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Category: Das Leben

Momentaufnahme: Februar 2025

Momentaufnahme: Februar 2025

Herr Silencer im Februar 2025

“ALLES ändert sich in diesem Jahr.”

Wetter: Die ersten Tage trocken und kalt, zwischen Minus neun und plus vier Grad. In der dritten Woche dreht der Frühling auf, plötzlich sind tagsüber 14 Grad und es ist Moppedwetter.


Lesen:

Jürgen Theiner: Motorprosa – Geschichten aus der Kurve [2020, Kindle]
Der Winter ist genau die richtige Zeit, um Bücher über das Motorradfahren zu lesen. Diesen Februar bin ich nicht wieder auf ein Buch der Kradvagabunden reingefallen, sondern habe mir endlich die “Motorprosa” von Jürgen Theiner gegönnt.

Jürgen ist einer der sprachlich und stilistisch besten Motorblogger im deutschsprachigen Raum. Auf Motorprosa.com schreibt er extrem gekonnt und immer liebevoll über das Motorradfahren. In 2020 erschien dann dieses Buch. Da ich dachte, ich würde schon alles von ihm kennen, habe ich es lange ignoriert – was ECHT DUMM war, denn das Buch ist nicht einfach nur eine Kompilation des Blogs.

Theiner erzählt hier seine Lebensgeschichte, zumindest den Teil, der mit zwei Rädern und einem Motor zu tun hat. Von der beginnenden Faszination eines Bubs in Südtirol, der mit einem frisierten Moped vor Carabinieris floh, über die Hürde des Füherscheins, Unfälle, Liebschaften, verunglückte Reisen… dabei steht nicht die Technik oder das Motorrad an sich im Vordergrund, sondern die Emotionen die es auslöst, wie es das Leben prägt und was für Empfindungen es ermöglicht.

Alles stets selbstironisch und witzig geschildert, was nicht nur erfrischend ist, sondern der Erzählung extrem gut tut. Denn JEDER Motorradfahrer kennt die “Shit Shit Shiiiiit”-Momente, wenn man feststellt, dass man mal wieder etwas Dummes gemacht hat – sei es, das aus den fingerlosen Chopper-Handschuhen, die man gerade noch so cool fand, plötzlich blau gefrorene Finger ragen, weil man sich unvermittelt auf einem schneebedeckten Pass wiederfindet, sei es, dass man eine Strecke falsch einschätzt und völlig durchnässt mitten in der Nacht in der Pampa steht und derbe Ärger mit der Sozia bekommt.

Jürgen Theiner lässt diese Episoden nicht aus, sie sind essentieller Bestandteil seiner Geschichte. Nach hinten raus wird es leider weniger anekdotisch und eher eine Aufzählung der fahrbaren Untersätze, aber dennoch: Dieses Buch ein echtes und sehr kurzweiliges Vergnügen. Eine Fortsetzung wäre nice, zumal Jürgen seit einigen Jahren auch elektrisch unterwegs ist. Wer einfach mal in Jürgens Theiners Welt reinlesen will: Hier zum Blog: Motorprosa


Hören:


Sehen:

Quantum Leap [2022, Joyn]
“Nachdem er die Theorie aufgestellt hatte, dass man innerhalb seiner eigenen Lebenszeit Zeitreisen könne, stieg Dr. Sam Beckett in den Quantensprungzeitbeschleuniger und… verschwand”

Sam Beckett kehrte nie nach Hause zurück, und 25 Jahre später versucht ein neues Quantum-Leap-Team herauszufinden, was damals eigentlich passiert ist. Dummerweise steigt der Teamleiter heimlich in den Quantensprungzeitbeschleuniger und verschwindet ebenfalls. Warum hat er das getan, und was verschweigt er seinem Team? Das weiß sein Schweizer-Käse-Gedächtnis nicht mehr. Er hat auch ganz andere Probleme, denn das Gesicht im Spiegel ist nicht sein eigenes…

Meine Güte, ich habe “Zurück in die Vergangenheit”, wie “Quantum Leap” bei uns hieß, geleaped!!

Die 1989er Serie lief bei uns ab 1991 am Sonntag Morgen auf RTL und das war ein Pflichttermin. Nie wusste man, was einen als Nächstes erwartete, jede Folge spielte in einer anderen Zeit und befasste sich mit einem anderen Thema. Sam Beckett sprang nämlich in die Körper anderer Menschen und musste in der Vergangenheit etwas zum Besseren ändern, was einst schief gelaufen war. Das waren mal kleine Schicksale, wie das Leben der alleinerziehenden Mutter oder des Jazztrompeters, mal Geschehnisse der Weltgeschichte (“Ich konnte Kennedy nicht retten” – “Weißt Du, Sam, in der ersten Version der Geschichte starb Jacky. Du warst wegen ihr dort.)

Nun also eine Neuauflage, und NBC gibt sich hier erkennbar Mühe alles richtig zu machen und das Original zu ehren. Die Stories sind gut, die Produktion hochwertig und am Schönsten ist, dass man mehr von der Gegenwart sieht und es hier eine sehr gute, episodenübergreifende Handlung gibt. Warum ist Ben Song heimlich verschwunden? Wer ist der Hacker im System von Ziggy? Warum ist noch ein Leaper in der Vergangenheit unterwegs? Und wo ist Al Calaviccis altes Handlink hin? Hat das vielleicht seine Tochter mitgehen lassen?

