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Tag: Hannover

Tarja Live in Hannover 2014: The Colours in the Dark-Tour

Tarja Live in Hannover 2014: The Colours in the Dark-Tour

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Ach ja, Hannover. Hauptstadt des Bundeslands Niedersachsen und wahrlich keine schöne Stadt. Um genau zu sein: Die zweithässlichste von Deutschland. Kann man aber trotzdem mal hinfahren, denn in Hannover gibt es auch Schöne Ecken, man kann so mittelgut Shoppen und gelegentlich gibt es ein Konzert zum angucken. Entweder in der Oper…

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…oder, wie ich gestern Abend, im Theater am Aegi:

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Ja, das ist von innen genauso hässlich wie von außen. Am 3. Mai spielte dort zunächst mal “The Name”, was ein denkbar bescheuerter Name für eine Band ist, die man im Internetzeitalter vielleicht auch mal über eine Suchmaschine finden möchte. “The Name” machen so Kindergartenmetal auf Schulhofniveau, was durchaus passt, denn die Band sieht auch aus wie eine Horde Gymnasiasten. Auffälligstes Merkmal ist Sängerin Hadassa, die vor allem zwei Dinge kann: Gaaanz knappe Röckchen tragen und sich permanent über einen, auf der Bühne liegenden, Ventilator beugen. Dadurch sieht sie aus wie eine buckelige Medusa und bekommt dauernd Haare in den Mund und ins Gesicht, aber ihr macht das wohl Spaß, also sei´s drum.

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Main Act des Abends war aber jemand anders, nämlich Tarja. Die 1977 geborene Finnin war mal die Frontfrau von “Nightwish”. Seit 2005 frickelt sie allein vor sich hin. Heute lebt sie mit Mann und Kind in Argentinien und geht nur selten auf Tour. Und da ich die Möglichkeit hatte in der ersten Parkettreihe eine Karte zu bekommen… warum nicht, obwohl das eine Reise nach Hannover bedeutete.

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Skeptisch war ich vor allem deshalb, weil Tarja der Ruf einer Diva anhaftet. Bei Nightwish ist sie, angeblich wegen Divenhaftigkeit, rausgeflogen, und man war schnell bereit das der Band um Papa Schlumpf zu glauben – bis sich rausstellte, dass die alle Nase lang ihre Sängerinnen auf unfeinste Art und ohne ihnen was zu sagen abservieren. Auch wenn “Nightwish” letztlich Arschlochfinnen sind, sie machen immerhin noch anhörbare Musik. Das ist bei Tarja nur noch bedingt so.

Drei Soloalben hat sie bislang rausgebracht: Das 2007 erschienene “My Winter Storm” ist ein grandioses Konzeptalbum, dass ich immer wieder gerne höre, aber fast alles was danach kam, kann man leider getrost vergessen. Das 2010er “What lies behind” scheint sich zum Großteil mit schmutziger Wäsche aus der “Nightwish”-Zeit zu befassen, und das 2013er Album “colours in the Dark” ist hoffnungslos überproduziert. Tarja ist eine klassisch ausgebildete Sopranistin, deren Spezialität der Gesang zu Metalsongs ist. Die Musik lebt vom Gegensatz der klassischen Stimme zu eher harter Musik, und auf dem letzten Album stimmt das Verhältnis nicht mehr: Die Musik überklebt mit bombastischem Synthigeorgel und endlosen Gitarreneinsätzen den Gesang, und dadurch leidet das Gesamtkunstwerk.

Außerdem hatte ich im Vorfeld von gerade mal einstündigen Konzerten in halbvollen Häusern gelesen, was zusammen mit dem Bild der Diva den Eindruck einer zickigen Künstlerin vermittelt, die nichts mehr so richtig gebacken kriegt und sich von der Welt unverstanden fühlt. Das alles zusammen hatte meine Erwartungshaltung ziemlich runtergeschraubt, und ich war auf eine distanzierte Eiskönigin und einen mediokeren und unterkühlten Auftritt gefasst.

Tatsächlich war das, nicht gerade supergroße, Theater am Aegi nicht ausverkauft, mehr als die Hälfte der Ränge war frei – nicht gerade das beste Zeichen.
Umso überraschter war ich, als Tarja sich überaus gutgelaunt und springlebendig herausstellte, als sie nach rund einer Stunde nach Konzertbeginn die Bühne betrat. Wie ein Gummiball hüpfte die über die Bühne, lachte und freute sich und flirte von der ersten Sekunde an mit dem Publikum.

