kleines gelbes Auto

Baumfall

Es gibt so richtige Scheißtage. Auf dem Weg zur Arbeit wird man dreimal fast überfahren, alle drehen am Rad und in Summe klappt nichts. So Tage, wo man besser gar nicht erst aufgestanden wäre.

Bei mir war so ein Tag der Mittwoch vergangene Woche. Weil der Tag sich so flegelhaft gab, beschloss ich früh Feierabend zu machen. Beim Verlassen des Firmengebäudes nieselte es und war windig. Bei der Fahrt den Berg nach Mumpfelhausen hinauf wurde das Kleine Gelbe AutoTM von Windböen durchgeschüttelt, und Regen klatschte auf die Scheiben.

Die Straße über den Berg führt durch einen Wald, und hier wurde es schlagartig dunkel und begann so heftig zu stürmen, wie ich es hier noch nie erlebt habe. Laub und kleine Zweige wehten über die Straße, und der Regen viel nicht mehr von oben nach unten, sondern von links nach rechts. Der Wagen vor mir schlich nur noch dahin. Anstatt Gas zu geben und möglich schnell aus dem kurzen Waldstück rauszukommen, wurde er immer langsamer.

Mittlerweile war es so dunkel wie mitten in der Nacht, und der Sturm wirklich so schlimm, dass ich bei mir dachte: „Scheiße, das wird jetzt echt gefährlich“ – und in dem Moment knallte es, und der Wagen wurde durchgeschüttelt sich. Irgend etwas hatte den Seat Leon getroffen „Uh, ob das wohl eine Beule geben wird?“, dachte ich noch so bei mir. Und dann schaute ich in den Rückspiegel und merkte, dass die Heckscheibe fehlte. Ein Blick in den Seitenspiegel zeigte, dass das Heck des Autos komisch aussah, und alle Fahrzeuge hinter mir an der Stelle anhielten, wo etwas mein Auto getroffen hatte.

Warnblinker an, anhalten. Tür gegen den Sturm aufstemmen, zurücklaufen, auf die Kolonne der wartenden Fahrzeuge zu. Das vorderste Auto war ein großes SUV. Durch die Regenschleier sah ich in dessen Scheinwerferlicht einen Radfahrer. Der hatte sein Rad in den Graben gelegt und schleifte gerade im strömenden Regen einen meterlangen und beindicken Ast von der Straße. Unter den Augen des SUV-Fahrers. Als ich auf hundert Meter ran war, hatte der tapfere Radfahrer es geschafft und freie Bahn für die dicken Autos geschaffen. Ansonsten war anscheinend nichts passiert, es war halt nur dieser dicke Ast runtergefallen – und der hatte mein gelbes Auto getroffen.

Ich lief zurück zu meinem Wagen. Shit. Der Ast war nicht nur in die Heckscheibe gefallen, sondern hatte das gelbe Auto in der linken, hinteren Ecke erwischt. Exakt auf Höhe der C-Säule. Das Blech rundrum war eingedrückt, und – Oh shit. Auch die Heckklappe. In dem Moment wurde mir klar, dass das hier schlimmer war als nur eine Beule und eine kaputt Scheibe.

Ich beschloss, sofort zu der freien Werkstatt zu fahren, die sich zuletzt um das gelbe Auto gekümmert hatte. Unterwegs war immer noch Weltuntergang, dunkler Himmel, Sturm und wirklich strömender Regen, der durch das Loch im Heck natürlich direkt ins Innere pladderte.

An der Werkstatt angekommen machte man mir nicht viel Hoffnung. „Reparatur wirtschaftlich unsinnig, vermutlich nicht mal möglich“. Und ob man es nochmal fahrbereit bekäme, also Heckklappe funktionabel und mit neuer Scheibe, daran meldete man gleich Zweifel an. „Ist ein 20 VT, der hat geklebte Spezialteile auf der Scheibe – und ob man eine Scheibe für ein 22 Jahre altes Auto noch irgendwo bekäme sei mal auch zweifelhaft.

Wir verblieben so, dass die Werkstatt erstmal gucken würden, ob es noch Scheiben gäbe. Dann, ob sie Spoiler und Heckleuchte so rausschneiden könnten, das man sie neu montieren könnte. Und schließlich, wenn das geklappt hätte, dann würden sie versuchen die Heckklappe in Form zu hämmern.

Eine Menge Unwägbarkeiten und, ehrlich gesagt, hatte ich keine große Hoffnung. Das war es wohl mit dem Kleinen Gelben AutoTM. Nach 16 gemeinsamen Jahren trennt uns ein Baum. Wenn doch nur der Wagen vor mir ein wenig schneller gefahren wäre. Oder wenn die dumme Tussi mich aus der Einfahrt gelassen hätte, dann wäre ich zwei Minuten eher da lang gefahren und es wäre nichts passiert. Ich war ernsthaft traurig. Klar, ist nur ein Auto und sicher, man muss ja froh sein, dass es nicht mich oder, viel schlimmer, den Radfahrer erwischt hatte.

Am Wochenende dann mal Gebrauchtwagen recherchiert und direkt vom Glauben abgefallen. Kleinwagen gibt es nur noch wenige, und für einen 8 Jahre alten Twingo oder Fiat 500 muss man bei Händlern aktuell ab 8.000 Dublonen auf den Tisch legen. Wahnsinn. Im Moment ist wirklich ein ganz schlechter Zeitpunkt um einen Gebrauchtwagen zu kaufen.

Und heute dann… Ein Anruf der Werkstatt. Es sei nicht schön geworden, aber das KGA sei wieder fahrbereit!

Tja, und so sieht es nun aus. Die einst schön geschwungene Dachlinie endet jetzt im Crinkle-Look, wie Mudder Silencer es nannte. Aber es hat eine Heckscheibe, und einen weiteren Gelbton.

Der Restwert, der vor einem halben Jahr noch auf 3.500 Euro geschätzt wurde, dürfte damit jetzt bei Null liegen. Aber ich freue mich trotzdem. Rund 970 Euro hat der Spaß jetzt gekostet. Die muss ich selbst tragen. Der Waldbesitzer hat keine Schuld an dem Sturm, und eine Kasko hat der Wagen schon lange nicht mehr. Aber sei´s drum, für 970 Euro gibt es aktuell keinen Ersatz, und so kann ich das Kleine Gelbe AutoTM noch 10 Monate fahren. Im Dezember trennt uns dann wahrscheinlich der TÜV, aber bis dahin werden wir noch ein wenig Spaß haben. Denn klar ist: So ein passendes, spaßiges und vor allem gelbes Auto werde ich nie wieder besitzen.

Vorerst geht sie also weiter, die Saga des Kleinen Gelben AutosTM.

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Gelb ist nicht gleich Gelb

Komme nach zwei Wochen Fahrt quer durch Europa nach Hause, stelle das Motorrad ab, steige ins Kleine Gelbe AutoTM um einkaufen zu fahren – BAM knallt mir an der nächsten Kreuzung einer hinten rein.

Ich habe noch im Rückspiegel das erschreckte Gesicht des anderen Fahrers gesehen, als sein Wagen mit quietschenden Reifen auf mich zurutschte, dann war es schon zu spät. Er donnerte mit seiner linken Seite bei meinem Wagen rechts ins Heck. Angeblich hätte der Wagen nicht vernünftig gebremst, und tatsächlich ist auf dem Asphalt zwar eine lange Bremsspur zu sehen, aber nur auf einer Seite.

Dafür, dass es den anderen Wagen vorne völlig zerlegt hat und der ein Totalschaden ist…

…sah mein Wagen noch ganz gut aus. Lediglich ein Loch im Stossfänger und eine Delle im darunterliegenden Träger.

Gutachten bestätigte dann auch: Nichts anderes kaputt, nichts verzogen. Und weil der Seat Leon M1 20VT 1.8 Top Sport so ein seltenes und gefragtes Auto ist, hatte der sogar noch einen relevanten Restwert, und deshlab bewilligte die gegnerische Versicherung die Reparatur anstatt einen „wirtschafltichen Totalschaden“ abzuschreiben.

