Die Rückkehr der Wickelmumie

Die Rückkehr der Wickelmumie

Manche haben sich vielleicht gefragt, was in der riesigen Wickelmumie von neulich eigentlich drin war.

Das hier:

Der Inhalt war eine Sitzbank für die V-Strom, 13 Jahre alt. Noch ganz gut erhalten, aber total verdreckt, die Stoffbefestigung rostete weg, und alle Gummipuffer der Befestigung fehlten.

Moment, wird jetzt der aufmerksame Leser denken, was will er denn mit so altem Lumpenzeug, wo die V-Strom doch vom Vorbesitzer schon beim Kauf diese unglaublich teure “Komfort-Tourensitzbank mit Airflowsystem, mikroperforiertem Membransystem und konischem Schaumkern” eines bekannten Zubehörherstellers drauf hatte?

Tja. Oh, an der Oberfläche ist die toll. Aber der Unterbau ist nicht so gut. Die Gummipuffer fallen ab, die hinteren Haltehaken sind beide abgebrochen(!) und die Vorderen halten nur mit Klebeband.

Das eingearbeitete Gelkissen ist super, aber für meinen Geschmack etwas zu weich. Und die Wirbelstütze ist nichts für mich, sondern irritiert mich eher bei Fahren.

Das alles führt in der Summe dazu, dass ich dachte: Mensch, das muss auch anders gehen. Wie bei der Sitzbank der ZZR, die vor Jahren mal von Sattler Bernhard neu gepolstert und bezogen wurde. Mit der fahre ich 500 Kilometer am Stück ohne Aua, und die sieht nach 5 Jahren noch aus wie am ersten Tag. Echte, gute Handarbeit, genau nach meinen Vorstellungen. Das war die beste Tourenfahrerinvesition EVER.

So sah die Sitzbank für die ZZR aus, die ich 2012 bei Ebay für 10 Euro ersteigerte:

Und so sah die aus, nachdem sie Bernhard bearbeitet hatte. Außer der Grundplatte war alles neu. Ein funktionales Schmuckstück, dass mich allein ob seiner Wertigkeit immer wieder erfreut.

Sowas wollte ich für die V-Strom jetzt auch haben. Also auf ebay für wenig Geld diese 13 Jahre alte Sitzbank ersteigert und nach der Wicklemumiengeschichte zur Designwerkstatt Schmidt nach Hameln geschickt. Erinnert sich eigentlich noch jemand an die Puppenserie “Hallo Spencer”? Die Puppen hat auch Bernhard in seiner Designwerkstatt gemacht. Aber das nur am Rande.

Eine Woche später kam die Sitzbank so zurück:

Genau nach meinen Vorstellungen wurde ein Bezug handgefertigt. In der Mitte ist er aus rutschfestem Material, für den Fahrer wurde in der Sitzfläche ein hartes Gelpolster eingearbeiter. Die Dimensionen für die Sitzfläche sind anders, wobei ich da auf die Erfahrung von Sattler Bernhard vertraut habe.

Die fehlenden Gummis auf der Unterseite wurden durch Originalersatzteile von einem Moppedhändler aus Passau ersetzt. Der hat quasi die Baupläne der V-Strom Online, durch die man sich bis zur kleinsten Schraube klicken und die dann bestellen kann. Kommt mir immer noch vor wie ein Wunder: Ein paar Mausklicks, schon wird eine uralte Sitzbank aus Leipzig nach Hameln geschickt und mit Kleinkram von einem Händler aus Niederbayern wieder zu einem Schmuckstück! What a time to bve alive!

Auf dem Motorrad sieht das so aus:

Und das “Vorher-“Bild:

Im Gegensatz dazu nochmal die teure “Nobelsitzbank” von der Stange. Gut zu sehen: Der Unterschied wo der Übergang vom Fahrer zum Soziasitz ist. In Punkto Material, Verarbeitung und Sitzkomfort ist die Handarbeit vom Sattler dem vielfach teureren Serienprodukt weit überlegen.

Rund 170 Euro hat der Spaß gekostet, was für so tolle Arbeit ein mehr als fairer Preis ist. Und wenn die neue Sitzbank auf der V-Strom genauso gut ist wie die auf der ZZR, dann ist sie ohnehin jeden Cent zweimal wert. Ob das der Fall ist, wird erst eine richtig lange Tour zeigen. Dafür fehlt momentan die Zeit, aber mein Hintern und ich, wir freuen uns schon drauf.

15 Gedanken zu „Die Rückkehr der Wickelmumie

  1. Abgesehen vom praktischen Nutzen für den Hintern: das sind Kleinode …
    Und der Preis ? Ein Traum.
    Von solchen Angeboten kann China bis in alle Ewigkeit träumen.
    Die wären besser bei Rattan- und Bambusmöbeln geblieben; solcherlei herzustellen, liegt den Schrotteuren weit besser.

    Ich denke, im Winter werde ich Arbeit für Meister Bernhard haben, so mir nicht ein nähergelegener Kunsthandwerker zuvor unterkommt.

  2. Typ3Typ: Mach das und grüß schön 🙂

    Olpo: Da hast Du absolut recht, sowas handgefertigtes ist ein Kleinod! Die ZZR-Sitzbank habe ich jetzt 5 Jahre, und ich freue mich JEDES Mal, wenn ich sie angucke. Weil sie so gut ist, und so wertig, und weil sie speziell für mich gemacht wurde.

  3. Bilder: das läßt sich bestimmt irgendwie bewerkstelligen … und Bilder von Roller-Sitzbänken habe ich bei Bernhard bei grober Durchsicht nicht gefunden, vllt schließe ich mit meinem Auftrag ja eine Präsentations-Lücke … 😉
    Mir ist bloß ein ‘Motorradseminar’ dazwischengekommen, ich kann das Paket erst kommende Woche absenden.

  4. Darf ich mal erwähnen, dass Motorradsitzumbauten aus der Ferne nach meiner Einschätzung immer Moppelkotze sind, vor allem, wenn man was am Fahrwerk gemacht hat (Gapel durchgesteckt für Kleine, Heckhöherlegung für Große, etc.)?

    Am Besten ist, du kannst zum Umbauer fahren und das Anpassen lassen. Ich war dafür in Kiel und da geht das mit Termin mit Anreise am frühen Morgen, dem Anpassungszinober bis Mittag und dann haste frei bis frühen Abend und danach kann man mit der fertigen Bank auf der eigenen Maschine nach Hause fahren.

    Gibt bestimmt noch andere die das so machen (und ich finde man muss das IMMER so machen, ist wie mit der Brille, die lässt man sich ja auch vom Optiker machen und nimmt nicht etwas auf Ferne Produziertes) aber meiner war der hier und ist zu empfehlen:

    http://www.motorrad-sitzbank-kiel.de/

    1. Das ist cool! Das man an einem Tag die Komplettbehandlung bekommt, das höre ich jetzt zum ersten Mal!

      Ich bin ja sehr unbedarft an meine erste “Fern Beziehung” einer Sitzbank rangegangen und hatte sofort Glück tolle Arbeit zurück zu bekommen. Dass das auch ganz schön schiefgehen kann, weil man unpassenden Mist zurück erhält, habe ich erst später mitbekommen – eine Freundin hat bei einem großen Ausrüster ihre Sitzbank machen lassen und was zurückbekommen, auf dem sie keine 50 Kilometer sitzen kann.

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