Abendessen auf der LKW-Rampe

Abendessen auf der LKW-Rampe


Meine Italienischlehrerin arbeitet bei einem Importeur italienischer Delikatessen. Das Unternehmen beliefert Restaurants und Geschäfte mit Dingen, die man sonst nur in Italien bekommt. Sardellenwasser von der Amalfitana, Pecorino aus der Toskana, Pasta aus den Marken – alles von kleinen Bauernhöfen und Familienbetrieben. Schon vor ein paar Jahren habe ich angefangen, diese Lieferanten zu besuchen – die Metzgerei Falorni in Grewe gehört genauso dazu wie die Käserei von Dottoressa Lara. Der Besuch dieser Betriebe gehört zu den schönsten Reiseerinnerunen. Ich habe da viel gelernt, was die Wertschätzung von Lebensmitteln angeht.

Und nun hatte ich die Chance den Importbetrieb mal von Innen zu sehen. Vor zwei Jahren sind die umgezogen, in ein ehemaliges Logistikzentrum der Telekom. Die hatte kurz nach der Fertigstellung eines riesigen Gebäudes festgestellt, dass sie es gar nicht braucht. Fortan stand es da unbenutzt rum, in seinem Inneren ein gigantisches Hochregallager. Ein Teil ist vollautomatisiert – Roboterarme ziehen Kisten aus den Regalen, bringen sie an eine Kommissionierstation und fahren sie wieder weg. In einem anderen Teil flitzen Menschen mit Rechnergesteuerten Gondeln an den Regalen entlang und entnehmen Ware aus den bis zu 10 Meter hohen Regalen.

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Als der Importeur da eingezogen ist, mußte die ganze Anlage einem Retrofit unterzogen werden. Telefonen und Kabeln ist es egal wie sie gelagert werden, aber Lebensmittel müssen in einer bestimmten Reihenfolge aus den Regalen genommen und verschickt werden. Entweder FIFO (First in, First out – was zuerst reinkommt, geht auch als erstes raus) oder FEFO (First expires first out – was zuerst abläuft, muss als erstes raus).

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Die Umprogrammierung der riesigen Lagermaschinen war nicht einfach, weil die Komponenten schon sehr alt sind und kaum ein Programmierer deren Sprache noch beherrscht. Aber mit Geduld und VIEL Geld hat es dann doch hingehauen, heute lagern fast 3.000 unterschiedliche Artikel in der alten Maschine.

Brandneu ist eine Kälteanlage, die die große Halle trotz Fensterfronten 12 Grad kühl hält – ohne mördermäßig Energie zu verbrauchen. Möglich wird das durch neueste Klimatechnik und einen Pool im Keller des Gebäudes. Das Wasser dort unten ist ein großer Kältespeicher, über den die Luft aus der Halle zirkuliert und sich abkühlt.

Wo ich schon mal da war, lies sich der fast 80jährige Seniorchef des Unternehmens nicht lumpen und kredenzte Focaccia nach Rezept seines Heimatorts Pietre Liguria, dazu Pecorino, Ziegenkäse, Feigenmostarda, Salami, Corizo, gefüllte Tomaten und dazu sizilianische Weine mit den kuriosen Namen “Halleluja” und “The Cure”. Daran merkt man, dass die von ehemaligen Musikern gekeltert werden.

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So kam es zu einem Abendessen auf der LKW-Rampe des Warenausgangs. Ein kurioser Abend. Aber lehrreich.

Übrigens kommen viele Lieferanten des Importeurs Ende Mai nach Göttingen. Auf dem Firmengelände bauen sie Pavillions auf, und als Besucher des “Food Festivals” kann man von Stand zu Stand laufen und dort alles probieren. Noch gibt es Tickets – wer in er Nähe ist, sollte sich diese einzigartige Gelegenheit nicht entgehen lassen.
Hier geht es zum Festival.

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