Medienschau

Neues aus Italien

Der Krieg in der Ukraine saugt ja gerade alle Nachrichten auf, dabei passieren auch woanders wichtige Dinge. In Italien, zum Beispiel. Die Nachrichten von dort bekomme ich noch aus einer gewissen Verbundenheit mit, und zwei fand ich bemerkenswert und unterberichtet.

Bei den Touristen in Südwestitalien ist gerade roter Alarm, weil die nicht mehr machen können was sie wollen. Zumindest nicht mehr an der Amalfiküste. Wie sehr die mir auf den Sacque geht, hatte ich ja unter anderem HIER beschrieben.

Von wegen „Amalfiküste duftet alles nach Zitronen während man über Traumkurven saust“ – Das ist Romantik aus den frühen 90ern. Die Amalafiküste heute, so wie ich sie bislang stets erlebt habe, ist ein nach Abgasen stinkendes Verkehrschaos, über die sich eine endlose Blechlawine im stop-and-go quält.

„Stimmt ja gar nicht!“ musste ich mir daraufhin wiederholt anhören.

Nunja. Anscheinend sehen die Behörden das ähnlich wie ich, denn vom 15. Juni bis 30. September gibt es nun im gesamten August und an allen Wochenende eine Regelung, die besagt, dass die Amalfitana für die Hälfte des Verkehrs einfach gesperrt wird. An einem Wochenende dürfen nur Fahrzeuge mit einem geraden Kennzeichen fahren, am nächsten Tag dann die mit einem ungeraden. Das gilt auch für ausländische PKW und Mietwagen, nicht aber für Motorräder.

Ich warte auf Berichte über FDP-Wähler, die mit der Polizei in Konflikt geraten sind, weil sie „fReiHEit!!!!“ jodelnd am verkehrten Tag mit ihrem Porsche über die Küstenstraße juckeln wollten.

Alles so schön weiß hier

Neulich eine Karte von Italien mit der Verteilung der Bodentemperatur gesehen. Wenig rot, viel weiß. Automatisch gedacht „ach, guck, ist ja gar nicht so warm“. Tja. Pustekuchen.

Hitze auf Landkarten wird in den Abstufungen grün-Orange-rot-dunkelrot-lila-schwarz angezeigt. Dunkler als Schwarz geht nicht, und wenn es noch heißer wird, fängt man am anderen Ende des Spektrums wieder an. Folgerichtig kennzeichnen weiße Flächen eine Temperatur des Erdbodens von 55 Grad Celsius und mehr. Mit Ausnahme der Berge ist fast ganz Italien gerade weiß. Das Land verbrennt.

Als wäre das nicht schlimm genug, hat es in manchen Regionen SEIT DEZEMBER nicht mehr geregnet. In der Folge sind manche Flüsse nahezu versiegt. Selbst der mächtige Po führt so wenig Wasser, das an seiner Mündung das Meerwasser in das Flussbett drückt und das Meer ins Land fließt. Wo das passiert, wird der Boden auf hunderte Meter links und rechts versalzen. Da wächst nichts mehr. Das Salzwasser drückt auch ins Grundwasser und verseucht das.

Die Po-Ebene ist normalerweise grün und fruchtbar und sehr wasserreich, weshalb von dort 50% des gesamten Reis kommt, der in der EU produziert wird. Ungefähr 70 Prozent davon wird wohl dieses Jahr ausfallen. Abgesehen vom fehlden Weizen aus der Ukraine fehlt also auch eine enorme Menge Reis. In Italien spricht man schon von einer biblischen Katastrophe und verlegt sich aufs Beten. Vermutlich zu recht. Klimawandel ist real und nicht aufzuhalten.

Keine schönen Nachrichten.

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AlarmAlarmAlarm!!!

Deutschland im Jahr 2017: Der Mittelstand bekommt Publikationen auf Papier, die roten Alarm ausgerufen, weil Elektromobilität nicht von alleine wieder verschwindet. Nun wird das Ende der Zulieferer herbeifantasiert.

Gerade so, als bräuchten Elektroautos kein Fahrwerk, keine Sitze, usw. Aber wer ist eigentlich Schuld am Niedergang des deutschen Wohlstands? Ganz klar: Ein arglistiger Widersacher von Außen!

Zitat aus dem Artikel:

„In diese einträchtige Partnerschaft (aus Zulieferern und Automobilherstellern, Anm. S.), (…), griff plötzlich ein arglistiger Widersacher -nämlich die EU- von Außen ein. Im Namen der Umwelt stand von heute auf Morgen alles, was gestern noch als gut galt, als Gesundheitsschädling unter Generalverdacht: die Abgase der Fahrzeugantriebe mit Verbrennermotoren“

WTF?
Wenn ich sowas lese, kriege ich Blutdruck. „Der deutsche Mittelstand geht unter, weil sich die Ökos von der EU urplötzlich in alles einmischen müssen“, will uns dieser Artikel weißmachen.
WAS. Für. Ein. Müll.

An diesen Sätzen stimmt irgendwie gar nichts.

Zunächst mal: Was hier als „einträchtige Partnerschaft“ hochgejubelt wird, ist spätestens seit Zeiten von Ignacio Lopez ein erbittertes Erpressungsspiel, bei der die Autokonzerne die Zulieferer in Daumenschrauben halten. Das hat u.a. dazu geführt, dass die Zulieferer nun auch mit Elektrostartups arbeiten – man kann sich von Zulieferern quasi ein komplettes Auto liefern lassen, lediglich der Motor muss woanders herkommen.