Problem war nur: Der Wagen ist 21 Jahre alt und halt speziell, für den gibt es keine Ersatzteile mehr, zumindest keinen Stoßfänger.

Die Vertragswerkstatt bot dann an das Loch zu flicken und den Stoßfänger „in Originalwagenfarbe“ zu lackieren, dann „sieht man nichts mehr, wird wie neu“. Jaja. Klar. Die gleich Werkstatt die schon mal das Schweinerferwaschsystem kaputt gemacht, den Lack vom Dach gerissen, eine Scheibe verkehrt eingeklebt und die Schweller eingerollt hat, DIE will was reparieren, was dann „wie neu“ ist? Sicher.

Und „in Wagenfarbe“? Das ist VW-Lack, der ist in der Sonne so ausgeblichen, das er viel viel heller ist als das Original. Als es neu war, war das Auto satt Sonnengelb, jetzt ist es nur noch eine fahle Zitrone. Aber egal, auf Optik kommt es mir nicht an. Aber ich erwartete das Schlimmste, während ich mit einem WErkstattersatzwagen unterwegs war. Einem Ibiza. In Bananengelb. Fand die Werkstatt irre lustig („hier, nehmse den Roten. Ach Moment! Wir haben auch einen Gelben! Höhöhö, dann brauchsne sich nicht umzugewöhnen, wa? Nicht, dasse sonst ihr Auto suchen! Höhöhö!“).

Tja. Stellt sich raus: Der alte Lagerist, der einzige Mitarbeiter, der schon Jahrzehnte in der Firma ist, hat sich der Sache persönlich angenommen. Das ist, als ob Yoda nach 300 Jahren nochmal kurz aus dem Ruhestand kommt. Er hat geschnitten, geklebt, gespachtelt und dann lackiert. In einem Gelb, das er vorher am alten Lack ausgemessen hat und das einer fahlen Zitrone gleicht. Und, was soll ich sagen… Selbst wenn man WEiSS, wo der Schaden war – man sieht es nicht mehr.

Selbst die Spaltmaße stimmen wieder. Ich freu mich. Jetzt auf Gebrauchtwagensuche zu gehen, da hätte ich echt keine Lust zu gehabt.

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Zwei weitere Jahre

Schon lustig. Ich musste echt drauf achten nicht mehr von „TÜV“ zu reden, wenn ich „Hauptuntersuchung“ meine. Früher musste man halt „TÜV und ASU machen“, dann „HU und AU“, und mittlerweile ist es halt nur noch die Hauptuntersuchung.

Und was sagt am Empfang der DEKRA die dortige Angestellte auf meine Frage, ob ein Prüfer im Haus sei? „Ach, sie wollen zum TÜV?“

Wie auch immer: Das Kleine Gelbe AutoTM musste zur HU. Es ist inzwischen zwanzig Jahre alt, hat einen leicht verölten Motor, ein Rad quitscht, aber sonst ist alles in Ordnung… oder?

„Schweller verbeult“, sagt der Prüfer. Hö? Tatsächlich, die sind punktuell regelrecht eingerollt. Oh man, da hat in der letzten Werkstatt irgendjemand den Wagen angehoben und damit nicht auf die Ansatzpunkte geachtet. Ärgerlich. Ansonsten hier und da ein wenig Rost, aber: Alles Top in Ordnung. So mag ich meine Fahrzeuge: Machen nicht viel her, sind aber unter der alten Oberfläche TipTop in Ordnug. (bzw. im Falle des Autos: Der Bemoosten Oberfläche. Ja, da wächst Moos aus den Spalten).

Lange Rede, rosa Sinn:

Ich freue mich. Sehr.

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Winter 2020/21

Böse Zungen behaupten: Immer wenn der Silencer Urlaub hat, schaltet das Wetter spontan auf Sintflut um. Tatsächlich bieten mir Einwohner:innen der Stadt Passau mittlerweile sogar geldwerte Leistungen an, damit ich ihre Stadt nicht mehr besuche – die können sich halt so eine Nummer wie 2013 nicht dauernd leisten.

Nun habe ich gerade eine Woche Resturlaub, und was soll ich sagen… wenn meine natürliche Fähigkeit als Urlaubsregenschamane auf arktische Kaltluft trifft, dann ergibt das:

Winter! Schnee! Kälte!

Das war in meiner Kindheit die Regel. Ich kann mich sogar dran erinnern, wie ich an meinem elften Geburtstag, der auch so Mitte Februar liegt, durch hohen Schnee vom Elternhaus auf dem Berg ins Dorf hinab stapfen musste um Filme zurück in die Videothek zu bringen und mir der Schnee bis zu den Oberschenkeln reichte.

Aber das war damalsTM, und richtig echten Winter hatten wir in unserer Region seit ziemlich genau 10 Jahren nicht mehr.

Aber jetzt ging es am Samstag, pünktlich am ersten Urlaubstag, los.

In der ersten Nacht dachte ich noch, dass das nicht liegen bleiben würde und machte einen Spaziergang durch den Schneesturm und über die umliegenden Berge.

Tatsächlich hörte es aber nicht mehr auf zu schneien. Von Samstag bis Dienstag schneite es praktisch durchgehend, und die Temperaturen fielen binnen kurzer Zeit in zweistellige Minusbereiche. Das ergibt in Kombination einen sehr feinen und leichte Pulverschnee. Im Zusammenspiel mit starkem Wind und Sturmböen, wie am Sonntag, kam es dann zu Schneeverwehungen. Das sieht nett aus, wenn man im Warmen sitzt und aus dem Fenster guckt. Auf dem Dorf haben einige Leute noch Alternativen zum Auto.

Mittlerweile sind hier durchgehend 50, stellenweise bis zu 80 cm Schnee gefallen, die Temperaturen liegen nachts bei minus 18 Grad Celsius. Immerhin ist jetzt allen wieder bewusst geworden, warum die Häuser hier in der Region klassischerweise Spitzdächer haben – auch den Zugezogenen aus der Siedlung, die ihre Ecke vom Dorf mit Designerhäusern mit fancy Flachdächern oder mediterranen Zeltdächern vollgestellt haben.

Die Schneemengen sorgen auch dafür, dass die Straßen praktisch dicht sind. Links und rechts türmen sich hohe Schneewälle, weswegen es keine Parkplätze gibt, die Fahrbahnen sind von Schnee bedeckt, der so fest ist, dass er nicht mehr geräumt werden kann, und bei so tiefen Temperaturen wirkt auch kein Streusalz mehr.

Nun hatte ich mir eh vorgenommen mich im Urlaub mehr zu bewegen, und Schneeschippen ist ein ziemlich gutes Workout. Um zumindest die Einfahrten hier am Haus frei zu bekommen, habe ich allein gestern vier Stunden Schnee geschaufelt, bis die Haufen über zwei Meter hoch waren. Hat sich gelohnt, aber meine dünnen Pandemieärmchen haben jetzt einen ordentlichen Muskelkater.

Immerhin bin ich der Held bei den Nachbarinnen, weil sie wieder an ihre Autos kommen. Und noch mehr, weil ich helfen konnte sie anzuschieben, denn unter der Schneeschicht, die alle Straßen bedeckt, ist Eis. Wenn man sowas noch nie er-fahren hat, dann drehen die Reifen schneller durch als man gucken kann.

Ich bin im Harzvorland groß geworden und kenne die ganzen Tricks um bei Schnee und Eis Berge hoch- und runter zu kommen. Ich bin auch heil froh, dass ich dem Kleinen Gelben AutoTM doch noch noch einmal die besten Winterreifen spendiert habe. Heck, ich habe sogar Schneeketten für den Wagen. Aber ich fahre jetzt einfach mal nicht. Denn was nützt es, wenn ich zwar auf Schnee und Eis fahren kann, alle anderen aber nicht? Nüscht, wie der Berliner sagt, und ein Blick in die Unfallmeldungen bestätigt das.

