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Tag: wahrheit

Windows 7 – Heilsbringer oder doch eher Vista?

Windows 7 – Heilsbringer oder doch eher Vista?

Mir drängt sich der Verdacht auf, dass hinter jedem Journalisten, der über Windows7 schreibt, ein MicroSoft-Angestellter steht, der dem Schreiberling alle habe Stunde wahrnehmungsverändernde Drogen direkt ins Rückenmark injiziert. Diese Arbeitshypothese erklärt zumindest die kursierenden Win7-Artikel, die fast alle eines gemeinsam haben: Sie bejubeln das neue Betriebssystem und jazzen es zum Heilsversprechen hoch. “Win7 ist das bessere Vista” heisst es allenthalben. Kunststück, da gehört auch nicht viel dazu. Aber ist es wirklich ein gutes Betriebssystem? Oder wünschen sich das alle nur so verzweifelt?

Jim Louderback, lange Jahre Chefredakteur des PC Magazine und Autor von Windows-Büchern, hat noch eine andere Erklärung als Drogen und Selbsthypnose. Er schreibt in seinem Blog ein paar Worte zu Vista7, denen ich mehr Glauben schenke als allen Hypeartikeln der letzten Zeit.

Over the past two months, I’ve been testing the Win7 release candidate not on brand new hardware, nor on the free systems Microsoft has been providing to its favored reviewers. Instead, I’ve suffered through trying to upgrade a wide variety of systems that are a lot more like what you’re probably running – 1-3 year old notebooks and desktops. And what I’ve found is sharply different from the overweening bootlicking being spewed by most reviewers.

I don’t fault them – well, not too much. They’ve been running Windows 7 in a best-case environment, and I’ve been running it in the worst. They have access to a near-limitless supply of new computers, new notebooks and new peripherals from vendors eager to ride the expected coattails of Microsoft’s triumphant release. I’ve been relegated to testing Windows 7 on the old systems that you and I are still running.

They love it. I’m not so sure. I’ve installed windows 7 on 8 different machines – a mix of notebooks and desktops – and I’ve downgraded all but two of them. Why? Because despite the hype, it worked more slowly, crashed more often, and just flat out didn’t work right.

So I’m here to tell you that Windows 7 is definitely a step forward – but not for many existing computers. You may not want to hear this, but Vista Service Pack 2 – the current upgraded version – is actually better, in many cases, than Windows 7.

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Nun also auch der Bundeshotte. Oder: Was man über Ereignisse wie in Winnenden wissen sollte.

Nun also auch der Bundeshotte. Oder: Was man über Ereignisse wie in Winnenden wissen sollte.

Bundespräsident Horst Köhler in einer Rede anlässlich der Trauerfeier in Winnenden:

Tun wir genug für den inneren Frieden bei uns, den Zusammenhalt? Wir haben uns auch alle selbst zu prüfen, was wir in Zukunft besser machen, welche Lehren wir aus dieser Tat ziehen müssen.

Zum Beispiel wissen wir doch schon lange, dass in ungezählten Filmen und Computerspielen extreme Gewalt, die Zurschaustellung zerstörter Körper und die Erniedrigung von Menschen im Vordergrund stehen. Sagt uns nicht der gesunde Menschenverstand, dass ein Dauerkonsum solcher Produkte schadet?

Ich finde jedenfalls: Dieser Art von “Marktentwicklung” sollte Einhalt geboten werden.

Mir tun die Ohren weh, wenn ich sowas höre.
Was für eine Marktentwicklung? Was für gesunder Menschenverstand?
Mit dem “gesunden Menschenverstand” kommt man auch an Stammtischen immer dann, wenn man keine vernünftigen Argumente hat. Oft liegt der “gesunde Menschenverstand” aber meilenweit neben den Fakten.

Lange habe ich mich zurückgehalten, weil einfach schon so viel über die Ereignisse in Winnenden geschrieben wurde. Viel Richtiges wie viel Falsches. Nieman bestreitet die Tragik solcher Vorfälle, und das Leid der Angehörigen ist groß.

Nun sagt aber sogar der Bundeshotte so dummes, an Volksverdummung grenzendes Zeug, dass es mir reicht. Anscheinend ist es wichtig, dass bestimmte Dinge immer und immer wieder aufgeschrieben werden. Solange, bis der “gesunde Menschenverstand” sie auch mal zur Kenntnis nimmt. Also schreibe ich sie hier noch einmal hin.

Amoklauf?
Zunächst einmal: Was in Winnenden passiert ist war kein Amoklauf. Es war das, was man einen erweiterten Suizid nennt. Ein Mensch bringt sich um und nimmt auf dem Weg dahin möglichst viele andere mit. Möglicherweise hatte der Täter nicht vor zu sterben, immerhin ist er noch geflüchtet – dann wäre es ein Massenmord. Natürlich ändert eine solche sprachliche Differenzierung an den eigentlichen Ereignissen nichts. Amoklauf hat mittlerweile eine ganz andere Konnotation als Mord oder Selbstmord. “Amoklauf” wird mittlerweile fast als Synonym für ein überhöhtes Phänomen – unerklärlich, mystisch und irre – gebraucht, aber “erweiterter Suizid” oder Massenmord” nennen die Dinge beim Namen. Wenn man sich dem Thema sachlich nähern will, sollte man schon präzise sein.