Der Rest des Zitats ist eine einzige Frechheit. Abgase aus Verbrennermotoren galten NIE als Gesund, und die EU hat sich auch nicht von heute auf Morgen in Grenzwertfestsetzung eingemischt, sondern erst, als die Mitgliedsstaaten den Arsch nicht hochbekamen.

Solche Artikel sind ärgerlich, aber leider im Moment nicht selten. Der SPIEGEL hat in letzter Zeit auch in einer Reihe von Beiträgen versucht dazulegen, warum Elektroautos jetzt doch nicht soooo sauber sind. Aber der SPIEGEL schreibt auch gegen Windkraft, wenn in Sichtweite vor der Pferdekoppel des Chefredakteurs ein Windrad gebaut wird.

Deppen. Mehr fällt mir dazu nicht ein. Der Tod der Verbrennungsmotoren ist nicht auzuhalten, und Elektromobilität eine Riesenchance für den deutschen Mittelstand. Ich glaube, der hat das in der Tat auch schon mitbekommen – egal, was die Printhefte schreiben. In Deutschland. Im Jahr 2017.

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IBES 2015

Die 2015er Staffel von IBES: Ähnlich spannend wie die 2015er Staffel von IBES: Die Grünpflanze in meinem Büro.

Ähnlich spannend wie die 2015er Staffel von IBES: Die Grünpflanze in meinem Büro.

Ich verachte ja Unterschichtenfernsehen, bei dem es meist nur darum geht die Sendezeit durch das Vorführen unzurechnungsfähiger und unmündiger Menschen unterer sozialer Schichten zu füllen. Sowas bedient die niedersten Instinkte des Publikums, dem dadurch auch gesellschaftspolitisch eine Ruhigstellung nach dem Motto „Guck, auf die Deppen im Fernsehen kannst Du runtersehen“ verpasst wird.

„Ich bin ein Star, holt mich hier raus“ (Abgekürzt: Dschungelcamp oder #IBES) ist da anders. Hier sind die Opfer geltungssüchtige Selbstdarsteller, die sich sehenden Auges und weil es IHR BERUF ist vorführen lassen. IBES ist dabei kein schnell hingeschludertes Proletariats-TV, sondern eine sorgfältig geplante, sehr wertig umgesetzte und intelligent erzählte Produktion, die als Show gleich mehrfach funktioniert:
– Exhibitionismus, auf mehreren Ebenen: „Prominente“ begeben sich freiwillig und sehenden Auges in ein Sozialexperiment, bei dem bestenfalls Gefühle und Brüste, Nerven und Hoden blank liegen.
– Schadenfreude: Ebenfalls auf unterschiedlichen Ebenen, vom simplen „Die Tussi fällt ins Wasser“ bis hin zu „Der redet sich gerade um Kopf und Kragen und demontiert sich selbst.
– Genugtuung: Gerade wenn man die „Prominenten“ nicht leiden kann, ist es geradezu kathartisch sie leiden zu sehen . entweder körperlich oder bei Clash mit anderen Teilnehmern.

So richtig funktioniert alles aber nur, wenn sich die Persönlichkeiten aneinander reiben oder, besser noch, kollidieren.
Das die 2015er-Auflage in dieser Hinsicht die vorangegangene Staffel toppen könnte hatte im Vorfeld niemand ernsthaft erwartet. Zu großartig war der Jahrgang 2014, der mit einer Vollverrückten (Larissa Marolt), einem Überpapa (Jochen Bendel), einem Größenwahnsinnigen (derdiedas Wendler) und einem grantelnden Choleriker (Winfried Glatzeder) aufwarten konnte. Star und am Ende verdiente Dschungelköninigin war die Leipzigerin Melanie Müller, die den Pragmatismus und die Cleverness einer Elektrotechnikerin, den Körper eines Pornostars und den Tonfall einer Feldwebelin mitbrachte. Sie beeindruckte mit entwaffnender Ehrlichkeit und Bodenständigkeit und war am Ende die authentischste Person im Camp. Absurd, bedenkt man, dass an der öffentlichen Figur Melanie Müller nichts echt ist, nicht mal die Brüste.

Tatsächlich ist es diese Authentizität und Ehrlichkeit, die der aktuell laufenden Staffel das Genick bricht. Die Sendung ist immer dann am Besten, wenn die Realitätsblasen, die die „Stars“ um sich herum geschaffen haben, mit der Wirklichkeit kollidieren. IBES lebt davon, dass sich die „Stars“ selbst demontieren und bestenfalls sogar ihrer Selbstillusion beraubt werden. In diesem Jahr passiert das nicht. Diesmal sind alle Teilnehmenden ausnahmslos von Beginn an authentisch und größtenteils illusionslos im Camp unterwegs. Walter Freiwald bettelte schon zu Beginn der Staffel öffentlich um einen Job und weiß, dass er ein abgewrackter 60jähriger ohne Karrierechancen ist. Angelina begriff recht früh, dass das Sozialexeperiment nichts für sie ist und flüchtet sich heulend in die Arme von Mutti. Sie nahm aus dem Dschungel die Erkenntnis mit, ein verwöhntes und egoistisches Mädchen zu sein. Ein vermutlich folgenloser Selbstfindungstrip ohne jeglichen Unterhaltungswert.

Das das Camp keine starken Charaktere hat ließe sich vielleicht noch verkraften, wenn die Personen wenigstens im Wettstreit um den Titel des Dschungelkönigs oder der Dschungelkönigin stünden. Melanie Müller war, bei aller Bodenständigkeit, ehrgeizig und vom festen Vorsatz beseelt die Show zu gewinnen. Die jetzige Besatzung legt keinen Funken Ehrgeiz an den Tag. Das Gewinnen interessiert die Beteiligten, mit Ausnahme von Walter, schlicht nicht. Aurelio hat keinen Bock dafür was zu tun, weil der erste Platz mit nichts anderem dotiert ist als Ruhm und Ehre.

