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Category: Momentaufnahme

Momentaufnahme: Oktober 2024

Momentaufnahme: Oktober 2024

Herr Silencer im Oktober 2024

“Summimasen, watashi wa doitsunindesu. Watashi wa nihongo o hanasemasen.”

Wetter: Anfang des Monats in Tokyo mit tags wie nachts 25 Grad und 85 Prozent Luftfeuchtigkeit sehr schweißtreibend. Ende des Monats Regen und mit 12 bis 15 Grad deutlich kühler.


Lesen:

Jason Schreier: Play Nice. The Rise, Fall, and Future of Blizzard Entertainment
Der Titel sagt es schon: Die Geschichte des Gamestudios Blizzard, das weltweit erfolgreiche Spiele wie Warcraft, World of Warcraft, Starcraft, Diablo oder Overwatch macht. Nachgezeichnet wird die Unternehmensgeschichte von den Anfängen als Anhängsel eines Verlags für Lernmedien, über die Zeit unter Activison und die Knechtschaft unter Bobby Kotick bis hin zur Übernahme durch Microsoft im vergangenen Jahr und der enttäuschten Hoffnung auf eine bessere Zukunft.

Jason Schreier ist der Starjournalist der Gamingszene, und ich liebe seine Berichte bei Kotaku bzw. Bloomberg und sein erstes Buch, das grandiose “Blood, Sweat and Pixels”. Aus dem stammt das Zitat:

“Hier ist eine andere Theorie: JEDES Videspiel wird unter Ausnahmebedingungen produziert. Wie auch sonst? In Videospielen kommt Kunst und Technik zusammen, und beides ändert sich zu schnell um planbar zu sein. Es ist, als ob man jedes Mal, bevor man einen Film dreht, eine neue Kamera erfinden muss. Und während man filmt, wird jeden Tag das Drehbuch umgeschrieben.”

Der Nachfolger, “Press Reset”, war dann schon nicht mehr ganz so dolle. Trotzdem: Schreier wirft Detail- und Kenntnisreiche Blicke hinter die Kulissen. Die Bücher sind dabei in Kapitel gegliedert, jedes widmete sich einem Game bzw. einem Studio. Das war mir oft ein wenig zu kurz, bei manchen der Insiderstories hätte ich mir einen längeren Text gewünscht.

Den gibt es hier, das gesamte, 400 Seiten starke Buch widmet sich ausschließlich Blizzard, einem der wichtigsten und vielleicht das erfolgreichste Gamestudio der Welt – und ausgerechnet der Firma, von der ich noch nie ein Spiel gespielt habe. Macht aber nichts, ich kann auch so Spaß daran haben, hinter Kulissen zu blicken und zu erfahren, wie Firmen ticken und wie ihre Produkte entstehen. Dachte ich.

Leider ist dem nur zum Teil so. Der Spaß geht mir ab, wenn Schreier Blizzard kontinuierlich als einen Laden beschreibt, der als Bro-Bude anfängt und dessen Gründer beim ersten Winken mit Geld in Sportwagen rumfahren, während sie ihrer Belegschaft erzählen, dass man leider, leider keine Löhne zahlen kann, von dem die Angestellten leben könnten. Aber man arbeite ja für Rum, Ehre und SPASS bei Blizzard. Das ist ab Anfang unerträglich, wird aber bis kurz vor Ende des Buches von Schreier als etwas einzigartiges und Tolles gezeichnet – erst in der späten Activision-Phase und im Zusammenhang mit den Gerichtsverfahren wegen Sexorgien in der Führungsriege des Unternehmens wird der Ton skeptischer.

Man merkt dem Buch an, wieviel Arbeit darin steckt und wie viele Interviews Schreier geführt hat. Aber auch das ist irgendwann ein Problem, wenn der Autor sich in der Masse an Quellmaterial verheddert. Wenn auf jeder zweiten Seite fünf neue Personen eingeführt werden, deren Leben und Karriere irgendwann später oder nie wieder aufgegriffen wird, geht irgendwann Übersicht und roter Faden flöten. Vermutlich hätte es dem Ganzen gut getan, wenn man sich entweder stärker auf die Firmengschichte oder die Entstehung der Games oder auf die Stories der Personen konzentriert hätte und die anderen Bereiche jeweils kürzer gefasst hätte. So wandert der Fokus hin und her und macht es manchmal nicht einfach den, häufig nicht chronologisch erzählten, Stories zu folgen.

In Summe ein interessantes Buch, das aber seltsam ambivalent rüberkommt: Begeisterung bzw. deplatzierte Neutralität gegenüber einem ausbeuterischen Scheißladen, der nie so benannt wird und die Geschichten von Personen und Spielen, die leider in zu vielen persönlichen Details absaufen. Oder anders: Über Blizzard hätte ich gerne weniger gewusst. Als nächstes bitte Ubisoft oder Ryu Ga Gotoku, Herr Schreier.

Saskia Fröhlich: Introvertiert – Na und?
Was bedeutet es, introvertiert zu sein? Was unterscheidet introvertierte und extrovertierte Persönlichkeiten, wie sind die Bedürfnisse? Was für Mythen gibt es? Wie wirkt sich Introvertiertheit in Partnerschaften aus? Wie kann man mit Introvertiertheit in bestimmten Situationen umgehen?

Saskia Fröhlich ist selbst heftig introvertiert, gleichzeitig eine wirklich gute Comedienne und bekannt auf TikTok und Youtube. Tatsächlich hatte ich beim Lesen die ganze Zeit ihre Stimme im Kopf (“Willkommen in meiner kleinen Scheiß-Drecksküche!”), was absolut passend ist – denn das Buch ist so geschrieben, wie Saskia sich in ihren Videos gibt.

Die Erklärungen zu Introvertiertheit (Sie verwendet den Begriff “Introversion”, der macht mir Brrr) sind gut und amüsant zu lesen, zumal auch viele persönliche Situationen geschildert werden. Das persönliche ist eine Stärke und gleichzeitig eine Schwäche des Buchs.

Mir hat ein Blick über den Tellerrand des persönlichen Erlebens gefehlt, oder zumindest ein etwas deutlicherer Hinweis darauf, dass Introvertiertheit ein Spektrum darstellt: Sie kann sich so krass wie bei Saskia äußern, muss es aber nicht. Eine grobe Skala wird lediglich im Kapitel über Partnersuche erwähnt. Da die unterschiedlichen Ausprägungen von Introvertiertheit aber echt wichtig sind, werden jetzt viele Introvertierte da draußen ins Grübeln kommen – ich mag Partyspielchen, bin ich jetzt doch nicht introvertiert?

Flockig zu lesen und die Zielgruppe, jüngere Introvertierte, finden hier Erklärungen zu ihren Bedürfnissen und beruhigende antworten auf die Frage “Stimmt mit mir etwas nicht, wenn ich Zeit für mich brauche und mich soziale Situationen erschöpfen?” . Als gefestigterer Mensch erfährt man (vermutlich) wenig Neues über sich selbst.


Hören:


Sehen:

Die junge Frau und das Meer [JAL, auch Disney+]
New York, 1926: Gertrude Ederle ist die Tochter eines deutschen Einwanderers. Deshalb kann sie etwas, was amerikanische Mädchen nicht können: Schwimmen. Und das sogar so gut, dass sie trotz widrigster Umstände Goldmedaillen erschwimmt. Dann setzt sie sich in den Kopf den Ärmelkanal zu durchqueren. Dass sie das Potential dazu hat, macht ihren Trainer, dessen großer Traum auch die Kanalquerung ist, neidisch – keine guten Voraussetzungen.

Faszinierender Film, der die Diskriminierungen zeigt, denen Frauen vor 100 Jahren ausgesetzt waren. Um das zu tun und damit Trudes Leistungen gebührend zu würdigen flunkert er hier und da bei der Story – auch dort, wo es eigentlich nicht nötig wäre. Schade, sowas verdirbt mit ein Biopic immer ein wenig. Spielt aber keine große Rolle, am Ende habe ich trotzdem geheult. Hervorragende Ausstattung, wundervoll gefilmt, Daisy Ridley in sehr guter Form.


Spielen:


Machen:
Den Monat in Japan verbringen.


Neues Spielzeug:


Ding des Monats:


Archiv Momentaufnahmen ab 2008

Momentaufnahme: September 2024

Momentaufnahme: September 2024

Herr Silencer im September 2024

“Mache ich, wenn die Zeit dafür gekommen ist!”

Wetter: Anfang des Monats sommerlich heiß mit 25 bis 30 Grad, dann stürzen die Temperaturen auf tagsüber 15 und nachts einstellig. Gebietsweise viel Regen – in Osteuropa so viel und so schlimme Überschwemmungen wie noch nie. Monatsende winterlich kühl bei 6 Grad.


Lesen:

Petra Reski: All´Italiana: Wie ich versuchte, Italienerin zu werden
Italienische Staatsbürgerin werden oder nicht? Diese persönliche Frage der venezianischen Journalistin Petra Reski bildet die Rahmung für einen Streifzug durch die Zeit. Der ist manchmal persönlich und erzählt von ihrer Ankunft, Sozialisierung und Arbeit in Italien, begleitet aber auch die die politischen Geschehnisse des Landes von den 1990ern bis heute: Die Mafiamorde an Borsellino und Falcone, erinnerungswürdige Interviews und immer wieder der Würgegriff von Berlusconi sind chronologisch aufbereitet und erlauben tiefe (und zum Glück wertende!) Einblicke in ein Italien, das so in der deutschen Wahrnehmung selten stattfindet.

Hier wird kein “Bella Italia” verklärt oder “Azurro”-vernebelten Wohlfühlanekdoten nachgehangen. Reski findet im Schlimmen immer noch das Schlimmere, resigniert erstaunlicherweise aber nie. Auch dann nicht, als deutsche Gerichte die Zensur ihres Buchs über Mafia in Deutschland anordnen.

Faszinierend, toll geschrieben, kurzweilig und: Zu kurz.


Hören:


Sehen:

Wolfs [2024, Apple TV+]
George Clooney beseitigt Probleme und Hinterlassenschaften anderer Leute. Schnell, diskret, keine Fragen. Niemand tut und kann, was er tut – denkt er. Bis eines Nachts Brad Pitt im Türrahmen steht und den gleichen Auftrag hat wie Clooney: Eine Leiche verschwinden lassen.

Überraschender wie stylisher Thriller, der sich und seine Protagonisten nicht ganz ernst nimmt. Regisseur und Drehbuchautor John Watts weiß ganz genau, was seine Stars können und was er von ihnen will, und Clooney und Pitt liefern. Immer wieder findet hier Kommunikation nur über Blicke oder bedeutungsschwangeres Schweigen statt. Die Verdichtung der Handlung auf eine Nacht in einem winterlichen, Max-Payne-artigen New York ist ein hervorragender Kniff. Spannender und ungemein cooler Film, und der erste, der mich allein durch eine Kameraeinstellung zum Lachen brachte.

John Sugar [2024, Apple TV+]
Colin Farrell ist ein knallharter Privatdetektiv in Los Angeles. Sein Auftrag: Eine entführte Millionenerbin finden.

Neo-Film Noir in modernem Setting, mit einem Colin Farrell, der mal wieder cool sein darf und nicht die ganze Zeit guckt, als hätte er Verstopfung? Count me in, ich LIEBE Film Noir. Von “John Sugar” allerdings fühle ich mich betrogen. Unique Selling Point beim Pitch war wohl ein Genremix, und dass….

SPOILER!
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…die Geschichte kurz vor Schluss darin abgleitet, dass John Sugar und seine Partner allesamt Außerirdische vom Planeten Pups sind und nur nach Hause wollen Das ist eine lustlose wie merkwürdige Auflösung.
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Spoilerende!

In der Summe: Bis Folge sechs verworren erzählte Geschichte, die kurz vor knapp mit einem Deus Ex Machina-Moment aufgelöst wird, der so herbeihalluziniert wirkt als hätte eine KI nicht nur der Vorspann gemacht, sondern auch das Drehbuch geschrieben. Bäh.

Stranger than Fiction [2006, BluRay]
Will Ferell ist kleiner Beamter beim Finanzamt. Er lebt allein, in einem geordneten, sich stets wiederholenden Leben. Das wird durcheinandergebracht, als er eines Tages eine Stimme hört, die jede seiner Handlungen beschreibt und sogar seine Gedanken ausspricht. In seiner Not wendet er sich an Literaturprofesssor Dustin Hoffmann, der zu dem Schluss kommt: Ferrell ist eine literarische Figur. Jetzt muss er nur noch den Autor finden, der seine Geschichte schreibt.

Netter kleiner Film, der nicht überraschend ist, aber zum Ende hin mit einem tollen Dilemma aufwartet. Ich mag Will Ferrell eigentlich nicht, aber hier spielt er ernst und überzeugend. Der Rest des Casts ist großartig: Magie Gyllenhaal ist fantastisch und Dustin Hoffman liebt seinen knarzigen Professor. Nur Emma Thompson overacted ins schwer erträgliche, aber nun.


Spielen:


Thank Goodness you´re here![2024, Switch]
Ein viel zu kleiner Handlungsreisender kommt in eine kleine Stadt und muss für die Bewohner zahlreiche Aufgaben erledigen.

Trailer:

Skurriles, kleines Game mit abwechslungsreichen Minispielchen. Teils sehr lustig, manchmal ärgerlich, weil man stundenlang die Wimmelbilder auf der Suche nach der nächsten Aufgabe absuchen muss.

Star Wars Outlaws [2024, PS5]
Vor “A New Hope”: Kay Vess ist eine junge Hackerin und Diebin. Sie träumt vom Coup und einem eigenen Schiff, um endlich ihren Heimatplaneten verlassen zu können. Tatsächlich bekommt sie die Gelegenheit zu einem großen Bruch, aber der geht schief und sie flüchtet in einem Privatraumschiff des Verbrecherkönigs, den sie ausrauben sollte. Jetzt hat sie zwar ein Schiff, aber dafür Kopfgeldjäger am Hacken und jede Menge anderer Probleme. Bleibt nur: Eine kriminelle Karriere als Outlaw einschlagen und Jobs in den heruntergekommensten Kaschemmen des Outer Rim annehmen.

Auf dem Papier ein interessantes Ding: Ein Star Wars Game mit einer Open World, aber ohne Jedi. Spieltechnisch hat UbiSoft hier ein Assassins Creed im Weltraum gebaut, mit starkem Stealth-Anteil.

Zum Release erschien das Game leider sehr buggy. Figuren glitschen durch Wände, Speicherpunkte sind absurd weit auseinander, Kletterpassagen manchmal Glücksspiel. Ein halbes Jahr Polish hätte dem Spiel gut getan, um zumindest diese Unschönheiten zu beseitigen.

Das hätte freilich nichts an den Gameplay- und Storyschwächen geändert. Der Start ist erzählerisch äußerst schwach und zieht sich ewig hin. Ich kann jeden verstehen, der nicht über den Prolog hinauskommt – das Spiel präsentiert sich zum Einstieg als so langweilig, dass man sich fragt, warum man seine Zeit damit verbringen soll. Zumal es oft nicht hübsch ist: Unbewegliche Holzgesichter und teils steife Animationen lassen einen unweigerlich fragen, warum Ubisoft selbst mit der neuen SnowDrop-Engine überhaupt keinen Wert auf sowas legt.

Wenn die Story losgeht wird es zwar besser, aber dann schlägt auch die Open World mit all ihren Schattenseite zu: Kay wird mit Aufträgen derart vollgeschissen, das es nicht mehr lustig ist. Es gibt drei Verbrechersyndikate, und wenn man für ein Syndikat arbeitet, werden die anderen Fraktionen sauer. Um alle bei Laune zu halten, muss man sich in Such- und Fetch-Quests den Arsch abzuarbeiten.

Dabei ist keine der Aufgaben in “Outlaws” einfach. Selbst für eine simple Aufrüstung des Blasters muss man halb Tatooine absuchen, bis man endlich einen (ständig den Standort wechselnden) Java findet, für den man dann wieder eine halbe Stunde irgendwelchen Blödsinn machen muss, bis man endlich das das benötigte Teil aus ihm rausschütteln kann.

Was das Gefühl des “Ich spiele hier nicht, das ist ARBEIT” angeht, sind die Hauptmissionen allein schon schlimm genug: Die Questketten sind zwar meist nett gemacht und gut geschrieben, aber VIEL zu lang.

Beispiel: Kay braucht einen Mechaniker. Um den zu bekommen, müssen wir:
– auf einen Planeten fliegen,
– eine Stadt erkunden,
– 10 Minuten im Dschungel nach dem richtigen Weg suchen,
– in eine imperiale Basis einbrechen,
– ein Rätsel lösen,
– den Mechaniker brefreien,
– wieder 10 Minuten durch den Wald fahren,
– eine Info suchen und finden,
– 10 Minuten durch den Wald fahren,
– einen Schrotthändler suchen und befreien,
– 10 Minuten über einen See fahren,
– des Schrotthändlers Schrott finden,
– 5 Minuten den Schrott des Schrotthändlers verfolgen, der von fliegenden Schrotthändlerschrottdieben geklaut wurde,
– in ein Syndikatscamp einbrechen,
– 10 Minuten über einen See fahren,
– in eine imperiale Basis einbrechen,
– ein Rätsel lösen,
– ein Feuergefecht überstehen
…und SCHON ist der Mechaniker bei uns. Easy, oder?

Das ist leider ein Muster. Nichts in “Outlaws” ist einfach, immer kommt noch mehr um die Ecke geschissen. Dadurch stellt sich auch kein “Ach, nur noch eine Mission”-Gefühl ein, weil an jedem vermeintlich kleinen Ding ein stundenlanger Rattenschwanz hängt. Keine Quest ist kurz und auf den Punkt, alles ist endlos kompliziert und dauert viel zu lange.