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Das Publikum war extrem gemischt: Von WIRKLICH alten Damen (mit Rollator!) über pubertierende Langhaarwürstchen, kuttentragende Metalzwerge und 150 Kilo-Gothmädchen in knapper Spitze bis zu dramatisch guckenden Magersuchtfrauen, die vermutlich in Tarjas schlechten Texten nach dem Sinn des Lebens suchen, war alles mit dabei. Aber alle hatten eines gemeinsam: Sie liebten Tarja. Schon nach dem ersten Lied standen alle und feierten die Sängerin ab, was dieser tatsächlich ein wenig die Tränen in die Augen trieb. Ich persönlich, als eher kleiner Mensch, finde die Rumsteherei in bestuhlten Locations immer eher doof, aber da ich wirklich weit vorne an der Bühne und Tarjas Bewegungsdrang ansteckend war, war das in diesem Fall OK.

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Zusammen mit einem faxenmachenden Punker am Schlagzeug, einer coolen Bassistin, einem Gitarristen, einem Cellisten und einem Mann an den Syntheziern heizte Tarja so richtig ein. Sie hat ohnehin eine sehr gute und klare Gesangsstimme, der man gut zuhören kann. Aber Sie kann noch weitaus mehr – wenn richtig intensive Passagen kommen, zündet Tarja ihren Sopran-Nachbrenner und singt mit der Kraft einer Opernsängerin gegen Gitarrenriffs und Schlagzeug an, und das auch live fehlerfrei, in erstaunlichen Höhen und mit einer Lautstärke, die in dem kleinen Theater fast die Lautsprecher überflüssig machte. Dafür, dass sie eine zierlich gebaute Frau ist, überrascht dieses Volumen doppelt.

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Gegeben wurde ein Mix der bisherigen Werke. Auch wenn Songs von “Colours in the Dark” im Mittelpunkt standen, fanden sich von den älteren Werken auch immer mal wieder welche dazwischen, wie etwa das grandiose “I walk alone” oder auch das absurde “Anteroom of Death”. Sogar ein Nightwish-Song hatte sich in die Setlist verirrt, “I Wish I had an Angel”.

Obwohl sie zwischen den Songs nicht viel redete, brachte Tarja trotzdem das Kunststück fertig zu vermitteln, dass SIE es war, die vom Publikum mit Anwesenheit geadelt wurde, nicht umgekehrt. Wirklich, ich habe noch nie erlebt, dass eine Künstlerin oder ein Künstler so dankbar für Publikum war und auch soviel physischen Kontakt suchte wie die vermutete Eiskönigin, die total sympathisch rüberkam.

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Nach 75 Minuten ging kurz das Licht an, die Zugabe kam kurz darauf und brachte die Gesamtlaufzeit (ohne Vorgruppe und halbstündige Pause) auf über 105 Minuten. Ein rundum gelungenes Konzert, bei dem lediglich das Konzept der Tour nicht griff. Das soll nämlich sein, dass man in edlen, bestuhlten Locations, ohne Festival- oder Arenaatmosphäre, Tarjas Musik genießen kann – vermutlich auch ein Zugeständnis an die vielen älteren Fans. Dadurch, dass es das Publikum nicht auf den Sitzen hielt, konnten natürlich gerade die älteren und kleineren nicht viel sehen – aber das kann man schwerlich der Künstlerin anlasten.

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Für die Show hat sich selbst die Reise nach Hannover gelohnt. Und genrell kann ich nun sagen: Ein Besuch bei Tarja lohnt schon wegen der energiegeladenen Performance und der großartigen Stimme, wenn man die Gelegenheit hat, sollte man ein Konzert besuchen – wer weiß, wann Tarja wiederkommt.

