
Erster „Hello World“-Eintrag vom 03.05.2008.
„Yeah, I can Blog“, so lautete der Titel des ersten Posts in diesem Blog, damals, am 03.05.2008. In der Rückschau immer noch gute erste Worte für einen „Hello World“-Beitrag, analog zu Tony Starks Bemerkung „Yeah, I can Fly“ in „Iron Man“, der gerade im Kino lief.
Wir schrieben das Jahr 2008, und gefühlt hatte JEDER ein Blog. Die meisten drehten sich thematisch um den Bereich des eigenen Alltags, und wenn sich der vornehmlich um bestimmte Dinge wie den Job oder die Aufzucht der eigenen Brut drehte, war das eben ein Jobblog oder eine Mamablog oder so. Die meisten Blogger/-innen waren untereinander vernetzt und kommentierten einander fleißig, weshalb sie ihre jeweiligen Sphären gerne als „Kleinbloggersdorf“ bezeichneten. Bloggen und Kommentieren kostet viel Zeit, aber das ist genau die, die heute in Whatsapp und Facebook fließt.
Die große Blogwelle hatte 2008 ihren Zenith sogar schon überschritten, die ersten Blogs bröselten schon wieder weg. In dieser Situation versuchte mich meine Freundin zu nötigen, doch endlich ein eigenes Blog zu starten. Wollte ich aber nicht. Denn beim Bloggen kommt es auch auf Kontinuität an, und ich war mir nicht sicher, ob ich länger als drei Wochen Spaß daran hätte.
Eines Abends, am Küchentisch meldete sie mich quasi nebenbei bei WordPress an, und wenige Minuten später gab es ein Blog mit dem sperrigen Titel „Nonstop Action from a different Perspective“. Tja. Und wo es schon mal da war, schrieb ich dann mal was rein.
Weil mir die Alltagsblogs auf die Nerven gingen, die sich betont bescheiden oder individuell gaben („Willkommen in Inges kleinem Gedankenfluß. Taucht ein in meine kleine Welt, das ist aber immer nur die Sicht einer Freiträumerin“) stellte sich das Blog hier gleich mal selbstbewusst hin und sagte von sich im Untertitel: „Ich bin das relevanteste Blog der Welt“. Das stimmt selbstverständlich, auch heute noch.
Jetzt hatte ich also ein Blog. Und was sollte ich da nun reinschreiben? Sollte ich mich auf ein Thema einschießen? Oder ein Berufsblog aufmachen? Argh, ich hatte ein Blog! Hilfe! Ich fing dann einfach mal an. Filmrezensionen hatte ich schon woanders aufgeschrieben, dementsprechend wollte ich damit beginnen. Aber dann kam es anders.
Tatsächlich landete das Blog dann aber gleich zu Beginn einen Scoop, wie wir Medienleute sagen. Es begab sich, das Trickbetrüger Abmahnbriefe wegen eines angeblichen Verkehrsunfalls verschickten. Einen davon bekam meine Freudin. Ich recherchierte dem hinterher und stellte das Ergebnis ins Blog. Suchte man nach Infos zu diesem Abmahnschreiben, fand man NUR meinen Blogeintrag – und Boom, in den ersten vier Tagen hatte das Blog eine vierstellige Anzahl an Besuchern und war aus dem Stand wirklich relevant.
Also, so richtig, selbst das Fernsehen fragte an, ob ich den Fall vor laufenden Kameras erklären wollte. Wollte ich nicht. Außerdem brachte mich das Ganze ein wenig in die Klemme. Der sperrige Name „Non-Stop Action usw.“ war eigentlich nur als Platzhalter gedacht gewesen, bis mir was besseres eingefallen wäre. Aber nun war das Blog über Nacht unter diesem Titel berühmt geworden.