Bei den anderen ist es ähnlich – die sitzen einfach bloß ihre Zeit ab, um am Ende die ausgehandelte Gage und die Screentime mitzunehmen. Um nichts anderes geht es den Insassen – irgendwie die Zeit rumkriegen, sich dabei möglichst wenig gegenseitig auf den Sack gehen und dann heim zu Mutti, Frauchen oder Männe. Kein Essen, weil zu doof die Prüfung anzutreten? Ach, was soll´s. Walter pöbelt rum? Egal, fünf Minuten später entschuldigt er sich. Selbst die im Vorfeld als Favoritin gehandelte Sarah Kulka hielt sich so sehr zurück, dass sie nur als „die andere Blonde, der man am liebsten den Mund mit Seife auswaschen wollte“ in Erinnerung bleiben wird.

Die Campteilnehmer sabotieren damit die Show. Nun kann man es auf einer Metaebene gut finden, wenn die bestellten Tanzaffen halt nicht nach der Pfeife der Regie ihre Nummer bringen, sondern das Konzept der Sendung ins Wanken bringen. Sie tun es aber leider nicht durch aktive Rebellion, durch das Rütteln an Gitterstäben, sondern schlicht, in dem sie sich gottergeben dem System fügen. Sie machen halt das Nötigste, wenn etwas von ihnen verlangt wird, aber bloß keinen Handschlag mehr. Sie wursteln sich so durch, wollen aber eigentlich nur ihre Ruhe und ihr Auskommen.

Exakt so lebt die Mehrzahl der Menschen ihr alltägliches Leben, und bei dieser Art langweiliger Durchwurstelei ohne Unterhaltungswert würde auch keiner freiwillig zugucken, geschweige denn eine Fernsehsendung daraus machen. Auf ihre Art sind die „Stars“ 2015 so unaufregend wie der Nachbar aus dem Reihenhaus, dem man beim Ansparen seines Bausparvertrags zusieht. Dabei sind sie aber unterschwellig noch unsympathischer als z.B. der Wendler, Georgina Fleur oder Helmut Berger. Die leben halt in ihrer eigenen Welt lebt, in der sie die Größten sind und es verdienen, mit Ruhm und Glanz im Rampenlicht zu stehen. In Aurelios Welt geht es nur darum, miesepetrig guckend Zeit abzusitzen, um von der Gage eine Kampfhundfarm eröffnen zu können. Würg.

Mit Walter verliess nun der einzige das Camp, der in der ganzen Staffel zumindest interessante Ansätze in Punkto grassierendem Wahn und Ambition gezeigt hat. Die verbliebenen Teilnehmerinnen und Teilnehmer sind nun so egal, dass es schlicht keine Rolle mehr spielt in welcher Reihenfolge sie rausfliegen bis Maren Gilzer Dschungelkönigin wird (In schlechten Staffeln hat das Publikum ein Herz für alte Damen, ich nenne das den „Van Bergen-Bonus“).

Von daher sollte man die 2015er Staffel als egal abhaken und sich auf 2016 freuen, auf das hoffentlich wieder ehrgeizige Selbstdarsteller mit großen Egos und noch größeren Illusionen gecastet werden. Bis dahin kann man sich Staffel 8 noch einmal ansehen und die Erkenntnis mitnehmen, dass geerdete Typen in Massen dem Dschungelcamp einfach nicht bekommen.

Für Frau Zimtapfel

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Turn my Radio on

Fünf Minuten Nachrichten im Radio gehört, Kotzen gekriegt:
– Die Europäische Zentralbank will jetzt jeden Monat für 60 Millionen MILLIARDEN Euro Staatsanleihen aufkaufen, während erste Länder (Frankreich, Deutschland) überlegen den Mindestlohn runterzusetzen. Und warum? Um den KONSUM anzukurbeln. Ich habe den Finanzmarkt-Kram noch nie zur Gänze verstanden, aber wenn ich sowas höre weiß ich nicht was mit mir nicht in Ordnung ist. Ich denke nämlich tatsächlich, dass es sinnvoller wäre die 60 Millionen MILLIARDEN unters Volk zu bringen. Hey, wenn man MIR so viel Geld geben würde, ich würde konsumieren bis der Hugo qualmt.

– Die deutschen Krankenkassen haben finanzielle Probleme, u.a. wegen eines Medikaments: Es gibt eine neue Pille, die Hepathitis C heilen kann. Hep C, wie erinnern uns, fängt man sich in Südeuropa schon mal über Lebensmittel, zersetzt die Leber und war bislang unheilbar. Problem: Das neue Medikament ist unfassbar teuer, eine Dosis für vier Wochen kostet den Gegenwert eines VW Golf, ca. 25.000 Euro. Und warum ist das so teuer? Weil Hersteller im ersten Jahr die Preise frei festsetzen können.In diesem Fall argumentiert der Hersteller zudem, dass seine Pillen eine Lebertransplantation ersetzen, und deshalb genauso viel kosten sollten.
Pharamaindustrie.
WI. DER. LICH.

Aber es gibt auch eine schöne Nachricht: Armin Maiwald, der Erzählonkel von der Maus, wird 75. Und denkt nicht ans aufhören. Herzlichen Glückwunsch!

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Wetten, dass…?