Ja, das fühlt sich so nach Arbeit an, wie es klingt. Oder man ignoriert den ganzen Bumms und die Fertigkeitenbäume und die Schiffs- und Speeder- und Ausrüstungsbäume und konzentriert sich nur auf die Hauptgeschichte. Das geht nämlich. Der Preis dafür: In der Endmission hat man es deutlich schwerer, und ohne eine Syndikatsbindung rutscht man in ein recht generisches oder sogar schlechtes Ende. Das sagt einem das Spiel aber nicht! Wüsste man, WARUM man endlos Zeit in die Aufrüstung von Schiff, Blaster und Syndikatquerelen stecken sollte, wäre das ja OK. So aber begreift man nicht, warum man abseits der Hauptstory überhaupt irgend etwas machen sollte.

Wenn wenigstens das Gameplay knackig wäre und Spaß machen würde! Das tut es aber nicht: Die Fahrzeuge, allen voran der Speeder, steuern sich schrecklich. Kletterpassagen sind unpräzise. Shooterpassagen funktionieren nur mäßig, weil das Deckungssystem schlecht ist und die Medipacks ewig brauchen um auszulösen (was man aufleveln kann, wenn man genug Javas schüttelt, aber auch das muss man sich erarbeiten). Der Controller ist so schlimm belegt, dass die Spielfigur statt zu laufen häufig mitten im Feuergefecht anfängt zu schleichen. Die Levelarchitektur ist so verwirrend, das ich des Öfteren auf Youtube gucken musste, wo der Ausgang aus einem Raum ist. Und die Schleichpassagen sind repetitiv, zu häufig und bei etlichen Missionen muss man ganz von vorn anfangen, wenn kurz vor Levelende ein Alarm ausgelöst wurde. Im Gamedesign aus der Hölle stecken sogar noch Eskortmissionen, was mich laut “Wollt ihr mich hier eigentlich verarschen??” rufen ließ.

Also alles schlimm? Erstaunlicherweise hatte ich doch ein wenig Spaß mit “Outlaws”. Die Umgebungen, Planeten, Städte und Raumschiffe sind toll designed und vermitteln echtes Star Wars-Flair. Endlich mal kein Jedi zu sein ist cool, Kay und die anderen Figuren (übrigens fast allesamt weiblich, egal welcher Spezies) sind interessant gestaltet, auch wenn sie wenig Charakter haben und keine Entwicklung durchmachen.

Nix, das fluffige Haustier, das aussieht wie eine Miniausgabe von Toothless aus “How to tame a Dragon”, ist nicht nur niedlich, das kleine Viech kann Wachen ablenken, Dinge stehlen und Kabel durchbeißen und so Explosionen auslösen. Das ist nett und macht Spaß. Und gegen Ende, auf die letzten zwei von 27 Stunden, wird sogar die Geschichte ganz gut.

In der Summe ist “Outlaws” ein extremer mixed Bag. Manche Systeme sind völlig overengineered, wie die Abendessen mit Haustier Nix, andere liegen in Trümmern, wie das Speederbike-Fahren. Überall blitzen feine Ideen durch, wie die, dass man Dinge von Personen lernt, die man trifft – eine nette, wenn auch mühselige Variante der Skilltrees. Wenn nur die Arbeit in der Open World nicht wäre! Ich behaupte mal: Ohne dieses ganze offene Gedöns und als lineares Spiel a la “Uncharted” hätte “Outlaws” besser funktioniert. So schimmert an vielen Stellen das Potential durch, was dieses Game hätte sein können und sollen – aber alles ist erstickt in Open-World-Beliebigkeit und roh wegen des fehlenden Polishings.

Alles kein gutes Zeichen für “Assassins Creed Shadows”. Aber das wurde auch gerade um vier Monate verschoben, lt. Ubisoft wegen der “Learnings aus dem Start von Outlaws”. Der hatte tatsächlich die Ubisoft-Aktie abstürzen lassen.


Machen:
Arbeiten, lang und schmutzig
ein letztes Mal DAS HAUS betreten


Neues Spielzeug:


Ding des Monats:


Archiv Momentaufnahmen ab 2008

Momentaufnahme: August 2024

Momentaufnahme: August 2024

Herr Silencer im August 2024

“A me basta di sapere che mi pensi anche un minuto.”

Wetter: Sonnig und warm, Mitte des Monats dann heiß mit über dreißig Grad. In der zweiten Monatshälfte fallen die Temperaturen um. Es wird mit 14 Grad kühl und fühlt sich nach Herbst an, dann reißt es noch einmal auf 30 Grad hoch, und unmittelbar danach stürzen die Temperaturen nachts ins einstellige. Sie letzte Woche ist dann ein Auf und Ab: Tags bis zu 28, nachts mal 16, mal 9 Grad. Den ganzen Monat über kein Regen.


Lesen:

Wolf Schneider: Deutsch für junge Profis – Wie man gut und lebendig schreibt
Gelungene Einstiege, für Leser:innen spannenden Schreibweise, unnütze Worte die weggelassen werden sollten, vermeintliche und echte Sprachtabus – Journalisten-Urgestein und Sprachprofi Wolf Schneider gibt Tipps für die Praxis, hier mit dem Fokus auf Online-Medien. Wie schreibe ich für Twitter (das Buch ist schon älter), für Blogs, für Webseiten?

Locke & Key: The Keyhouse Compendium
Rendell Locke wird bei einem Überfall getötet. Seine Witwe zieht mit den drei Kindern in ein altes Haus, das seit 300 Jahren im Besitz von Rendells Familie ist und den Namen “Keyhouse” trägt.

Der Name ist Programm, die Locke-Kinder entdecken seltsame Schlüssel im Haus. Die sind magisch, öffnen Türen zu weit entfernten Orten, den eigenen Kopf oder ermöglichen Gestalt- und Geschlechtwandelei.
Dummerweise ist noch jemand anderes hinter den Schlüsseln her. Letztlich müsse die Locke-Kinder die Jugendfehler ihres Vaters ausbaden.

Ich hatte auf Netflix einen Trailer zur Verfilmung gesehen und “Locke & Key” als Geschichte für Kinder abgetan. Wie falsch ich damit lag! Ja, Kinder bzw. Teens sind die Protagonisten der Story, aber der Plot gleitet spätestens ab dem zweiten Akt ins richtig Düstere ab, bedient sich Horrorelementen und kommt nicht unbedingt zu einem Happy End.

“Das Keyhouse Compendium” enthält auf fast 1.000 dünnen, aber hochfesten und exzellent gedruckten Seiten die gesamte Reihe, die von 2008 bis 2013 veröffentlicht wurde. Hat Längen, aber nicht viele. Erreicht nicht die Qualität des “Golden Age”-Bands, bringt aber genug Ideen mit um immer wieder zu überraschen und die Spannung zu halten. Schön gezeichnet, durchgesuchtet.

Marc-Uwe Kling: Views
Im Harz wird ein junges Mädchen von drei Afrikanern überfallen, vergewaltigt und ist dann verschwunden. Von der Tat kursiert ein Video in den sozialen Medien. Mit den erwartbaren Folgen: Die BILD fährt eine Kampagne gegen Ausländer, die üblichen Politiker fordern Abschiebungen, die AFD hetzt und rechte Influencer gründen “AH” – den “Aktiven Heimatschutz”. Die Polizei reagiert schnell und sucht überall nach Spuren, findet aber überhaupt nichts. Stattdessen kommt es im Land zur Selbstjustiz.

Was mir gefällt: Ein hochgefährliches Szenario, gnadenlos durchgespielt und beschrieben von jemandem, der sich mit Social Media und aktueller Technik auskennt – selbst ChatGPT hat einen Auftritt.

Was mir nicht gefällt: Kling hat anscheinend Tech- und Plotpoints an ein Bord gepinnt, mit einem sehr groben, roten Wollfaden verbunden und das ganze Ding in drei Wochen runtergeschrieben. Wie er in der Geschichte von A nach B kommt ist meist zweitrangig und holprig erzählt. Im Zweifel hat die Protagonistin halt eine Intuition und steht dann am nächsten Plotpoint. Um die gröbsten Unebenheiten zu glätten, wurde ein wenig sozialer Kitt aus dem Leben der Hauptfigur drübergeschmiert, was den Flow nicht verbessert.

Dazu kommt der leicht unfokussierte Schreibstil, den ich schon in “Qualityland” nicht mochte und der mit popkulturellen Anspielungen und ungeschickt eingeflochtenem Wissen überladen ist. Das Tatopfer heißt Lara Palmer – hier, fast wie die in Twin Peaks, kennste, kennste? – Das ist so platt, das selbst die Charaktere sich darüber mokieren, aber der Autor kann anscheinend nicht davon lassen. Auch grob hingezimmerte Erkenntnisse, wie dass es GPS-Tracker bei Amazon gibt und was LLMs aktuell können und was nicht, lässt Feuilletonisten staunen (“Ich habe sooo viel gelernt aus diesem Buch!”, Deutschland Funk), echte Menschen eher nicht.

Da spielt es dann fast keine Rolle mehr, dass das Ende wirkt, als hätte der Autor selbst keine Lust mehr darauf gehabt und es schnell hingeschrieben, während er eigentlich schon zum Abendessen gerufen worden war.

In der Summe: Wichtiges Thema, leider schlecht erzählt.


Hören:

En Vogue – Greatest Hits
Aaaaah, die 90er.


Sehen:

Kevin can f** himself [2021, Amazon Prime]
Allison ist mit Kevin verheiratet. In ihrem heruntergekommenen Wohnzimmer hängen ständig Kevins Vater sowie sein bester Freund und dessen Schwester ab und schmieden absurde Pläne. Die gehen immer schief, und Kevin muss sich irgendwie herauslavieren.

Klingt nach einer typischen Sitcom? Ist es auch. Aber nur zur Hälfte. Immer wenn Kevin auftaucht, ist die Serie wie eine Sitcom gefilmt: Statische Kulisse, grell ausgeleuchtet, knallige Farben, Lacher vom Band.

Die Kamera begleitet aber Allison und deren Geschichte, und wenn Allison alleine ist, wechselt die Perspektive und der Look der Serie: Die Kamera wird mobil, die Farben sind entsättigt, das Licht realistisch. Hier wird der echte Struggle einer Sitcom-Wife gezeigt, die Probleme, Träume und Ambitionen hat. Denen steht im Weg: Kevin.

Superinteressantes Konzept, das bei mir sofort verfangen hat. Dazu trägt auch die tolle Performance der Hauptdarstellerin bei. Interessant auch, was der Perspektivwechsel anrichtet: Schon nach zwanzig Minuten wird Kevin im Auge des Betrachters von einer liebenswert-witzigen zu einer ekligen Figur. Die Serie ist auch ein harscher Kommentar zu patriarchial geprägten Lebenssituationen, bei denen der Machtausübende egoistisch und infantil ist und die Verletzungen, die er zufügt, nicht mal registriert.

Man fragt sich unweigerlich, wie es Peggy Bundy oder der Frau von dem Typen aus King of Queens eigentlich hinter den Kulissen ging.

Furiosa [2024, BluRay]
Als Kind wird Furiosa von einer Gang entführt. Sie wächst unter Feinden auf und wird zum Road Warrior ausgebildet. Jahre später fährt sie Zeugs auf der Fury Road hin und her, vergisst aber nie, dass sie sich an dem Mann mit der Nase rächen will.

Nahtloses Prequel zu “Fury Road”. Das hier ist der interessantere Film, weil hier mehr dran ist: Mehr Geschichte, mehr Charakterzeichnung, mehr Worldbuilding und mehr Nase. Im Ernst: WARUM trägt Chris Hemsworth den ganzen Film über eine alberne Gumminase? Durch die scheint sogar in manchen Szenen das Licht! Hat für mich immer wieder die Immersion gebrochen.

Abseits davon: Sehr gut gemachter Actionfilm, spannend, tolle Einfälle, super Darsteller. Zu Unrecht an den Kinokassen untergegangen. Vermutlich hat die Nase den Film versenkt.

The Newsroom [2012-14, Staffel 1, BluRay]
Alternder republikanischer Newsanchor wird hart getriggert, als plötzlich seine Ex-Flamme seine neue Producerin werden soll. Die Folge: Er und seine Redaktion arbeiten aus Trotz wieder richtig journalistisch – und legen sich mit allen an.

Was für ein Juwel diese Serie ist! Die Themen sind die des echten Lebens der 2010er Jahre: Der Aufstieg der Far Right. Fukushima. Klimawandel. Hier werden krasse Themen verhandelt, und das auf eine Art und Weise, dass man fast Tränchen in den Augen hat, weil man sich Journalismus GENAU. SO. WÜNSCHT.

Das geht auch durchaus schonmal an die Schmerzgrenze, wie diese Sequenz zeigt:

Gleichzeitig führt die Serie vor Augen, wie Trump passieren konnte. Vor 15 Jahren, als die Handlung spielt, war die Tea Party-Bewegung die Anti-Establishment-Bewegung. Die wurde aufgesogen von den evangelikalen Rechten, die sich zunehmend radikalisierten und am Ende die Republikaner übernahmen. Slogans von “gestohlenen Wahlen” gingen damals schon rum, wenn die Republikaner verloren. Gleichzeitig änderte sie die Wahlgesetze so, dass sie bestimmte Bevölkerungsgruppen von der Wahl ausschlossen oder selbst dann gewannen, wenn sie weniger Stimmern bekamen.

Diese Mechanismen führten letztlich zu Trump, und die Serie zeigt das aus Sicht – eines Republikaners!

Weder in der Serie noch im echten Leben kam das gut an, diese erstklassige HBO-Serie nach drei Staffeln beerdigt und läuft bis heute nur unter Ausschluss der Öffentlichkeit auf Sky oder Wow oder Go oder wie der Kram diese Woche gerade heißt. Ordentliche deutsche BluRay-Veröffentlichungen gibt es auch nicht. Schade, denn die Serie ist wichtig – in ausnahmslos JEDER Folge gibt es Momente, die sich ins Gedächtnis einbrennen.

Der Plan [2011, BluRay]
Matt Damon ist ein aufsteigender Nachwuchspolitiker. Immer wieder begegnet er einer Frau, die für ihn bestimmt zu sein scheint – und immer wieder trennen verrückte Zufälle die beiden. Dann kommt raus: Schuld daran sind die grauen Herren vom “Bureau of Adjustment” (so auch der Originaltitel des Films), die kleine Änderungen vornehmen um DEM PLAN gerecht zu werden, und DER PLAN sieht nicht vor, dass Matt Damon mit Emily Blunt zusammenkommt.

Kleiner, feiner High Concept Film. Ist das romantisches SciFi? Oder eine Romanze mit übernatürlichen Elementen? Keine Ahnung, auf jeden Fall gefällt mir diese Mischung, die zum Ende hin ein wenig in “Dark City” plus “Dogma” (den Film von Kevin Smith, nicht das Lars-von-Trier Ding) kippt. Dazu kommt: Matt Damon, Emily Blunt, “Captain America” Anthony Mackie und “Mad Men”-Gesicht John Slattery spielen hier wirklich fantastisch.


Spielen:

Gears of War 3 [2009, XBOX 360 auf XBOX Series X]
Planet Dingens, Space Marines gegen Krabbelviecher.

Sehr cooler Deckungsshooter mit riesigen Actionpieces. Kurzweilig, knallt, Gameplay ist perfekt und sieht auch heute, 13 Jahre nach Release, noch gut aus. Erstaunlich vielfältig und die Kampagne ist überraschend lang.

Gears 5 [2019, XBONE auf XBOX Series X]
Planet Dingens, Space Marines gegen Krabbelviecher.

Fortsetzung der Geschichte aus Teil 4, dieses Mal mit Open-World-Hubs und einer besser geschriebenen Hauptfigur, die sogar eine Motivation mitbringt. Die ist weiblich (die Hauptfigur, nicht die Motivation), weshalb Fanboys einen Pflaumensturz bekamen. Ich habe Kat Diaz aber sehr gerne gespielt. Kurzweilig, Gameplay und Balance wieder perfekt, riesige Setpieces. Sechzehn Stunden Blockbusterunterhaltung auf hohem Niveau.


Machen:

  • Neues Auto suchen, kaufen und den Kram drum rum organisieren
  • Aygo verkaufen
  • Die nagelneuen Aygo-Winterreifen loswerden und Yaris-Winterräder organisieren
  • Arbeit Arbeit Arbeit
  • Letzter Feinschliff Ausstattung und 10.000er Durchsicht V-Strom

Neues Spielzeug:
SW Motech EVO LED Nebelscheinwerfer. Nach den ernüchternden Eindrücken zur Beleuchtung der V-Strom hat sie etwas bekommen, über das ich bislang gespottet habe: Zusatzscheinwerfer.

Es ist deutlich zu merken, dass aus dem Vorderteil des Motorrads jetzt drei Mal mehr Licht kommt als vorher. Erhöht die Sicht und die Sichtbarkeit. Sind natürlich Scheinwerfer die, hrmpf, nur bei Nebel eingeschaltet werden. Alles andere ist ja, hrmpf, in Deutschland nicht erlaubt.

Außerdem: Eine Baby Special 276 von Feuerhand. Der Klassiker, aber mit LEDs und zwei 18650er Akkus. Damit leuchtet das Ding, sagt der Hersteller, 14 Tage am Stück. Aber der behauptet auch, das Licht sei exakt wie das einer Öllaterne. Ist es nicht, es ist weniger warm. Nicht so schlimm kalt wie bei den chinesischen Fabrikaten, aber schon anders als eine echte Flamme.
Egal.

Was halt nett ist: Das Ding riecht nicht und überlagert damit nicht den Sommernachtsduft des Jasmin. Und es läuft nicht aus – anders als die letzte Öllampe, die ich vor zwei Jahren von Feuerhand gekauft habe. Das 2022er Modell des “Traditionsherstellers” ist so billig zusammengepfriemelt, dass es inkontinent ist, anders als seine 60 Jahre alten Geschwister. Rumpladderei passiert bei der LED-Version bestimmt nicht.