Karten gibt es ab 38 Euro. Die nächsten Termine:

05.05.14 Frankfurt, Batschkapp
06.05. Härterei, Zürich
08.05. Theaterhaus, Stuttgart
09.05. Alte Oper, Erfurt
11.05. Kurfürstliches Schloß, Mainz
14.05. Stahlwerk, Düsseldorf

CeBit 2010: Bilanz

CeBit 2010: Bilanz

“Und auf diesem Bildschirm können Sie auf einem Tacho die Performance ihres Unternehmens ablesen. Wenn Sie es genauer wollen, schalten sie um auf die Ampelansicht. Die sagt ihnen, ob alles OK ist.” Die Präsentatorin lächelt ins Publikum. Anstatt ob dieses offensichtlichen Bullshits mit matschigem Obst oder zumindest zweifelnden Nachfragen zu werfen, verfällt die Menge der versammelten Businesskasper in verzücktes Raunen. Einer fragt, ab wann man das Wunderding kaufen kann. Am liebsten möchte er es wohl gleich mitnehmen. Kritische Nachfragen ob der Sinnhaftigkeit solch hoch aggregierter Daten gibt es überhaupt keine. Warum auch, wenn alles so schön bunt ist.

Ich wende mich mit Grauen ab. Früher brauchten Manager noch Excellisten mit Fantasiezahlen, um ihre Existenz zu rechtfertigen. Heute reichen dreifarbige Ampeln und Geschwindigkeitsanzeigen, um ein Unternehmen leiten zu dürfen. Diese Form der hoch aggregierten Dummheit ist leider symptomatisch für die einst bedeutendste Computermesse der Welt.
Willkommen auf der CeBit 2010.

Auch in diesem Jahr ist die CeBit wieder kleiner, aber nicht feiner geworden. Der Schrumpf ist beachtlich und an allen Ecken zu merken. Ganze Hallen auf dem Messegelände in Hannover bleiben geschlossen, die Gänge sind breiter, die Relaxzonen größer. Es sind schon wieder weniger Aussteller, und die, die gekommen sind, haben kleinere und weniger aufwendige Stände. Hübsche Hostessen gibt es nur noch am Stand der Bundesdruckerei, aber die machen sich ihr Geld ja auch selbst. Ansonsten ist überall zu spüren, dass viele Stände gefördert wurden und jeder Aussteller 1.000 Freikarten verschenken durfte.

Natürlich hat auch die CeBit, genau wie jede andere große Messe, mit der Diversifizierung der Messelandschaft und mit den modernen Zeiten zu kämpfen. Für jede Sparte gibt es heute eine Spezialmesse, mit der ein bestimmtes IT-Branchensegment seine Zielgruppe besser erreicht. Früher war die CeBit der wunderbare Hier-Gibts-Alles-Marktplatz, heute gehen die Leute die Schuhe brauchen, lieber gezielt ins Schuhgeschäft. Früher war eine Messe der Ort, an dem Innovationen vorgestellt, bestaunt und diskutiert wurden, heute passiert Produktkommunikation und -diskussion über das Internet.
Dennoch könnte es der CeBit heute besser gehen, wenn Sie nicht ihre treuesten Unterstützer mit voller Absicht vergrault hätte.

Selbst Google leistet sich nur einen kleinen Stand. Im Bild: Street View Fahrzeug (nach dem Besuch von ostfriesischen Hausbesitzern)

“Dieses Linux, das ist jetzt ja auch voll am kommen, oder?” “Echt?” – So unterhalten sich zwei Anzugträger inmitten des Open Source Forums. Der Fortgang des Gesprächs bestätigt den Eindruck, dass die beiden keine Ahnung haben, wo und warum sie gerade sind. Und da liegt das eigentliche Dilemma der Cebit: Die Messeleitung hat es erfolgreich geschafft, ihre Fans zu vergraulen, und nur das behalten, was ihr vor dem Platzen der ersten Dotcom-Blase erstrebenswert schien: Die Anzugträger, vulgo: Das Business. Zumindest in der Theorie.

Ende der 90er herrschte Goldgräberstimmung in der IT-Landschaft. Das Internet setzte sich durch, täglich gab es neue Anwendungsideen, Venturekapital sprudelte. Die Cebit war die wichtigste Computermesse der Welt und platzte aus allen Nähten, sowohl was Aussteller- als auch Besucherzahlen anging. Alle kamen nach Hannover, um zu Staunen und Wunder anzusehen. Be there or be square.

