Momentaufnahme: Dezember 2023
Herr Silencer im Dezember 2023
“Man erfährt nur das, für was man auch bereit ist.”
Wetter: Monatsbeginn eiskalt mit -3 Grad und einem halben Meter Schnee, dann Regen-Regen-Regen. Es regnet ohne Unterbrechung wochenlang, bis an Weihnachten die Talsperren bis zum Überlauf voll sind und Niedersachsen überflutet wird.
Lesen:
Walter Moers: Die Labyrinth der träumenden Bücher [2011]
Der Schriftsteller Hildegunst von Mythenmetz kehrt nach zwei Jahrhunderten zurück in die Stadt der träumenden Bücher. Bald hegt er einen Verdacht: Ist der auch der finstere Bücherkönig wieder da? Aber der ist doch vor 200 Jahren vor seinen Augen verbrannt, oder nicht? Die Antwort auf dieses Rätsel liegt im Labyrinth unter der Stadt…
…in das der Protagonist in dieser Geschichte nicht vorstößt. Das gesamte Buch liest sich wie ein zu lang gewordener Prolog, der zwar wieder fantastische Beschreibungen der Welt Zamoniens beinhaltet, passieren tut hier aber: Nichts. Richtig losgehen soll es, laut Nachwort, im Folgeband – der aber seit 12 Jahren auf sich warten lässt.
Walter Moers: Der Bücherdrache [2019]
Die Abenteuer eines Buchlings, der in den Katakomben unter Buchhaim einen sprechenden Drachen trifft, der ihn essen will.
Knappe Fingerübung von Moers. Schön zu lesen, aber sehr kurz.
Hören:
“Set Fire to the Rain” als Acoustic Cover einer absolut begnadeten Amateuersängerin, die ich zufällig persönlich kennen darf. Zufallsfund, absolut fantastisch, Ohrwurm. Der Link geht zu Spotify.
Sehen:
The Homesman [2014, Blu-Ray]
Hillary Swank ist eine starke, unabhängige Frau, die 1890 an der wilden Westgrenze der USA ganz alleine eine Farm bewirtschaftet. Das Leben ist hart, aber sie beißt sich durch. Insgeheim leidet sie darunter, mit 31 Jahren als “Alte Jungfer” zu gelten und dass selbst die Männer, die bei weit zurückgeschraubten Ansprüchen gerade mal die minimalsten Anforderungen an Heiratsmaterial erfüllen, ihre Anträge trotz sorgfältiger Argumente ablehnen.
In dieser Situation nimmt sie sich einer seltsamen Bitte ihrer Kirchengemeinde an: Drei Frauen haben aufgrund der harten Lebensbedingungen den Verstand verloren und sind eine Gefahr für sich und andere. Hillary Swank soll sie einsammeln und zurück in den sicheren Osten bringen. Unterwegs rettet sie den Halunken Tommy Lee Jones, den sie zur Hilfe verpflichtet. Gemeinsam bekommen sie und die traumatisierten Frauen es mit Banditen und Indianern zu tun.
Hillary Swank! Tommy Lee Jones! Zwei meiner Lieblingsdarsteller in einem Film! Warum habe ich noch nie was von dem gehört? Weil er seltsam ist. Offensichtlich ein Herzensprojekt von Tommy Lee Jones, der dafür einen Roman adaptierte und auch Regie führte.
Ziel war es vermutlich, den vergessenen Pionierinnen des wilden Westens ein Denkmal zu setzen. Das klappt auch anfangs sehr gut, wenn man die Entbehrungen und die Lebenssituation der Frauen sieht – und das, obwohl trotz der sehr guten Schauspieler:innen die Charaktere blass und ihre Motivationen erratisch bleiben.
Aber zum Ende hin gibt es einen Punkt, der das ganze bricht, die Geschichte entgleisen lässt und den Film volle Kanne an die Wand fährt. Binnen zweier Szenen verwandelt sich der “Homesman” von “Strange, aber gut” zu einem uninteressanten Trainwreck ohne Aussage.