Oh, „Wetten, dass…?“ wird eingestellt.
Hm-Hm.
Soso.
Naja. Ich muss zugeben, dass ich das schon sehr, sehr lange nicht mehr komplett gesehen habe, allenfalls Ausschnitte. Das liegt an drei Dingen:

1. Habe ich generell an Samstag Abenden Besseres zu tun
2. Das biedere und langsame Konzept der Show. Das einzig spannende waren lange Zeit die Wetten – bis zu dem Spungfederunfall, danach wurde alles bis zur Schläfrigkeit entschärft und damit zum Teil unspannend.
3. Den un-er-träglichen Moderatoren. Gottschalk konnte einfach nicht aufhören und war am Ende nur noch ein mild verwirrter, oft peinlicher Herrenwitz, der von seinen Assistentinnen in der Bahn gehalten werden musste. Gottschalk trägt aber wenigstens Entertainment im Blut, anders als Markus Lanz. Der ist leider so unterhaltsam wie ein Aktenordner, und ihm dabei zuzusehen wie er im Rektum der Promis verschwand verursachte körperliche Schmerzen. Aber das ist das Lanzprinzip: Abliefern von Feelgood-Luftnummern, die bis zur Irritation sinnfrei sind.

Ich trauere der Show nicht wirklich hinterher, dazu ist sie mir zu egal. Ich hätte es aber gerne gesehen, wenn man einen mutigen Neuanfang gewagt hätte, mit einer Barbara Schöneberger oder Ina Müller als Moderatorin. Stattdessen versenkt das ZDF lieber das Showschiff „Wetten, dass..?“ als den Kapitän Lanz auszutauschen. Denn das hieße ja sich einzugestehen, dass der von Anfang an eine absolute Fehlbesetzung war. Die Zuschauer zu schelten und ihnen mangelndes Interesse vorzuwerfen ist da wohl einfacher.

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Hoeneß-Hoeneß-Hoeneß

Hoeneß-Hoeneß-Hoeneß auf allen Kanälen, in allen Blättern,sogar als Liveticker neben dem Logo des Fernsehsenders. Hoeneß-Hoeneß-Hoeneß im Internet, auf allen Portalen ganz oben. Hoeneß-Hoeneß-Hoeneß hat 3,5, nein 18,5, nein 23 Millionen Euro Steuern hinterzogen, Hoeneß-Hoeneß-Hoeneß, den Edmund Stoiber als Freund bezeichnet, den er in schweren Zeiten nicht im Stich lässt. Hoeneß-Hoeneß-Hoeneß, überall Hoeneß-Hoeneß-Hoeneß.

Kleine Erinnerung: Das ist nicht wichtig.

Wieviel Steuern ein bayerischer Manager hinterzogen hat spielt ÜBERHAUPT KEINE ROLLE.

Wichtig sind Fragen wie: Wie geht es auf der Krim weiter? Wie können wir Europa gestalten? Und: Wie schaffen wir es, die allumfassende Kontrolle der Geheimdienste zu brechen? DAS sind die wichtigen Fragen, nicht die nach den Erdnüssen eines aufgequollenen Wurstfabrikanten. Ich wünschte, auch nur EIN Medium hätte den Arsch in der Hose die Niete in Nadelstreifen zu ignorieren und dem Gatekeeper-Selbstverständnis gerecht zu werden und ein anderes Agenda-Setting zu betreiben.

Aber nein, Hoeneß-Hoeneß-Hoeneß.

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Einmarschiert

Einmal kurz Nachrichten hören reicht dieser Tage ja schon wieder für heftige Lachanfälle.

Verkehrsminister Dobrindt kündigt mit seriösestem Gesichtsausdruck an, jetzt aber wirklich mal die Deutschen ins Interweb zu bringen, und dafür eine „Netzallianz“ gründen zu wollen. „Allianzen“ sind Neusprech aus Schwarz-/Gelben-Zeiten und bedeuten, dass man keinerlie Kohle für irgendwas asuzugeben gewillt st, und sich statt dessen mit den großen Unternehmen hinsetzt und Kaffee trinkt und dann darauf hofft, dass ich alles irgendwie von allein regelt. Tut es natürlich nicht, ist aber genau das Aktivitätslevel, was man von Mutti Merkel erwartet: Eisenhartes, brutalstmögliches Abwarten. Weil´s ja in der Vergangenheit schon so gut geklappt hat, weshalb die Bundesrepublik aktuell in Punkto Netzausbau hinter Ungarn und knapp vor der Slowakei oder Russland liegt. Ohne Scheiß.

Genau diese Haltung kommt natürlich auch bei der Krim-Problematik zum Tragen. Das man gar keine ernsthaften Sanktionen gegen Russland als wichtigen Gaslieferanten einleiten kann, dürfte sich ja schon rumgesprochen haben. OK, bis zu den Schergen von SPIEGEL Online, die allen Ernstes ein militärisches Eingreifen fordern und was vom Import von Flüssiggas per Schiff aus Afrika fantasieren, aber wer weiß, ob die nicht vor der Niederschrift andere Flüssignahrung zu sich genommen haben.

Der richtige Lacher kommt aber von unseren Sportlern in Sotchi. Ich musste wirklich laut loslachen, als eine junge Frau, die zur Eröffnung der Paralympischen Spiele die Fahne tragen darf, mit dem üblichen bayerischen Zungenschlag, der für Athleten anscheinend Pflicht ist, ins Mikrofon brunzte:

„Es ist eine Ehre, hier für´s Vaterland einzumarschieren.“

Das ist der Beweis, dass es nicht nur auf den Inhalt ankommt, der technisch ja richtig sein mag, sondern auch auf die Verpackung in sorgfältig gewählte Worte.

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ADAC-Bashing

Ich finde es nachgerade unerträglich wie gerade auf den ADAC eingeprügelt wird. Anlass des Ganzen war ja, dass sich ein Mitarbeiter die Abstimmungszahlen zum „Auto des Jahres“ aus dem Hintern gezogen hat.

