Review: Inferno (2016) – IHR FEIGLINGE!

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„In den Siebzigern lebten auf diesem Planeten 4 Milliarden Menschen. In den Neunzigern 6 Milliarden. Heute fast 8 Milliarden. Und 2040 werden es 32 Milliarden sein“,

sagt der Bösewicht in „Inferno“ und holt damit den Zuschauer sehr greifbar in seine Problemwelt hinein. Seine Schlussfolgerung ist allerdings radikal: Um den Planeten und die Menschheit zu retten darf sie sich nicht mehr vermehren wie bisher. Das tut der Biologe noch kund, dann geht er mit gutem Beispiel voran und bringt sich um.

Kurz darauf wacht Prof. Langdon im Krankenhaus in Florenz auf. Er hat keine Ahnung was in den letzten Tagen passiert ist – nur, dass ihm jemand offensichtlich einen Minibeamer in den Hintern gesteckt hat, aus dem nun Dantes „Inferno“ projiziert wird. Im Gemälde sind Hinweise versteckt, die der Symbolologe natürlich sofort entziffert. Anscheinend hat der Wissenschaftler mit der Panik wegen des exponentiellen Wachstums der Bevölkerung eine Seuche entwickelt, die das eindämmen soll. Wo die Seuche freigesetzt werden soll ist in einer Schnitzeljagd in alten Kunstwerken codiert. Langdon folgt der Spur in einem Wettlauf gegen die Zeit von Florenz über Vendig bis nach Istanbul.

Soweit die Geschichte der Buchvorlage, kurz zusammengefasst. „Inferno“ ist leider kein gutes Buch, denn Dan Brown ist kein guter Schriftsteller. Seine Texte sind repetitiv, verseucht von Adjektiven und die Geschichten ergeben meist keinen Sinn. Aber: Er hat immer diese eine gute Idee, diesen einen Twist, der einen sofort ins Buch reinzieht und es nicht mehr aus der Hand legen lässt. Bei „Iluminati“ waren das Symbolmorde. In „Sakrileg“ war es die Story um Nachkommen von Jesus und den heiligen Gral. Und bei „Inferno“ ist es nun die Explosion der Weltbevölkerung in Kombination mit Dantes Vorstellung der neun Höllenkreise.

Ende 2016 erschien dann der Film mit Tom Hanks in der Hauptrolle, und der ist nun kolossal schlecht. Also nicht der Hanks, der sieht zwar mittlerweile aus, als wäre er in der Sonne geschmolzen, aber er macht seine Sache schon ganz okay. Nein, der Film nervt auf all den Ebenen, auf denen die Story des Buches im Medium Film brillieren könnte. Das fängt damit an, dass der Film genau die repetitiven Muster fährt, die das Buch so schlecht machen – und noch eine Schippe drauf legt. Denn Langdon leidet unter Kopfschmerzen und Halluzinationen, und das setzt der Film um, in dem es alle paar Minuten blitzt, fiept und farbige Schlieren übers Bild zieht, dass auch normale Zuschauer epileptische Anfälle davon bekommen.

War mir aber egal, ich habe trotzdem weitergeguckt. Ich wollte nämlich unbedingt wissen wie das Ende ausgespielt wird. Denn auch wenn Brown kein guter Geschichtenerzähler ist: „Inferno“ hat ein sehr, sehr mutiges Ende, das mich bis heute beeindruckt. Also dann der Abspann über die Leinwand lief, war ich erst einigermaßen fassungslos, dann wütend: DENN DIE FEIGLINGE HABEN IM FILM DER GESCHICHTE DAS ENDE GENOMMEN!

Spoiler voraus:

Im Buch ist der große Twist am Ende, dass Langdon trotz aller Bemühungen scheitert. Trotz aller Entbehrungen und Kämpfe und gelöster Rätsel, als er scheinbar in letzter Sekunde den Ausbruch der Seuche verhindert, stellt sich raus, dass die Schnitzeljagd ein Fake war. Tatsächlich wurde schon vor Wochen ein Virus freigesetzt, der in einer Pandemie ein Drittel der Weltbevölkerung unfruchtbar macht. Das Buch endet damit, dass Langdon in eine Zukunft blickt in der nicht mehr jeder Kinder haben kann, aber die Menschheit an sich eine Chance hat. Man stelle sich das vor! Brown traut sich seinen Helden verlieren zu lassen, für ein höheres Gut! All die Abenteuer, und am Ende stellt der Hauptcharakter fest, dass er Wochen zu spät kommt und die Welt sich schon radikal verändert hat!

GENAU DIESER TWIST ist es, der „Inferno“ als Buch bemerkenswert macht und für den es im Gedächtnis bleibt. UND GENAU DIESEN TWIST traut sich der Film nicht.

IHR FEIGLINGE!

Da wird gerungen und gerangelt und am Ende wird der Virus in letzter Sekunde Quarantäne genommen, und gut ist. Nichts passiert, Happy End. Bzw. auch nicht, denn Langdon hat zwar den Wettlauf gewonnen, aber das Problem der Überbevölkerung bleibt.

Was nicht bleibt ist die Geschichte von „Inferno“, denn die ohnehin mediokre Inszenierung wird auf die letzten Minuten vollkommen entwertet und profanisiert. Das macht den Film so banal, dass er seinerseits und verdientermaßen nicht im Gedächtnis bleiben wird. Ein schamvolles Stück Feigheit, dieses Machwerk.

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