Schön sind die Landschaftsaufnahmen, die den Begriff episch verdient haben. “Homesman” wird “feministischer Western” genannt, aber ich bin mir da nicht sicher – ich finde den Umgang der Story mit dem Hauptcharakter unwürdig.
Renfield [2023]
Mr. Renfield besucht eine Selbsthilfegruppe für Menschen, die in toxischen Beziehungen stecken. Davon kann er ein Lied singen, denn er selbst ist auch “Co-Dependent”, wie das Krankheitsbild so schön heißt. Bei ihm ist es sein Chef, der ihn erniedrigt und ihn zu ungewollten Taten zwingt. Sich von dem zu lösen ist aber gar nicht einfach, denn Renfield arbeitet seit 250 Jahren für einen Chef namens Dracula.
Ach, was für wunderbarer Trash. Nicolas Cage als Dracla ist herrlich anzuschauen und sein Overacting endlich mal richtig eingesetzt, Nicholas Hoult als überaus kompetenter und schwer verliebter Renfield ist super und Awkwafina als Love Interest strange as ever.
Abseits des prima Cast und der ungewöhnlichen Story ist es aber der absurde Gewaltgrad, der den Film zum Lacher macht. Da werden Köpfe und Arme abgerissen und mit ihnen andere Leute aufgespießt, Körper in der Mitte zerpflückt und so hart in Unterleibe getreten, dass in einem Röntgencut das Skelett aus dem Rektum fliegt. Völlig absurd, und damit in bester Tradition von “Bad Taste” – ich mag solchen edlen Trash.
Indiana Jones und das Rad des Schicksals [BluRay]
Sein Sohn ist in Vietnam gefallen, Marion hat ihn verlassen, die Pensionierung steht vor der Tür und die Welt ist kein Abenteuerspielplatz mehr. Über all all das ist Indiana Jones einsam und verbittert geworden. Das Jahr 1969 ist definitiv nicht mehr seine Zeit, und als sich seine Patentochter als Con-Women und Tomb Raider herausstellt, die ihn zu einem Abenteuer nötigt, ist er alles andere als begeistert.
Ich hatte ja nicht viel erwartet. Mir war schon klar, dass Harrison Ford auch auf diesen Film wieder keinen Bock haben wird, aber nach dem absurden “Königreich es Kristallschädels” aus 2008 mit seinem Story-Nonsense und seinen legendär-schlechten CGI-Effekten hätte ich erwartet, dass man in Indy 5 wenigstens auf eine gute Geschichte und gute Special Effects setzt.
Dem ist leider nicht so, “Rad des Schicksals” tanzt selbst unter allerniedrigsten Erwartungen Limbomäßig durch. Zwar wurde das Meiste an echten Sets gedreht, aber die realen Szenen wurden anschließend so nachbearbeitet, dass es aussieht, als wäre der ganze Streifen vor LED-Wänden entstanden. Egal ob Schauplätze in Glasgow (das hier als New York(!) herhält) oder Marokko oder Cefalu auf Sizilien, das hier Syrakus darstellen muss – alles, alles sieht künstlich und nach Stagecraft aus dem Rechner aus. Muss man auch erstmal hinkriegen.
Leicht seltsam, aber immerhin Okay ist der digital verjüngte Ford in den ersten 20 Filmminuten. Die Eröffnung hat viel vom Timing und der Kameraarbeit der alten Filme. Danach wird es aber schlimm, denn man hat Harrison Fords erkennbaren Unwillen zur Arbeit als einen Storybestandteil eingebaut. Indy in 1969 ist ein verbitterter, alter Mann, der keine Ahnung mehr von der Welt hat und einfach nur noch sterben will. Das läuft natürlich der Figur des charismatischen, lebenshungrigen Abenteurers genau zuwider, und in der Folge wird Indiana Jones nachhaltig demontiert.
Der lieblose Umgang macht auch vor herzigen Nebencharakteren nicht halt. So taucht John Rhys-Davis´ Salah noch einmal kurz auf, wünscht sich mit Tränen in den Augen nichts sehnlicher als noch einmal die Wüste zu spüren und auf ein letztes Abenteuer zu gehen – und wird einfach mit einem “Nö” stehen gelassen und ward nie wieder gesehen.
