Texte, die nach Sperma riechen
âIch bin ein Schriftsteller, ich komme von Tolstoi, ich komme von Homer, ich komme von Cervantes. Lasst mich in Frieden und stellt mir nicht solche Fragen.â
(Peter Handke, Oktober 2019)
Solche Fragen sind nĂ€mlich unter der WĂŒrde eines Peter Handke. Fragen wie die, was er von denjenigen hĂ€lt, die die Verleihung des Literaturnobelpreis an Peter Handke kritisieren. Da reagiert ein Peter Handke dann schon mal beleidigt. Das passt zu jemandem, der sich völlig ironiefrei auf eine Stufe mit den GröĂten Schriftstellern der Geschichte stellt.
Handke ist mir zum ersten Mal aufgefallen, als er in der taz verarscht wurde. Irgendeiner der Autoren der Satireseite “Die Wahrheit” hatte Handkes Stil nachgeahmt, und ich dachte nur: Das gibtÂŽs doch nicht, das jemand so schreibt. GibtÂŽs aber doch. Handke schreibt endlose BandwurmsĂ€tze ĂŒber TrivialitĂ€ten.
Beispiel gefÀllig? Hier. Herr Handke steht, warum auch immer, im Garten und guckt, ob am Baum noch eine Quitte hÀngt. Das ist alles. In Handkes Sprache wird daraus:
“Jetzt werde ich sie entdecken, die eine, bisher ĂŒbersehene Frucht im scheinbar Fruchtleeren Baum” – noch eine Steigerung, Schritt fĂŒr Schritt um den Quittenbaum herumgehend, innehaltend, den Kopf hebend, Ă€ugend, vor und zurĂŒck gehend, und so fort, steigerte sich mein Vorsatz, zu erblicken, zu einem wilden Willen, mit nichts als den eigenen Augen die fehlende Frucht in die Leere ĂŒber mir hineinzuschauen, alleine Kraft meines Blicks dort oben aus all den zugespitzten BlĂ€tterlanzetten in einem, und wenn auch noch so kleinem ZwischenrĂ€umchen “diejenige Welche” hervor ans Licht zu treten, sich jetzt, jetzt vorwölben und rund zu machen. Und fĂŒr den Bruchteil eines Augenblicks schien der Zauber zu gelingen, Da hing sie, die Frucht, so schwer wie duftig.
Das ist keine sinnstiftende Literatur, dass ist Zeitverschwendung im grauen Raum der eigenen Tristesse. Handkes Texte sind wortverkleisterte Allgemeinheiten, die sich eigentlich immer nur um eines drehen: Um ihn selbst.
Peter Handke schreibt stets ĂŒber Peter Handke. Die Welt um ihn herum ist ein Spiegel, den er nur fĂŒr eines nutzt: Sich selbst darin zu betrachten.
Das ist eine besonders klebrige Form von literarischer Onanie, die sich oben drauf noch einer unangenehm manierierten Schreibweise bedient. Jeder triviale Scheiss wird zu einer dem Autor huldigenden Erektion aufgeblasen, deren Lusttröpfchen in jede Ritze suppen bis der ganze Text nach kaltem Peter-Handke-Sperma riecht.
NatĂŒrlich nimmt sich Peter Handke ĂŒberaus ernst, immerhin ist er der wichtigste Mensch in der Welt, ach was, des Universums! des Peter Handke.
In den 80ern und 90ern machte der Peter Handke einige Pauschalreisen, pinselte seine Beobachtungen in ein Reisetagebuch und nannte das dann – nein, nicht “Peter Handkes Reisetagebuch”, sondern “Das Gewicht der Welt”. Darunter macht ein Peter Handke es nicht.
Die Beobachtungen eines Peter Handkes ĂŒber andere LĂ€ndern sind dann aber hauptsĂ€chlich Beobachtungen ĂŒber Peter Handke selbst. Aber auch die sind wieder trivial, vom Kaliber:
“Die Welt im Gehen, Schauen, Bedenken, Betrachten stellt sich anders dar als die Welt in den Zeitungen”
“Nein!” – “Doch! – “OH!”