Ich bloggte dann mal weiter vor mich hin. Alltagsbeobachtungen, Netzfundstücke… halt allen möglichen Kram, meist zwei kurze Einträge pro Tag, einer morgens, einer abens. Das mag aus heutiger Sicht erstaunen, aber wie gesagt: Die Leute hingen damals permanent in Blogs rum und nicht auf Facebook, ein bis zwei kurze Artikel pro Tag, das konnte man schon machen. Nach Themen suchen musste ich übrigens nie. Im Gegenteil: Anstatt dass das Blog nach Themen suchen musste, fanden die Themen das Blog.
2009 fand ein Knallerthema das Blog. Ich hatte Spaß an Musikspielen gefunden, damals vor allem „Guitar Hero“ auf der PS2, später dann auch „Rock Band“ auf der XBOX. Ich verbloggte Neuigkeiten über Spiele, Rezensionen und Songlisten und nannte das als Oberbegriff „Plastic Rock“. Eines Tages probierte ich aus, welche Musikinstrumente an welchem Spiel funktionierten und schrieb das mal auf.
Damit landete ich wieder einen Scoop. „Die ultimative Kompatibilitätsliste“, eine Tabelle, die Konsolenplattform, Instrument und Spiel umfasste, war von Tag 1 an ein Kracher. Tausende Besucher fanden den Weg ins Blog auf der Suche nach den darin zusammengestellten Infos, diskutierten, halfen beim weiteren Ausbau. Über 500 Kommentare hat der Artikel.

Darin vernetzten sich auch die Besucher, und irgendwann kamen Blogkollegin Wortkomplex und rstockm auf die Idee, ein Forum als Spin-Off dieses Blogs zu gründen. Gesagt, getan. „PlasticRock.de“ wurde zur deutschen Plastic Rock Zentrale, mit wöchentlichen Musikwettbewerben, Live Events, Forumstreffen und einer großen Community, von denen viele angefangen haben echte Instrumente zu spielen und heute noch befreundet sind.

Plasticrock.de gibt es heute noch.
Von Anfang an dabei war übrigens das Wiesel. Jeden Freitag gab es sogar dedizierten Wieselcontent, meist ein Suchbild oder ein Foto. Das noch jemand im Blog wohnt, merkte ich erst 2009, als ich durch Zufall einen gewissen Blogpinguin hinter dem Kommentarkasten entdeckte. Huhu und das Wiesel sind also Blogurgesteine, wobei das Wiesel kurzzeitig eine echte Internetberühmtheit war.
Ab Herbst 2008 reiste es erst durch zahlreiche Blogs, dann mit Bloggern um die Welt. Es steuerte ein Kreuzfahrtschiff, stand mit Prominenten auf der Bühnen, war auf jedem Kontinent und fand nur schwer wieder nach Hause zurück. Zwischenzeitlich ging es dann nochmal mit Kenny auf Tour, der als (einziger!) Gastautor hier eine eigene Serie hatte. Bis heute reist das Tier gerne, allerdings hat es nun sein eigenes Blog: „Travelingweasel.wordpress.com„, hier ist es nun noch gelegentlicher Gaststar.

Das Wiesel war schon fast überall.
Ach ja, die turbulenten Anfangsjahre. Das Blog wurde zur Spielwiese, in dem ich durchaus mal journalistische Darstellungsformen ausprobieren konnte. Wichtig sind mir bis heute zwei Dinge:
Erstens: Das Blog sollte Meinungsstark auftreten. Kein verhuschtes „Das sind nur meine zwei bescheidenen Cent, und vielleicht kann man das auch anders sehen“, sondern zugespitzt und pointiert, dabei aber durchaus lernfähig.
