Es gibt so richtige Scheißtage. Auf dem Weg zur Arbeit wird man dreimal fast überfahren, alle drehen am Rad und in Summe klappt nichts. So Tage, wo man besser gar nicht erst aufgestanden wäre.
Bei mir war so ein Tag der Mittwoch vergangene Woche. Weil der Tag sich so flegelhaft gab, beschloss ich früh Feierabend zu machen. Beim Verlassen des Firmengebäudes nieselte es und war windig. Bei der Fahrt den Berg nach Mumpfelhausen hinauf wurde das Kleine Gelbe AutoTM von Windböen durchgeschüttelt, und Regen klatschte auf die Scheiben.
Die Straße über den Berg führt durch einen Wald, und hier wurde es schlagartig dunkel und begann so heftig zu stürmen, wie ich es hier noch nie erlebt habe. Laub und kleine Zweige wehten über die Straße, und der Regen viel nicht mehr von oben nach unten, sondern von links nach rechts. Der Wagen vor mir schlich nur noch dahin. Anstatt Gas zu geben und möglich schnell aus dem kurzen Waldstück rauszukommen, wurde er immer langsamer.
Mittlerweile war es so dunkel wie mitten in der Nacht, und der Sturm wirklich so schlimm, dass ich bei mir dachte: „Scheiße, das wird jetzt echt gefährlich“ – und in dem Moment knallte es, und der Wagen wurde durchgeschüttelt sich. Irgend etwas hatte den Seat Leon getroffen „Uh, ob das wohl eine Beule geben wird?“, dachte ich noch so bei mir. Und dann schaute ich in den Rückspiegel und merkte, dass die Heckscheibe fehlte. Ein Blick in den Seitenspiegel zeigte, dass das Heck des Autos komisch aussah, und alle Fahrzeuge hinter mir an der Stelle anhielten, wo etwas mein Auto getroffen hatte.
Warnblinker an, anhalten. Tür gegen den Sturm aufstemmen, zurücklaufen, auf die Kolonne der wartenden Fahrzeuge zu. Das vorderste Auto war ein großes SUV. Durch die Regenschleier sah ich in dessen Scheinwerferlicht einen Radfahrer. Der hatte sein Rad in den Graben gelegt und schleifte gerade im strömenden Regen einen meterlangen und beindicken Ast von der Straße. Unter den Augen des SUV-Fahrers. Als ich auf hundert Meter ran war, hatte der tapfere Radfahrer es geschafft und freie Bahn für die dicken Autos geschaffen. Ansonsten war anscheinend nichts passiert, es war halt nur dieser dicke Ast runtergefallen – und der hatte mein gelbes Auto getroffen.
Ich lief zurück zu meinem Wagen. Shit. Der Ast war nicht nur in die Heckscheibe gefallen, sondern hatte das gelbe Auto in der linken, hinteren Ecke erwischt. Exakt auf Höhe der C-Säule. Das Blech rundrum war eingedrückt, und – Oh shit. Auch die Heckklappe. In dem Moment wurde mir klar, dass das hier schlimmer war als nur eine Beule und eine kaputt Scheibe.
Ich beschloss, sofort zu der freien Werkstatt zu fahren, die sich zuletzt um das gelbe Auto gekümmert hatte. Unterwegs war immer noch Weltuntergang, dunkler Himmel, Sturm und wirklich strömender Regen, der durch das Loch im Heck natürlich direkt ins Innere pladderte.
An der Werkstatt angekommen machte man mir nicht viel Hoffnung. „Reparatur wirtschaftlich unsinnig, vermutlich nicht mal möglich“. Und ob man es nochmal fahrbereit bekäme, also Heckklappe funktionabel und mit neuer Scheibe, daran meldete man gleich Zweifel an. „Ist ein 20 VT, der hat geklebte Spezialteile auf der Scheibe – und ob man eine Scheibe für ein 22 Jahre altes Auto noch irgendwo bekäme sei mal auch zweifelhaft.
Wir verblieben so, dass die Werkstatt erstmal gucken würden, ob es noch Scheiben gäbe. Dann, ob sie Spoiler und Heckleuchte so rausschneiden könnten, das man sie neu montieren könnte. Und schließlich, wenn das geklappt hätte, dann würden sie versuchen die Heckklappe in Form zu hämmern.
Eine Menge Unwägbarkeiten und, ehrlich gesagt, hatte ich keine große Hoffnung. Das war es wohl mit dem Kleinen Gelben AutoTM. Nach 16 gemeinsamen Jahren trennt uns ein Baum. Wenn doch nur der Wagen vor mir ein wenig schneller gefahren wäre. Oder wenn die dumme Tussi mich aus der Einfahrt gelassen hätte, dann wäre ich zwei Minuten eher da lang gefahren und es wäre nichts passiert. Ich war ernsthaft traurig. Klar, ist nur ein Auto und sicher, man muss ja froh sein, dass es nicht mich oder, viel schlimmer, den Radfahrer erwischt hatte.
Am Wochenende dann mal Gebrauchtwagen recherchiert und direkt vom Glauben abgefallen. Kleinwagen gibt es nur noch wenige, und für einen 8 Jahre alten Twingo oder Fiat 500 muss man bei Händlern aktuell ab 8.000 Dublonen auf den Tisch legen. Wahnsinn. Im Moment ist wirklich ein ganz schlechter Zeitpunkt um einen Gebrauchtwagen zu kaufen.
Und heute dann… Ein Anruf der Werkstatt. Es sei nicht schön geworden, aber das KGA sei wieder fahrbereit!
Tja, und so sieht es nun aus. Die einst schön geschwungene Dachlinie endet jetzt im Crinkle-Look, wie Mudder Silencer es nannte. Aber es hat eine Heckscheibe, und einen weiteren Gelbton.
Der Restwert, der vor einem halben Jahr noch auf 3.500 Euro geschätzt wurde, dürfte damit jetzt bei Null liegen. Aber ich freue mich trotzdem. Rund 970 Euro hat der Spaß jetzt gekostet. Die muss ich selbst tragen. Der Waldbesitzer hat keine Schuld an dem Sturm, und eine Kasko hat der Wagen schon lange nicht mehr. Aber sei´s drum, für 970 Euro gibt es aktuell keinen Ersatz, und so kann ich das Kleine Gelbe AutoTM noch 10 Monate fahren. Im Dezember trennt uns dann wahrscheinlich der TÜV, aber bis dahin werden wir noch ein wenig Spaß haben. Denn klar ist: So ein passendes, spaßiges und vor allem gelbes Auto werde ich nie wieder besitzen.
Vorerst geht sie also weiter, die Saga des Kleinen Gelben AutosTM.
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