Ding des Monats

Ein 2021er Toyota Yaris in Mangan-Bronze.


Archiv Momentaufnahmen ab 2008

Momentaufnahme: Juli 2024

Momentaufnahme: Juli 2024

Herr Silencer im Juli 2024

“Tra terra e cielo, nel mio cuore”

Wetter: Anfang des Monats viel Regen bei teils einstelligen Temperaturen – fühlt sich an wie November. Dann wird es wärmer, aber weiterhin viel Regen und zahlreiche Unwetter mit Erdrutschen. Gleichzeitig südlich der Alpen eine wochenlange Hitzewelle mit über 40 Grad.


Lesen:

Joe Hill, Gabriel Rodriguez: Locke & Key: The golden Age
Die Familie Locke macht in Schlüsseln – magischen Schlüsseln, die Tore in fantastische Welten öffnen. Das dunkle Geheimnis: Die Schlüssel sind aus Dämonenseelen gefertigt und gieren danach, für Böses missbraucht werden. Einer der Schlüssel drängt den Sohn der Lockes erst in den ersten Weltkrieg, dann reisst er ihn buchstäblich in die Hölle.

Seine Schwester versucht ihn zu retten und an den Schlüssel zur Hölle zu kommen. Dazu nimmt sie Kontakt zu einem gewissen selbsternannten Hexenmeister auf: Roderick Burgess, der zu diesem Zeitpunkt unter seinem Anwesen Dream of the Endless, den Sandman persönlich, gefangen hält. Das ist nur eine von mehreren Geschichten in diesem Anthologie-Band.

Ich kenne die Hintergrundgeschichte von Locke & Key nicht, weshalb ich Verständnisprobleme beim Einstieg hatte. Macht aber nichts, auch ohne die eigentliche Reihe zu kennen, erzählt dieser Sonderband wunderschöne und ergreifende Geschichten über erwachsene Themen. Die Bürde, ein todkrankes Kind gehen zu lassen wird hier geradezu magisch erzählt und lässt einen mit gewissem Trost zurück.

Ab der Hälfte des Buches hat es sich dann was mit den kleinen Anthologie-Geschichten, und “Hell & Gone” beginnt und meine Güte, was für ein Werk. Mir fiel beim Lesen mehrfach der Unterkiefer runter. Wunderschön gezeichnete und überaus clever geschriebene Geschichte, die meisterhaft erzählt wird. Jedes Bild ist perfekt komponiert und umgesetzt, keines überflüssig.

Ganz nebenbei erfährt man, was in Neil Gaimans “Sandman” während des Bandes “Nocturnes & Preludes” im Traumreich geschah: Der Corinthian richtet Verheerungen an, verstümmelt Bibliothekar Lucien auf´s Grausamste und übernimmt den Thron; man erfährt, wie Fiddlers Green zu dem Namen Gilbert kam und wieso es aus dem Traumreich verschwand; Und es findet ein Duell von Jane Locke mit Lucifer statt, was möglicherweise das eine Ereignis war, wegen dem er später Dream den Schlüssel zur Hölle aushändigte.

Ein Meisterwerk, das für mich zum Kanon der Sandman-Reihe zählt.

Jasper Fforde: Red Side Story
Fortsetzung des Romans “Shades of Grey”: Ein Gesellschaftssystem, dass auf der Fähigkeit zur Farbwahrnehmung aufgebaut ist und jegliche Technologie verbietet. Je besser jemand eine der Farben rot, grün oder blau wahrnehmen kann, desto höher der soziale Rang. Als sich der rotbegabte Eddie in die völlig farblose Jane verliebt, wollen beide aus dem System ausbrechen. Das ist aber gar nicht so einfach, denn anscheinend werden die Menschen von irgend jemandem oder irgend etwas überwacht – möglicherweise von tieffliegenden Schwänen und mittels des Barcodes, der jedem Mensch aus dem Zeigefinger wächst.

Jasper Fforde ist Meister des Worldbuildings. Story, Charaktere und Dilaoge interessieren ihn nicht, aber bis ins kleinste Detail denkt er sich Gesellschaften und deren Funktionieren aus, und die auf Farben basierte aus “Shades of Grey” zählt zu seinen besten. Dementsprechend laut riefen Fans nach einer Fortsetzung, denn “Grey” endet auf einem Cliffhanger und ist sehr offensichtlich nur ein Teil einer größeren Geschichte.

Fünfzehn Jahre hat Fforde nun für den zweiten Teil gebraucht, und man fragt sich unweigerlich: Warum? Er muss die Story eigentlich schon im Kopf gehabt haben, er hat sie nur nicht aufgeschrieben. “Red” kommt allerdings storytechnisch auch nicht auf den Punkt.

Eigentlich müsste man ja denken: “Welt ist da und durcherklärt, jetzt kann die Geschichte durchstarten”. Dem ist aber nicht so. Viel zu lange erläutert Fforde noch einmal das soziale System, dieses Mal mit endlosen Ausführungen zum Thema standesgemäße Vermählungen und dem Zeugen von Kindern und der Vererbung von Farbsichtigkeit. Die eigentliche Story setzt erst nach ca. 85 Prozent der Laufzeit richtig ein, und endet sehr unvermittelt mit einem Truman-Show-Moment, in dem ein Deus Ex Machina aus den Kulissen springt und einen Expositiondump hinrotzt, der das große “Warum” erklärt.

Das ist uninspiriert und doof, aber immerhin eine Erklärung. Die Farben-Bücher waren als Trilogie geplant, aber offensichtlich hat Fforde da keinen Bock drauf und deshalb den Inhalt von Buch drei auf fünf Seiten zusammenkomprimiert. Auch OK, müssen wir wenigstens nicht wieder 15 Jahre auf eine Auflösung warten.

In Summe: Faszinierendes, aber kein gutes und Buch mit Lääääääääääääääängen und NUR für Leser:innen, die Teil 1 kennen und mochten.


Hören:

Shakespears Sister: Ride Again
Shakespears Sister sind eine meiner Lieblingsbands aus den 90ern. Die meisten kennen sie von “You´re History”, “Hello (Turn the Radio on)” oder “Goodbye Cruel World”. Mein Lieblingssong war aber immer “Stay” – schon weil er eine Geschichte erzählt:

Nach vielen Jahren des Streits und mehr oder weniger erfolgreichen Solo-Versuchen reiten Marcella Detroit und Siobhan Fahey wieder, und auch wenn die Stimmlagen nicht mehr so unglaubliche Höhen erreichen wie früher: Der typische Sound ist immer noch da. Es ist eine Freude Songs wie “All the Queens Horses” zu hören, in dessen Video die beiden auch mit ihrer Bandbiographie, den persönlichen Brüchen und jahrzehntelangen Streits spielen. Es ist zudem eine quasi Fortsetzung zu “Stay”:

Wobei viel auf der Scheibe gar nicht drauf ist – es handelt sich um eine EP, kein echtes Album. Das der erste Song ausgerechnet “Time to say Goodbye” heißt, kann auf einen endgültigen Abschied hindeuten – oder typische Koketterie sein.


Sehen:

Virus [1999, BluRay]
Donald Sutherland ist der abgehalfterte Captain eines Bergungsschiffs. Als seine Crew mitten im Auge eines Sturms ein verlassenenes, hochtechnisiertes russisches Laborschiff entdeckt, zögert er keine Sekunde und und geht an Bord. Keine gute Idee, denn auch wenn das Schiff menschenleer ist: In den endlosen Gängen treibt sich etwas anderes herum, und dieses etwas bastelt aus Maschinenteilen und menschlichen Überresten… Dinge.

Ein goriger, kleiner Horrorfilm, wie er so nur in den 90ern entstehen konnte. Alle hatten “Star Trek” und die Borg noch gut im Gedächtnis, und “Virus” zeigt deutlich, was die familienfreundlichen Serien nie konnten: Was für eine Schweienerei entsteht, wenn Metall und Fleisch verdrahtet werden. Durch die praktischen Effekte ist der Film auch heute noch gut anzusehen. Eine Schau sind auch die Schauspieler, denn mit Sutherland, Jamie Lee Curtis und einem der Baldwins ist das Ding Stargespickt.

Diabolik ist nicht zu fassen [2024, BluRay]
Meisterdieb Diabolik bekommt Konkurrenz in der eigenen Stadt. Eine brutale Verbrecherbande überfällt Banken und Juweliere und schafft es sogar, Diabolik und seinen ewigen Gegenspieler Inspektor Ginko gefangen zu nehmen. Diaboliks Gehilfin Eva Kant und Ginkos Geliebte Monica Bellucci setzen alles daran, ihre Männer zu befreien.

Der dritte Teil der Filmadaption des italienischen Comics, der seit den 50er Jahren bis heute läuft. Wieder mit wenig Budget, aber hinreißend viel Stil gefilmt. Der Vintage-Noir-Look versetzt einen direkt in fiktive 70er zurück, in eine “Alte Zeit”, die es so nie gegeben hat – aber in der Figuren wie maskierte Juwelendiebe und pfeiferauchende Inspektoren mit Trenchcoats total glaubwürdig scheinen.

Toll gefilmt, schön ausgestattet, feine Schauspielerinnen – so dürfen europäische Produktionen öfter aussehen. Deutschland kriegt ja leider nur Till Schweigers Klötenwitzkomödien hin, die “Diabolik”-Trilogie zeigt, was europäischer Film auch sein kann: Ein Erlebnis im Stile der alten Hitchcock-Filme, in einer Nische zwischen von Mainstream-Plattheit und Arthouse.

the Boys, Season 4 [2024, Amazon Prime]
“Superheld” Homelander gleitet weiter in den Wahnsinn ab, Faschismus spaltet das Land und die Boys funktionieren ohne den sterbenden Butcher nicht.

Brutal, gory, zynisch – Staffel 4 bietet mehr von allem, was die ersten drei Staffeln so großartig gemacht hat. Gleichzeitig hält die Serie nicht mehr damit hinterm Berg, dass sie eine Parallel auf die US-Gesellschaft und Faschismus a la Trump ist – was ihr Reviewbombing einbringt. Ja, Maga-Republikaner, ihr SEID die Baddies und nein, Homelander war nie ein missverstandener Held, der war schon immer ein Arschloch.

Bonnie & Clyde [65. Gandersheimer Domfestspiele]
Die junge Bonnie verliebt sich in den Kleinkriminellen Clyde Burrows. Der verstrickt sich im Laufe der Jahre in immer finsterere Verbrechen, bis er tatsächlich einen Polizisten ermordet. Jetzt brechen alle Dämme – Clyde hat nichts mehr zu verlieren, und gemeinsam mit Bonnie zieht er raubend und mordend durch die USA. Nebenbei verfasst sie naive Gedichte, die die Zeitungen gierig abdrucken – Bonny und Clyde werden zu Medienstars.

Schön gespielt und gesungen, leider aber nicht ganz stark. Von den kurzen Musikstücken bleibt keines im Ohr, und die Inszenierung nimmt sich am Anfang viiiiel Zeit für das Kennenlernen von Clyde und Bonnie, während ihre ihr eigentlicher Zug durch das Land und der Katz- und Mausspiel mit ihren Verfolgern in wenigen Szenen abgehandelt ist. Andersrum wäre spannender gewesen.

Mord im Orientexpress [Gandersheimer Domfestpiele]
Die bekannte Geschichte, straff inszeniert, schwankend zwischen Komödie und Drama und keine Sekunde langweilig. Der Cast spielt mit großer Freude, und insbesondere Tabea Scholz als überdrehte Helen Hubbard ist großartig.


Spielen:

Senuas Saga: Hellblade II [2024, XBOX Series X]
Orkney-Inseln, 9. Jahrhundert: Piktenkriegerin Senua hat die Stimmen, die in ihrem Kopf unaufhörlich auf sie einflüstern, als Teil ihres Persönlichkeit akzeptiert. Als wieder Nordmänner ihr Dorf überfallen und Menschen entführen, lässt sie sich gefangen nehmen und nach Island verschleppen, um dort die Auftraggeber der Entführungen zu stellen. Dabei kämpft sie genauso oft gegen Nordmänner wie gegen ihre eigene Schizophrenie und Depressionen. Als Spielender ist nie ganz klar, welche Gefahren real sind – oder was Senua sich nur einbildet.

Ein wirklich krasses Game. Sowas habe ich noch nicht gesehen, und das in mehrfacher Hinsicht. Zum einen: Die Technik ist einfach irre – Island ist hier mit Hilfe von Photogrammmetrie wahnsinnig detailliert abgebildet, und die Gesichter der Spielfiguren haben das uncanny-Valley hinter sich gelassen und sehen wirklich echt aus. Der 3D-Sound ist der Wahnsinn und erfordert zwingend ein Headset, selbst die Teufel-Boxen konnten den Surround-Sound der von allen Seiten wispernden Geräusche und Stimmen nicht abbilden.

Noch nicht gesehen hat man so auch noch nie die Auseinandersetzung mit den Themen Schizophrenie, Traumata und Depression und ihre Visualisierungen. Lediglich der direkte Vorgänger beschäftigte sich mit Schizophrenie und Trauerarbeit und war für viele Betroffene eine sehr besondere und wichtige Erfahrung. Für nicht-Betroffene half er beim Verstehen der Krankheit. Dieses Sequel geht nochmal mehrere Schritte weiter und schafft es in den besten Momenten zu vermitteln, wie es sich anfühlt, eine Depression zu durchleben oder eine schizophrene Episode. Das ist große Kunst.

Gameplaytechnisch hat sich viel getan, die Puzzles sind abwechselungsreicher und die Kämpfe wuchtiger, auch wenn sich die Spielfigur selten präzise steuern lässt und meist unklar ist, warum eben gerade noch eine Schwertschlag gelang, jetzt aber nicht mehr – hier steht klar der cineastische Effekt und die Dramatik der Inszenierung im Vordergrund, weniger die Skills am Gamepad.

Das ist aber auch gut so, denn Senuas Reise will eine Erfahrung, eine Reflexion sein. Dafür ist tiefe Immersion notwendig, die durch Gamy-Elemente nur gebrochen würde. Konsequenterweise wird deshalb selbst auf HUD-Elemente wie Lebensbalken verzichtet.

In Summe: Ein sehr besonderes und wichtiges Spiel, das aber keine gute Laune macht und tief unter die Haut geht. Unterhaltung für Erwachsene, von der traurigen und berührenden Sorte.


Machen:

  • Eine kurze Pause für eine Testfahrt mit der neuen V-Strom. Versehentlich bis in die Abruzzen gefahren.
  • Warten. Auf Versicherungen und Anwälte, damit endlich der doofe Aygo-Unfall geregelt wird.

Neues Spielzeug: Xbox X Series X

Man fragt sich ja unweigerlich, wie groß der Haufen war, der Microsoft ins Hirn geschissen worden sein muss, als die den Namen der neuen Konsole ausgewürfelt haben. Nach XBOX und XBOX360 (auch schon seltsam) kam die XBOX ONE (XBONE, HIHI), dann die XBOX ONE X (Hä?) und dann, vor vier Jahren, die XBOX Series X (WTF!).

Problem: Erst wollten alle das Ding haben, pandemiebedingt war es aber nicht verfügbar. Dann war es verfügbar, und es wollte niemand mehr. Das liegt weniger an den Specs, die auf dem Papier überzeugen. Grund dürfte vielmehr das Fehlen von Exklusivtiteln sein. Gerade für Solospieler wie mich, die auf Spiele mit starken Geschichten stehen, bietet die XBOX im Vergleich zur PS5 genau: Nüscht. Die bedient eher die Fans von Multiplayer-Krachbumm.

Warum ich nun doch eine Box mit zu viel Xen habe? Weil es die mittlerweile gebraucht und für nicht so viel Geld bei Online-Händlern gibt. Ist bei mir Tradition: Ich kaufe MicroSoft-Konsolen immer gebraucht und einige Jahren nach Erscheinen. Meine Series X wurde vom Händler komplett gereinigt und geprüft und mit drei Jahren Garantie verkauft, für 350 Gelt und damit 200 weniger als UVP. Sie hat einen kleinen Kratzer auf der Rückseite, dafür lagen im Karton mehr Kabel als eigentlich dazu gehören – mit dem liebevollen Vermerk des Händlers, dass die vom Vorbesitzer stammten und ich sie vielleicht brauchen könne.

Die Series X macht Spaß – die Bedienung ist deutlich intuitiver als bei der Vorgängerkonsole, das Dashboard ersäuft nicht in Werbung und versteclt ständig wichtige Dinge, und der Kontroller ist wertiger und liegt besser in der Hand. “Quick Resume” ermöglicht es, binnen Sekunden in ein Spiel zurückzuspringen – das kann die PS5 nicht. Auch der Start von Apps und der Wechsel zwischen ihnen funktioniert besser als bei der Sony-Konsole, und dazu gibt es sogar einen funktionierenden Edge-Browser (auch wenn der gerne mal abstürzt).

Nett ist natürlich auch der Gamepass, mit dem man für eine Monatsgebühr Zugriff auf eine große Anzahl Spiele bekommt. Ich mag das Geschäftsmodell nicht, weil ich denke, dass es den Spielemachern schadet und langfristig für große Probleme sorgen wird. Aber ich verstehe auch, dass es für viele verlockend ist.

Die Series X ersetzt die XBONE (hihi) in meinem Haushalt komplett – alles, was auf der lief, läuft auch der neuen auch, und die Backwards-Compatibility einiger 360er Games bleibt auch erhalten. Gut so, damit kann ich die Vorgängerin, die ich nie wirklich mochte, komplett entsorgen und muss am Konsolenregal nicht noch anbauen.

