Assassins Creed II Tour (6): Monteriggioni, Schabracken und rasende Stachelschweine
Im Januar 2010 spielte Herr Silencer „Assassins Creed II“, dessen Handlung im Italien der Renaissance angesiedelt ist. Schlimm: Er entwickelte die fixe Idee, die Orte im Spiel mit eigenen Augen sehen und erleben zu wollen.
Und so begab es sich, dass er sich mit Kollege Modnerd im September 2010 aufmachte, um die Orte in ACII zu besuchen. Dies ist das Reisetagebuch der Assassins Creed II Tour.
Pock.
Pock.
Pock.
Pock.
Das Sporthotel Cristall heisst so, weil es direkt neben einer Sportanlage liegt. Hier werden ab sieben Uhr Morgens Desperate Housewives von knackigen Sportstudenten hinter gelben Filzbällen hergejagt. Tennis, nennen die das, ich nenne es Ruhestörung. Egal.
Man merkt jetzt schon deutlich, das wir weiter im Süden sind. Keine Spur mehr von Ansätzen kontinentalen Frühstücks, stattdessen gibt es eingeschweisste Hanuta-Surrogate in Tateinheit mit doppelten Espressi aus Plastikbechern. An der Wand des Frühstücksraums entdecke ich eine Zeichnung des Ortes, den wir heute besuchen wollen: Monterrigoni!
Im Spiel Assassins Creed II ist Monteriggioni ein winziges Festungsdorf. Hierhin verschlägt es Ezio, als er mit 17 Jahren aus Florenz flüchten muss. Dabei geraten er, seine Mutter Maria und seine Schwester Claudia in einen Hinterhalt der Pazzi, aus dem sie jemand rettet, der sich mit den Worten eines berühmten Videospielklempners vorstellt: “It´s-a-me, MARIO!”. Der Retter in der Not ist allerdings kein Klempner, sondern Mario Auditore, ein Onkel Ezios, Söldner und Herr über das kleine Festungsdörfchen Monteriggioni. Das ist verfallen und heruntergekommen, als Ezio dort eintrifft; Mario fröhnt lieber Wein, Weib und Kampf als sich um den Ort zu kümmern. Das ändert sich in den kommenden zwanzig Jahren. Ezio investiert das Geld, das er von seinen Abenteuern zurückbringt, in den Ort. Unter der Obhut seiner Schwester Claudia mehrt sich der Reichtum und Monteriggioni blüht auf. Geschäfte eröffnen, Menschen bevölkern die Strassen, alles ist gut. Im Spiel ist Monteriggioni und die Villa der Familie Auditore der sichere Hafen, die Zuflucht, der Ort, an dem man als Spieler sicher ist und an dem man sich erholt. Ein wichtiges Element, das Verbundenheit und Vertrautheit schafft.
Und dorthin soll es jetzt gehen!
Nur wenige Kilometer trennen Colle di Val d´Elsa von Monteriggioni. Eine kurze Fahrt durch die hügelige, mit Olivenbäumen bedeckten Hügel der Toskana, und dann taucht der Ort auch schon vor uns auf.
Die mächtigen Festungsmauern sehen exakt so aus wie im Spiel. Nur die Türme sind ein wenig kaputter.
Warum das so ist, erklärt die Fortsetzung von Assassins Creed II, “Brotherhood” mit einem Angriff von Cesare Borgia im Jahr 1500 auf die Stadt. Das ist natürlich mal wieder die typische Geschichtsfälscherei der AC-Autoren. Zwar hat es so einen Angriff aber gegeben, aber nicht von Cesare Borgia. Und 50 Jahre früher. Dabei ist so einiges zu Bruch gegangen, auch die Türme. Daran erinnert heute noch das kleine Heimatmuseum im Ortskern.
Und natürlich steckten die Templer dahinter!
Das Museum ist klein, aber liebevoll dekoriert und in einem erstklassigen Zustand. Hinter dem Tresen steht Claudia, eine manchmal etwas schüchtern durch die Nickelbrille schauende, junge Frau, die das Museum betreut und Karten für die Rundgänge auf der Stadtmauer verkauft.
Ob sie weiß, dass Monteriggioni in einem Videospiel vorkommt, möchte ich von ihr wissen. “Oh ja”, erwidert sie mit einem kehligem und vollem Lachen sie, “Credo del Assassino. Ich weiß.” Kommen viele Besucher deswegen hierher? “Ja”, sagt Claudia, “Die meisten kommen hier rein und wollen wissen, wo die Villa Auditore steht. Sie sind dann ganz enttäuscht, wenn ich ihnen sage, dass das nur eine Erfindung ist und es keine Villa in Monteriggionis Mauern gibt.” Hat man überlegt, die Popularität touristisch zu nutzen? “Ach weißt Du,” sagt Claudia, “der Ortsrat hier, das sind alles alte Leute. Die schwärmen noch davon, wie Orson Welles hier 1949 einen Film gedreht hat, aber von Videospielen wollen die nichts wissen.” Sie zuckt mit den Schultern. Ob sie das Spiel selbst kennt, möchte ich wissen. Ja, sagt sie, sie hat es mal gesehen. Aber das sei nicht Monteriggioni, in diesem Videospiel. Das habe nicht mit dem echten Ort zu tun. Wieso nicht? “Nun”, sagt sie, “die Strassen und Plätze sind ganz anders. Es sieht ähnlich aus, aber es ist alles anders. Es gibt keine Villa. Und vor allem: Monteriggioni ist viel kleiner.” Ich nicke verständnisvoll. Natürlich, jeder Ort im Spiel ist im Maßstab stark verkleinert. “Nein, Studpido“, lacht Claudia, “der ECHTE Ort ist viel kleiner als der im Spiel!”
Jetzt bin ich es, der verblüfft guckt. Claudia zeigt mir, WIE klein Monteriggioni ist.
Naja gut, SO klein nun auch wieder nicht, aber schon sehr klein:
…