Von manchen Personen findet man immer wieder Spuren in der Geschichte, auch wenn sie selbst gar nicht berühmt sind. Die Namen werden kurz erwähnt, verschwinden, tauchen an anderer Stelle wieder auf. Solche Personen scheinen keine bedeutende Rolle zu spielen, aber sie sind bei bedeutenden Anlässen zugegen oder lösen sie sogar erst aus. Diese Personen stehen nicht im Rampenlicht der Bühne der Geschichte, sondern etwas versteckt in den Kulissen. Sie sind Mentoren oder Schüler oder Kollegen, die tragende Nebenrollen spielen und Katalysatoren sein können.
Eine dieser Figuren ist Jacopo de´ Barbari. Er wurde in den 1460er Jahren in Venedig geboren und war Kupferstecher. So weit, so egal, auch zu seiner Zeit.
Interessant ist aber sein Arbeitsleben. Im Jahr 1500 reiste Barbari nach Norden und arbeitete in Deutschland als Hofmaler. Die Renaissance war in vollem Gang, und er wurde bekannt mit perspektivisch korrekten und fast fotorealistischen Bildern. Seine Arbeit hinterliess Spuren, und er prägte Menschen.
Am königlichen Hof zu Nürnberg traf Barbari auf einen jungen Mann, der ihn sofort sehr bewunderte und versuchte ihm nachzueifern. Der Name des jungen Mannes war Albrecht Dürer, aus ihm wurde später der bekannteste deutsche Maler der Renaissance. Ein anderer Fan Barbaris war Hans von Kulmbach, der ebenfalls später ein bedeutender Grafiker wurde.
Später war Jacopo de Barbari Hofmaler in Sachsen. Sein Nachfolger in dem Job wurde ein gewisser Lucas Cranach der Ältere.
Das bekannteste Werk Barbaris ist aber kein Gemälde, sondern eine Karte. Im Jahr 1498 setzte er sich hin und gravierte einen dreidimensionalen Stadtplan von Venedig. Diese Karte ist ein Meisterwerk. Sie ist perspektivisch korrekt und unfassbar detailliert – jedes einzelne Haus der Stadt ist auf dem Plan maßstabsgetreu wiedergegeben. Da sich in Venedig selten etwas ändert, ist der Plan auch heute noch in weiten Teilen korrekt.

Wahnsinn: Auf der Barbari-Karte ist das Gebäude eingezeichnet, in dem ich 512 Jahre später übernachtet habe. Ok, vielleicht ist es nicht das selbe Haus, aber zumindest steht es am gleichen Fleck.
Ich finde die Barbari-Karte fasziniered. Irgendwann hatte ich die in einem Buchgesehen und mich voll in sie reinverliebt. Bei meinem ersten Besuch in Venedig hatte ich das Glück eine Reproduktion in einem Geschäft für Künstlerbedarf ergattern zu können. Nicht in Originalgröße, aber immerhin fast einen Meter breit und einen halben Meter hoch. Schon deshalb war es schwierig, die Karte unverknickt im Rucksack über die Alpen zu bringen. Seitdem verreise ich nur noch mit einer Dokumentenrolle im Gepäck.
Wieder zu Hause nahm ich mir vor, das schöne Stück zu Rahmen und an die Wand zu hängen. Leider kam dann schnell die Ernüchterung: Rahmen in der Größe sind Maßanfertigungen, und ein Geschäft hier vor Ort schrieb was von 200 bis 300 Euro in den Kostenvoranschlag. Irgendwann, sagte ich mir, wenn ich mal zu viel Geld hätte, würde ich einen Rahmen für die schöne Karte machen lassen.Leider kam der Tag nie. Seit 2012 lag die Barbari-Karte im Regal. Fünf Jahre lang fiel regelmäßig mein sehnsüchtiger Blick darauf. Wie gerne hätte ich die an der Wand gehabt!
Dann stolperte ich dieser Tage über ein glattgestreamtes Hipster-StartUp-Onlinedings mit dem komischen Namen http://www.perfekte-bilderrahmen.de
Auf der schicken Website kann man sich einfach einen Wunschrahmen zusammenklicken, eine Schreinerei in Merseburg stellt den dann her und versendet ihn, das ganze für überaus kleines Geld. Der Trick, um die Kosten gering zu halten: Statt echtem Glas verwenden die dicke Acrylfolie. Das ist mir sehr recht, denn dadurch ist der Rahmen federleicht und hält sogar an meinen maroden Rigips-Wänden.
Nun hat sie endlich einen Platz an der Wand, die Barbari-Karte, und Jacopo de´ Barbari hat eine weitere Spur in der Geschichte hinterlassen – meiner Geschichte.
Kein einziger Kommentar? Dann mach‘ ich einen.
Sammle schon Jahr- und Tag alte Lexikas. Die, aus dem 17./18. Jahrhundert haben Farbtafeln, welche mich bis heute faszinieren, da diese fast dreidimensional wirken. Ich habe mir sagen lassen, daß es Bromölsilberdrucke wären, extrem aufwendig und detailreich. Als ehemals gelernter Setzer und Drucker gehen mir auch plakativ große und gute Drucke sehr nahe.
Thanks für den Link mit großen Rahmen. Ich habe solch „Flatscher“ von Stammbäumen (jaaa, alle sehr zahlreich und produktiv, gingen aber noch arbeiten) in der Pappröhre. Das könnte ich jetzt auch angehen, bevor es eventuell mal die Erben tun.
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Auf Dich ist Kommentartechnisch wenigstens verlass, danke! Du bist Setzer und Drucker? Sehr cool. Ich kenne einen alten Buchbindermeister, das war alles noch Handwerk, was ihr gemacht habt.
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Ja, man muß vom Handwerk auch leben können (grins) und von DEM nur, wenn man ständig im Museum oder Handwerkstagen zeigen dürfte, was Gutenberg erfunden hat.
Leider ist das Anno Schnupftabak, die Entwicklung ging rasch weiter und durch Verbreitung von Computern ist es heute fast jedem möglich, typografische Verbrechen zu begehen.
Im sozialen Bereich hatte ich dann mein Ein/Auskommen gefunden.
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Na dann wollen wir mal nicht so sein und auch einen Kommentar schreiben! Bislang haben wir uns nur still gefreut. Wir sind voll begeistert von der Komposition Bild/Tischdecke. So edel und so geschmackvoll, unsere herzliche Gratulation, das ist gelungen.
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