Natürlich geht das nicht, der Mann gehört gefeuert, und eine öffentliche Entschuldigung ist auch angebracht. Das ist tatsächlich auch passiert, aber was dann folgte, ist bemerkenswert: Nahezu jedes Medium, ganz vorneweg der SPIEGEL, berichtete in geradezu tendenziöser Weise über die „Machenschaften“ des Vereins. Der Vorstand wurde zu Terminen mit Helikoptern geflogen! Mitarbeiter sollen Pannenopfer überteuerte Batterien aufgeschwatzt haben! Skandal! Skandal!
Natürlich nutzten die üblichen Verdächtigen aus der Politik, insb. Herr Seehofer, dass Kielwasser der Berichterstattung, um gleich mal sowas wie die Verstaatlichung des ADAC zu fordern.

Das zeigt vor allem eines sehr deutlich: Der ADAC ist mächtig. So mächtig, dass die Medien anscheinend alle noch mindestens eine Rechnung mit ihm offen haben, und sie nutzen die Gelegenheit, um mal ordentlich loszudreschen. Er ist sogar so mächtig, dass er Politikern auf den Sack geht, die ihn deshalb gerne unter der eigenen Kontrolle hätten. Letzteres überrascht nicht wirklich, der ADAC ist halt die Autofahrerlobby, so schlecht das auch ist, aber wenn die Damen und Herren Abgeordneten endlich mal die Gesetze zur Korruptions- und Lobbyismusbekämpung durchbringen würden, die sie schon seit Jahren blockieren, hätte sich das Thema vielleicht auch schon erledigt.

Dennoch wird mir bald schlecht, wenn ich die Art und Weise der Berichterstattung sehe und wie sich jetzt an Kleinigkeiten hochgezogen wird. Ich habe es in der Vergangenheit schon hier kund getan und tue es jederzeit wieder: Der ADAC ist der einzige Verein, bei dem ich stolz bin Mitglied zu sein, obwohl ich ihn nicht selbst gegründet habe. Wer einmal gesehen hat, wie erleichert Menschen sind, denen der Verein mit seinen Rettungshubschraubern, Krankentransporten oder, ganz simpel, der Pannehilfe geholfen hat, der weiß was ich meine.

Und ehrlich gesagt ist es mir scheißegal, ob der Vorstand einen Hubschrauber, der gerade gewartet wurde und eh aus dem Verkehr ist, für Diensttermine nutzt. Das sehe ich nicht als Verschwendung von Mitgliedsbeiträgen. Falls es das doch ist, kann auch das Medien und Poltik egal sein: Es ist ein Verein, der kann tun und lassen was er will.

Ein letztes Wort noch zum Thema „teure Batterien“: Ich selbst habe meine 2011 verstorbene Batterie auch gegen eine ausgetauscht, die ich direkt am ADAC-Wagen gekauft habe. Ja, die Varta hat 10 Euro mehr gekostet als im Geschäft. Aber dafür hatte ich keine Lauferei, keinen Hassel mit dem Einbau und brauchte mich nicht um die Entsorgung der alten Batterie kümmern. Dafür habe ich eine Batterie bekommen, bei deren Werte die Werkstatt später staunte „wir haben noch nie eine mit so irre guten Werten gesehen“. Man bekommt also eine Dienstleistung UND ein hochwertiges Produkt für einen vernachlässigbaren Aufpreis. Und DAS soll jetzt ein Skandal sein? Kommt mal klar, SPIEGEL und Co.

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Kein Zusammenhang(?)

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Puppenjournalismus

Berlin: Fernsehgeräte der Marke „LG“ mit einem Internet-Anschluss haben Informationen über die Sehgewohnheiten der Nutzer an einen Server des Herstellers gesendet. Das hat der südkoreanische Elektronikkonzern eingeräumt. Die Daten können dazu verwendet werden, personalisierte Werbung auf dem Smart-TV zu ermöglichen. Das Unternehmen betonte, es habe sich nicht um personenbezogene Daten, sondern um Informationen zum Sehverhalten gehandelt. „LG“ will nun möglichst schnell eine aktualisierte Software-Version zur Verfügung stellen, die das Problem behebt.

(NDR Info, Nachrichten vom 22.11.13, 8.45 Uhr)

Oh wie ich es HASSE wenn die Nachrichten einfach die Pressemitteilungen nachplappern! Was der Kollege Redakteur in dieser nur mild umformulierten Pressemitteilung tut ist nichts anderes, als sie wie eine Sprechpuppe zu verhalten. Jemand anders sagt vor, er wiederholt es, mit nur homöopathischen Abweichungen.

Zu den Fakten: Was ist passiert? LG produziert „Smart TVs“, die einen Internetanschluss haben. Die Geräte empfangen darüber nicht nur Informationen wie Programmführer oder ähnliches, sie senden auch – und zwar was gerade geschaut wurde, wie lange, wann umgeschaltet wurde und wohin. Werden zugespielte Medien wiedergegeben, werden deren Namen und Format nach LG gemeldet. Der Nutzer, der das Verhalten des TVs entdeckte, testete mit einer Datei mit dem Namen „Midgetporn“, weil ihm gleich noch eine zusätzliche Dimension klar wurde: Natürlich wird auch nach außen weitergemeldet, wenn Nutzer sich Pornos oder sonstwas angucken.