Noch lässt es sich vermeiden das ich raus muss, denn Coronabedingt habe ich einige Vorräte zu Hause. Die wurden mit dem Ziel angelegt, nur ungefähr alle drei bis vier Wochen ein Mal einkaufen fahren zu müssen. Doof nur, dass ausgerechnet in der vierten Woche, in der wieder mal ein Einkauf angestanden hätte, diese Schneepracht hier losgegangen ist.

Aber egal, sitze ich halt hier eingeschneit auf dem Dorf und ernähre mich von Sternchennudelsuppe und Reis und den Äpfeln, die im Keller eingelagert sind. Immerhin lässt sich schön spazieren gehen und die Galloways auf der Weide um die Ecke besuchen.

Ich habe also überhaupt keinen Grund mich zu beklagen, außer vielleicht, dass ich mir das Konzept „Urlaub zu Hause“ ungefähr so vorgestellt habe:

  • Bis in die Puppen „Yakuza 7“ oder „Cyberpunk 77“ spielen
  • Bis Mittags schlafen
  • Dann Mittagsschlaf halten
  • Den Taschen-Bildband über Hieronymus Bosch durcharbeiten
  • Reiseführer wälzen
  • Reisetagebuch weiterschreiben
  • Viel Spazieren gehen
  • Bisschen mit der Drone fliegen
  • Bücherregale entrümpeln und Garage aufräumen
  • Endlich die anderen Festplatten in den Rechner einbauen
  • Mal gucken ob sich auf dem Core2Duo Macbook Pro von 2006 wohl ein Linux anstelle von Snow Leopard installieren lässt
  • Abhängen

Tatsächlich sieht Urlaub zu Hause aber so aus:

  • 06:45 Uhr aufstehen und Schnee schippen
  • Nebenbei die festgefahrenen Autos der Nachbarn freischieben
  • Bei der verbimmelten Nachbarin, die seit Wochen nicht da ist, nachfragen ob ihre Heizung auch im Wintermodus läuft
  • Erfahren, das selbige schon seit einem Monat kaputt ist (die Heizung, nicht die verbimmelte Nachbarin)
  • Um 07:00 Uhr auf den Handwerker warten, der die Heizung bei der verbimmelten Nachbarin repariert
  • Dem Handwerker einen Föhn leihen, damit er das Türschloss seines Werkstattwagens auftauen kann
  • Schnee von den Balkonen und Schuppen schippen, bevor die zusammenbrechen
  • Die Krankenschwesterhausbewohnerin trösten, weil Schnee so furchtbar ist, dafür Käsekuchen bekommen (immerhin!)
  • Dachdecker bestellen, weil bei Wasser durch die Decke der Dachgeschosswohnung tropft (vermutlich ist Pulverschnee in den Giebel geweht und schmilzt dort lustig vor sich hin)
  • Das Kleine Gelbe AutoTM ausgraben, feststellen das das Türschloss zwar auf-, aber nicht wieder zu geht und die Tür nicht mehr einrastet. Mit Föhn vor der Tür knien und komische Blicke der Wildschweinnachbarin ernten.
  • Parkplatz der schönen Nachbarin freischaufeln, dafür Dankbarkeit ernten
  • Mich an die Worte der alten Vermieter erinnern: „Bei starkem Frost frieren schon mal die Abwasserrohre ein“ und jetzt bei jeder Badbenutzung skeptisch gucken.
  • Bettzeug ins Wohnzimmer tragen und auf der Couch übernachten, denn im Schlafzimmer kommen die Temperaturen nicht mehr über 11 Grad
  • Festgestellt, dass selbst gekochte Eier ohne Schale mit einem lauten POFF explodieren, wenn man sie länger als 30 Sekunden in die Mikrowelle legt. Der Fallout ist so kleinteilig und klebrig, dass man die Mikrowelle danach wegwerfen möchte.

Mir ist ja ohnehin nie langweilig, aber man sieht: Im Moment ganz besonders nicht. Immerhin  ist Besserung in Sicht. Der strenge Frost mit zweistelligen Minusgraden und Schneefall wird noch die ganze Woche und das Wochenende anhalten, aber ab Montag aber wird es warm und sonnig.

Also genau dann, wenn mein Urlaub vorbei ist.

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Reisetagebuch Motorradtour Ost (1): Die finstere Seite des Ettersbergs

Herr Silencer startet zu einer, äh, Motorradtour. Nur leider ohne Motorrad. Dabei stößt er auf sehr finstere Geschichten und gewinnt dadurch für seine Verhältnisse erstaunliche Erkenntnisse. Vorsicht, langer Text, der zudem noch schlechte Laune macht. Menschen, die von zu vielen Buchstaben getriggert werden, seien hiermit gewarnt.

15. Juni 2020
So richtig Urlaub mit mehrwöchiger Motorradreise fällt in diesem Jahr leider aus. Coronabedingt, warum auch sonst. Aber wenigstens eine kurze Tour in Deutschland will ich stattdessen machen. Ein Paar Tage mit der Kawasaki ZZR 600 nach Ostdeutschland, da kenne ich so viel noch nicht.

Das Motorrad steht schon gepackt unten in der Garage, aber ich sitze mit miesepetrigem Gesicht am Schreibtisch im Arbeitszimmer und starre aus dem Fenster.
Draußen reget es Bindfäden.

Wochenlang war es trocken und sonnig und JETZT, wo ich eine Woche Urlaub habe, da gibt es „ergiebigen Landregen, stellenweise auch Starkregen“ mit 50 Litern pro Quadratmeter, und das soll über Tage so gehen. Mir macht Wetter auf Motorradreisen nicht viel, aber diese Scheiße hier, eine Woche lang?

Ich überlege mehrere Stunden und starre dabei abwechselnd in den Regen und auf die Wettervorhersage, aber es wird nicht besser. Schließlich storniere ich einige der geplanten Unterkünfte und hinunter in die Garage, die in den Berg unter dem Haus eingelassen ist wie Höhle. Darin steht die silberglänzende ZZR neben der schwarzen V-Strom.

Beide Maschinen sind frisch gewartet, sauber geputzt und haben noch nagelneue Reifen, denn in diesem seltsamen Jahr waren sie bislang kaum ein paar Kilometer auf der Straße.

Mit der Hand fahre ich an der polierten Seite der Kawasaki entlang, blicke nach draußen in den pladdernden Regen und sage schließlich „Nicht heute“, als ich eine Entscheidung gefällt habe. Ich klinke die Seitenkoffer aus, trage sie ein Mal um die Ecke und wuchte sie in den Kofferraum des Autos. Statt also mit dem Motorrad mehrere Tage durch die Gegend zu kurven, fahre ich nun mit dem Auto von Göttingen aus 150 Kilometer nach Südwesten.

Der Weg führt bei Duderstadt über die ehemalige deutsch/deutsche Grenze, dann durch das erzkatholische Eichsfeld, und dann südlich vom Harz durch grüne Getreidefelder bis in eine Region, in der ganz geballt Orte mit bekannten Namen liegen wie Eisenach, Gotha, Erfurt, Weimar und Jena. Willkommen in Thüringen, dem Bundesland mit den wenigsten COVID-19-Infektionen.

Starkregen lässt sich im Auto, so die erste Erkenntnis der Fahrt, viel angenehmer ignorieren als auf dem Motorrad.

Auch 30 Jahre nach der Wende gibt es hier noch überall Straßen mit Kopfsteinpflaster. Das Kleine Gelbe AutoTM hat ein Sportfahrwerk, und ich werde erst ordentlich durchgeschüttelt und dann klappert irgendein Blech im Unterboden, dass sich abvibriert hat. Die Straßen sind für Trabbis gemacht, nicht für spanische Autos.

Mitten in Thüringen habe ich mir einen schönen Bauernhof gesucht, wo ich einer Knechtkate übernachte und mir zwei Tage lang Weimar angucken kann.