Anyway: Ich bin gerade Happy mit dem Ding, das als Exklusivtitel “Senuas Saga” (s.o.) im Gamepass mitgebracht hat. Damit bin ich dann auch gerüstet für “Indiana Jones and the great Circle” und “Perfect Dark Zero”, die später im Jahr erscheinen und zumindest zeitexklusiv für die XBOX sind. Und in der Zwischenzeit kann ich Dinge wie “Gears 5” und “Halo Infinity” nachholen. Nur Multiplayer mit fremden Menschen, das werde ich nicht spielen.

Was anderes: Möchte jemand eine gepflegte XBOX One von 2013 mit 500GB und Controller gegen Porto haben? Ist weg.


Ding des Monats:


Archiv Momentaufnahmen ab 2008

Momentaufnahme: Juni 2024

Momentaufnahme: Juni 2024

Herr Silencer im Juni 2024

“Wo ist das letzte Quartal hin??”

Wetter: Anfang des Monats kalt. Also, richtig kalt mit einstelligen Werten, im Westen sogar Bodenfrost Dann geht es nass und kühl weiter, 11 Grad und viel Regen sind normal. Erst in den letzten 10 Tagen wird es trockener und die Temperaturen mit um die 20 Grad sommerlicher.


Lesen:

James Tynion IV, Lisandro Estherren et. Al.: The Sandman Universe: Nightmare Country
Ein dicker, unförmiger Mann mit Zähnen anstelle von Augen verfolgt Menschen. Erste träumen sie von ihm, dann nehmen sie ihn in der realen Welt aus den Augenwinkeln wahr, kurze Zeit später sind sie tot.

Woher kommt die Figur? Wurde sie vom Corinthian, dem legendären Megaalbtraum mit Gebissen in den Augenhöhlen, inspiriert? Ausgerechnet dieser Corinthian will der Sache auf den Grund gehen, und erhält vom Herrscher der Träume, Dream of the Endless, die Erlaubnis dazu.

Der Zeichenstil ist erbärmlich mieses Gekrickel, die Charaktere durchgehend unsympathisch und manchmal Spiegelungen anderer Figuren aus Gaimans Schaffen. Wie das exaltierte und anzugtragendes Bösewichtduo Mr. Pain und Mr. Agony, die wir schon in Besser als Mr. Wolf und Mr. Fox in Neil Gaimans “Neverwhere” gesehen haben.

Was fesselt ist die Story, die teils alte Bekannte aus dem Sandman-Universum zurückbringt. Im zweiten Sammelband, “The Glass House”, findet der große Handlungsbogen noch keinen Abschluss, aber es werden interessante Fragen aufgemacht. Vielleicht hat die Reihe damit ihren narrativen Ton gefunden – schade nur, dass die feine Geschichte in so schlechten Bildern hingekrickelt ist.


Hören:


Sehen:

Ghostbusters: Frozen Empire [2024, Bluray]
Die neuen Ghostbusters sind in die alte Feuerwache ihrer Vorgänger eingezogen. Dooferweise fällt nach 40 Jahren ununterbrochenem Einsatz das dortige Geister-Containment auseinander. Dazu kommt: Walter Peck ist Bürgermeister von New York und ein altes Artefakt bringt einen Eis-Dämon zurück.

Urgh. Kein kompletter Reinfall, aber leider auch kein guter Film. Irgend jemand hielt es wohl für eine gute Idee, zur komplett neuen Besetzung inkl. ALLER Nebenfiguren aus dem Vorgängerfilm auch noch die alte Crew um Bill Murray und dazu noch ganz neue Nebenfiguren in einen Film zu stopfen. Übschlagstechnisch kommt man damit auf rund ein Dutzend Charaktere, Slimer nicht mitgezählt. Mit einem dermaßen großen Ensemble lässt sich keine vernünftige Geschichte in Filmlänge erzählen, und das merkt an allen Ecken und Enden.

Allein die erste Viertelstunde ist cringe pur, wenn nacheinander die Charaktere doof in die Kamera sagen, wer sie sind und in welcher Beziehung sie zu den anderen Figuren stehen. “Ja ist es denn zu glauben, vor einem halbe Jahr war ich noch der Erdkundelehrer deiner Tochter, und dann haben wir miteinander geschlafen und jetzt sind wir Geisterjäger in New York und ich bin ein Stiefdad!” – ohne Scheiß, das ist fast wortgenau einer dieser Dialoge. Immerhin erfährt man so, warum plötzlich jeder der Teenies aus Oklahoma in New York ist. Und die Erklärungen sind haarsträubend.

Weil es so viele Figuren gibt, hat keine davon relevante Screentime oder eine interessante Geschichte, trotz der Filmlänge von zwei Stunden. Lustig ist hier auch nichts, es gibt kaum Gags und wenn, zünden die selten (Ausnahme: “Sie betreiben die Geisterfalle seit 40 Jahren und stopfen immer mehr Geister da rein? War ihnen nicht klar, dass das nicht ewig gut geht??” – Janine Melnik: “Schätzchen, das waren die 80er, da machte man sich keine Gedanken um die Zukunft”).

Einzig die neue Bedrohung ist cool, im wahrsten Sinne, tritt aber erst 20 Minuten vor Filmende in Erscheinung – und ist dann auch schnell wieder vorbei.

Ich hoffe, es kommt noch ein weiterer Teil – der sollte sich dann aber besser auf die neue Crew fokussieren und nicht seine Story auf zu viel Figuren verteilen, wie zu wenig Butter auf ein zu großes Brot.

Dune, Part 2 [2024, Bluray]
Die USA besetzen auf der Suche nach Ölvorkommen den wertvollen, aber lebensfeindlichen Planeten Arrakis. In dessen weitläufigen Wüsten versteckt sich der junge Timothy Schalalaleimalay und wird gegen seinen Willen Anführer der Mudschahedin. Trotz leichter Bedenken führt er sie in einen Dschihad gegen die da oben.

Ja, so platt funktioniert die Welt von “Dune”, zumindest im Film. Die Bücher habe ich nie gelesen, weil sie zu lang und weilig waren, vielleicht kommen die noch mit cleverer System- oder Religionskritik um die Ecke. Die muss man sich bei diesem Film schon selber denken, angesprochen wird das nicht.

Überhaupt ist der Film seltsam. Große Bilder und schönes Design auf der einen Seite, auf der anderen Seite flache Charaktere, platte Dialog und absurde Pacingprobleme. Mehrfach macht die Story Zeitsprünge, teils um mehrere Jahre, adressiert die aber nicht – was immer wieder im Unklaren lässt, wie die Charaktere in ihren Verhältnissen zueinander von A nach B gekommen sind.

Zudem nimmt sich der Film gerade zu Beginn viel zu viel Zeit für Mumpitz, aber wenn er auf den Punkt kommen muss, wirkt alles übereilt hingehuddelt. So kommt es auch, dass “Dune 2” trotz seiner Laufzeit von 2 Stunden und 45 Minuten am Ende zu kurz wirkt – aber bis man mal an diesem Ende ankommt, muss man einiges an Langeweile überstehen. Hier, ich hab´s gesagt: Dune 2 ist langweilig.

Viktor bringt´s [2024, Prime]
Moritz Bleibtreu ist freischaffender Servicetechniker in Berlin. Er liefert Elektrogeräte, von Fernsehern bis Fritteusen, und baut die auch gleich auf. Zur Unterstützung nimmt er neuerdings seinen Sohn Michael mit, was zu Spannungen führt. Der junge Student und der alte Handwerker vertreten meist konträre Positionen, was insbesondere bei eher seltsamen Auftraggebern nicht gut ankommt.

Wechselnde Locations, skurrile Situationen, absurde Charaktere, schnelle und witzige Dialoge – “Viktor bringt´s” wandelt sehr deutlich auf den Spuren des “Tatortreinigers”. Macht aber nichts, die Serie bringt genug eigenständige Elemente mit und erreicht in guten Momenten tatsächlich das Vorbild.

Ein Alleinstellungsmerkmal ist die sich entwickelnde Story um Vater und Sohn und eine unglückliche Scheidung und die Vergangenheit der Familie. Das funktioniert leider nicht gut, denn die Chemie zwischen den Darstellern von Vater und Sohn ist praktisch nicht vorhanden. Aber immerhin sind die Dialoge gut – Ich hatte viel Spaß an den acht Episoden, und das sage ich als jemand, der Moritz Bleibtreu nicht mag.


Spielen:

Max Payne 3 [2012, XBOX360]
Nach dem Tod seiner Familie versucht sich Max Payne zu Tode zu saufen. Der Ex-Cop ist bereits ein Wrack, als ihn ein alter Bekannter in New Jersey aufspürt und ihn für einen privaten Sicherheitsdienst in Sao Paulo anheuert. Dort säuft Payne hemmunglos weiter, und in der Folge werden nahezu alle Personen, die er schützen soll, entführt und abgeschlachtet. Auf den letzten Metern entdeckt Payne sein Verantwortungsgefühl wieder und versucht, wenigstens eine Zielperson zu retten – und sich selbst.

Ist 12 Jahre her, dass ich das Ding gespielt habe, und was soll ich sagen: “Max Payne 3” macht keine Gefangenen, im wahrsten Sinne des Wortes. Hier geht es ultrabrutal zu.

Damit meine ich nicht nur Blutfontänen und Körper, die in Zeitlupe zersiebt und verstümmelt werden. Es ist auch ultrabrutal zu sehen, wie sich ein Mensch mit Alkohol und Tabletten langsam, aber sicher umbringt. Auch diese Darstellung ist sehr explizit, immer wieder ist die Grafik von Blendeffekten, Filmrissen und der optischen Darstellung eines Alkoholrausches, durch dessen Nebel nur Fragmente von Gesprächen dringen, durchsetzt.

Auf der XBOX One sieht die Grafik des XBOX 360-Games immer noch sehr gut aus, es gibt kein Kantenflimmern und die Take-Two-eigene RAGE-Engine, die auch bei den GTA-Spielen zum Einsatz kommt, macht einen guten Job.

Die Story ist komplex, der Plot aber noch viel verdrehter – zum Glück ergibt aber am Ende alles einen Sinn. Sehr gelungenes und filmisches Game, dessen Highlight das Schauspiel von James McCaffrey in der Hauptrolle ist. Leider ist der Mann, der auch Alan Wake die Stimme lieh, im vergangenen Jahr viel zu früh im Alter von nur 65 Jahren verstorben. Schade, das er die Figur des Max Payne nicht in einem Film spielen durfte.

Alan Wake 2: Episodes from Night Springs [2024, PS5]
Drei kurze mehr oder weniger abgedrehte “What if…”-Episoden im Alan Wake 2-Universum. In “Greatest Fan” bildet sich die etwas schlichte, aber freundliche Kellnerin Rose ein, das sie “ihren” Lieblingsschriftsteller vor seinem bösen Zwillingsbruder retten muss. Das tut sie, in dem sie sich eine automatische Schrotflinte (die nahezu endlos Munition hat) umschnallt und sich zu 50er-Jahre-Songs durch Horden von Verwandelten knallt. Die liebreizende Kellnerin als Slayer in ihrer eigenen Fan-Fiction ist echt großer, goriger Spaß!

In “North Star” verschlägt es Jesse Faden, die spätere Leiterin des Bureau of Control, in den verlassenen Vergnügungspark “Coffee World”, in dem sie ihren Bruder zu finden hofft. Definitiv die schwächste Episode, zumal Jesse hier ihre späteren “Control”-Kräfte noch nicht hat und einige Rätsel stark an Matheaufgaben der 11. Klasse erinnern.

“Time Breaker” lässt schließlich Sheriff Breaker durch ein Multiverse hüpfen, in dem ein Unbekannter seine Varianten umbringt. Das ist originell und launig, landet man doch dabei auch in den Dreharbeiten zu Alan Wake im Studio von Remedy oder in einer 8-Bit-Welt.

In Summe rund zwei Stunden Spass, für Besitzer der Digital Deluxe-Version ist der DLC kostenlos.

Kayne & Lynch: Dead Men [2007, XBOX360]
Häftling Kayne ist auf dem Weg zur verdienten Hinrichtung, als ihn ein Unbekannter mit Gewalt aus dem Gefangenenbus befreit. Der Mann stellt sich als Lynch vor, und sein Auftrag lautet: Etwas wieder zu beschaffen, von dem nur Kayne weiß, wo es ist. Dummerweise ist Lynch schizophren und bis oben hin voller Pillen, und natürlich geht alles schief.

Shooter vom Anfang der Nuller Jahre. Teils hässlich AF, teils erträglich anzuschauen. Spielmechanisch ein sehr simpler (und kein guter) 3rd Person Shooter. Das Ding spielt sich nicht gut und ist selbst auf dem einfachsten Schwierigkeitsgrad frustrierend schwer.

Was aber toll ist: Die filmische Inszenierung. Angefangen beim Gefängnisausbruch über einen GefängnisEINnbruch, Schauplätze in Tokio und letztlich einen “Wildgänse”-Einsatz in Südamerika: Immer ist der Wille zur großen Inszenierung zu spüren. Die Prämisse ist dabei immer: Alles, was Kane und Lynch anfassen, geht katastrophal schief. Da passt des dann auch, dass die Geschichte kein gutes Ende kennt: Je nach Spielerentscheiung gibt es ein schlechtes Ende und eines, das noch schlimmer ist.

Tatsächlich sollte die Story damals mit Bruce Willis und Mickey Rourke verfilmt werden, zuletzt gingen Gerüchte um eine Umsetzung mit Gerard Butler in der Hauptrolle. Vermutlich wird es nie dazu kommen. Was bleibt, ist dieses kurze Game mit seiner spannenden Geschichte.


Machen:


Neues Spielzeug: Teufel Ultima Set

Mein Teufel Concept E Magnum ist nach 25 Jahren kaputt gegangen. Der Subwoofer arbeitete nur noch sporadisch und dann nur in der Lautstärke, die ihm gerade gefiel. Schade, denn das kleine 5.1-Set begleitete mich seit einem Vierteljahrhundert und durch vier Wohnungen und ich fand es immer noch gut. Ursprünglich als Boxen für den PC angeschafft, reichte mir das Concept E auch als Heimkino-Lautsprecher. Aber nun, elektronische Bauteile altern, und etwas Größeres wäre auch schon länger nett.

Den Berliner Lautsprecherhersteller Teufel gibt es immer noch, und er stellt auch immer noch Komplettsets für 5.1-Surroundsound her. Ich habe mich für eine Kombination aus den Ultima-20 Boxen und dem Concept 12 Subwoofer entschieden.

Was ich vergessen hatte:
Erstens wirken die Teufel-Teile auf Abbildungen immer kleiner als das, was man bekommt und
Zweitens was man bekommt ist so groß, dass es auf einer Palette geliefert wird (“Aber nur bis zum Bürgersteig!”).

Ergebnis: Boxen, die in der Wohnung wirklich nicht mehr zu übersehen sind und ein Subwoofer, so groß wie eine kleine Waschmaschine und 40 Kilo schwer, weil Endstufen und AV-Receiver gleich mit verbaut sind.

Erster Eindruck: Der 33 Zentimeter Tieftöner ist kaum leise zu bekommen, selbst auf niedrigster Stufe macht er noch Geräusche, die die Elefanten im Zoo von Hannover horny werden lassen. Es kostet einiges an Kalibrierungsarbeit, bis alles so eingestellt ist, dass es gut klingt und Punch hat, aber nicht die Oma drei Häuser weiter tot umfällt, wenn die Lobby-Szene aus Matrix läuft. Ist alles richtig eingestellt, ist es geil – nur der Centerspeaker könnte stärker sein, aber immerhin ist er hybsch.


Ding des Monats:
Eine elektrische Akku-Heckenschere von Bosch, eine GHE 18V-60.

Bosch fängt mit Gartengeräten in der blauen Reihe gerade erst an, die Heckenschere ist eines der ersten Produkte. Sie ist etwas schwerer als vergleichbare Geräte von Bosch grün oder Einhell, was Überkopfarbeiten etwas schwieriger macht. Dafür liegt die GHE prima in der Hand und ist gut balanciert. Das 60 Zentimeter lange Schwert schafft ordentlich was weg, und die Schnitttiefe von 20 mm in Kombination mit einem cleveren Anti-Blockier-Move der Sägezähne sorgt dafür, dass die Heckenschere auch durch dickere Äste einfach durchrauscht. Überraschend ist der geringe Stromverbrauch des bürstenlosen Motors: Ein 5AH-Akku zeigte nach drei Stunden Arbeit noch über 50% Restladung an.


Archiv Momentaufnahmen ab 2008

Momentaufnahme: Mai 2024

Momentaufnahme: Mai 2024

Herr Silencer im Mai 2024

“Silber ist halt auch nur ein vornehmes grau”

Wetter: Anfang des Monats sofort sommerlich heiß mit 25 Grad und Sonnenschein. Ab dem 20. kühl mit viel Regen.


Lesen:

Brian K Vaughn, Pia Guerra et. al: Y – The Last Man [Graphic Novel, 2002-2008, Compendium 1 & 2]
Im Jahr 2006 sterben gleichzeitig und weltweit alle männlichen Lebewesen. Menschen, Tiere, Spermien – alles mit einem Y-Chromosom fällt tot um.

Außer Yorick. Der Lebenskünstler ist plötzlich der letzte Mann auf Erden. Zusammen mit seinem Kapuzineräffchen Ampersand wird er nun gejagt. Von Geheimagentinnen, die ihn schützen sollen, von Soldatinnen des israelischen Militärs, die sich einen taktischen Vorteil versprechen, von Forscherinnen, die ihn klonen möchten und sogar von Amazonen, die ihn als letzten Vertreter des verbrecherischen Patriarchats umbringen wollen.