Ich kenne nicht viele “groĂen, wichtigen” Autoren des absurd selbstreferentiellen Literaturbetriebs, und die meisten von denen, die ich kenne – wie den unvermeidbaren GĂŒnther Grass – finde ich schwer ertrĂ€glich. Es ist viel zu oft eitle AltmĂ€nnerlitertur aus einer vergangenen Epoche, aber Handke, Handke ist mit dem was er schreibt und wie er es schreibt wirklich herausragend unertrĂ€glich.
Vollends eklig wurde Handke, nachdem er Mitte der 90er zwei Kurztrips nach Serbien gemacht hatte. In “Eine winterliche Reise zu den FlĂŒssen Donau, Save, Morawa und Drina oder Gerechtigkeit fĂŒr Serbien” von Peter Handke verharmlost Peter Handke serbische Kriegsverbrechen.
Handke guckte in die serbische Landschaft, sah das Leben der einfachen Leute und beschieht, dass Menschen, die BarfuĂ laufen, keine Kriegsverbrechen begangen haben können. Der MutlifunktionskĂŒnstler Wiglaf Droste beschieht Handke dafĂŒr einen veritablen Dachschaden, aber erstaunlicherweise lasen einige Leute immer noch seine schwiemligen Texte. Zumindest im Feuilleton, auch wenn die “Zeit” sich zwischenzeitlich leicht enttĂ€uscht zeigte:
“Man erfĂ€hrt, dass Peter Handke in Serbien ein gern gesehener Gast ist – er darf umsonst tanken, man reicht ihm dort bei Bombenalarm bereitwillig Ăpfel, und einfache ZimmermĂ€dchen sagen ihm Dank, “fĂŒr das Wort, das ich meinerseits fĂŒr sie und ihr Land, fĂŒr ihr Land, fĂŒr sie, eingelegt habe”
In einem Land, in dem einem Peter Handke so gehuldigt wurde, hatte Peter Handle seine Bestimmung gefunden. WĂ€hrend ihn in seinem Heimatland niemand mehr wollte, verstand er sich fortan als “Freund des serbischen Volkes”. Er kumpelte mit Slobodan MiloĆĄeviÄ herum, den Handke im GefĂ€ngnis besuchte, öffentlich verteidigte und dessen Völkermord er bis heute leugnet. Handke tingelte durch die Welt und machte Werbung fĂŒr einen Völkermörder, gab Tips wen die Serben bei Wahlen wĂ€hlen sollten, trat der Serbisch-orthodoxen Kirche bei und reagierte beleidigt, als das nicht alle im Literaturbetrieb so töfte fanden.
2014 war er immer noch so eingeschnappt, dass er anregte “Den Literaturnobelpreis sollte man endlich abschaffenâ. Die diesjĂ€hrige Entscheidung des Nobelpreiskommitees, ausgerechnet Peter Handke auszuzeichnen, ist fĂŒr alle Menschen auĂer Peter Handke völlig unverstĂ€ndlich.
VerstĂ€ndlich ist hingegen, das Peter Handke den Preis, den er unbedingt abschaffen wollte, in dem Moment wieder toll findet, wo er ihn verliehen bekommt. Peter Handke ïżŒnimmt den Preis an und streicht das Preisgeld ein. Kritik an seiner Geschwiemel wischt er mit dem Verweis, dass er in der Tradition der gröĂten Schriftsteller der Geschichte steht, einfach weg – als wĂ€re das, selbst wenn es stimmen wĂŒrde, eine ErklĂ€rung fĂŒr dĂŒnnhĂ€utige WutausbrĂŒche.
Das passt genau in das Muster einer eingebildeten, eitlen Wurst, wie Peter Handke eine ist.