Weimar, das ist die Stadt von Bauhaus, der kantigen Architektur- und Designphilosophie. Deshalb gibt es hier auch ein großes Museum dafür, aber das hat natürlich gerade dann Ruhetag, wenn ich es besuchen will. Ruhetag am Dienstag ist eher ungewöhnlich.

Immerhin steht hier der zweitgrößte Stuhl, den ich je gesehen habe.

Weimar ist auch die Stadt dieser beiden Herren: Goethe und Schiller.

Die Beiden grüßen an jeder Ecke. Also, an WIRKLICH jeder Ecke.

Wirklich, Goethe und Schiller sind überall. Bis zum Erbrechen. In fast jeder der schmucken Gassen in der Innenstadt befindet sich irgendwas mit Goethe und/oder Schiller Bezug, und sei er noch so konstruiert. Aber egal, Weimars Altstadt ist wirklich hübsch.

Das Essen ist auch toll. Man isst hier, natürlich, Thüringer Bratwurst oder Thüringer Brät mit Bratkartoffeln.

Zum Nachtisch gibt es dann aber wieder Goethe und Schiller.

Wenn nicht gerade Goethe & Schiller vermarktet werden, dann geht es bestimmt um den Philosophen Herder. Ich muss gestehen: Das interessiert mich alles nicht die Bohne. Ich habe da keinen Bezug zu, wie zum gesamten klassischen Bildungskanon.

Die Sprache des „Dichterfürsten“ verstehe ich kaum, die Themen gehen mir ab. Ich gehöre nicht dem Bildungsbürgertum an, und von dem ist Weimar die Welthauptstadt.

Goethe, Schiller, Kulturstadt. Jaja, das stimmt ja auch. Vor ein paar hundert Jahren war Weimar die Kultur- und Bildungsstadt von Weltruf. Im 17. Jahrhhundert wirkten hier die Cranachs, im 18. Jahrhundert Bach, im 19. unter anderem Franz Liszt, Richard Strauß, oder Friedrich Nietzsche. Das Weimar eine Stadt der Hochkultur war, war auch der Grund, dass hier nach dem ersten Weltkrieg die Weimarer Republik ausgerufen wurde. Darauf ist man in Weimar heute noch stolz.

Weimars Geschichte hat aber noch eine andere Seite, und die ist sehr finster. Sie ist zugleich ein Lehrstück dafür, wie das Bürgertum mit Faschismus umgeht, ihn lebt und eher bereit ist, mit einer Lebenslüge zu leben, als sich damit auseinander zu setzen. Diese Geschichte kann uns viel über unsere eigene Gegenwart verraten.

Um mehr darüber zu erfahren, setze ich mich in das klappernde Kleine Gelbe AutoTM und fahre von Weimar aus zehn Kilometer nach Norden. Hier liegt der große Ettersberg, mit 480 Metern die höchste Erhebung im Thüringer Becken. Die Südseite ist dicht bewaldet, auf der Westseite schmiegen sich Felder an die Bergflanken. Mitte Juni sind die bedeckt sind mit grünem Getreide und manchmal mit schon gelben Feldern mit ganz viel Mohnblumen darin. Schön sieht das aus.


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Einen Monat ohne (1): Lappenlos

Das neue Jahr ist da, und ich mache jetzt mal ernst mit einem Monat Enthaltsamkeit. Ich werde einen Monat lang statt des Autos oder eines Motorrads nur Füße, Fahrrad, Busse und Bahn nutzen.

Kann man ja mal machen. Für den Klimaschutz?

Äh, ja…. ganz genau. Ich möchte mehr für den, äh, Klimaschutz machen. Sicher. Diese Erkenntnis kam quasi blitzartig über mich.
Blitzartig, kurz vor Halle in Westfalen.

Ich war auf der Landstraße unterwegs und gerade aus einem Ort rausgefahren. Etwas in Gedanken hatte ich nicht darauf geachtet, wie schnell man da eigentlich fahren durfte, und über einen längeren Abschnitt kam dann auch kein Geschwindigkeitsschild mehr. „100“, zeigte das Navi des Mietwagens an. Na dann.

Aber irgendwas fühlte sich komisch an, und deshalb fuhr ich langsamer. Deutlich langsamer zuerst. Ich hatte ja Zeit, Arbeitstag war vorbei. Im Laufe der Strecke – breit, gut ausgebaut, übersichtlich – ließ ich den Audi wieder schneller rollen.

BLITZ.

Ok, das war jetzt doof. Da war ein Blitzanhänger hinter einem Baum auf der linken Fahrbahnseite. Aber wie schnell durfte man denn jetzt hier eigentlich fahren?

Das erfuhr ich zwei Wochen später, als ich ein Schreiben vom Landkreis Gütersloh im Briefkasten hatte. Weil weiter vorne eine Baustelle war, hatte man offensichtlich auf der Strecke temporär ein Limit von 50 km/h eingerichtet. Ich lag exakt 41 km/h drüber. Das ist ziemlich unglücklich, denn bis 40 Stundenkilometern drüber gibt es nur eine Geldstrafe, ab dem 41. Kilometer ist aber der Lappen einen Monat weg.

Ob ich zum Sachverhalt eine Aussage machen wollte, fragte Frau Webermann vom Landkreis Gütersloh. Ich schrieb ihr einen netten Brief, in dem ich ihr darlegte, dass ich das wohl war, aber nur unglücklich vor mich hin geträumt hatte. Hätte ich rasen wollen, wäre ich schneller gewesen. Ob wohl dieser nicht vorhandene Vorsatz ein Grund wäre, vielleicht noch mal einen Stundenkilometer abzuziehen und auf 40 km/h drüber zu kommen?

Der Brief sorgte offensichtlich für Erheiterung bei Frau Webermann. Sie bedankte sich für die „längliche Darstellung des Sachverhalts“ und wies darauf hin, das, sollte ich ein Härtefall sein und den Führerschein un-un-unbedingt brauchen, das ja darlegen könne. Dann könnte sie vielleicht das Fahrverbot in eine höhere Geldstrafe umwandeln. Ich bräuchte dafür aber ein Schreiben meines Arbeitgebers, dass ich ohne Lappen quasi meinen Job los wäre.

Ansonsten könnte ich mir aber in einem Viermonatsfenster aussuchen, wann ich zu Fuß gehen wollte, und ich sollte ich doch zusehen, dass ich die führerscheinlose Zeit doch vielleicht in den Urlaub legen sollte. Haha. Ausgerechnet. Wo mein Urlaubskonzept doch gerade von Individualbmobilität geprägt ist. Klar, 3 Wochen Japan, das hätte schon gepasst. Leider wollte ich da auch gerne Auto fahren, wenn auch nur zwei, drei Mal, aber genau für den Zweck hatte ich schon eine Übersetzung meines Führerscheins ins Japanische anfertigen lassen, und war nicht bereit die einfach so abzuschreiben.

Bin ich ein Härtefall, der den Führerschein unbedingt braucht? Ich bin recht häufig auf Dienstreisen, aber meist mit der Bahn. Mietwagen sind da die Ausnahme. Also eher nicht.

Ich hätte natürlich so tun können und dann vor Frau Webermann rumflennen, dass ich armer Mensch ohne Führerschein praktisch nicht mehr lebensfähig bin, aber wer hier schon länger mitliest weiß, dass ich die Einstellung vertrete, dass man nicht lang jammern soll, wenn man Mist gebaut hat, sondern die Strafe gefälligst ertragen soll. Aus einem Vergehen rauswieseln, das ist nicht mein Ding.

So kommt es, dass ich jetzt zum ersten Mal seit meinem 16. Lebensjahr einen Monat ohne motorisiertes Fahrzeug unterwegs sein werde und hier begleitend aufschreibe, wie das so ist.