Die Rolle der Medien
Alles andere als präzise waren die Medien, und hier sind in erster Linie TV und Print gemeint. Der Umgang dieser Medien mit den Ereignissen ist ein einziges Armutszeugnis, wie dieser Beitrag sehr gut darlegt. Die Berichterstattung war dermaßen sensationsgeil und distanzlos, dass man sich schon fragen muss: Haben diese Medien eigentlich noch ein Existenzrecht? Zugleich ein Beleg für die These, dass die berichterstattenden Medien eine Mitschuld an solchen Ereignissen tragen. Bei Suiziden wird nicht berichtet, um mögliche Nachahmer abzuhalten. Bei erweiterten Suiziden wird wird gnadenlos draufgehalten und allein durch die Masse an Beiträgen eine posthume Bühne und damit Projektionsfläche für Glorifizierungen geboten. Ein Konkurrenzverlierer, der mit seiner Tat tagelang alle Nachrichten dominiert? Das beflügelt die Fantasie von Nachahmern, und Beiträge wie dieser wirken fast wie eine Satire.

Waffenbesitz
Im, von mir sehr geschätzten, Film “Bowling for Columbine” wird mit etlichen Urteilen des “gesunden Menschenverstandes” aufgeräumt. Eigentlich sollte JEDER, der zu Winnenden den Schnabel aufmacht, den Film mindestens ein Mal gesehen haben. Eine der Kernaussagen: Solche Ereignisse passieren, weil die Täter an Waffen kommen. So lange Waffen verfügbar sind, werden sie mißbraucht. Auch für solche Taten.

Nun kommt man in Deutschland zum Glück nicht so einfach legal an Waffen, und ihr Besitz und ihre Verwendung ist mit Auflagen verbunden. Deren Einhaltung ist im eigenen Interesse der Waffenbesitzer, was einige aber anscheinend nicht ganz ernst nehmen.

Was spräche dagegen, die gesetzlichen Regelungen dahingehend zu erweitern, dass Waffen in den entsprechenden Lagereinrichtungen der Schützenvereine aufbewahrt werden müssen? Eine absurde Forderung? Ganz im Gegenteil. Sich illegal Waffen zu besorgen ist eine Sache. In allen erweiterten Suiziden in Deutschland kamen nur legale Waffen zum Einsatz. Weil sie verfügbar waren. Absurde Forderung? Nun, nicht weniger absurd als das

Verbot von “Killerspielen”
…das aktuell wieder gefordert wird. Niemand weiß, was ein Killerspiel eigentlich ist, aber alle reden darüber. Dieser Absatz wird ausführlicher, weil das ein Gebiet ist, auf dem ich mich recht gut auskenne. Das die meisten Diskutanten keine Ahnung vom Thema haben, macht die Sache nicht einfach. “Muss ich ein Baum sein, um für die Rettung des Regenwaldes einzutreten?”, fragte Wolfgang Bosbach, stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, in einer Fernsehdebatte. Und redete weiter:

Es gibt Spiele, da fliehen Menschen vor Foltermaschinen, rufen halbnackt um Hilfe, und jetzt ist es Aufgabe des Spielers, zu töten – aber nicht die Angreifer, sondern die ihn um Hilfe anflehen. Je mehr Hilfesuchende er tötet, desto höher steigt er im Level, desto erfolgreicher ist er.

Der Name der Spiele war Herrn Bosbach gerade entfallen.
Ich bin Kenner der Materie und sage: So ein Spiel gibt es nicht, und wenn jemand solche Aussagen erfindet, frage ich mich schon, was das für ein Mensch ist, der sich so kranke Dinge zusammenfantasiert.
Selbst WENN es so ein Spiel gäbe – in Deutschland würde es auf dem Index landen.

Was gerne in den hitzigen Debatten unterschlagen wird:
Wir haben bereits Kennzeichnungspflichten und Prüforganisationen, die zum Schutze der Jugend arbeiten.

Wir haben die die freiwilligen Prüfgremien und Selbstkontrollen der Film- und Unterhaltungssoftwarebranche, die Altersfreigaben festlegen und bestimmen, ob Medien an Minderjährige verkauft werden dürfen.

Wir haben eine Bundesoberbehörde, die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien, die dem medialen Jugendschutz verschrieben ist und den Handel mit Medien durcvh Indizierung einschränken kann.

Wir haben das Jugenschutzgesetz und das Strafgesetzbuch, wonach Medien mit bestimmten Inhalten von vornherein verboten sind (Inhalte wie Volksverhetzung, Anleitung zu Straftaten, Gewaltverherrlichung und -verharmlosung, Aufstachelung zum Rassenhass, usw).