Die Reihe lief zwischen 2002 und 2008 und brachte es auf insgesamt 60 Ausgaben, die es heuer in zwei Kompendien gibt. Ich hatte da 2003 mal reingelesen und fand es spannend, dann vergaß ich aber dran zu bleiben. Nun also die Kompendien, die alle Ausgaben der Serie vereinen.

Nach wie vor spannend ist das Szenario: Was passiert mit einer Gesellschaft, wenn ein Geschlecht plötzlich nicht mehr existiert? “Y” bietet hier verschiedene Antworten an, von der postapokalypse des zivilisatorischen Zusammenbruchs bis hin zu utopischen Gemeinschaften. Das allein trägt aber die Serie nicht.

Stattdessen setzt man auf plotdriven-Erzählbögen, die häufig super funktionieren. Haben vielleicht auf der ISS noch männliche Astronauten überlebt? Entkommt Yorick wildgewordenen Amazonen? Wird er seine große Liebe wiederfinden, die zum Zeitpunkt des Genderzids am anderen Ende der Welt weilte?

Und nicht zuletzt: “Y” bezieht sich nicht nur auf das Chromosom, “Why” ist auch die Frage, die sich durchzieht: Warum sind alle Männer gestorben? Was war die Ursache? Warum hat Yorick als einziger überlebt?

Bis zu zwei Dritteln der Laufzeit trägt das alles hervorragend, dann geht dem Ganzen spürbar die Luft aus. Statt zum Schluss zu kommen, irrlichtert die Reihe leider ziemlich herum, beschäftigt sich über ganze Ausgaben nur mit Nebencharakteren oder Rückblenden und bietet dann zum Abschluss ein Ende, das zwar weit ausholt und die Welt 60 Jahre nach der Katastrophe zeigt, aber ultimativ für alle Charaktere unglücklich ist.

Zurück bleibt ein hohles Gefühl: Einerseits bietet “Y” eine tolle Prämisse, schöne Zeichnungen und tolle Storys, auf der anderen Seite geht es an seinem kraftlosen Ende unwürdig mit seinen Protagonisten um.


Hören:

The Jordan: Nowhere near the Sky
Zehn Jahre lang stand Caroline van der Leeuw als Sängerin des “Caro Emerald”-Projekts auf der Bühne und sang immer die gleichen, auf modern gedrehten Swing- und Jazz-Songs. Dann verschwand sie plötzlich, und “Caro Emerald” bekam den Status “Liegt auf Eis”. Ende 2023 tauchte Van der Leeuw unbemerkt von mir und dem Rest der Welt als “The Jordan” wieder auf.

Das erste Album von “The Jordan” heißt “Nowhere near the Sky”, und es ist eine bittere Abrechnung mit Caro Emerald. Klar, das “Caro Emerald” war eine High-Concept Produktion, eher ein Produkt bei dem Musik, Band, Look und Material perfekt aufeinander abgestimmt waren. Ich habe das ja geliebt und Caroline van der Leeuw war damit sehr, sehr erfolgreich, aber offensichtlich nicht glücklich – anders sind Textzeilen wie in dem Jordan-Song “Naked in the Sun” wohl kaum zu erklären:

I’m so tired of the bullshit
The big hits
The same trick

I’m so tired of the mind games
The big brains
The fat shames

Yeah I’m done with all the F words
Success hurts
I know it’s time
See the signs
To move out

Statt pompös arrangierter Songs gibt es nun “trippy pop songs that combine lyrical poetry and cinematic arrangements with a raw, feminine edge” (Eigenbeschreibung).

Das klingt mal ein wenig nach kraftlosem Morcheeba, mal ein wenig wie weichgespültes Portishead, vor allem aber: Sehr beliebig. Kann noch gut werden, aber auf dem ersten Album klingt es so, als habe van der Leeuw sich noch nicht gefunden.
 

Sollte sie weitersuchen und dabei zufällig einen neuen Namen finden, wäre das auch nicht schlecht – sich “The Jordan” nach einem Stadtviertel von Amsterdam zu nennen, ist etwas dämlich.


Sehen:

Clarksons Farm, Season 3 [2024, Amazon Prime]
Hohe Preise für Dünger und Saatgut, das nasseste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnung, der Farmshop steht vor dem aus und der Council hat das Restaurant schließen lassen. Es sieht nicht gut aus für die Diddly Squat Farm von Ex-Top-Gear, Ex-Grand-Tour-Host und ungehobeltem Skandaljournalisten Jeremy Clarkson.

“Clarksons Farm” habe ich schon nach Staffel 1 als “bestes Stück Fernsehen seit sehr, sehr langer Zeit” bezeichnet. Die Bemühungen des Stadtmenschen Clarkson eine Farm in den englischen Cotswalds zu führen war urkomisch, rührend und gleichzeitig ein tiefer Einblick in Arbeit und Leiden der Bauern (nicht nur) in Großbritannien.

Season 3 ist nun gerade mit 8 Folgen bei Prime erschienen und die bislang beste Staffel. Sie erzählt das Jahr 2023 in der Retrospektive, wobei sich dramatische Ereignisse und ruhige Moment ablösen, und selbst für Trauer ist ein wenig Raum. Krebserkrankungen, tote Tiere und verheerende Klimaschäden wechseln sich ab mit explodierenden Cider-Flaschen, Besuchen in Downing Street 10 und der selbstverschuldeten Fastüberflutung eines ganzen Dorfes.

Dabei wird immer wieder und ganz im Vorbeigehen vermittelt, wie ungerecht das System Landwirtschaft funktioniert. Während sich die Lebensmittelpreise im Einzelhandel in Großbritannien teils vervierfacht haben, kommt davon bei den Bauern praktisch nichts an.

Das die Staffel so gut ist, liegt aber nicht nur an der Bildung und der Unterhaltung. Das liegt vor allem daran, dass die Nebenfiguren mehr Raum bekommen. Sidekick Kaleb, Agrarökonom Charlie und Freundin Lisa haben mehr Screen Time, und das Funktionieren dieser Menschen als Gruppe erinnert in seinen besten Momenten an selige Top Gear-Zeiten. Davon ist Clarkson natürlich mittlerweile weit entfernt: In dieser Staffel setzt er selbst ganz auf nachhaltige Landwirtschaft, probiert ungedüngte Mischfelder aus und steigert sich in Pilzzucht hinein. Großartig!

Atlas [2024, Netflix]
Killer-KI in Menschenkörper versucht die Erde zu vernichten, flieht aber am Ende ins All. Zum Glück ist Jennifer Lopez voll schlau, setzt sich in einen Kampf-Mech und fliegt hinterher.

Launiger, kleiner SciFi-Film, den ich spontan super fand. Das liegt zuvorderst am sehr guten Writing der Story – sorgfältig wird hier etwas aufgebaut und die Zuschauer durch eine wirksame Geschichte geführt.

Das liegt aber auch daran, das hier aus bekannten und geliebten Filmen und Games hemmungslos geklaut wird – im Prinzip nutzt “Atlas” Bilder aus “Aliens” und vermischt die mit “Pacific Rim” und vor allem “Titanfall 2”. Macht aber nichts – es wird von den Besten und gut geklaut, und zu sehen was die Autoren damit anstellen ist spaßig. In die Ecken darf man freilich nicht gucken – das CGI ist stellenweise richtig mies und JLo war noch nie eine gute Schauspielerin. Besonders übelkeitserregend sind die Dialoge in der deutschen Fassung, die sind grauenvoll auf dem Niveau von “Ich hasse Sand”.


Spielen:

Stellar Blade [2024, PS5]
In einer fernen Zukunft: Die Erde ist ein Ödland, durch das mutierte Monster ziehen. Die letzten Menschen, so bezeichnen sie sich zumindest selbst, kämpfen fortwährend um ihr Überleben. Hoffnung gibt es, als Verstärkung in Form von Landetruppen einer entfernte Menschenkolonie eintrifft. Die Freude währt aber nicht lange, letztlich bleibt von den Truppen nur eine Soldatin über. Die versucht den verfolgten Menschen so gut es geht zu helfen und findet dabei Stückchenweise heraus, was wirklich auf der Erde passiert ist – und wer die “Menschen” eigentlich sind.

Man nehme die Welt aus “NIER: Automata”, füge etwas Blade Runner hinzu, ein Spritzer Resident Evil, ein wenig Soulslike, Gegner aus “Scarlet Nexus” und fertig ist “Stellar Blade”. Kaum eine Idee ist hier eigenständig, aber die Summe der Teile ist dennoch faszinierend.

Im Kern ist das hier ein zusammengeklautes Action Adventure mit Prügelgameplay, das aber besser ist als die Summe seiner Teile. “Scarlet Nexus” und “Nier” fand ich doof, aber “Stellar Blade” schafft das Kunststück, FAST dasselbe zu machen wie die Vorlagen, aber jetzt macht es Spaß und nervt nicht.

Die halboffene Welt ist die erste seit langem, die ich wirklich erkunden wollte. Schlicht, weil an jeder Ecke environmental Storytelling geschieht oder abwechslungsreiche Miniaufgaben warten. Abseits davon ist die Story allerdings dünn, und der einzige Twist ist so offensichtlich, dass selbst ich den nach nur einer Spielstunde erahnen konnte. Auch die Nebenmisionen sind auch fast alle Banane und das Artdesign ein wilder Mix, aber irgendwas ist ja immer. Gelungen ist das Kampfsystem, auch wenn es schwer zu beherrschen ist und an Agilität missen lässt. Abahey: Das ist das erste Konsolenspiel eines neuen Entwicklungsstudios, und dafür ist es schon echt schön geworden.

Schön sind auch die Protagonisten, und das hatte im Vorfeld für eine Kontroverse gesorgt. Soldatin Eve ist langbeinig, bevorzugt hautenge Kleidung und trägt einen Atombusen spazieren. Das ist der Inbegriff von Sexualisierung einer Spielfigur und sicher auch der Tatsache geschuldet, dass das Entwicklungsstudio in Südkorea sitzt, wo kein Bodyshaming gegen schöne Körper betrieben wird – und Eve ist immerhin ein Bodyscan eines echten Models, keine reine Fantasie eines Programmierers. Ich persönlich finde das auch nicht störend – wenn ich eine Spielfigur über 20 Stunden aus der Rückenansicht steuere, dann schaue ich dabei lieber auf einen wohlproportioniertes, weibliches Hinterteil als in das Maurerdekolleté eines Klemnpers. Das ist übrigens auch der Grund, weshalb ich in Games generell lieber weibliche Spielfiguren steuere.

In Summe: Kam aus dem Nichts, dieses “Stellar Blade” und hat mich mit seiner Welt gefesselt. Ist allerdings auch bockschwer, selbst im Story-Modus. Ich freue mich auf einen zweiten Teil, dann hoffentlich mit besserer Story und konsistenterem Design.

Bayonetta 3 [2022, Switch]
Die Welt der Menschen liegt zwischen Himmel und Hölle. Bayonetta weiß, welche der Astralebenen ihr näher ist – die moderne Hexe zieht Kraft aus dem Purgatorio, ohne wirklich böse zu werden, und verhaut damit am liebsten korrupte Engel, die die Schöpfung in Gefahr bringen. Dieses Gleichgewicht der Kräfte gerät durcheinander, als plötzlich eine neue Fraktion die Bühne betritt – und mit ihr andere Bayonettas. Dann passiert: Multiverse.

Ach man. Ich mochte das erste Bayonetta von 2009 rasend gerne. Eine Overstylische Hexe, die Engel verhaut? Völlig absurde Situationen und Ideen? Count me in! Dafür spiele ich sogar einen Action-Brawler, was sonst nicht so meins ist.

Bayonetta 2 von 2014 hat mir dann schon weniger gut gefallen, weil die Geschichte völlig wirr war und das Gameplay anfing unübersichtlich zu werden. Bayonetta 3 geht diesen Weg konsequent weiter, und verliert mich mit überladenen Optionen und völligem Story-Mischmasch vollends.

Die Geschichte ist an sich nicht schlecht, wird aber nur in Fragmenten erzählt und ergibt beim ersten Spieldurchgang wenig Sinn. Multiple Paralleluniversen, sich überschneidende Zeitstränge, die gleichen Personen in verschiedenen Altersstufen und generell ist jeder mit jedem verwandt oder seine eigene Mutter – da kann man schon mal den Überblick verlieren.

Ähnlich konfus sind die Kämpfe, die sind hektisch und völlig unübersichtlich. In der Regel hat man es mit Riesengegnern zu tun, die null Trefferfeedback geben. Die Hälfte der Zeit sieht man nicht mal, was auf dem Bildschirm passiert, weil die Kamera im Inneren eines Großgegners steckt.

Die Steuerung ist noch überladener als früher, mittlerweile kann man sogar die Sticks im Kreis drehen und dazu drei Tasten drücken und damit irgendeine Kombo auslösen – wer bitte soll sich das merken?!?

Das wird noch dadurch verschlimmert, dass sich die Steuerung alle 45 Minuten ändert. Seit Nier:Automata gehört es wohl bei japanischen Spielen dazu, dass alle naselang ein Genrefremdes Minispielchen eingeschoben wird, plötzlich spielt man dann eine Rennsimulation oder einen Top-Down-Stickshooter oder einen Seitwärts-Plattformer im Pixellook oder eine Kaiju-Simulation inklusive Schlacht zwischen Hochhäusern. Oder Bayonetta bekommt einen neuen Dämon, in den sie sich nun auch direkt verwandeln kann. Ja, es ist spaßig, als Spinne Wände hochzuklettern oder als lebender Uhrenturm auf dem Schlachtfeld zu stehen, aber es ist einfach zu viel.

Bayonetta 3 bringt zu viel von allem mit. Zu viele Optionen, zu viele Steuerungsmöglichkeiten, zu viele Waffen, zu viele Charaktere und zu viele Dinge, von denen ich bis heute nicht weiß, wozu sie gut sind – keine Ahnung wozu der “Magic Mirror BYO-008 (RM)” gut ist, den ich im Shop gekauft habe.

Nie weiß das Spiel, wann es mal genug ist, immer wird alles gnadenlos übertrieben. Nicht mal den Abspann kann man genießen, weil man auch während dem weiterspielen soll. Wegen dieser Überladung mit Allem und durch die völlig wirre und atemlose Präsentation stellt sich bei mir schon nach kurzer Zeit ein Gefühl der Genervtheit ein. Irgendwann wollte ich nur noch, dass es vorbei ist, und rollte mit den Augen, wenn das Spiel mit noch mehr Blödsinn und einem weiteren Level um die Ecke kam. Überforderung pur.

Überfordert ist auch die alte Technik der Switch. Die kommt mit dem ganzen Gewusel und Geflacker gar nicht gut zurecht. Damit überhaupt so viel auf dem Bildschirm passieren kann, wird mit allen möglichen, technischen Tricks gearbeitet, von niedrig aufgelösten und dadurch matschigen Texturen über eine abenteuerlich schwankende Framerate und fehlendes Antialiasing bis hin zu gerasterten Oberflächen anstelle von echten Transparenzeffekten wurde hier Schönheit für möglichst viel BUMM eingetauscht.

Ich habe irgendwann auch gar nicht mehr verstanden, was da eigentlich passiert oder was ich da tue, und bin trotzdem und durch bloßes Button-Mashing auf dem Standard-Schwierigkeitsgrad durchgekommen. Das Spiel hat mich zwar für die schlechte Performance verhöhnt und mich mit lediglich mit Stein- oder Bronze-Medaillen beworfen, aber das war mir völlig egal – bei diesen Bundesjugendspielen war die Teilnahmeurkunde schon zu viel des Guten.

Ich mag die Figur und die Welt von Bayonetta, aber der nächste Teil muss sich dringend zurücknehmen, der Mensch ist nicht für diese Art Reizüberflutung gemacht. Anscheinend weiß das auch das Entwicklungsteam Little Angels, denn das Ende verrät eine deutlich veränderte Zukunft der Reihe – und die Botschaft “to be continued in a new generation” deutet auf ein “Bayonetta 4” als Titel für die Switch 2 hin.

Watch Dogs Legion [2020, PS5]
Totalitäres London, die Bürger:innen begehren unter der Anleitung der Hacktruppe “DedSec” auf. Der Clou: man kann jede Einwohnerin von London spielen – insgesamt 9 Millionen NPCs…

…aber was nützt es, wenn man zwar 9 Millionen Spielfiguren mit eigener, KI-generierter Stimme spielen kann, aber es dafür keine Identifikationsfigur gibt? Ständig ist man nur damit beschäftigt neue Leute zu rekrutieren, die dann wieder beim ersten Kontakt mit der Staatsgewalt im Knast/Krankenhaus landen und die Rekrutierung einer neuen Spielfigur erfordern.

Gameplay ist lame, und die Fahrzeuge fühlen sich immer noch genauso schwerelos und physikbefreit an wie in den vorherigen Serienteilen.

Nichts wächst einem hier ans Herz, alles ist generisch, “Watch Dogs Legion” ist ab Minute 1 Arbeit. Nur angespielt, nach 3 Stunden weggelegt.

Ghostwire: Tokyo [2022, PS5]
Shibuya ist leergefegt, alle Menschen verschwunden. Aus einem wabernden Nebel tauchen japanische Sagen- und Monstergestalten auf. Was passiert ist, versucht ein junger Mann zu klären, der überrascht feststellen muss, dass er seinen Körper mit einem Geist teilt, der seinen rechten Arm kontrolliert und recht quatschfreudig ist.

Pro: Nette Idee, fotorealistisches Tokyo. Kontra: Simple Ballermechanik, die sich praktisch nicht weiterentwickelt, nutzlose Skills, umständliches Gameplay, eine Open-World die zugschissen ist mit hunderten von Aufgaben, die allesamt irrelevant sind. Sammle 240.000 Seelen! Fange 47 Kappas! Suche 99 Tengus! Wenige Nebenmissionen sind gut geschrieben, die meisten sind 08/15-Müll aus der Grabbelkiste.