Bitte nicht falsch verstehen: Ich schreibe das hier nicht um rumzujammern, sondern weil ich selbst gespannt bin, wie das wird. Vermutlich unspektakulär, aber man weiß ja nie – ich wohne auf dem Dorf. Nicht weit auf dem Land, aber immerhin. Mobilität war als Ressource für mich die letzten 28 Jahre, mit einer kurzen Ausnahme, praktisch rund um die Uhr verfügbar und selbstverständlich, da wird es vielleicht schon spannend mal zu gucken, wie das ist, wenn etwas selbstverständliches einfach weg ist.

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Schön war aus (3)

Nach der Barocca und der Renaissance hat auch das Kleine Gelbe Auto tatsächlich noch einmal die schmutzig-gelbe und Plakette bekommen.

Es ölt zwar ein wenig herum und hat Wasser im Blinker, aber noch trennt uns die Hauptuntersuchung nicht. So hässlich die Farbe der Plakette auch sein mag: Das freut mich sehr.
Damit wäre dann der Fuhrpark für dieses Jahr abgefrühstückt.

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Endlich wieder auf gewohnt niedrigem Niveau

Das Kleine Gelbe AutoTM existiert noch, und es hat in letzter Zeit einige Abenteuer erlebt. Grund, dem vermutlich letzten Verbrennerauto, dass ich besitzen werde, noch mal ein wenig zu huldigen und die neuesten Werkstattgeschichten aufzuschreiben.

Die Älteren unter der Leserschaft werden sich vielleicht noch an das Kleine Gelbe AutoTM erinnern, dass hier im Blog vor zehn Jahren mal prominent vorkam. Das fahre ich immer noch.

Es ist ein Seat Leon, Baujahr 2001. Früher leuchtete er in einem satten Sonnengelb, heute weißt er mehre Schattierungen von Gelb auf, von fahlem Zitronengelb (Alle Blechteile) bis zu Bananengelb (Plastikteile). Das Auto habe ich 2007 gebraucht gekauft und fahre es immer noch, denn zum einen ist außer dem üblichen Verschleißkram nichts dran, zum anderen wirken andere Autos im Vergleich zu der gelben Kiste… billig.

Es gab immer wieder Phasen, insbesondere wenn das KGA irgendwelche seltsamen Defekte hatte, in denen ich mich nach kleinen, gebrauchten Autos umgeguckt habe. Vor fünf Jahren schon, aber da waren alle Autos furchtbar, und der Gebrauchtmarkt bei Kleinstwagen war leer. So wenig, wie ich Auto fahre, würde mir immerhin ein Ibiza oder ein Clio oder auch ein Fiat 500 völlig reichen. Aber ach, letztlich ließen sich die Wehwechen der gelben Kiste immer recht günstig wieder reparieren, und so bin ich daran hängengeblieben.

In Frankreich.

Die Trennung fällt halt schwer. Aber warum? Ist doch nur ein doofer Seat Leon, die Billigversion eines Uralt-Golf aus dem VW-Konzernbaukasten, oder? Das stimmt so halb. Ja, alles an meinem Leon ist aus dem VW-Baukasten. Vom Golf 4 ist aber nur die Bodengruppe. Das KGA ist nämlich das Modell „Top Sport“, der Vorläufer der Seat Cupras und der heutigen FR-Linie. Im Gegensatz zu den sportlichen Seats, die heute so verkauft werden, war die Top-Sport Linie wesentlich radikaler – aber nur in dem, was UNTER dem Blech steckt.

Von Außen sieht mein Kleines Gelbes AutoTM tatsächlich aus wie ein völlig stinknormales Modell der Leon-Reihe, wie ihn heute noch alte Omas oder junge Leute mit wenig Geld fahren. Keine zusätzliche Lufthutze, keine lustige Rennflagge, kein Namenszusatz, nicht mal ein roter Streifen zeigt an, was in dieser Kiste steckt: Ein waschechter Sportwagen. Ich mag dieses Undestatement.

Lediglich die Buchstabenkombination „20VT“ am Heck verrät, dass das hier keine Omakutsche ist.

Zwischen der Golf-Bodengruppe und der Karosserie von SEAT steckt nämlich die Innenausstattung eines Audi A3 und der Vierzylinder, 20 Ventiler Turbomotor mit 180 PS aus dem Audi TT. Der ist so selten, dass die Auzubis zusammengerufen werden, wenn das Gelbe Auto in die Werkstatt rollt. Dazu kommt noch ein knallhartes Sportfahrwerk, bessere Bremsen, Recaro-Sitze und das Weglassen von allem überflüssigem Schnickschnack. Mein Leon hat keine Klimaanlage, ja nicht mal elektrische Außenspiegel. Das spart Gewicht. Dabei ist in der Summe ein Auto rausgekommen, das völlig abgefahrene Fahrleistungen bringt.

180 PS ist jetzt aber nicht sooo viel, oder? Klar, mittlerweile hat jeder Vertreterpassat doppelt so viel Leistung. Aber der Leon fährt sich halt sportlich. Er hat keinerlei Assistenzssysteme, außer ABS und Traktionskontrolle. Er liegt in den Kurven wie ein Brett und wird immer stabiler, je schneller man fährt. Das, und die tolle Verarbeitung auf Audi-Qualität, macht es mir halt schwer zu wechseln. Zumindest so lange alles in Ordnung ist. Aktuell hat das Gelbe Auto mal wieder ziemlich gelitten.

Winter.

Von der Albtraumepisode mit dem nicht verhinderbaren Auffahrunfall hatte ich ja schon erzählt. Zu dem Zeitpunkt war ein anderer Kampf gerade zu Ende gegangen.

Es begann einen Tag vor Weihnachten im vergangenen Jahr. Vorne rechts brach eine Feder. Ich kannte das schon, im Sommer war eine Feder hinten gebrochen. Also morgens ab zur Werkstatt. Ich rechnete damit, dass die Reperatur einige Werktage dauern würde. Umso erstaunter war ich, als am Abend schon der Anruf kam: „Auto ist fertig, können Sie abholen“. Wollte ich gar nicht glauben, denn der Leon hat ein Spezialfahrwerk, die Federn dafür hat niemand auf Lager. Und tatsächlich, als ich den Hof des Autohauses betrat, sah ich sofort, was hier passiert war: Die hatten die Federn eines normalen Leons verbaut. Resultat: Das Auto lag vorne mindestens 3 Zentimeter höher. Damit stand auch die Front höher als das Heck. Sah aus wie ein Clownsauto.

„Nein, das ist normal so“, sagte der Meister. „Wir haben nach Fahrzeugnummer bestellt, und Ich habe den Farbcode auf den Federn selbst kontrolliert, das sind die richtigen. Aber wir haben auch die Querlenker mitgemacht. Deshalb liegt er in den ersten Tagen etwas höher, das muss sich erst setzen.“

Ich glaubte ihm kein Wort, und natürlich setzte sich da genau gar nichts. Setzen tat nur ich, und zwar den Meister auf den Pott. Gleich Anfang Januar, nachdem er aus dem Weihnachtsurlaub wieder da war.

„Das sind nicht die richtigen Federn“, sagte ich. „Wer sagt das?“, bekam ich zur Antwort. Ruhig bleiben fiel da schwer. Ich schaffte es trotzdem und begründete, dass ich den Wagen schon zwölf Jahre fahren und MERKE, wenn was nicht stimmt. Die neuen Federn waren nicht nur zu lang, sondern auch zu weich. Das merkte ich bei jeder Fahrt, der Wagen liegt scheiße auf der Straße. Nein, das seien die richtigen Federn, meinte der Meister. Farbcode und so. Wenn dem so sei, sagte ich, dann stimme wohl die Qualität nicht, und das sei nicht mein Problem.

Egal was er mir jetzt noch erzählen wollte, ich wollte nur eines hören: Das er die jetzigen Federn gegen Originalteile tauschen würde. Die Preisdifferenz der Teile würde ich bezahlen, die Werkstattkosten nicht. OK, bekam ich zur Antwort, er wollte sich beim Hersteller nach Gutachten erkundigen. Wenn klar wäre, dass die Qualität nicht stimmte, dann würde man die Federn tauschen. Wäre aber bestimmt nicht nötig, weil, so gab er mir indirekt zu verstehen: Ich würde mir das einbilden. Das seien die richtigen Federn. Fahrgestellnummer und Farbcode und so, wissen schon.