Was will LG mit solchen Daten? Sie werten sie aus. Um auf der Bedienoberfläche des Fernsehers Werbung anzuzeigen. Im Ernst! Man gibt viel Geld für einen Fernseher aus, und der Hersteller schnüffelt einen damit aus, um mit WERBUNG ein zweites Mal an den Nutzern zu verdienen! Guckt jemand dauernd National Geographic, werden ihm Reisen angeboten. Sieht jemand regelmäßig Top Gear, dann Werbung für Autos. So ungefähr muss es laufen.

Im obigen Fall ist nun besonders ärgerlich, dass mit einem so sensiblen Thema so lax umgegangen wird. Mit nur zwei Minuten Recherche und der Investition von einmal kurz nachdenken kann man nämlich

1. zu dem Schluss kommen, dass der Satz von den „Wir übertragen keine personenbezogenenen Daten“ einen feuchten Pups wert ist. Alle modernen Geräte erfordern ein Nutzerkonto mit persönlicher Registrierung und ermöglichen mithin aus den übertragenen Daten eben doch Verknüpfungen zum einzelnen Zuschauer oder zumindest Haushalt ermöglichen.

2. Der Satz „aktualisierte Softwarefassung, die das Problem behebt“ vollkommener Schwachsinn ist, weil er impliziert, dass der Fernseher durch einen unbeabsichtigten Fehler oder ein Versehen in ein Schnüffelinstrument verwandelt wurde. Stattdessen war das pure Absicht, und jetzt, wo LG mit der Hand in der Keksdose erwischt wurde, werfen die Nebelkerzen.

Was lernen wir daraus?
1. Im journalistischen Tagesgeschäft haben unsere Gatekeeper weder Zeit noch Muße aus Fakten oder Pressemitteilungen eine Nachricht zu machen, in der die Inhalte stimmen und evtl. für zwei Cent auf Implikationen hingewiesen wird. (OK, DAS ist nicht neu.) und

2. Stelle Dir kein Gerät ins Wohnzimmer, was nach Außen kommunizieren kann. Letzteres wird sich im Laufe der Zeit kaum vermeiden lassen, aber man muss ja nicht jede neue Technik sofort umarmen. Natürlich kommuniziert selbst eine netzverbundene, 8 Jahre alte Spielkonsole schon mit dem Hersteller des gerade im Laufwerk liegenden Spiels. Allerdings werden dabei nur Telemetriedaten übertragen, was für mich OK ist.

Das heisst aber noch lange nicht, dass ich mir einen skyepfähigen Fernseher mit Mikro und Kamera ins Wohnzimmer stelle. Oder eine XBOX ONE, deren Sensoren Gesichtsregungen erkennen können sollen und deren Kamera angeblich durch Kleidung hindurch die Genitalien ablichten kann. Wer weiß, wohin diese Daten übertragen werden…

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Tagesschaum

Erinnert sich noch jemand an Friedrich Küppersbusch? Der hat in den Neunzigern in der ARD „ZAK“ gemacht, ein sehr schnelles Format, dass Aktuelles aus Zeitgeschehen und Kultur (Daher der Name) an der Grenze zur Satire präsentierte. Kpüppersbusch war der Star der Sendung, und ich habe später nie wieder jemanden gesehen, der auch nur im Ansatz seine Moderations- und Denkgeschwindigkeit, geschweige denn seine Vorbereitung in Interviews erreicht hat.

Nach ZAK kam „Privatfernsehen“, das mit Livepublikum und mehr Zeit nicht wirklich was anzufangen wusste, aber auch hier brillierte Küppersbusch in längeren Interviewsequenzen. Er lockte seine Gesprächspartner nicht mal unbedingt in Fallen, er stellte oft auch einfach nur Fragen, die so simpel waren, dass sie sonst keiner zu stellen wagte – und die oft nicht beantwortet werden konnten. Unvergessen die Szene, in der ein Spitzenfunktionär der deutschen Wirtschaft nicht erklären konnte, was die Bruttoverschuldung ist.

Dann wurde es still. 1997 zog sich Küppersbusch hinter die Kamera zurück und ist seitdem als Produzent tätig. Zudem schreibt er eine Kolumne in der taz und macht ein wenig Radio. Ich habe ihn vermisst – aber jetzt ist er wieder da!

Bis zur Bundestagswahl begleitet er uns im ersten deutschen Fernsehen bzw. dem WDR mit dem „Tagesschaum“, einem viertelstündigen Format. Vor minimaler Kulisse kommentiert er das Tagesgeschehen. Zur Redaktion gehört der von mir überaus geschätzte Stefan Niggemeier, und was die so produzieren, legt ein hohes Tempo an den Tag und stellt echte Ansprüche an die Zuschauer. Erfrischend, wo doch sonst im Fernsehen alles dreizehn Mal durchgekaut wird, bis auch der dümmste es verstanden hat. Nicht so hier, und zudem ist Tagesschaum sehr Meinungslastig, was allerdings Hand in Hand mit einem Bildungsauftrag daherkommt. Wenn in 60 Sekunden erläutert wird, wie Starbucks Steuern vermeidet oder wie der Stand der Piratenpartei ist, dann ist das große Kunst. Und genau zur richtigen Zeit, denn wo die etablierten Qualitätsjournalismusssendungen unreflektiert jeden Müll wiederkäuen, nimmt Tagesschaum eine Sonderstellung ein – wie in Amerika der Colbert-Report oder mim ZDF die heute-Show. Anscheinend braucht es Satiresendungen, um die Wahrheit zu berichten.

Tagesschaum, jeden Montag, Mittwoch und Donnerstag um 23.15 Uhr im WDR oder zeitsouverän auf Youtube.