All diese Instrumente sind vorhanden und funktionieren, so gut es möglich ist.
Interessierte Jugendliche werden IMMER Zugang zu, für sie nicht geeignete, Medien haben. Vor 20 Jahren haben wir Disketten auf dem Schulhof getauscht, heute gibt es das Internet als Quelle.

Viele der aktuellen Vorschläge zur Verschärfung dieser Gesetze laufen auf Zensur hinaus. Das ist etwas, dass man als Bürger in einer Demokratie nicht gut finden darf. Genausowenig wie den Aktionismus einer Kaufhauskette, alle “ab 18” Medien aus den Regalen räumen lässt und dies als Jugenschutz verkauft. Bei Einhaltung bestehender Gesetze ist der Effekt gleich Null. Was wir hier erleben, ist vorauseilende Zensur. Auch das darf man nicht gut finden.

Aber was ist dann zu tun?

Die wirklichen Herausforderungen
Ein Punkt, der mir in all den Diskussionen immer wieder viel zu kurz kommt: Die Rolle der Eltern.
Jugendschutz kann nur dann etwas bringen, wenn Eltern sich auch dafür verantwortlich fühlen. Dazu gehört es auch, sich dafür zu interessieren, was Kind so guckt und spielt.

Sicher, dass ist aufwendig, und Lust haben darauf die wenigsten. Aber: Das gehört zu den Pflichten der Eltern. Keiner hat gesagt, dass Pflichten Spass machen müssen. Und wenn ich im Mädiamarkt höre, wie ein 10-Jähriger seiner Mutter sagt “Ich will das” und sie daraufhin “Bioshock” (frei ab 18) in den Einkaufskorb legt, ohne einmal auf die Hülle zu schauen, möchte ich die Frau gerne am Kragen packen und schütteln.

Leute, wenn ihr Kinder habt, tragt ihr Verantwortung! Ich weiß, dass das unpopulär ist – viele Eltern sind verweichlichte Hab-mich-Lieb-Menschen, die nach der Anerkennung durch ihre Kinder gieren und erwarten, dass Erziehung in der Schule stattfindet. Auch eine Art von Realitätsverleugnung und des Abschiebens von Verantwortung. Aber das sind die auschlagebenden Faktoren so eines erweiterten Suizids: Eine depressive Persönlichkeitsstruktur, kombiniert mit Agression und Vereinsamung. Meine Güte, wenn die eigenen Eltern sowas nicht bemerken – wer dann?

Die andere Herausforderung hängt eng mit den Eltern zusammen: Eine Umstrukturierung der Schule.
Früher sollte Schule Bildung vermitteln, heute wird erwartet, dass dort Erziehung stattfindet. Das kann nicht klappen.

Bedingt durch bildungspolitische Vorgaben erzeugt unser Schulsystem einen hohen Konkurrenzdruck. Dadurch werden auch Konkurrenzverlierer produziert – frustrierte, wenig selbstbewusste junge Menschen. Sind die Eltern keinen Ankerpunkt für diese Verlierer im Schulsystem, verlieren sie den Halt.

Tun wir genug für den inneren Frieden bei uns, den Zusammenhalt?, fragt Horst Köhler.
Nein, tun wir in der Schule gerade nicht. Und das ist politisch gewollt.
Einen sehr guten Vortrag des Erziehungswissenschaftlers Freerk Huisken zum Thema kann man sich hier anhören.

Marktentwicklung?

Wir haben uns auch alle selbst zu prüfen, was wir in Zukunft besser machen, welche Lehren wir aus dieser Tat ziehen müssen.

Sehr richtig, Herr Köhler.
Jeder einzelne sollte sich das genau überlegen.
– Politiker sollten das Schulsystem reformieren und so etwas wie Schulpsychologen möglich machen.
– Die Medien sollten eingeschränkt über solche Ereignisse berichten. Die Veröffentlichung von Täterbildern oder konkrete Namensnennungen sollten unterbleiben.
– Eltern sollten ihre Pflichten wahrnehmen und sich wieder der Erziehung ihrer Kinder widmen.
– Waffenbesitzer sollten ihre Schränke abschliessen.

Aber das alles wird nicht auf breiter Front geschehen.
Nicht, wenn das Fordern von Verboten für Dinge, die einem unheimlich sind, weil man sie nicht kennt, viel einfacher ist.

Es gibt Lösungen. Aber die sind nicht so einfach.
Ich fürchte, auch der tragische Vorfall von Winnenden wird nicht reichen, um gesellschaftliche Veränderungen hervorzurufen.
Sagt mir mein gesunder Menschenverstand.

Nachtrag: Heute wurde der offene Brief der Familien der Opfer von Winnenden veröffentlicht. Darin werden gesellschaftliche Veränderungen gefordert, u.a. sinnvolle Dinge wie:

Bei Gewaltexzessen wie in Winnenden müssen die Medien dazu verpflichtet werden, den Täter zu anonymisieren. Dies ist eine zentrale Komponente zur Verhinderung von Nachahmungstaten.



Sehr gut.