Wochenlang zog sich das hin. Es wurde Februar, es wurde März. Mal war der Meister krank, mal hatte der Hersteller noch nicht geantwortet. Mittlerweile zweifelte ich fast an mit selbst. Bildete ich mir das am Ende doch alles nur ein? Ich hatte einen Zollstock in der Tasche und maß die Bauhöhen von Leons, die aber allesamt noch höher lagen als mein Kleines Gelbes AutoTM. Jeden Tag beschäftigte mich das, schlicht auch deshalb, weil mich das alles maßlos ärgerte.

Mitte März setzte ich dann eine Frist von zwei Wochen. Die verstrich, und so bat ich die Besitzer des Autohauses zum Gespräch. Ein Ehepaar, ich kenne die schon ewig. Zum Termin führ ich mit Vokabeln wie „Festellungsgutachten“, die mir meine Anwältin beigebracht hatte. Es war dann aber gar nicht nötig, solche Geschütze aufzufahren.

Als ich das Büro betrat, sah ich auf jedem Bildschirm Querschnitte des Leon-Fahrwerks. Noch bevor ich ein Wort sagen konnte, meinte der mittlerweile fast 70jährige Chef „Wussten Sie, dass es alleine für den Leon 17 verschiedene Federarten gibt? Aber in ihren 20VT, da passt nur eine Sorte.“ Das habe ihm sein Lagerist gesagt. Den Lageristen kenne ich, der ist ein Guter. Und der weiß umgekehrt auch, dass da was dran sein muss, wenn ich sage, das was nicht stimmt. Also hatte der sich auf die Suche gemacht, als er von der Federsache hörte, und, anders als der Meister, auch die Ursache der Probleme gefunden. Wenn man nur nach der Fahrzeugnummer bestellt, bekommt man die verkehrten Federn. Bei meinem Auto muss man zusätzlich noch eine spezielle Kennung aus drei Buchstaben anhängen, DANN bekommt man die richtigen.

Lange Geschichte, kurzer Sinn: Nach drei Monaten Rumärgerei war die Problemlösung dann superschnell gemacht. Mit den Sommerreifen bekam das KGA die richtigen Federn, und liegt seitdem wieder auf gewohnt niedrigem Niveau.

Mit dem fuhr ich vor drei Tagen über die Autobahn. Um das Fahrwerk zu testen, schneller als ich normalerweise unterwegs wäre. Bei Tempo 220 piepte es dann plötzlich: Die Motortemperatur war im roten Bereich, die Nadel stand auf Anschlag. Schnell abgefahren, angehalten, Motor abkühlen lassen. Verdammt, was war das denn? Eine halbe Stunde später Motor angelassen, zwei Kilometer gefahren, wieder überhitzt. Angehalten, zwei Stunden mit offener Haube auf einem Baumarktparkplatz rumgestanden. Dann ganz langsam nach Hause und am nächsten Morgen in die Werkstatt gefahren, jedes Mal wieder Überhitzung.

Ich tippte auf Thermostat, die Werkstatt auf Wasserpumpe. Stellte sich raus: Thermostat wurde vor drei Jahren erneuert, aber die Wasserpumpe noch nie. Bei normalen Seat Leons wird die nach 120.000 Kilometern gewechselt, zusammen mit dem Zahnriemen. Bei dem speziellen 20VT-Motor ist das aber erst bei 180.000 nötig, und die hat der Wagen gerade erst erreicht.

Ich hatte eine Bange Nacht, denn durch die Überhitzung hätte der Zylinderkopf Schaden nehmen können. Dann aber die Entwarnung: Alles OK, Nach Zahnriemen- und Wasserpumpenwechsel lief das Auto wieder. Puh.

Man stelle sich das vor: Ein Teil soll 180.000 Km halten und geht bei 180.184 km kaputt? Gut kalkuliert. Oder Zufall, denn VW hat allen Ernstes Anfang der 2000er Wasserpumpen mit Schaufelrädern aus Kunststoff verbaut. Ein Kunststoffteil auf einer Metallwelle, die sich in der Hitze des Motors ausdehnt und zusammenzieht! Das Resultat war damals: Haufenweise kaputte Wasserpumpem, die nicht mal 50.000 Kilometer hielten. Ist ein Wunder, dass meine so lange hielt.

Als sie dann ihr Leben aushauchte, tat sie das spektakulär, in dem sie in drei Teile zerbrach.

So. Nun läuft die Gelbe Kiste wieder. Irgendwann sind nochmal die Nuffelmuffen an der Hinterachse fällig, aber ansonsten hat sie nichts. Kein Rost, keine verschlissenen Bremsleitungen. Gut, dass die Sitzheizung und der Funkschlüssel gerade ausgfallen sind ist nervig, aber nicht kritisch. Im jetzigen Zustand kommt die Kiste nochmal durch die Hauptuntersuchung. Dann fahre ich den Wagen noch ein wenig, und vielleicht brauche ich mir dann nicht nochmal einen Verbrenner zuzulegen. Wenn die Autoindustrie jetzt wirklich mal Dampf macht, gibt es in zwei Jahren vielleicht sinnvoll bepreiste Brennstofzellenautos.

Träumen wird man ja noch dürfen.

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Zwei weitere Jahre

Werkstatt: „Ihr Auto ist nicht durch die TÜV-Prüfung gekommen“

Ich: 😱

Werkstatt: „Keine Bange. Wir sind dann zur DEKRA gefahren. Hier, Plakette.“

Ich: 😳

Tja. 16 Jahre hat das Kleine Gelbe AutoTM mittlerweile auf dem Buckel, 10 davon in meinem Besitz. Nun sind also mal wieder die Nuffelmuffen an Hinterachse und Querlenker fällig. Trotz des Alters: Ich mag mich von dem Leon 20 VT einfach nicht trennen. Alles, was ich sonst mal probegefahren bin, ist weniger wertig, weniger präzise, weniger auf den Punkt als der gelbe Hot Hatch, der nach den letzteren Reparaturen an Luftmasssenmesser und Lambdasonde wieder rennt wie Pferd.

Das einzige Argument für ein neues Auto wäre geringerer Verbrauch – und da liegen erstaunlicherweise Neuwagen und der 16 Jahre alte Bolide nicht wirklich weit auseinander.

Von daher fahre ich das KGA jetzt, bis auch die DEKRA nicht mehr will. Bis dahin, so hoffe ich, sind Elektroautos in akzeptablen Preisregionen angekommen.

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New Hatch

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So, jetzt wo die Sache mit den Schuhen geklärt wäre, können wir uns einem anderen Fortbewegungsmittel widmen. Damit das hier nicht wirklich noch zum Modeblog verkommt, wird es jetzt dezidiert und ureigenst männlich. Man stelle sich jetzt bitte Benzingeruch in der Luft vor, denn nun geht es um: Autos! Jawoll.

Autos sind ja eigentlich voll unspannend. Müssen halt vier Räder haben und fahren. Meine vier Räder hängen an einem Kleinen Gelben AutoTM, und das kommt leider so langsam in die Jahre. Die Zentralverriegelung funktioniert nicht mehr, durch die Türen dringt seid Jahr und Tag Wasser ein, manchmal lässt sich der Kofferraum tagelang nicht öffnen, die Frontscheibe pfeift. Das neueste Ungemach ist ein Scheibenwischer, der sich nur noch in Zeitlupe bewegt, weil sich das Metallgestänge in die Alubuchsen eingearbeitet hat.

Wenn Sie auf diesem Bild ZWEI gelbe Autos sehen, sollten Sie ihrne Optiker kontaktieren.

Wenn Sie auf diesem Bild ZWEI gelbe Autos sehen, sollten Sie ihren Optiker kontaktieren.