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Prism, Tempora und Snowden

Ich war ja nur dreieinhalb Wochen weg, von der Nachrichtenlage ist das aber wie ein halbes Jahr gewesen. Meine Güte:

Das große Schlimme: Die A-Bombe
Die Amis und auch die Engländer bespitzeln alles im Internet, können direkt auf die Datenbanken der großen Service- und Cloudanbieter zugreifen und belauschen direkt in den Glasfaserknoten. Das hat ein junger Mann namens Edward Snowden an die Presse weitergegeben. Snowden ist selbst bei einem Dienstleister zur Datenanalyse dieses Traffics angestellt gewesen, nach seiner Enthüllung flieht er nun vor den amerikanischen Geheimdiensten.

Dieser Vorfall ist sowas wie die Bekanntgabe, dass es die Atombombe wirklich gibt und sie eingesetzt wird. Im Ernst. Nut übertragen auf die digitale Welt. Wenn zuvor jemand behauptet hat, dass die Geheimdienste alles mitlesen, wurde er zuallererst als Verschwörungstheoretiker belächelt. Die Geheimdienste? Die gleichen, denen einen Panne nach der nächsten passieren? Diese unfähigen Organisationen sollen Zugriff auf mein Apple- (Google-/Yahoo-/Micrsoft-)Postfach haben? Niemals? Diese Geheimdienste sollen alles mitschneiden? Haben die doch gar keine Kapazität für, und wenn doch, sind sie nicht in der Lage das auszuwerten.
Tja.
Haben sie doch. Tun sie doch. Können sie doch.
Keine Kommunikation im Netz, die nicht belauscht wird. Nirgendwo.

Für mich ist Edward Snowden der größte Held dieses Jahrzehnts, und möglicherweise muss man sich in Europa mit dem Gedanken anfreunden, dass die USA mit ihren Verbündeten anders zu sehen sind als als dicke Freunde.

An diesem Fall ist aber noch mehr Bemerkenswertes:

1. Der Umgang der Medien mit den Geschehnissen.
Erstaunlicherweise machen manche Medien nun Jagd auf Snowden, fühlen in seiner Vergangenheit und stellen ihn als Verräter dar, der die Sicherheit der westlichen Welt kompromittiert. WTF? Was stimmt denn bei denen nicht? Oder droht die NSA denen die Butze dicht zu machen, wenn sie anders berichten? Oder ist es so, dass die Journalisten nicht fähig und in der Lage sind, sich mit Prism und Tempora auseinanderzusetzen, und stattdessen lieber eine Homestory zur Person Snowden machen und ihn dabei zerreissen?

2. Der Umgang deutscher Politiker mit den Geschehnissen.
Sie wollen von nichts gewusst haben, in der deutschen Politik. Wer soll das denn glauben. Selbst die Belgier sollen Anfragen an die NSA gestellt und diese beantwortet bekommen haben. Sollten unsere Regierungspolitiker wirklich nichts von Prism gewusst haben, dann gehören sie wegen Unfähigkeit abgesägt. Haben sie davon gewusst, dann gehören sie abgesägt, weil sie die Rasterung unserer Daten zugelassen haben.

3. Der Umgang mit Snowden.
Das ist wirklich schlimm: Der Mann sitzt wer-weiß-wo und hofft auf die Gnade eines Staates wie Ecuador für Asyl. Wie schlimm ist das denn? Warum hat kein europäisches Land den Arsch in der Hose, diesem Mann, der der Freiheit der Menschen einen unschätzbaren Dienst geleistet hat, aufzunehmen und zu schützen? Stattdessen machen wir ein schlechtes Beispiel für nachfolgende Whistleblower: Wenn Du der Welt was mitzuteilen hast, bring Dich daraufhin gleich um – denn niemand wird etwas mit Dir zu tun haben wollen.

4. Die fehlende Empörung.
Wo bleibt die? Wo geht der Sturm durchs Netz? Stattdessen herrscht eine „Ham wa ja schon immer jewusst“-Einstellung vor. WTF? NEIN, haben WIR NICHT. Bis vor Kurzem wurde man dafür belächelt!

In der Summe alles sehr, sehr schlimm was da läuft. Da kann jetzt die Staatsanwaltschaft Karlsruhe eingeschaltet werden oder Politiker plakativ Aufklärung fordern – hier hat nicht irgendein einzelner eine Verfehlung begangen, hier ist ein kein Fehler passiert, sondern hier ist bewusst System ausser Kontrolle gebracht worden. Europa ist gut beraten, sich unabhängiger von den USA zu machen, die Briten ziehen zu lassen und sich eine souveräne Infarstruktur unter demokratischer Kontrolle aufzubauen.

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Babyboomer als Feindbild

Früher waren die Alten pragmatisch und die Jungen idealistisch.
Heute sind die Jungen desillusioniert. Sie wagen es nicht einmal mehr zu kämpfen.
Es ist absurd: Während die Jungen vor der Zeit altern, genießen die Alten die Privilegien der Jugend – Unbekümmertheit und Unvernunft.

Einen interessanten Text hat die ZEIT da zusammengeschrieben. Es geht um die Generation der Babyboomer, die Generation von Menschen, die Mitter der 50er bis Mitte der 60er geboren wurden. Sie, so suggeriert der Text, waren schon immer viele, mussten nur im Strom schwimmen, kennen keinen Widerspruch. Sie verachten die Alt-68er, profitieren aber von deren Leistungen, während sie gleichzeitig den Sozialstaat zurückbauen und kommende Generationen kleinhalten. Dafür lässt ihre eigene Generation es richtig krachen: Besetzt wichtige Posten bis ins hohe Alter und stellt Demographie und Erbverhalten komplett auf den Kopf. Anstatt am Lebensende den Stab (und das Vermögen) an die nächste Generation weiterzureichen, werden die Babyboomer aller selbst verkonsumiert haben, erst für Luxus, dann für Ihre Gesundheit.