Ebenso Antonio Banderas, dessen sympathischer Fischermann ein unwürdiges Ende findet, kaum das er im Film aufgetaucht ist. Die Figur der Patentochter Helena, die zusammen mit Jones auf ein letztes Abenteuer gehen soll, ist leider sehr unsympathisch geschrieben – sie benimmt sich abwechselnd wie der letzte Arsch oder eine Klassenstreberin, ohne je an Tiefe zu gewinnen.
Wie gerne hätte ich gesehen, wenn Phoebe Waller-Bridges (“Fleabag”) mit Harrison Ford herumbantert, um am Ende als starke Frau die Abenteuerreihe weiterzuführen. Dazu wird es nun kaum kommen, denn wenn kein Funke überspringt, kann auch keine Fackel weitergetragen werden. Funken sieht man hier nie, in keiner Szene wirken Indiana Jones und Helena auch nur halbwegs sympathisch. Keine Chemie, nirgends.
Handwerklich richtig dumm ist aber Dramaturgie und Pacing. Viel zu lange ist überhaupt nicht klar, wozu das ganze Hin und Her eigentlich gut sein soll und was hier auf dem Spiel steht. Erst 20 Minuten vor Schluss enthüllt der böse Nazi seinen Plan und welche Gefahr es zu verhindern gilt. Für ein ordentliches Finale ist dann trotz der langen Laufzeit aber keine Zeit mehr, und Ratzfatz ist der Film vorbei und man fragt sich, was man da gerade gesehen hat.
So hanebüchen dumm “Königreich des Kristallschädels” auch war, er hat immerhin seine Figuren mit Respekt behandelt und ihre Handlungsbögen zu einem guten Ende gebracht. Das “Rad des Shicksals” demontiert einfach alles auf liebloseste Art und Weise und lässt die Trümmer liegen. Warum hat man Harrison Ford überhaupt ans Set getragen, wenn man so offensichtlich keine Idee hatte, was man in einem “Indy 5” erzählen wollte? Nein, diese Leichenfledderei macht keinen Spaß. Am Ende bettelt Indiana Jones übrigens “Lass mich sterben”, und man gönnt ihm das von Herzen.
Spielen:
Replay: Spider-Man [2018, PS5-Remake von 2021], Spider-Man: Miles Morales [2021, PS5]
Machen:
Bis zum 19.12. Höchstlast bei der Arbeit, dann entspannt sich die Lage.
Neues Spielzeug:
EDI 4 von Kärcher
Ein, höhö, elektrischer Eiskratzer, hihi, na klar, sowas braucht man uuuuuuunbedingt.
Ja, so habe ich auch reagiert, als ich zum ersten Mal davon gehört habe.
Und dann habe ich das Ding auf TikTok in Aktion gesehen und sofort bestellt. Der EDI hat eine rotierende Scheibe auf der Unterseite, auf der sechs Kunststoffkanten sitzen. Damit fräst das Ding Autoscheiben binnen Sekunden eisfrei. Das funktioniert wirklich hervorragend.
Das Design vereint fail und epic in sich. Gut gelungen: Durch die Form des Hauptschalters gibt man automatisch die richtige und nötige Anpresskraft weiter. Fail: Der fummelige und mit Handschuhen nur schwer bedienbare Ein-Schalter und der, mit einem lökerigen Gummistopfen versehene, proprietäre Ladeanschluss. Hier hätte ich mir USB-C gewünscht, zumal der Akku nicht groß ist. 15 Minuten, länger hält der nicht. Da man für das Enteisen eines kompletten Fahrzeugs aber weniger als 2 Minuten braucht, reicht er zumindest 7 Tage.
Meine größte Sorge war: Hinterlässt das Ding Kratzer? Denn beim Legendären Gelben Auto hatte ich mir mit einem manuellen Kratzer, allerdings mit Metallklinge, alle Scheiben rumdrum zerkratzt. Das macht der EDI wohl nicht. Was er auch nicht macht: Einsätze in oder auf Schnee. Den muss man nach wie vor per Hand beseitigen. Der EDI4 ist keine Schneefräse, aber ein sehr guter Eiskratzer.
Ding des Monats: