96.104 Todesfälle
528 Days Gone

Delta on the rise, die Kurve steigt, und es sind vor allem junge Menschen, die sich jetzt infizieren.

Nach eineinhalb Jahre das erste Mal wieder in der Innenstadt und im stationären Einzelhandel gewesen, und ich sach mal so: Ich kann Menschen nicht mehr leiden.

Dabei ist es es nicht mal so sehr die Masse an Menschen, die sich schon wieder dicht gedrängt durch die A-Lagen schiebt. Oder die eng zusammenhockenden Gruppen in den Restaurants, die offenbar beschlossen haben, dass die Pandemie vorbei ist. Sowas nervt mich auch, aber dem kann ich aus dem Weg gehen.

Am meisten gernervt haben mich tatsächlich die seltsamen Attitüden im Einzelhandel. Ich dachte eigentlich, dass der nach Monaten im Lockdown froh über Normalbetrieb ist. Aber weit gefehlt, anscheinend war Kurzarbeit so geil, das jetzt alle angenervt sind vom Kundenverkehr.

Im Schreibwarengeschäft war keine Bedienung zu finden, und die Dame an der Kasse schaffe es nicht, sich in diese einzuloggen.

Im Optikgeschäft stand eine Optikerin herum, die den Wunsch nach einer günstigen Sonnenbrille mit einem Kunststoffgestell mit der Vorführung von Luxus-Titanmodellen und der Auskunft beantwortete, Sonnenbrillen seien nicht unter 600 Euro zu bekommen.

Im Buchladen hatte die Verkäuferin es eilig. “Das brauchense nicht”, gewitterte sie, vermutlich weil es ihr zu lange dauerte, dass ich am Stehtisch im Eingang des Geschäfts den QR-Code der ungeliebten Luca-App scannen wollte.

Karstadt Sport gibt es nicht mehr, in dem Gebäude am Marktplatz ist nun anscheinend ein anderes Sportartikelgeschäft beheimatet. Wie gut deren Beratung ist weiß ich nicht, ich habe über einen Zeitraum von 45 Minuten über vier Etagen exakt nur einen Verkäufer gefunden, der natürlich völlig umlagert war.

Dafür standen vier Damen an der letzten verbliebenen Kasse im Erdgeschoss, unterhielten sich lautstark und angeregt und glotzten lediglich wie die Eulen, als ich einen Zahlungswunsch äußerte. “BEI MIR SICHER NICHT!” gröhlte die erste Eule, während sich zwei andere sofort verpissten. Ja wo denn dann? “KOLLEGIN KOMMT GLEICH AUSSE PAUSE WIEDER”.

Ähnliches Bild im Galeria-Haupthaus. Immerhin fand ich dort eine Verkäuferin, aber nur, weil die mir im Vorbeigehen mit einem Sack Verpackungsmaterial einen Bodycheck verpasste und ohne ein Wort der Entschuldigung davonrumpelte. An den Kassen dann wieder: Geschnatter mit den Kolleginnen, aber kein “Guten Tag”, kein “Bitte”, kein “Danke”, kein “Auf Wiedersehen”. Nicht mal Blickkontakt.

Sowas nervt mich. Ich war selbst lange im Service tätig, ich weiß, wie man mit Kunden umgeht. Das man Seitengespräche einstellt, wenn man mit Kunden interagiert, ist sicher nicht zu viel verlangt.

Ich weiß nicht, ob es an mir liegt – der Tatsache das ich älter und ungeduldiger werde oder das Klamotten kaufen mich sowieso anstrengt – aber ehrlich gesagt ist Onlinekauf mittlerweile einfach die angenehmere Shoppingerfahrung. Einzelhandel, das sind Verkäuferinnen die besseres zu tun haben als sich um Kunden zu kümmern, das sind bestenfalls lachhafte Produktsortimente (“Herrenbadehosen? Ham wa nur das was da hängt” – und da hing Zeugs in Neorosa in Größe XXXL), das sind schmuddelige und kaputte Umkleidekabinen mit nicht schließenden Vorhängen und dreckigen Teppichen, das sind hohe Preise. Das sind auch nicht stattfindende Beratung, das sind Kräfte ohne Ahnung von dem was sie da tun, das sind Fachkräfte die nicht zuhören und nur ihren Stiefel machen.

DAS ist die Einkaufserfahrung, die der Einzelhandel so zu bieten bereit ist, und ich sach mal so: Die kann er gerne behalten.

Immerhin lustig: Der EinEuroShop hat jetzt die Preise erhöht. Alles im EinEuroShop kann man nun für EinEuroZehn kaufen.

Corona-Tagebuch (34): Falsch übersetzt

Corona-Tagebuch (34): Falsch übersetzt

Weltweit: 205.611.815 Infektionen, 4.338.593 Todesfälle
Deutschland: 3.815.683 Infektionen, 91.863 Todesfälle
521 Days Gone

So viel Impfstoff, dass er an andere Länder abgetreten werden muss. Gleichzeitig die hoch ansteckende Delta-Variante, überall. Es gelten weiter Drostens Worte aus dem April: “In einem Jahr werden wir alle gegen Corona Immun sein. Die einen, weil sie geimpft sind, die anderen, weil sie COVID hatten.”

Delta verbreitet sich wie die Windpocken, hat es einer im Raum, haben es alle. 14 Prozent der ungeimpft Erkrankten entwickeln einen schweren Verlauf, 20 Prozent behalten durch Long Covid Beschwerden wie Demenz zurück. Trotzdem stagniert die Anzahl der Impfungen, auch wenn nun schon 63 Prozent der Bevölkerung mindestens eine Impfung erhalten haben. Warum ist das so?

Der echte Aufwand kann es nicht sein, selbst im örtlichen Real kann man sich mittlerweile im Vorbeigehen und ohne Termin impfen lassen. Nein, es ist vermutlich eher eine Mischung aus geistiger Bequemlichkeit der Marke “Was soll mir schon passieren?”.

Heute Runde bei Lieferanten gemacht. Acht Personen getroffen, drei davon nicht geimpft. Warum?

Eine Antwort: “Die Ansteckungszahlen sind so gering, da KANN mir gar nichts passieren, das wäre wie ein Sechser im Lotto, und den krieg ich ja auch nicht, haha”

Einmal kam die Antwort: “Die Inzidenzzahlen sind so niedrig, die Pandemie ist praktisch vorbei. Ich lass mich aber sofort impfen wenn die wieder drastisch steigen”.

Einmal kam die Antwort: “SIE SIND GEIMPFT??? Halten Sie bitte Abstand und tragen sie ihre Maske, ich habe auf Youtube gesehen das geimpfte MRA ausatmen, an dem werden alle im September sterben!!!!”

Tja. Darwin, der mit der Evolutionstheorie, wird ja gerne falsch übersetzt. Im Deutschen wird er häufigmit “Evolution bedeutet das Überleben des Stärkeren” zitiert, tatsächlich hat er aber gesagt “Survival of the fittest”. “Fit” kann auch bedeuten: Besonders gut angepasst an widrige Umstände, oder besonders Clever. Vielleicht sehen wir ja hier die Evolution bei der Arbeit, und diese ganz Impfverweigerer sind einfach mental nicht fit genug.

Nur so ein Gedanke.