Money Quote:

Zu jeder Zeit ihres Lebens profitierten sie von gut finanzierten Staatsprogrammen: Als sie jung waren, wurden für sie die Universitäten ausgebaut, das Bafög wurde erfunden. Als Berufstätige freuten sie sich über massive Steuersenkungen. Als Ältere kommen sie in den Genuss eines historisch einmaligen Versorgungswesens. Zum Dank haben sie den Staat zurückgebaut, wo sie nur konnten.

Sicher ist: Wir Jüngeren werden länger und mehr arbeiten müssen für weniger Geld. Wenn die Babyboomer in Rente gehen, werden wir höhere Steuern und Sozialabgaben zahlen, aber selbst später kaum mehr als eine Grundsicherung erhalten. Wir werden uns abrupt der Realität des Klimawandels stellen müssen. Und die Kosten der Finanzkrise werden wir auch zahlen.

Früher waren es die Kinder, die eine Party schmissen, und die Eltern, die das Desaster beseitigten. Die Babyboomer haben es geschafft, das Verhältnis umzukehren.

Der Text lässt einem beim Lesen immer wieder mit dem Kopf nicken, und am Ende mit einem guten Stück Wut im Bauch zurück, auf diese egoistische Generation der Blockierer. Den Feind „Babyboomer“ hat man so vielleicht noch nicht wahrgenommen, aber die im Text beschriebenen, möglichen Konsequenzen hat jeder von uns schon erlebt.

Aber genau damit habe ich ein Problem. Hier gibt es einfache Antworten auf komplexe Problemstellungen, und damit macht man es sich immer zu leicht. So funktioniert die Welt nicht. „An allem sind die Babyboomer Schuld“ ist natürlich eine sehr einfache Antwort. Der Text baut die Generation der Babyboomer als ein Feindbild auf, und schreibt die in eine ungekannte Höhe hinauf, nur um ihnen dann das Unglück der Welt in die Schuhe zu schieben. Das ist ab einem gewissen Maß nicht mehr fair, allerdings sorgt die Überhöhung auch dafür, dass man nach der Lektüre intensiv darüber nachdenkt.

Der komplette Text findet sich hier:
http://www.zeit.de/2013/17/demografie-babyboomer

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Ich bin ein Star – holt mich hier raus! (2013)

Ja, ich gucke #IBES gerne.

Ich mag kein Unterschichten-TV, und verachte Menschen, die sich an Sendungen über die Leben geistig simpler Menschen, die nicht verstehen, was Medien aus ihnen machen, ergötzen. IBES ist da anders, die Sendung spricht mit ihrem Witz nicht (nur) die Unterschicht an, und hier sind die Opfer vor allem geltungssüchtige Selbstdarsteller, die mediale Misshandlung zu ihrem eigenen Vorteil nutzen WOLLEN und dabei wiederum auf die Nase fallen. Dieses Doppel- und Dreifachbödige, das Spiel mit den Ebenen, ist ein Erfolgsfaktor von IBES. Von daher war der schlichte Joey von Anfang an eine, nun, interessante, weil ungewöhnliche, Besetzung – genau wie die absolut pragmatische Claudelle, die sich mit ihrer geerdeten Art einen Platz in den Herzen der Zuschauerinnen und Zuschauer gesichert hat.

Statt „der Muddi“, der von allen haushoch favorisierten Olivia Jones, ist nun der erkennbar simple Joey Dschungelkönig geworden. Wenn man Joey zusieht, kann man den Eindruck gewinnen, dass er zu viel Klebstoff geschnüffelt hat – so entwaffnend naiv ist er. Aus dieser Naivität resultiert Authentizität un Ehrlichkeit. Und genau das hat ihm jetzt zum Sieg verholfen, gegen all die kalkulierenden Models, Playmates, Dragqueens und so weiter.

Und bevor jemand anders das mediale Phänomen tauft: Als Medienwissenschaftler gebe ich nach eingehender, äußerst wissenschaftlicher Analyse dem Prozess, dass sich ein schlichter Mensch gegen alle Trends und gegen eine Horde kühler Kalkulatoren durchsetzt, den Namen

„Forrest-Gump-Effekt“

Anscheinend besteht gesamtgesellschaftlich der Wunsch nach Bodenständigkeit und Ehrlichkeit. Ein zeitloser Klassiker, zuletzt zu wenig beachtet, aber halt authentische Lebenswirklichkeit.

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Weisheit des Tages

“Anything that gets invented after you’re thirty is against the natural order of things and the beginning of the end of civilisation as we know it.”

– Douglas Adams

Sehr schönes Zitat, aber das ist nur ein Einsprengsel im wohl relevantesten Text der Woche. Verfasst vom, von mir sehr geschätzten, Herrn Kaliban, der mal wieder eine große Stunde hatte. Nachzulesen hier.

In der Folge nimmt er in wenigen, präzisen Sätzen die Netzberichterstattung der Süddeutschen Zeitung auseinander, danach Frau Zehnpfennig, Ihres Zeichens Passauer Professorin und vermutlich entweder Templerin oder CSU-Mitglied, die behauptet, Transparenz und das Netz gefährde die Orte, an denen „Demokratie blüht“: Die Hinterzimmer.

Money Quote:

„Das ist nun wirklich das ungefilterte Denken der Eliten.

Genau so hätten sie’s gern. Keine Mitbestimmung, keine Transparenz, nur der Klüngel und die Hinterzimmer und die großen Zeitungen als ideologischer Türwächter.“

Sofortiger Lesebefehl: „Ach, das Netz ist so gefährlich“ von Kaliban.

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