Und dann passierte etwas, das ich bis heute nicht ganz verstanden habe. Die Messeleitung war plötzlich der Meinung, dass Endkunden Bäh seien und nicht auf die CeBit gehören würden, dort mache man schliesslich BIG BUSINESS. Also wurden die Consumerprodukte, und mit Ihnen ein Großteil des Innovations-/Staun-/Wunder-Faktors in einen eigene Messe ausgelagert. Die “CeBit Home” fand nur zwei Mal statt, mit mäßigem Erfolg, dann war sie Geschichte. Endkunden waren dadurch auf der originalen CeBit aber nicht wieder besser gelitten, im Gegenteil. Das BIG BUSINESS sollte ja unter sich bleiben.

Die Jeans- und Pullitragenden Admins, die neue Server angucken, aber nicht sofort tausend Stück davon kaufen wollten, waren nicht gerne gesehen. Genausowenig wie die Nerds, Geeks und Leute, die einfach zum Staunen kamen. Dummerweise besteht der deutsche IT-Mittelstand, traditionell die weitaus größte Ausstellergruppe der CeBit, zum Großteil aus kleinen und mittleren Firmen, die von genau solchen pullitragenden EDVlern betrieben werden und die ganz genau wissen, wie wichtig so ein Publikum und Mundpropaganda für´s Geschäft ist.

Diskriminierend: Menschen mit nur einem Bein dürfen sich auf dem Skywalk nicht locker ans Geländer lehnen.

Leider ignorierte die Messeleitung diese Stimmen, vermutlich weil deutscher Mittelstand nicht unter ihre Definition von BIG BUSINESS fiel. Klar, der deutsche Mittelstand sorgt für 70% der Wertschöpfung im Lande, aber was ist das schon gegen das Prestige der großen Konzerne. Damit hatte man erfolgreich dafür gesorgt, dass die Endkunden vergrault waren und der Mittelstand als Ausstellergruppe erodierte. Andere Messen, wie die IFA, die Systems, Zukunft Personal oder GamesCon klaubten begierig die Brocken auf, die von der CeBit verschmäht wurden. Erstaunlicherweise schien man sich bei der Messeleitung auch noch dafür auf die Schultern zu klopfen, dass man mit den, über Jahrzehnte erarbeiteten, Werten so herumaste.

Heute sitzt man nun Hannover, im nieseligen Märzwetter, und bläst Trübsal. Jedes Jahr kommen weniger Aussteller und weniger Besucher. Die großen Konzerne bleiben mittlerweile ganz weg oder schicken nur noch die Praktikanten oder die dritte Garde des Verkaufs. Die drehen dem Publikum den Rücken zu und spielen am Ausstellungsrechner Farmville. Im besten Fall sammeln sie Visitenkarten ein um sie später an die, leider nicht anwesenden, wichtigen Leute von der BIG BUSINESS-Abteilung weiterleiten. Dazwischen tummeln sich die Anzugträger, die von Technik wenig bis überhaupt keine Ahnung haben, und di sich darüber freuen, dass eine Ampel ihnen sagt, dass alles gut ist.

Wiesels große Reise (3): Verlaufen!

Wiesels große Reise (3): Verlaufen!

Was für eine ereignisreiche Woche für die Wieselreise! So viele Wieselartikel!
Um die Reise noch besser zu dokumentieren gibt es jetzt übrigens in der horizontalen Navigation eine neue Seite und eine praktische Kartenübersicht.

Kurze Zusammenfassung der Woche: Nachdem das Wiesel bei Wortkomplex sein Unwesen trieb, wurde es kurz darauf in Hannover beim Drehen eines B-Movies gesichtet. Dann riss es aus und war lange Zeit verschollen. Nun lauscht es endlich den Nordworten in Kiel.

Aber was ist in der Zwischenzeit passiert? Warum hat die Reise so lange gedauert?
Nun, zum einen ist das Wiesel ziemlich verspielt und hat die Aufmerksamkeitsspanne einer Fruchtfliege mit ADS. Mit anderen Worten: wenn es was Interessantes entdeckt, ist alles andere vergessen. Und: es neigt dazu links und rechts zu verwechseln, was recht dramatische Auswirkungen haben kann, wie wir gleich sehen werden.

Nachdem das Wiesel die Uni in Hannover zerlegt hatte ist es mit, für seine Verhältnisse, bewundernswerter Stringenz gen Norden gereist, mit dem festen Vorsatz nach Kiel zu kommen.

Tatsächlich hat es auch recht fix, unter Zuhilfenahme verschiedenster Reisemöglichkeiten, die See erreicht. Das Meer! Das Wiesel war schon wieder ganz hin und weg.


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