Zweitens: Ich wollte das Blog für niemanden anderes schreiben als mich selbst. Wenn andere mitlesen freue ich mich, aber eigentlich blogge ich, als ob mir keiner zuguckt. Nicht falsch verstehen: Ich freue mich immer über Kommentare, die motivieren viel mehr als ihr glaubt. Aber wenn ich meine Motivation nur aus Kommentaren gezogen hätte, hätte sie mich schon vor langer Zeit verlassen. Die Kommentarkultur ist schon vor einiger Zeit den Bach runtergegangen – statt einem Kommentar hinterlassen die meisten heute maximal ein „gefällt mir“, und das war´s. Damit kann ich leben, und mit dem Ansatz „Ich blogge nur für mich selbst“ kann ich im Zweifel auch die gewisse Beliebigkeit, die man dem Blog berechtigterweise unterstellen kann, rechtfertigen.
Diese beiden Maximen haben zwei tolle Effekte:
Zum einen wird mir nie langweilig, weil sich das Blog ändert. Es ändert sich mit mir. Es hat kein festes Thema, das irgendwann auserzählt ist oder dessen ich überdrüssig werden könnte. So, wie sich mein Leben ändert, ändert sich das Blog. Und das ist sichtbar. Ging es in den Anfangsjahren um Popkulturkram und Plastic Rock, ging es später erst um Reisen, dann um Motorräder und aktuell im Schwerpunkt um beides.
Zum anderen kann ich mein Leben in diesem Blog nachlesen. Wieviele Details gibt es, die ich im Laufe von 10 Jahren schon wieder vergessen habe und hier nachschauen kann. Z.B. das ich 2009 mit dem Rauchen aufhörte. Wie ich 2010 mit Modnerd das erste mal auf Reisen ging. Dann das turbulente Jahr 2011 mit gleich zwei Umzügen. 2012, als ich mir die ZZR ausstattete und das erste mal auf Motorradreise ging. Wie das Blog Wörter erfand (z.B. „Nurk“, wenn man nichts mehr riecht). Und und und.
Schön ist auch die Serie der monatlichen „Momentaufnahme“, die seit Anbeginn läuft. Über 120 Mal habe ich schon aufgeschrieben, welche Bücher ich in einem Monat gelesen habe, welche Filme ich gesehen habe und anderes mehr. Dabei offenbart sich auch so mancher schwarzer Fleck. So versuche ich offenbar schon seit 2009 Gordon Dahlquists „The Glass Book of the Dreameaters“ zu lesen und komme einfach nie über die ersten 100 Seiten hinaus.
Natürlich habe ich zwischendurch mal Abstecher auf andere Plattformen gemacht. Einige habe ich wieder verworfen (Instagram, Facebook) andere nutze ich sporadisch (Tumblr). Diese Plattformen kannibalisieren das Blog, und sie sind nicht gut durchsuchbar. Man wirft Content hinein, zack, rauscht er durch die Timelines und ist verschwunden. Was gut funktioniert, ist das Blog in Kombination mit Twitter. Das eignet sich gut für kurze Shoutouts, während das Blog etwas aufbereiteteren Content erhält.
Ich hatte übrigens mal ernsthaft überlegt ein Videolog, ein Vlog, analog zum Blog zu machen. Aber das würde bedeuten, die Anonymität komplett aufzugeben und tatsächlich mit Bild und Ton in Erscheinung zu treten. Das möchte ich, schon aus beruflichen Gründen, lieber nicht.

Lange Rede, kurzer Sinn: Ja, das Blog hier ist alt. Und es wird noch älter, denn ich habe immer noch Spaß daran, Dinge aufzuschreiben. Was mich beim bloggen hält, ist die Veränderung. Als dieses Blog startete, dachte ich noch, es würde sich um Filmrezensionen, Bücher und Wiesel drehen. Aber es veränderte sich: Im Lauf der Zeit machte das Blog etliche Wandlungen durch und erfand sich mehrfach neu. Ganz von allein.
Heute ist es so eine merkwürdige Mischung aus Meinung, Dokumentation und Reiseblog. Und natürlich Wiesel. Warum auch immer: Das Wiesel scheint die Konstante zu sein. Hm. Vielleicht ist das Thema dieses Blogs Wiesel.
Egal.
Alles Gute zum Geburtstag, kleines Blog, auf die nächsten 10 Jahre.
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