Ein Jahr TÜV hat das Kleine Gelbe AutoTM noch, und bis dahin muss ein Nachfolger her, denn ganz ohne Auto geht es hier auf dem Dorf halt nicht. Ehrlich gesagt habe ich kaum Lust mich damit zu beschäftigen – aber es muss sein, das KGATM hat schon 14 Jahre auf dem Buckel, sieben davon in meinem Besitz. Auch der Nachfolger sollte auch ein Gebrauchter sein. Bei dem Wertverlust in den ersten vier Jahren lohnt sich ein Neuer nicht, und außerdem kenne ich mein Glück: Wenn ich mir ein neues Auto kaufe, sind am nächsten Tag die fossilen Brennstoffe alle. Nee, nee, so nicht.

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Eigentlich ist die Sache ganz einfach: Da ich einen großen Penis habe und nicht kompensieren muss, kann es ein kleines Auto sein. Möglichst sparsam, ich bin hauptsächlich allein und in der Stadt unterwegs. Da ich gelegentlich auch mal Autobahn fahren muss, sollte es nicht in der Microklasse von Smart und Aygo sein, sondern eins drüber. Ganz doof aussehen sollte es nach Möglichkeit auch nicht.

Damit, man glaubt es nicht, habe ich bereits Anforderungen definiert, die kaum ein Wagen sinnvoll umsetzt.

Ich hätte es ja echt nicht gedacht, aber anscheinend haben die Automobilhersteller die letzten 15 Jahre mit dem Kopf im eigenen Rektum verbracht.

1. Verbrauch.
Während das Öl immer knapper wird, bauen die kleine Autos, die Verbräuche jenseits von gut und böse haben. Vielleicht sind die Motoren effizienter geworden, aber das wird wieder aufgefressen, weil die Autos mehr wiegen – neben der Sicherheitstechnik braucht ja jede kleine Kasperbude heute drei Klimanlagen und Gedöns. Kleinwagen von der Größe eines Polo verbrauchen immer noch 6 bis 9 Liter. Das ist Inakzeptabel. Früher war immer die Rede vom DreiLiterAuto. Wo ist das? Nicht in Sicht. Stattdessen verbrauchen die Kisten heute immer noch genauso viel wie mein jetziges Auto, und das ist 15 Jahre alt.

2. Aussehen
Alles, was in den letzten 10 Jahren rausgekommen ist, sieht furchtbar und gleich aus, vieles sogar ausgesprochen peinlich. Da gefällt mir exakt gar nichts. Man merkt halt einfach, dass alle Hersteller die gleiche Bezier-Software zur Gestaltung der Karosserien verwenden. Was natürlich keine Entschuldigung für einen Fiat Multipla ist, aber wie der passieren konnte, weiß ja eh niemand.

Es gibt noch ein drittes Problem, aber das liegt nicht bei den Autoherstellern, sondern bei mir. Ich bin nämlich verwöhnt. Das Kleine Gelbe AutoTM ist das, was die Engländer gerne als Hot Hatch bezeichnen. Eine Kiste, die nach Serie aussieht, aber deutlich anderes unter der Haube hat.

Seat Leon 20V Turbo, der BMW-Killer. Bildquelle: Nicht von mir.

Seat Leon 20V Turbo, der BMW-Killer. Bildquelle: Nicht von mir.

Das KGA ist ein Seat Leon. Der Spanier kommt aus dem VW-Baukasten, ist aber eine ganz besondere Zusammenstellung. Er basiert auf der Bodengruppe des VW Golf IV, die wertige Innenausstattung mit guten Sitzen kommt vom Audi A3, und das Fahrwerk und der Motor von einem Audi TT für Fortgeschrittene: Ein turbobeatmeter Zwanzigventiler mit 180 PS, der das Gelbe Dings in 7,7 Sekunden auf 100 bringt und eine Höchstgeschwindigkeit von 230 Km/h bringt. Der Leon 20VT „Top Sport“ ist so selten, dass die Lehrlinge zum Anschauungsunterricht zusammengerufen werden, wenn der Wagen in die Werkstatt rollt. Um Gewicht zu sparen, verfügt der Wagen dafür über keinerlei Extras, sieht man von einer Sitzheizung ab. Keine Klimaanlage, kein Bordcomputer, nicht mal elektrisch einstellbare Außenspiegel. Das spart Gewicht.

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Diese Hot Hatch-Austattung sorgt dafür, dass das Kleine Gelbe AutoTM bis auf die geringere Bodenfreiheit aussieht wie ein Serienfahrzeug mit 60 PS, aber so unglaublich viel Leistung freisetzen kann, das 90 Prozent aller Spinner auf der Autobahn nur noch die Rücklichter sehen. Ich fahre meistens zügig, aber sinnig. Aber wenn ich mal mehr Leistung will, kommt die sofort – Der Wagen hängt am Gas und explodiert förmlich, wenn man das Pedal durchtritt. Dabei liegt der Wagen wie ein Brett auf der Straße und wird immer ruhiger, je schneller er fährt. Da wackelt und klappert nichts, weder im Innenraum noch sonstwo. Noch schneller als er beschleunigt steht er auch wieder: Die Bremsen des Leons sind griffig, ein Tipp und die Kiste steht. Wenn ich mal andere Wagen fahre, bin ich immer wieder überrascht was für lange Wege die Bremspedale haben und wie gering die Bremsleistung ist.

Das hat nun leider echt dazu geführt, dass ich so schäbig verarbeitete und untermotorisierte Autochen nicht mehr ertrage. Ein 55 PS Seat IBIZA der Einstiegsklasse klappert, wackelt, fällt gefühlt in Kurven fast um und braucht ewig, um in den Quark zu kommen und noch ewiger zum Bremsen. Damit sind wir also bei Problem drei und vier:

3. Verarbeitung
Was viele Hersteller im Kleinwagensegment zusammenpfriemeln ist eine ziemlich Unverschämtheit. Viel Mühe geben sich z.B. die Koreaner, aber was bei Opel, Seat, Skoda und Konsorten angeboten wird, ist in Punkto Qualität und Schalldämmung auf einem Niveau mit einem Trabant.

4. Leistung in Relation
Hey, ich habe nichts gegen wenig PS. Mein Golf I hatte auch nur 55 PS, aber die Kiste wog auch nur 800 Kilo und war daher sehr agil. Heute sind nahezu alle Autos irrsinnig schwer und die Einstiegsklasse im Verhältnis untermotorisiert – und trotzdem sind die Verbräuche zu hoch. Muss man auch erstmal hinkriegen, so eine Fehlkonstruktion.

Wir fassen zusammen: Ein neues Auto wird in absehbarer Zeit gebraucht, und überraschenderweise gibt es wenige Wagen, die meinen ästhetischen und ökonomischen Ansprüchen gerecht werden. Dennoch: Die Suche beginnt jetzt. Und wenn ich mir ansehe, was so an rotnasigem Verkaufspersonal in Autohäusern unterwegs ist, dann wird da noch der ein oder andere lustige Artikel bei rausspringen.

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Kenngezeichnet

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Endlich trägt das Kleine Gelbe AutoTM das Kennzeichen von Götham City. Das war bislang nicht so, aus historischen Gründen fuhr es immer mit einem NOM herum. NOM steht für Northeim. Das Kennzeichen war immer eine gute Tarnung: Ein Northeimer hackt dem anderen kein Auge aus, und mit einem NOM auf dem Nummernschild konnte ich in Northeim wenigstens ohne Sorge an einer roten Ampel anhalten. Leute mit auswärtigem Kennzeichen hören dann oft das Sirren eine Pressluftschraubers, und wenn die Ampel wieder grün wird, sind die Räder verschwunden. Ein NOM bezeichnet übrigens zugleich die kleinste Einheit fahrerischen Könnens. Das heißt aber nicht, dass die Northeimer die schlimmsten aller Autofahrer sind. Ein EIC entspricht 0,25 NOM, und ESW lässt sich nur noch in MilliNOM angeben.