Tip: Wenn man den ganzen Nebengeschiss weglässt, ist man in 8 Stunden durch. Dann merkt man aber deutlich, wie dünn die Story ist – die zudem genau in dem Moment endet, wenn sie interessant wird. Hat zurecht schlechte Kritiken bekommen. Abahey: Tokyo!


Machen:

  • Mobbedzwerch besuchen, gleich zwei Mal
  • Noch eine weitere (die vorletzte) Aufrüstungsrunde mit der V-Strom 800

Neues Spielzeug: Abus Schlösser
Die V-Strom 800 ist ein begehrtes Ding, weshalb meine jetzt neue Bremsscheibenschlösser bekam. Ein Sledg77 und ein Detecto 8077. Beide von Abus, beide so gebaut, dass sie gut sichtbar sind und wenig Ansatzpunkte für einen Trennschleifer bieten. Tatsächlich ist es vermutlich einfacher die Bremsscheibe zu durchtrennen als diese Dinger.

Das Detecto 8077 ist ein massig Ding mit einem eingebauten Alarm, der wirklich sofort bei der kleinsten Bewegung losgeht. Auch beim Aufschließen, weshalb man das wirklich üben sollte, bevor man morgens die Nachbarn weckt.

Zur besseren Sichtbarkeit (Abschreckung ist immerhin drei Viertel der Miete) signalisiert das 8077 den Betrieb auch über eine LED.

Vermutlich kommt das Ding nur in der heimischen Garage und in Großbritannien, wo Mopped klauen Volkssport ist, zum Einsatz.

Das Sledg77 ist kleiner und leichter als das 8077, hat aber keinen elektronischen Firlefanz dran. Es passt perfekt in die Hinterradscheibe der V-Strom.

Was ich an dem Sledg besonders gut finde: Die Halterung, die einfach an die Soziusfußraste geschraubt wird. So hat das Schloss seinen festen Platz am Rahmen, kann immer mitgeführt werden und nimmt keinen Platz im Gepäck weg.

 


Ding des Monats: Wisteria Sinensis Prolific
– Chinesischer Blauregen. Die seltsame, stark wachsende Kletterpflanze mit den tollen, hängende Blütendolden habe ich auf der Forellenfarm kennengelernt, wo sie das grüne Dach einer Terrasse bildet. Wisteria ersetzt in Teilen den, leider komplett erfrorenen, Jasmin.


Archiv Momentaufnahmen ab 2008

Momentaufnahme: April 2024

Momentaufnahme: April 2024

Herr Silencer im April 2024

“Io voglio il soleeee”

Wetter: Anfang des Monats bricht der Sommer aus: Über 20 Grad und Sonnenschein! Mitte des Monats wird es dann aber wieder krass kalt, mit nur -3 bis 5 Grad und Schnee. Erst die letzten Tage des Monats bringen wieder sommerliche Temperaturen und ein wenig Sonne.


Lesen:

Brian K. Vaughn, Fiona Staples: Saga [Graphic Novel, Vol. 1-11, 2014-2023]
Der Weltraum: Ein Planet mit hohem Technologieniveau führt Krieg gegen die Bewohner seines Mondes, die sich mit Magie wehren. Verträge und Beistandserklärungen ziehen die halbe Galaxis in diese blutige Auseinandersetzung. Mitten in diesem Chaos passiert etwas Unerhörtes: Eine Kriegerin der Techniker verliebt sich in eine Soldaten der Magier. Die beiden zeugen ein Kind, und das erzählt in der Retrospektive die Geschichte seiner Eltern und seinem Aufwachsen auf der Flucht in einem Baumraumschiff vor Technikern und Magiern, Schwiegereltern, Ex-Geliebten des Vaters, Kopfgeldjägern und Lügenkatzen.

“I fell in love with your Son ´cause he is fucking beautiful”
-“But looks will fade”
“I´m not talking looks”

Es sind Dialoge wie dieser, für die man “Saga” lieben kann. Oder für die teils absurden Geschöpfe, wie den Roboterprinzen mit einem Röhrenfernseher als Kopf. Oder die skurrilen Welten. Oder Einfälle wie den, dass die Technikkriegerin ausgerechnet einen Liebes-Groschenroman zu ihrer Bibel erklärt und vom Autor den Sinn des Lebens wissen möchte. Oder das der Babysitter der Geist eines Teenagers ist.

Oder das sich die Zeit genommen wird, die Gefühle der Protagonisten zu visualisieren. Die Illustratorin Fiona Staples findet dafür fast immer die richtigen Bilder – oder eben gerade nicht: Wenn ein ungeborenes Kind im Mutterleib verstirbt, bleibt in “Saga” der Satz “So viel hätte möglich sein können. Wir werden es nie erfahren. Was bleibt ist ein Gefühl von…” einfach in der Luft hängen, und es folgt ein halbes Dutzend völlig schwarze Seiten. Das ist mutig und eindrücklich.

Damit endet das Thema aber nicht. Bill Vaughn schreckt nicht davor zurück zu erzählen, welche Qualen eine Frau durchleidet, die einen toten Fötus im Bauch hat, aber niemanden findet, der zu einer Abtreibung bereit ist. Als Gegengewicht zu diesen düsteren Geschehnissen wirken dann die kleinen, magischen Momente des Familienglücks um so wertvoller und werden angemessen zelebriert.

Durch dieses Gleichgewicht aus freudigen und düsteren Episoden wirkt “Saga” insgesamt einfach superliebenswert, ist dabei aber auch dramatisch, spannend, bewegend, aber im Kern immer eine Geschichte, die sich um Liebe, Familie und Erwachsenwerden dreht – mit allen Höhen und Tiefen. Manchmal gipfelt die Erzählung in kleinen Weisheiten, die man sich merken kann:

“Wenn eine Kette nur so stark ist wie ihr schwächstes Glied, dann ist eine Familie wie ein Seil. Wir sind viele, schwache Fäden und wir überleben nur, weil wir hoffnungslos miteinander verflochten sind”.

“Saga” ist übrigens noch nicht vorbei, nach einem längeren Hiatus des Autors geht die Serie nun weiter – und stieg gleich wieder als erfolgreichste Comicreihe in die US-Charts ein.

Stefan Ulrich: Und wieder Azurro: Die geheimnisvolle Leichtigkeit Italiens [2022]
Ehemaliger Auslandskorrespondent der Süddeutschen Zeitung bereist Italien um herauszufinden, was dessen “Leichtigkeit” ausmacht.

Ich habe fast alle Bücher von Ulrich gelesen. Seine Beobachtungen der italienischen Gesellschaft, die Beschreibungen von landestypischen Eigenheiten, der Kampf seiner Familie mit dem Alltag in Rom – das hat mir vor 10 Jahren sehr geholfen, Italien als Land und die Menschen und ihre Denkweisen zu verstehen und mich dort hineinzufinden.

Leider findet sich in “Azurro” überhaupt nichts von dieser Sorte Nutzwert. Der Autor bereist verschiedene Orte Italiens, die er teils noch von früher kennt, ergeht sich in Landschaftsbeschreibungen und versucht immer wieder, und meist eher unbeholfen, darzustellen, wie er hier ebenso auf seinen eigenen wie auch auf Goethes Spuren wandelt. Dabei kommen Episoden heraus, die sich ständig zu wiederholen scheinen: Landschaftsbeschreibungen, Erinnerungen, Goethezitat, Anekdote-über-Personen-die-eine-Ruine-gekauft-und-daraus-ein-Gasthaus-gemacht-haben oder die Begegnung mit einem alten Weggefährten, Rince and Repeat.

Haste ein Kapitel gelesen, kennste alle Kapitel. Kennste die Orte, kriegste schöne Erinnerungen. Kennste die Orte nicht, ist es gänzlich lahm – zumal sich nie die Frage gestellt wird, ob die vermeintliche “Leichtigkeit” vielleicht nur in der Einbildung von Ausländern existiert.


Hören:


Sehen:

Scoop [2024, Netflix]
Ein Paparazzo fotografiert 2010 im Central Park den britischen Prinzen Andrew beim Spaziergang mit dem verurteilten Pädophilen Jeffrey Epstein. Kurz darauf gelingt ihm noch eine Aufnahme von “Randy Andy”, der zusammen mit Epstein und jungen Frauen in einem versteckten Haus ein- und ausgeht.

Neun Jahre später stolpert eine junge BBC-Redakteurin über die Aufnahmen und nimmt Verhandlungen über ein Interview mit dem Buckingham Palace auf. Kurz nach Epsteins “Selbstmord” kommt der Termin tatsächlich zustande. Im Gespräch mit Gillian Anderson redet sich der Prinz um Kopf und Kragen, und der “Scoop der Dekade” führt zu seinem völligen Rückzug von der royalen Bühne.

Unaufgeregt erzählt, aber sehr intensiv gespielt. Besonders die Protagonistinnen sind absolut großartig: Billie Piper als Redakteurin und Gillian Anderson als Interviewerin zuzusehen, ist eine wahre Freude. Ist man allerdings nicht gänzlich gedanklich bei der Sache, ist “Scoop” etwas langatmig und -weilig.

Aquaman 2 The Lost Kingdom [2023, bluray]
Bösewicht ist von Sauron besessen und macht deshalb den Klimawandel. Um das aufzuhalten, kämpft Jason Maoam gegen schlechtes CGI.

Argh, bäh. Ich mochte den ersten Aquaman wegen seines ungewöhnlichen Looks und des World-Buildings. Das der zweite Teil ewig in der Mache war und X Nachdrehs erfahren hat, ließ Schlimmes vermuten, und es hat sich bewahrheitet: Dieser Streifen ist der kleinste und dümmste gemeinsame Nenner, herausgemendelt aus Publikumsbefragungen und Studio-Einmischung.

Der Plot ist hanebüchen doof, die Story überkompliziert und völlig atemlos erzählt, Charaktere gibt es hier nicht, dauernd knallt und explodiert alles (auch unter Wasser!) und die eigentlich nicen Schauspieler erkennt man häufig nicht, weil die Köpfe von Momoa, Nicole Kidman oder Dolph Lundgren von echt schlechtem CGI-Makeup überdeckt werden und ihre Körper auch erkennbar aus dem Computer kommen und nicht zu den Köpfen passen.

Echt, als hätte man einen Actionfilm auf Wish bestellt. Das der Bösewicht und das Setting für den Endkampf so aussehen, als hätte man alte Sauron-Modelle aus Herr der Ringe recycelt, fällt dabei kaum noch ins Gewicht.

Till Death [2021, BluRay]
Die Ehe von Megan Fox ist einseitig unterkühlt. Er überschüttet sie mit Aufmerksamkeit und Geschenken, sie ist ihm gegenüber abweisend und eisig und begeht Seitensprünge. Eines Tages hat ihr Mann die Faxen dicke. Während eines Ausflugs in ein einsames Wochenendhaus kettet er sich mit einer Handfessel an seine Ehefrau und schießt sich eine Kugel in den Kopf. Die hat nun nicht nur eine Leiche am Hacken Hals im Schlepptau, sondern noch mehr Probleme: Anscheinend hat der Ex vor seinem Tod ein perfides Endgame inszeniert, was u.a. vorsieht, dass die Ehefrau den Kopf verliert.

Von dem Film hatte ich null von erwartet, als ich diese Bluray für 99 Cent vom Grabbeltisch mitgenommen habe. Ich mochte in der Vergangenheit die Megan Fox zwar mal ganz gerne anschauen, aber deren Zenit ist nun auch schon 15 Jahre her, und in der Zwischenzeit ist sie nur durch geschmacklose Ausfälle und unkontrolliertes Kinderkriegen aufgefallen.

Tatsächlich ist “Till Death” aber erstaunlich spannend und unterhaltsam. Der Plot ist gar nicht so simpel wie es auf den ersten Blick scheint, und im Verlauf der Story gibt es immer wieder Einsprengsel von “The Revenant”, “Escape Room” und vor allen “Saw” – und sowas mag ich ja sehr. Kann man sich mal antun, gibt´s bei Prime in der Flatrate.

Straight Heads [2007, DVD]
Auf dem Nachhauseweg von einer Party werden Gillian Anderson und ihr Begleiter von einer Gruppe Jäger überfallen. Er wird so schlimm verprügelt, das er ein Auge verliert, sie wird vergewaltigt.

Schwer traumatisiert haben die beiden Probleme, wieder zurück ins Leben zu finden. Durch Zufall entdecken sie ihre Peiniger und beschließen Rache zu nehmen.

Düsterer Revengeporn, der einen ob seiner Brutalität immer wieder angewidert den Blick abwenden lässt. Die Gewaltszenen sind fast so schlimm wie in “Irreversibel”, den einzigen Film, den ich nie zu Ende geschaut habe. Von Anderson brillant gespielt, aber in Summe eher nichts, was man gucken sollte.

Der Stern von Indien [2017, BluRay]
1947: Die Briten ziehen sich langsam aus Indien zurück, wodurch die Spannungen zwischen religiösen Gruppen so groß werden, dass sie das Land zu zerreißen drohen. Der neue britische Vizekönig sieht sich das an, berät sich mit Ghandi und anderen und fasst einen gewagten Plan: Er will die ehemalige Kolonie in zwei freie Länder aufspalten, in Indien und Pakistan. Im Hintergrund verfolgt Churchill eigene Pläne und versucht eine Barriere gegen die Sowjetunion zu errichten. In der Folge kommt es zur größten Landflucht aller Zeiten, 14 Millionen Menschen flüchten, eine Million stirbt.

Ich hatte mich immer gefragt, wieso heute in Indien plötzlich die religiösen Spannungen so groß sind, dass dort bevorzugt Faschisten gewählt werden. Stellt sich raus: Bildungslücke meinerseits. Erst durch diesen Film habe ich gelernt, dass das ein uraltes Problem ist und durch die Handlungen der Briten noch verschärft wurde. Dass sich die Geschichte nach 70 Jahren wiederholt, genau wie das Erstarken des Rechtsextremismus in Europa, ist kein Zufall. So lange reicht das Familiengedächtnis.

Der Film, der im Original übrigens “Viceroys House” heißt, deutet die Folgen des “Mountbatten-Plans” nur an, das Augenmerk beleuchtet die Wochen und die politischen Umwälzungen, die zu seiner Entstehung führten.

Das ist nicht immer stringent inszeniert, häufig schweift die Geschichte zu Nebenfiguren ab, deren Bedeutung sich nicht erschließt. Aber: Spiel und Ausstattung sind opulent und manche Szenen sehr einprägsam. Etwa, wenn die britischen Ladies, die gerade aus einem Nachkriegslondon kommen und rationiertes Essen gewohnt sind, sich unter den entsetzten Augen der indischen Diener über das Hühnchen hermachen, dass eigentlich als Hundefutter gebracht wurde. Das der Film von einer Enkelin einer Vertriebenen inszeniert wurde, bietet einen besonderen Gänsehauteffekt.


American Psycho [2000, Bluray]
In den 80ern: Koksnasige Immobilienhändler lassen es krachen. Einer aus der Narzistenbande bringt Leute um.

Laaaaaangweilig. Es ist schlicht langweilig, einem Arschloch dabei zuzusehen, wie er sich an seiner Selbstoptimierung hochzieht, neidisch auf die Visitenkarten anderer Leute glotzt und zwischendurch Prostituierte vögelt und Leute umbringt – oder auch nicht, vielleicht ist alles nur ein Traum. Ich mag darin weder einen relevanten gesellschaftlichen Kommentar noch eine tiefere Aussage entdecken, die Hochglanzbilder sind Selbstzweck und sich stets selbst genug.


Spielen:

Shadow of the Tomb Raider [2018, Replay, PS5]
Lara Croft und irgendwas mit Dschungel und Eingeborenen.

Replay des Spiels von 2018. Ich mochte es damals nicht, obwohl ich die beiden Vorgängerspiele geliebt habe. Jetzt habe ich ihm eine eine zweite Chance gegeben, und was soll ich sagen: Die Grafik ist beeindruckend. Die Fehler, die damals das Gameplay richtig scheißig gemacht haben, sind behoben. Aber ansonsten hatte ich damals völlig Recht, als ich das Spiel als “dumm” bezeichnet habe.

“Shadow of the Tomb Raider” ist ab Minute eins Fremdscham pur. Alles, alles lässt mich innerlich winseln, weil es so dumm ist.

Charaktere: Dumm.
Setting: Dumm.
Ereignisse: Saudumm (Flugzeug bricht in der Luft auseinander, der Teil ohne Flügel segelt ganz normal weiter)
Dialoge: Übelkeitserregend dumm.
Quests: Saudumm, und die Questgeber sind viel zu häufig jammernde Kinder.
Progression: Dumm. Kaum ein Skill ist hilfreich, keiner wird benötigt, Auswirkungen auf Spielstil gibt es kaum.

Story: UN-FASS-BAR dumm. Lara klaut ein Buttermesser der Inkas oder Mayas, ist ja eh alles das selbe, und dann geht die Welt unter – oder es gibt nur schlechtes Wetter, das weiß man nicht so genau.

Am Himmel steht eine dauernde Sonnenfinsternis, es sei denn, die Sonne scheint. Das Brotmesser kann die Welt neu machen, wenn man es in ein silbernes Kistchen steckt, aber warum und ob das jetzt gut ist, weiß niemand. Der Bösewicht will mal die Welt unterwerfen, mal nur sein Heimatdorf schützen, und eigentlich ist er nur ein Maya oder Inka oder Azteke, der tief im Urwald leben möchte. Also sucht man eine silberne Schachtel oder auch nicht, denn worum es jetzt wirklich geht oder was auf dem Spiel steht, das wird nie klar, weil die Erzählung so verworren ist.

Alles, alles hier ist kackedumm und ergibt in keiner Sekunde auch nur den geringsten Sinn.

Dazu kommt: “Shadow” ist ein Paradebeispiel für kulturelle Diffamierung und Aneignung. Die weiße Frau Croft zieht sich Klamotten des indigenen Volkes an und zeigt dem dann, wie man Dinge richtig macht. Und das Ureinwohner wahlweise als hilflose Naivlinge gezeigt werden oder als blutbeschmierte Wilde mit abgeflexten Lippen, das war auch 2018 schon übelst cringe.

Damals wie heute war ich froh, dass der Mist nach recht kurzen 8 Stunden (ohne Nebenquests, die sind allesamt Zeitverschwendung) vorbei war. In keiner Sekunde habe ich mich in dem Game und seiner Story wohl gefühlt. Ständig musste ich mich schämen oder genervt denken: Wie DUMM ist das hier alles!? Und welche Dummheit kommt als nächstes?

So sehen Games aus, bei denen jedes Einzelteil gar nicht mal schlecht ist, wo am Ende der Entwicklung aber die Einzelteile nicht zu einem sinnvollen und guten Ganzen zusammenkommen.


Machen:
* Die V-Strom 800 in Rekordzeit umbauen und ausrüsten lassen. Nun ist sie fast komplett. Vermissen ist eine starke Motivation.


Neues Spielzeug:


Ding des Monats:


Archiv Momentaufnahmen ab 2008

Momentaufnahme: März 2024

Momentaufnahme: März 2024

Herr Silencer im März 2024

“Früher waren Serien etwas für Leute, denen Filme zu lang waren.

Heute sind Filme etwas für Leute, die keine Zeit für Serien haben.”

Wetter: Anfang bis Ende des Monats trocken und warm. Gelegentlich nachts noch um den Gefrierpunkt, meist aber 6-12 Grad.


Lesen:

Walter Moers: Die 13 1/2 Leben des Käpt´n Blaubär [2002]
Kleiner Blaubär zieht in die Welt hinaus und erlebt die ersten 13 1/2 seiner 27 Leben.

Wird nach hinten raus doch etwas zäh.


Hören:

Crooked Still: Little Sadie (aus dem “The Last of US, Part II”-Soundtrack)

Poe: This Road (Aus dem “Alan Wake II”-Soundtrack)


Sehen:

The Fall [Staffel 1-3, 2013-2016, Netflix]
Ein Mörder geht um in Belfast, und Gillian Anderson versucht ihn zu fangen.

Ich mag normalerweise keine Krimis, aber “The Fall” hat zwei Besonderheiten: Zum wird hier von Anfang an auch die Seite des Mörders gezeigt, sein Doppelleben, seine peniblen Vorbereitungen und wie oft er haarscharf davonkommt. Zum anderen ist die Zeichnung der Kommissarin außergewöhnlich – wortkarg, außergewöhnlich kompetent, sexuell aggressiv – das sind alles Attribute, die normalerweise Frauen nicht zugeschrieben werden, und die Gillian Anderson hier auf bemerkenswert minimalistische Weise spielt. Ich habe die Frau ja schon im Theater gesehen und weiß, die was auf dem Kasten hat, aber “The Fall” ist Anderson auf der Höhe ihrer Kunst.

Das einzige Problem: Die Serie ist zu lang. Ein einziger Fall zieht sich über drei Staffeln, und Mitte der zweiten Staffel wird der Mörder erwischt. Danach werden irgendwelche Psychospielchen hinkonstruiert, die weder tonal zum Beginn der Serie passen noch spannend anzuschauen sind. Das ist schade, denn nach hinten raus reißt die Serie damit ein, was sie vorne an Großartigem aufgebaut hat.

The Gentlemen [2024, Netflix]
Im Film “The Gentlemen” zog ein begnadeter Botaniker und Gangster ein Cannabis-Netzwerk in Großbritannien hoch. Der Clou: Seine Produktion verlegte er unter die Ländereien verarmter Adliger. Die freuten sich über ein geregeltes Einkommen, um ihre alten Herrenhäuser zu erhalten, und die Cannabis-Produzenten waren auf dem privaten Ländereien völlig ungestört.

Die Serie “The Gentlemen” zeigt nun die Perspektive eines solchen Adligen, der unerwartet Anwesen, Land und eine unterirdische Cannabis-Farm erbt. Schnell wird er in die kriminellen Machenschaften verwickelt, bei denen ständig etwas schief geht.

https://youtu.be/w08rJxTgKUk?si=ZTyeo2v7oi0MLGI3

Guy Ritchies typische Gangsterstories, endlich im Serienformat! Skurrile Charaktere, unnötige Gewalt und komische Situationen inklusive. In einer Nebenrille: Hitlers rechtes Ei. Sehr unterhaltsam.


Spielen:

Stray Gods [2023, PS5]
Musikerin Grace staunt nicht schlecht, als eines Nachts eine fremde Frau vor ihrem Appartement steht, zusammenbricht und in ihren Armen stirbt. Noch erstaunlicher: Die Tote war die Muse Kalliope, und mit ihrem Tod sind ihre musischen Kräfte auf Grace übergegangen.

Dummerweise verdächtigen nun die Götter des Pantheon Grace des Mordes und geben ihr sieben Tage Zeit, um ihre Unschuld zu beweisen. Bei ihren Ermittlungen sind Grace ihre neuen Musenkräfte hilfreich. Menschen und Götter offenbaren ihr gegenüber ihr Innerstes – wenn Grace sie zum Singen bringt. So kulminieren Unterhaltungen regelmäßig in Musicalnummern.

Ach, was für eine schöne Idee! Ich bin ja großer Musical-Fan, und bei “Stray Gods” stimmt einfach ganz viel. Der Grafik wird in Standbildern transportiert, deren Comicstil mich sehr anspricht. Die Charaktere und Dialoge sind toll geschrieben, die Sprecher hervorragend und die Gesangsnummern wirklich schön, wenn auch nicht bombastisch, arrangiert. Da stört es dann auch wenig, dass das eigentliche Gameplay nur aus der Auswahl von Dialogoptionen besteht, manche Szenen etwas langatmig ausgespielt werden und es nur wenige, wirklich relevante Entscheidungen gibt – die aber das Ende maßgeblich beeinflussen.

Sehr günstiges und mit ca. acht Stunden kurzes, originelles Game für zwischendurch.


Machen:
* Vermissen, immer noch.
* Die V-Strom 800 umbauen und ausrüsten lassen. Die erste Fahrt dafür ging nach Coburg, zu CLS EVo.


Neues Spielzeug:


Ein Battery Guard von inAct. Das streichholzschachtelgroße Gerät, überwacht jetzt die Batterie der ZZR und schickt ab und an Bluetooth-Burstmessages ans Smartphone. Klein, leicht und mit ca. 20 Euro sehr günstig. Danke an Max für´s finden!


Ding des Monats:

Einen Nolan N100-6, ein Tourenklapphelm, in matt-schwarz. Der Vorgänger, der Nolan N100-5, taugt mir nicht für Reisen und der Nolan N104 ist so in die Jahre gekommen, dass auf der letzten Fahrt die Elektronik ausgefallen ist. Da musste jetzt dringend was anderes her, und wie der Zufall will, kommt Nolan nun endlich mit dem neuen Reisehelm raus. Und was für einem: Schönes Design, wertiger als der Vorgänger, sieht gut aus und passt perfekt.

Bleibt natürlich die Frage will ich wirklich einen schwarzen Helm fahren? Bei den großen Ketten gibt es gerade nur den Matt-Schwarzen, aber eigentlich ist mir etwas Auffälligeres lieber. So gut mir der Batman-Look gefällt, irgendwie war mir sofort unwohl bei dem. Alternativen? Naja: Das von mir heiß geliebte Platinum-Silbern ist leider aktuell nicht im Programm, und auch eine echte Hi-Visibility-Option fehlt. Es gibt vom Hersteller nur die Dekore weiß (sieht scheiße aus), schwarz (das aber wahlweise in flat, matte, glossy, graphite, schwarz mit bunten Punkten und vulcan grey) oder “Clown, der in einen Farbtopf gefallen ist”, letzteres aber gerade nur in Italien.

Nach kurzem Überlegen und Rumjammern also den matt-schwarzen Helm zurückgeschickt und einen Metallic-Weißen von einem kleinen Importeur organisiert. Sieht langweilig aus, aber immerhin ist der nicht unsichtbar. Nun bin ich einer der ersten, der mit dem neuen Premiumhelm der Italiener durch die Gegend fahren wird – Multi-Point Kommunikation und Notbremsleuchte inklusive.

Vom Start weg unbefriedigend, aber hey: Ein neuer Helm!


Archiv Momentaufnahmen ab 2008

Momentaufnahme: Februar 2024

Momentaufnahme: Februar 2024

Herr Silencer im Februar 2024

“Sie wollten ja schwarz, und das ist ihre”

Wetter: Meist grau und regnerisch bei um die 8 Grad. In Summe der wärmste Februar seit Beginn der Aufzeichnungen. Und vermutlich der kühlste der kommenden Jahrzehnte.


Lesen:

Walter Moers: Die 13 1/2 Leben des Käpt´n Blaubär [2002]
Kleiner Blaubär zieht in die Welt hinaus und erlebt die ersten 13 1/2 seiner 27 Leben.

Ein früher Moers: Sprühend vor Fantasie, ohne sich dabei zu sehr im Worldbuilding oder endlosen Aufzählungen zu verlieren. Aber auch hier wird die Geschichte schon laufend von Einschüben unterbrochen, hier in Form von Lexikon-Einträgen. Nette, seichte Unterhaltung mit tollen Ideen.
Sehr lang, bin zur Hälfte durch.


Hören:


Sehen:

The Creator [2023, Disney+]
Künstliche Intelligenz hält Einzug in den Alltag, entwickelt sich – und jagt Los Angeles in die Luft. Danach wird KI in den USA verboten. Über die Jahre radikalisiert man sich und nimmt auch Menschen mit robotischen Prothesen ins Visier.

Wie sie nun mal so sind, trägt Amerika schließlich seine Überzeugungen auch in die Welt hinaus und überfällt Länder, in denen KI erlaubt ist und töten jeden, der sie kreieren kann. Unterstützt werden sie dabei von einer gigantischen Waffenplattform, die am Himmel schwebt und jederzeit Tod und Vernichtung bringen kann. Mittendrin ein Ex-Soldat, der auch dem radikalen Anti-KI-Glauben anhängt, aber durch einen Unfall selbst Prothesen bekommt.

Wahnsinnig kreativer Film. Design, Worldbuilding, Motivationen der Charaktere – das ist alles wahnsinnig gut ausgearbeitet und umgesetzt. Abseits der Details ist die Metaebene natürlich grandios: Die USA als christliche Radikalisten zu zeichnen, die Asien (und hier besonders Vietnam) überfallen, und aufgrund ihrer Ideologie transhumane und Menschen wahllos abschlachten, ist mutig – und durchaus in der aktuellen Realitiät verwurzelt.

Film für Menschen, die “Life. Die. Repeat.”, “Elysium” oder “Chappy” mochten. Für mich schon jetzt einer der Anwärter auf “Bester Film des Jahres”.

Hypnotic [2023, Prime]
William Fichner kann Menschen durch einen Wimpernschlag oder ein genuscheltes Wort hypnotisieren und dazu bringen, komplexe und schreckliche Dinge zu tun. Nur bei Ben Affleck klappt das nicht, weil der seine Tochter vermisst und deshalb “starke mentale Vorhängeschlösser” hat.

Unglaublich, was für eine gequirlte Kacke dieses Machwerk ist. Die Suspension of Disbelief ist ab Sekunde eins ausgesetzt, denn jeder, der nicht Generation TikTok ist, weiß einfach, dass Hypnose nicht so funktioniert wie dieser Käse uns das weiß machen will. Ich weiß nicht, was das Studio für Kompromat gegen Fichner und Affleck hat, dass die in diesen Scheiß gezwungen wurden. Ich habe den Film echt nach 20 Minuten ausgemacht, weil mir dieser Quatsch körperliche Schmerzen bereitet hat.

Für mich schon jetzt einer der Anwärter auf “Schlechtester Film des Jahres”

Night on Earth [1991, BluRay]
Eine Nacht, fünf Städte, fünf Taxis:
In New York versucht sich DDR-Auswanderer Armin Müller-Stahl an seiner ersten Taxifahrt, verliert völlig die Orientierung und muss sich am Ende von seinen Fahrgästen den Job erklären lassen.
In Paris wirft ein farbiger Fahrer zwei Rassisten aus seinem Taxi und bekommt anschließend von einer blinden Beatrice Dalle eine Lektion in Sachen Vorurteilen.
In Los Angeles lehnt Winona Ryder eine Filmrolle ab, weil sie lieber Automechanikerin werden will.
In Rom labert Roberto Benigni einen Fahrgast wortwörtlich zu Tode.
In Helsinki tauschen sich eine Gruppe Betrunkener mit Matti Pellonpäa darüber aus, was wirkliches Leid ist.

Ach, einer meiner Lieblingsfilme. Habe ich früher geguckt bis das VHS-Tape Streifen im Bild hatte. Inzwischen hat der Film 33 Jahre auf dem Buckel. Klamotten und Autos wirken altmodisch, die Geschichten der Menschen und ihrer Schicksale sind aber ebenso zeitlos wie berührend – genau wie die unfassbar tollen Leistungen der Schauspieler:innen.


Spielen:

The Last of Us, Part II [2020, 2023 PS5-Remaster]
Replay des grauenvollen Meisterwerks.

Rache wird in vielen Geschichten als starke Motivation der Hauptfigur genutzt. “The Last of Us, Part II” zeigt, was Verluste mit Menschen macht, die nicht loslassen können, und was der Wunsch nach Vergeltung wirklich tut: Einen Kreislauf der Gewalt erschaffen, der Charaktere ihre Menschlichkeit verlieren lässt und sie zu unfassbaren Gräueltaten verleitet.

“The Last of Us 2” inszeniert das auf eine Art und Weise, dass ich beim ersten Durchspielen in 2020 manchmal nicht mehr weiterspielen wollte.

Ich wollte nicht, das Dinge passieren, wie sie passieren. Aber das hier ist nicht meine Geschichte, sondern die der Ellie und Abby, und die handeln so, wie sie es tun.

TLOU2 zeigt damit auf eindrucksvolle Weise, das Videogames ein eigenständiges Medium sind, denn sie können etwas tun, was andere Medien nicht können: Die Spieler/Konsumenten zu Tätern machen. Das kann ein anderes Medium nicht leisten, und deshalb wird die Umsetzung dieses Games als Staffel 2 und 3 der TV-Serie nicht einfach werden.

“The Last of Us” ist Trauer und Leid, in jeder Sekunde und in jedem Augenblick. Beim zweiten Durchlauf weiß man schon, wie sich das Drama entfalten wird, aber der emotionale Impact ist immer noch da. Dieses Videospiel macht keine Freude. So viel Wut und Gewalt, so viel Schmerz und Verzweiflung kristallisieren um einen Kern aus Liebe – das kann Menschen nicht kalt lassen, die nur einen Funken Empathie besitzen.

Braucht nun das beste Spiel für die PS4 nur vier Jahre nach Release ein Remaster? Warum nicht – die PS4 lief stets am Anschlag und machte Geräusche wie ein Düsenjet, wenn TLOU2 lief. Auf der PS5: Totenstille, dafür aber bessere Performance, nahezu keine Ladezeiten, höhere Details und Sichtweiten, weniger Pop-Ins – das Spiel profitiert durchaus von der besseren Hardware.

Beim Remaster mit dabei sind ein neuer Roguelike-Modus, Making-Ofs und Entwicklungskommentare. Wer die PS4-Version schon besitzt, bekommt das Upgrade für 10 Euro.

Übrigens: Meine Sympathien liegen bei Abby, eindeutig.

Lost Words – Beyond the Page [Switch, 2021]
Isabelle ist neun Jahre und führt ein Tagebuch. Darin notiert sie ihren Alltag, schreibt aber auch eine Fantasygeschichte mit sich selbst in der Hauptrolle. Isabelle hängt sehr an ihrer Großmutter. Als es der gesundheitlich immer schlechter geht und sie schließlich stirbt, ist Isabelle verzweifelt und wütend und findet keine Worte mehr. Das Tagebuch hilft dabei, die Trauer zu bewältigen.

Was für ein wunderbares Kleinod! Man merkt, dass die Geschichte aus der Feder von Rhianna Pratchett stammt. Sehr einfühlsam wird das Verhältnis von Isabelle zu ihrer Großmutter geschildert, und wenn dann der Verlust eintritt, ist der emotionale Impact wirklich zu spüren. Das ist minimalistisch und gleichzeitig wunderschön in Szene gesetzt.

Auch wenn einige Bilder plakativ sind, verfehlen sie nicht ihre Wirkung. Wenn die Trauer Isabelle in der Fantasywelt in Form eines großen, schwarzen Hundes verfolgt oder die Protagonistin in einer nebelverhangenen Schwarz-weiß Welt jegliches Ziel verliert, dann fühlt man absolut, was sie gerade durchmacht.

Spielmechanisch gibt es nicht superviel zu tun, das Erleben der Geschichte steht hier klar im Vordergrund. Das Gameplay ist zweigeteilt: Während Isabelle Tagebuch schreibt, erscheinen Worte auf den Seiten, über die sie hüpfen und gelegentlich ein Puzzle legen oder Bilder malen muss. Das ist in erster Linie wunderhübsch anzusehen und sprüht vor Kreativität.

Davon losgelöst gibt es die Fantasygeschichte, in der man tatsächlich durch eine andere Welt reist, in der Worte Macht haben. Mit einem Stick wird Isabelle gesteuert, mit dem anderen wählt man Worte – Verben wie “Anheben”, “Zerbrechen” oder “Reparieren” – aus und ebnet der Figur so den Weg durch die Spielewelt. Das ist auf der Switch leider häufig sehr fummelig, weil die Sticks viel zu empfindlich reagieren und die milimetergenaue Platzierung der Verben zum Geduldsspiel wird.

Das stört aber selten wirklich, und die die wunderbare Geschichte um Verlust und Trauer gleicht das alles wieder aus.


Machen:
– Vermissen, immer noch.
– Eine V-Strom 800 Probe fahren und spontan kaufen.


Neues Spielzeug:


Ding des Monats:


Archiv Momentaufnahmen ab 2008

Momentaufnahme: Januar 2024

Momentaufnahme: Januar 2024

Herr Silencer im Januar 2024

“Das Jahr geht schon sechs Monate, und es ist immer noch Januar!”

Wetter: Es regnet und regnet und regnet in der ersten Woche, das Hochwasser schwappt in ganz Niedersachsen rum. Zum Glück ist es dabei mit 5 Grad recht warm. Wäre es kalt, es wäre eine Schneekatastrophe wie 1978. Kalt wird es erst in der zweiten Woche, schlagartig fallen die Temperaturen auf minus neun Grad. Schnee legt die Flughäfen und die Bahn lahm. In der dritten und vierten Woche ist der Schnee weg, die Temperaturen schwanken um den Gefrierpunkt, manchmal guckt die Sonne durch.


Lesen:

Walter Moers: Ensel und Kretel [2002]
Ensel und Kretel verlaufen sich im Wald.

Ein früher Moers: Strotzend vor Kreativität, ohne sich in seiner eigenen Welt zu verrennen und in Details abzusaufen. Das eigentliche Märchen ist recht kurz, die Buchlänge wird gestreckt durch “Mythenmetzsche Abschweifungen” – in diesen Einschüben erzählt der fiktive Autor von “Ensel und Kretel”, Hildegunst von Mythemetz, einfach irgendwas. Oder er schreibt einfach mal zehn Seiten “Brummli Brummli Brummli Brummli Brummli…”. Schräg, aber gut.


Hören:


Sehen:

The Menu [2022, Disney+]
Junges Paar hat einen ganz besonderen Feinschmeckerabend in einem Sterne-Restaurant auf einer einsamen Insel gebucht. Hier wird unter anderem Molekularküche geboten, so etwas wie Schaum, der nach Wildschwein schmeckt. Jeder Gang ist eine intellektuelle Herausforderung, die vom kultisch verehrten Chefkoch Ralph Fiennes erläutert wird. Ab dem dritten Gang wird es dann aber seltsam, als “Unschöne Wahrheiten” serviert werden, und als ein Sous-Chef als Beilage mit dem Namen “Mein Wahnsinn” vor den Augen der Gäste Suizid begeht ist klar, dass der Abend entgleist.

Ich wusste nichts über diesen Film und bin über eine Szene auf TikTok auf den aufmerksam geworden. Unvorbereitet hineinzustolpern ist aber der beste Weg, den Streifen zu genießen. Anfangs rätselte ich noch: Ist das eine Komödie? Ein Drama? Ein Thriller? Um so immer tiefer in die Spirale des Wahnsinns gezogen zu werden, die die Geschichte aufmacht. Auch wenn die Story letztlich nicht viel zu bieten hat – allein das Setting und das Spiel des hochkarätigen Casts sind toll, und der Plot ist hoch spannend.

Pathaan [2023, Bluray]
Böser Terrorist bedroht Indien und Pakistan, Geheimagent Sha Rukh Khan muss ihn aufhalten und reist dabei um die Welt.

Nach hanebüchenem Mumpitz wie “Zero” endlich wieder ein Actionfilm mit SRK. Und was für einer: Hier wird eindeutig auf den Spuren von James Bond gewandelt, und das auf hohem Niveau. Das Drehbuch hat irre Einfälle, die auch toll umgesetzt und gefilmt sind. Keine Sekunde kommt hier Langeweile auf, es ist einfach eine Freude sich hier das Hirn zuballern zu lassen. Das hier ist Actionfilm und Heistmovie, auf Triple-A-Hollywoodniveau. So lange am anderen Ende der Welt so tolle Filme wie “Pathaan” entstehen, braucht es Hollywood nicht.

Die Bildqualität der BluRay ist Wahnsinn – im Gegensatz zu vielen westlichen Produktionen ist das Bild hell und messerscharf, nicht grainy und so dunkel, dass man sich eine Taschenlampe wünscht.

Barbie [2023, Online-Leihe]
Barbie wohnt im Barbieland, zusammen mit ganz vielen anderen Barbies. Kens laufen da auch rum, haben aber nichts zu melden. Barbie lebt ein gutes Leben in der Gewissheit, die Emanzipation der Frauen in der Echten Welt so vorangetrieben zu haben, das Frauen absolut gleichberechtigt sind und alles werden können, was sie wollen.
Als sie eines Tages Gedanken an den Tod hegt und sie Plattfüße bekommt, muss Barbie in die Echte Welt – und stellt zu ihrem Erstaunen fest, das Frauen hier eben nicht gleichberechtigt sind. Das findet nur einer toll: Ken, der sich prompt daran macht, im Barbieland ein Patriarchat zu errichten.

Okay, DAS ist mal ungewöhnlich. Ein High-Concept-Film, der auf so vielen Ebenen funktioniert, dass nahezu jede und jeder, der nicht gerade tief misognyn ist, etwas daran findet.

Sehr toll sind schon die optischen Gimmicks. Jede und jeder, der in den vergangenen 60 Jahren Kind war, ganz egal ob er selbst eine Barbie besessen hat oder nur die Schwester oder die Grundschulfreundin: Man WEISS einfach, wie Barbiespielzeug aussieht und nach welchen ungeschriebenen Gesetzen Kinder damit spielen. All das findet sich hier in diesem Film wieder, und das allein ist schon toll.

Die Grundidee ist erstaunlich, die Story funktioniert, das Pacing ist nahezu ohne Hänger und der Cast mag, was er tut. Filmisch ist das Ganze sehr gelungen umgesetzt. Einfach ein guter Film, und einer mit einer sehr wichtigen Botschaft. Schön, dass der im vergangenen Jahr im Kino der Renner war!


Spielen:

Robocop: Rogue City [2023, PS5]
Kurz nach den Ereignissen von RoboCop 2: Der Megakonzern OCP will Detroit abreißen, um an seiner Stelle eine Luxusstadt zu bauen. Das alte Detroit wird derweil von Drogen und Gewalt überschwemmt. Symbol für Gerechtigkeit ist RoboCop: Eine Vollkörperprothese, in der das Hirn des ermordeten Polizisten Alex Murphy sitzt.

Paul Verhoevens “RoboCop”, der alte Film von 1987, hat mich schwer beeindruckt, als ich ihn zum ersten Mal sah. Noch heute gehört der Streifen zu meinen All-Time-Favorites, schlicht weil er kein Actionfilm ist, sondern ein Drama. Gesellschaftliche Entwicklungen, Kapitalismuskritik, aber auch zutiefst philosophische Fragen wie “Was ist Menschlichkeit, und was macht einen Menschen aus”? werden hier verhandelt und sind geradezu genial gefilmt und mit Splatterszenen vermischt.

“Rogue City” ist eine Liebeserklärung an den den Streifen und fängt dessen Stimmung perfekt ein. Als RoboCop walzt man durch 80er-Jahre-Zukunfts-Settings, die vollgestellt sind mit Chevrolets und Röhrenfernsehern, was aus heutiger Sicht teils liebevoll-naiv erscheinen.

Mit der Unreal5-Engine sieht das bemerkenswert gut aus. Gameplaytechnisch wechseln sich akzeptable Shooter-Sequenzen, Erkundungseinlagen, Tatortermittlungen, Puzzles und Dialogsequenzen ab. Beides ist unterhaltsam, auch wenn man deutlich das geringe Produktionsbudget dieser maximal Double-A-Produktion merkt. Abseits der Hauptstory gibt es noch Nebenmissionen, die aber allesamt wenig interessant sind. Was aber extrem gut rüberkommt, ist das Gefühl, mit einem tonnenschweren und nicht besonders beweglichen Cyborg durch die Gegend zu laufen, der durchaus etliche Kugeln abkann. Dass Peter Weller, der Originalschauspieler, die Figur spricht und ihr das Gesicht verleiht, trägt maßgeblich dazu bei, dass dieses Game eine Offenbarung für alle Robocop-Fanboys ist.

Alan Wake II
Im Wald hinter dem verschlafenen Nest Bright Falls wird eine Leiche gefunden. FBI-Agentin ermittelt und merkt sehr schnell, dass sie es hier nicht nur mit Totschlag zu tun hat, sondern ein seltsamer Kult sein Unwesen treibt. Bald darauf stolpert sie mitten in der Nacht mit einer mickrigen Taschenlampe durch den Wald und und findet den Schriftsteller Alan Wake, der hier vor 13 Jahren verschwunden ist. Der berichtet von einem weitaus größerem Problem: Anscheinend hat sich eine seiner Geschichten selbstständig gemacht und schickt sich an, die Realität zu verändern. Dummerweise ist das eine Story aus dem Horror-Genre.

Das erste “Alan Wake” aus dem Jahr 2010 war ein seltsam Ding, dem man seine holprige Produktionsgeschichte ansah. Eigentlich als Open-World-Twin-Peaks mit Stephen-King-Story gestartet, war es am Ende ein linearer Survival-Shooter, der vor allem wegen seiner tollen Schauplätze, der originellen Grundidee und vor allem der Atmosphäre in Erinnerung blieb.

“Alan Wake II” ist nun nicht einfach more-of-the-same, sondern spielt sich deutlich anders. Zwischen Passagen mit Actioneinlagen wird nun viel erkundet und gerätselt und die Story zusammengepuzzelt. Die ist wesentlich besser produziert und auch besser erzählt als in Teil eins, und in Sachen Atmo hat das finnische Studio Remedy nochmal ordentlich draufgelegt. Die Grafik ist bombastisch und super detailliert, die ganze Welt von Bright Falls sieht fantastisch aus.

Also alles supi? Leider nicht. Es ist nie ein gutes Zeichen, wenn ich mich um ein Spiel drücke und lieber was anderes mache, als es zu starten. Bei AW2 war das die ersten 10 Spielstunden so, und der Grund ist das sperrige Gameplay. In den Erkundungspassagen schleichen de Figuren im Schneckentempo durch die Gegend, hier verkommt das Spiel zu einem lahmen Walking-Simulator, dessen Grafik auf der PS5 im Quality-Modus in vielen Szenen ruckelt.

Die Kämpfe gegen besessene Kultisten sind ein Graus, weil weder Zielen noch Ausweichen gut funktioniert, Munition nie ausreichend vorhanden ist und die Gegner einfach sau schnell, im Dunkeln kaum zu sehen und Bullet Sponges sind. Gerade wegen Letzterem ist es auch keine Schande, den Schwierigkeitsgrad von “Normal” auf “Story” zu stellen. Spätere Gegner halten nämlich nicht nur mehr Treffer aus, als man an Munition tragen kann, die erledigen die Spielfigur auch mit einem Schlag aus der Ferne, manchmal ohne das man sie vorher sieht. Das macht keinen Spaß, zum Glück sind die Kämpfe aber nicht im Vordergrund.

Da man nicht frei Speichern kann, sondern auf oft weit auseinanderliegende Speicherpunkte angewiesen ist, kann man hier – wie schon beim Vorgängerspiel “Control” – viel Lebenszeit mit Neuladen und Hin- und Herlaufen verbringen, um dann dank der absurd langsamen und miesen Steuerung sofort wieder ins Gras zu beißen.

Problematisch ist auch das Pacing. Die Agentin kann sich jederzeit in ihren “Mind Palace” flüchten, d.h. man schaltet zwischen der Spielwelt und einer großen Pinnwand hin und her, auf der Spuren, Hinweise und Gedanken in die richtige Reihenfolge sortiert werden müssen, damit die Spielfigur daraus vielleicht Erkenntnisse zieht. Tut sie aber meistens nicht. Zumindest nicht vor dem Spieler, und so artet die Detektiv- zur Fleißarbeit aus, die darin besteht, Fotos an die richtige Stelle zu kleben. Da dass andauernd gemacht werden muss, bremst dieses Element den Spielfluss erheblich aus – fünf Minuten spielen, dann Vollbremsung und Bildchen auf die Pinwand kleben, dann geht´s erst weiter. [Nachtrag: Gerade erst erfahren: Muss man nicht alle 5 Minuten machen, nur an bestimmten Storypunkten, sonst geht es aber tatsächlich nicht weiter]

Was mich dann aber doch in den Bann gezogen hat, so ca. ab Spielstunde 12, ist der unbedingte Willen der finnischen Entwickler zu Skurrilität und einer komplexen Story. Was dadurch an originellen Ideen aufgefahren wird, ist einfach nur bemerkenswert – ich habe noch nie ein Spiel mit einem Musicallevel gesehen, und wie sich die Geschichte entwickelt ist SO bemerkenswert, dass ich im Nachgang dem Autoren Sam Lake eine Dankesnachricht geschickt habe – denn sowas erlebt man sehr, sehr selten.

Zusammengefasst: Geschichte und Inszenierung sind fantastisch, das Speichersystem nervig und das Gameplay in Kampfsequenzen unspaßig. Wenn man sich auf die Story einlässt und in die Welt von Alan Wake saugen lässt, spielen diese Punkte aber kaum eine Rolle.

Control [2019, Replay, Ultimate Edition PS5]
Jesse Faden betritt ein Gebäude in New York, das ihr zuvor noch nie aufgefallen ist, aber anscheinend schon immer da war. Das “älteste Haus” beherbergt das “Federal Bureau of Control”. Diese Behörde kümmert sich eigentlich im Stil der „Men in Black“ um übersinnliche Phänomene, ist aber leider gerade selbst von einem überrannt worden. Jesse beginnt die leeren Korridore des FBC zu erkunden. Das sich das Gebäude über mehrere Dimensionen erstreckt und ständig seine Form ändert, macht die Sache nicht einfacher.

Als “Control” 2019 raus kam, habe ich es inständig nicht gemocht. Das hatte sich das Spiel hart erarbeitet, denn obwohl es eine Wundertüte an Einfällen ist, fand ich ich Geschichte untererklärt und ohne echtes Ende, und auf der PS4 hatte es haarsträubende Performanceprobleme. Dazu kamen viel zu seltene und zu wenige Speicherpunkte und ein unbalancierter und nicht änderbarer Schwierigkeitsgrad, der mich zur Weißglut brachte: Teils musste man Minuten bis zu einem Bosskampf laufen, starb binnen Sekunden, starrte dann zwei Minuten auf einen Ladebildschirm und dann ging das wieder von vorne los.

Control hat es sich 2019 mit mir gründlich versaut, sogar so weit, dass ich das echte Ende vermutlich nie gesehen habe – ich erinnere mich daran, dass ich es sofort und ziemlich wütend gelöscht habe, als der Abspann über den Bildschirm lief.

Stellt sich raus: Das war ein Fake-Ende, der falsche Abspann hört nach wenigen Sekunden auf, und danach geht es nochmal weiter und bringt die Geschichte zu einem befriedigendem Ende. Überhaupt war ich überrascht, wie gerne ich jetzt Control nochmal gespielt habe. Das älteste Haus zu erkunden, die wuchtigen Kämpfe zu spielen, die Geschichte (die ich schon völlig vergessen hatte) Stück für Stück zu erleben – ganz großartig!

Lag ich dann damals falsch? Nein!

Ich hatte mit allen Punkten, die ich nicht mochte, absolut recht! Und nicht nur ich empfand das so, und deshalb kam ein Jahr nach Release ein Patch raus. Der balancierte die Bosskämpfe neu, fügte mehr Erklärungen und Speicherpunkte hinzu und brachte einen Modus mit, in dem man sehr detailliert den Schwierigkeitsgrad an die eigenen Vorlieben anpassen kann. Der ist auch immer noch bitter nötig, Control bleibt bock schwer – aber gerade wenn man an den nervigen Stellen die Schwierigkeit so einstellen kann, dass sich Gegner nach einem Treffer in Luft auflösen, dann wird die Power-Phantasie wahr und es fühlt sich wirklich so an, als hätte man die titelgebende Kontrolle.

Auf der PS5 läuft das Game trotz Raytracing, Unmengen an Partikeleffekten und einer irren Physikengine im Hintergrund völlig problemlos. So macht es richtig Freude, das älteste Haus zu erkunden und in den DLCs, die in der Ultimate Edition vorhanden sind, dem Verbleib eines gewissen Schriftstellers namens Alan Wake nachzugehen. Kennt man “Alan Wake II”, was damals höchstens in der Pre-Pre-Production gewesen sein kann, findet man im DLC schon die Kernmotive der Fortsetzung und Verweise auf Figuren, die dort auftauchen werden.

Übrigens: Die Ultimate Edition als Disc-Version für die PS5 gibt es nur zu horrenden Sammlerpreisen zu kaufen, und die Digitalversion ist auch noch unverschämt teuer. Wie Sand am Meer und für ein paar Groschen gibt es aber die Ultimate Edition für die PS4, und die enthält ein kostenloses Upgrade für die PS5.

Assassins Creed Revelations [2011, Switch Replay]
Assassinenmentor Ezio Auditore ist 53 und blickt auf ein unerfülltes Leben zurück. In Istanbul macht er sich auf Sinnsuche. Komplettes Review hier.

Dies ist ein Replay, das ich vor einem Jahr oder so auf der Switch begonnen und jetzt, so nebenbei beim Dschungelcamp gucken, beendet habe. Das 12 Jahre alte Spiel sieht auf der kleinen Konsole einigermaßen OK aus, fügt der ursprünglichen Version (die noch für XBOX 260 und PS3 rauskam!) weder grafisch noch spielerisch etwas hinzu.

Was bis heute Bestand hat: Der Trailer mit der Musik von Woodkid ist sicher einer der besten Spieletrailer aller Zeiten.


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