Wie auch immer, zukünftig segeln wir also unter „Gö“-Flagge. Und das ist gut so, denn das neue Kennzeichen zeigt auch an, dass der Wagen jetzt endlich nur auf mich zugelassen ist – das war bislang, ebenfalls aus historischen Gründen, zumindest auf dem Papier anders und hat in letzter Zeit für, äh, familiäre Dialoge gesorgt. Muss ja nicht erst zum Streit eskalieren.

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Durchbescheuert

„Sehen´se, hier, da ist ein Riss, da ist das durchgescheuert“, sagt der Werkstattmeister und hält mir eine kleine Tülle hin. Die ist nur ein paar Zentimeter lang, aus schwarzem Plastik und geformt wie ein kleines Rohr, das an einem Ende etwas dünner ist.
„Wo, hier?“, frage ich. „Ja, genau“, strahlt der Meister. Ich kenne den noch nicht, der ist neu, aber ich mag ihn schon jetzt nicht. Er hat etwas seltsames ans sich, irgendwie… fischig.

Ich sehe mir die Tülle genau an. „Das ist kein Riss“, sage ich dann, „Das ist die Seriennummer“.
Der Meister setzt die Brille auf und guckt noch mal genauer hin. „Auch nee, HIER, da, da ist der Riss“, sagt er dann und deutet auf eine andere Stelle. Ich nehme ihm die Tülle aus der Hand und sehe mir die neue Stelle an. Das Ding ist aus hartem Plastik, da ist nichts durchgescheuert. „Das ist ein Gußgrat, kein Riss“, brumme ich verdrießlich.
Wieder guckt der Meister verwirrt. „Aber das ist undicht, auf jeden Fall, durchgescheuert, jawoll!“
Ich sehe ihm fest in die Augen, dann stecke ich mir die Tülle mit einem Ende zwischen die Lippen, halte das andere Ende zu und blase kräftig hinein. Es entweicht keine Luft. Der Meister guckt meine dicken Backen an und guckt dann zu Boden, wringt die Hände und sagt „Aber auf jeden Fall war das undicht und jetzt ist es dicht. Macht 65 Euro.“

Ich atme tief durch. Die Tülle ist Bestandteil des Scheibenwaschsystems des Kleinen Gelben AutosTM. Das verlor in den letzten Tagen Wischwasser. Und zwar exakt nachdem die Werkstatt einen „durchgescheuerten Schlauch“ der Scheinwerferreinigung ersetzt hat. Die ging nämlich angeblich nicht. OK, das kann passieren, Schläuche können durchscheuern. Deshalb hatte ich mir auch vergangene Woche keine Gedanken gemacht, als die Werkstatt das festgestellt hatte. Wurde halt repariert und fertig. Ich benutze die Scheinwerferwaschanlage nie, aber für die Hauptuntersuchung muss das Ding halt funktionieren.

NUR: Als ich dann das Leck feststellte und nochmal in die Werkstatt kam, sagte der Techniker, der vergangene Woche am Wagen gearbeitet hatte: „Ach ja, an den erinnere ich mich… Die ganze Anlage ging nicht, und bis zum Ende habe ich die nicht repariert bekommen.“ Die Aussage passte schon mal gar nicht zum Betrag, der auf meiner Rechnung aufgeführt war. Was der Techniker nicht wusste: Bei dänischen Autos, und so eines ist das KGA, brennt das Abblendlicht IMMER. Es hat trotzdem einen An-/Aus-Schalter fürs Licht, der weitgehend nutzlos ist. Das Licht lässt sich darüber nicht regeln, aber die Waschanlage der Scheinwerfer funktioniert nur, wenn der eigentlich unnütze Lichtschalter von 0 auf 1 gedreht wird.

Vermutlich ist folgendes passiert: TÜV-Prüfer macht Auto an, testet Licht, testet Scheinwerferwaschanlage. Die geht nicht, weil der Lichtschalter auf 0 steht. Das merkt aber keiner, weil das Licht ja an ist. Der Techniker sucht stundenlang nach einem Fehler. Der Meister merkt dann, was eigentlich wirklich los ist, und schreibt – als Kompensation für die mit der Suche nach einem vermeintlichen Fehler verplemperte Arbeitszeit- irgendwas mit durchgescheuerten Schläuchen auf den Stundenzettel. Bei der Fehlersuche wurde aber was anderes beschädigt, weshalb der Wagen nun Wischwasser verlor. Ich halte diese Theorie für plausibel, dummerweise kann ich sie nicht belegen.

„Neinnein“, sagt der Meister. „So war das nicht, das war wirklich alles durchgescheuert und hat gar nichts miteinander zu tun. Nein, Gewährleistung kann das deshalb gar nicht sein.“

HmHm. Meine Fresse. Die Besitzer des Autohauses ganz liebe Leute, jeder einzelne Techniker ist fähig, aber in der Summe schaffen sie es immer wieder zu verkacken. Man erinnere sich nur an die Scheibe, die ersetzt werden sollte. Das endete damit, dass das Dach neu lackiert werden musste und die neue Scheibe pfeift noch heute. Oder die Türen, die schon drei Mal abgedichtet wurden und die immer noch Wasser ins Innere lassen. Und mit diesem irgendwie fischigen neuen Meister…. wird es vielleicht Zeit, sich eine neue Werkstatt des Vertrauens zu suchen.

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Ey man, wo is mein Auto?

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Aus der Kategorie: Fragen, die ich mir nie stellen muss.
Gelb ist toll. Wenn nur nicht immer die kurzsichtigen Rentner versuchen würden, Briefe einzuwerfen.

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Schneetanz

Was für ein Gegensatz: Anfang der Woche bin ich noch mit offenem Hemd bei 30 Grad durch die staubigen Strassen Livornos gewandert, heute tanzen Schneeflocken vor dem Fenster des Arbeitszimmers herum.

Gutes Timing, dass das Kleine Gelbe AutoTM unmittelbar nach meiner Rückkehr aus Italien neue Winterreifen bekommen hat. Die alten wären von der Profiltiefe her noch gut gewesen, aber ich wollte mit denen nicht mehr fahren. Vermutlich waren die einfach ausgehärtet. Bei Nässe driftete der Wagen in scharfen Kurven sofort, und auf Schnee waren die Fahreigenschaften äußerst gemischt. Keine Ahnung wie alt die waren, hatte ich noch vom Vorbesitzer übernommen.

Deshalb hatte ich nach dem letzten Winter den Vorsatz gefasst neue Winterreifen anzuschaffen. Die wurden schon vor zwei Monaten bestellt und jetzt aufgezogen. Auch der Kaufzeitpunkt war gutes Timing, denn die Continental Wintercontact 850 TS, die ich mir ausgesucht hatte, sind, kurz nachdem ich sie gekauft hatte, Testsieger beim ADAC geworden und waren unmittelbar darauf in der Größe, die ich wollte, schon ausverkauft.

Bei der Reifenumziehaktion wurde der Wagen dann auch gleich mal vermessen, weil die letzen Reifen einen Sägezahn aufwiesen. So nennt man ein unregelmäßiges Verschleißbild, dass das Rad huppeln lässt und das mich beinahe in den Wahnsinn getrieben hat. Beim Vermessen kam dann raus, dass ein Hinterrad aus der Spur steht. Kann man dooferweise nicht einstellen, nur die Achse austauschen. Tja, dann bleibt das halt jetzt so. Lieber öfter mal (= alle 5 Jahre) einen neuen Reifen kaufen, als jetzt 1.200 Euro in eine Achse investieren.

Der ganze Winterreifenkram war schon teuer genug, aber ich bin trotzdem zufrieden – auch, wenn es mir keinen Spass macht und es generell unbefriedigend ist, so viel Geld nur für die Erhaltung des Status Quo auszugeben. Aber jetzt kann der Winter kommen, wenn er denn unbedingt will, denke ich und gucke von meinem Schreibtisch aus dem Tanz der Schneeflocken zu.

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Original und Fälschung

Ich traute meinen Augen kaum: ZWEI Kleine Gelbe AutosTM nebeneinander. Aber natürlich kann es nur eines geben!

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