Fein: Der neue Leiter des Quantum Leap Projekts wird von Ernie Hudson (Ghostbusters) gespielt, dessen Figur in der Episode “The Leap Home” in der Originalserie von Sam Beckett übernommen wurde. Geile Idee.

Sehr cool und gut gemacht, trotzdem leider nach zwei Staffeln eingestellt worden.

Titanique [2021, Criterion Theatre]
“…und dann ertranken 1.514 Menschen, als die Titanic sank”, sagt der Museumführer. “MOOOOOOMENT! Das ist nicht, woran ich mich erinnere!”, ruft Celine Dion dazwischen und erzählt dann die wahre Geschichte der “Titanic”, so, wie sie sie erlebt hat – denn sie war natürlich dabei. Gerade war sie noch mit Sting am abrocken um Jack und Rose zusammenzubringen, da hat Tina Turner das Schiff versenkt, aber gestorben, gestorben ist niemand! Weil Celione alle mit “My heart will go on” ins Leben zurückgesungen hat!

Völlig überdrehtes Stück, arschlustig wenn man den Film gesehen hat und doppelt gut, wenn man das Werk von Celine Dion kennt und deren Songs in einer Nummernrevue abfeiern kann. Letzteres geht mir total ab, amüsiert habe ich mich trotzdem. Das lag auch an der überdrehten Performance von Lauren Drew als Celine Dion – was für eine Powerfrau!

Back to the Future – The Musical [2022, Adelphi Theatre]
Eine Nacherzählung des Films, durchsetzt mit kurzen Musicaleinlagen. Fügt der Vorlage nichts hinzu, ist aber dennoch faszinierend zu sehen, insbesondere wegen der Bühnentechnik. Durch Rückprojektion und der Technik, die auch für “Bühnen-Hologramme” genutzt wird, rast mit einem mal wirklich der DeLorean mit 140 Sachen über die Bühne. Sehr cool gemacht, und wie sie es am Ende (“Wo wir hingehen brauchen wir keine… Straßen.”) hinbekommen haben, dass die Zeitmaschine DURCH DEN ZUSCHAUERRAUM fliegt, ist wirklich faszinierend zu sehen.

Schade: Der Sound im Adelphi ist extrem bescheiden. Effekte sind viel zu laut, die Schauspieler so übersteuert, dass man die Texte kaum versteht. Ein Spektakel ist es aber dennoch.

Stranger Things: The First Shadow [2023, Phoenix Theatre]
1959: Hopper und Winona Ryder gehen noch zur Highschool, als ein neuer Schüler auftaucht. Henry Creel ist ein verschlossener Einzelgänger. Hat er etwas mit den verstümmelten und verdrehten Tierleichen zu tun, die neuerdings überall auftauchen? Stellt sich raus: Ja, und nicht nur das. Seit einem Zwischenfall trägt Henry einen Schatten aus dem Upside-Down, der Hölle, in sich.

Gerade dachte ich, nach der Zaubershow in “Back to the Future” alles gesehen zu haben, da bläst mich “Stranger Things” völlig aus den Schuhen. Was hier an Bühnenillusion aufgefahren wird ist unfassbar: Rückprojektion, Hologramme, Einssatz von tiefen Tönen zur Erzeugung von Angst, bewegliche Bühnen – You name it, Stranger Things has it.

Damit werden Szenen umgesetzt, die ich nie vergessen werde: Wie sich plötzlich ein komplettes Schiff auf der Bühne materialisiert. Wie eine Kulisse in Zeitlupe explodiert. Das beklemmende Kribbeln und das entsetzliche Gefühl, das hier alles falsch ist, kurz bevor sich der Innenraum des Theaters in eine große Version des Mindflayers verändert. Das ist alles ganz, ganz große Kunst. Dazu kommen ein fantastischer Cast und eine Geschichte, die unmittelbar in die Geschehnisse der Netflix-Serie überleitet. Großartig und die besten drei Stunden Theater die es derzeit gibt.


Spielen:

Metaphor: ReFantazio [2024, PS5 Digital]
Der König ist tot, ermordet von einem gefühlskalten Emporkömmling. Dieser Bösewicht hat auch dafür gesorgt, dass der legitime Thronerbe im Koma liegt. Aber just in dem Moment, wo der Mörder sich selbst zum neuen Herrscher ausrufen will, passieren Dinge, die dafür sorgen, dass eine Art Wettbewerb gestartet wird. Der Gewinner soll die Krone bekommen. Jedermann könnte König werden? Das ist ein unerhörter Vorgang in einer Welt, die durch starke Magie und ein striktes und extrem diskriminierendes Kastensystem geprägt ist.

“Metaphor” ist das neueste Spiel des Mannes, der Persona 3, 4 und 5 verantwortet hat. Wo diese Games aber in der Realität spielten, in die plötzlich eine Art Magie reinbrandete, ist es hier genau umgekehrt. Das namenlose Königreich liegt in einer Fantasywelt, die vor Magie nur so brummt, deren die Bewohner aber davon träumen, das es sie nicht gibt, sondern alle Spezies gleich sind und Herrscher durch Wahlen bestimmt werden. Fantasywesen, die unsere Welt als Utopia begreifen – ein interessanter Twist!

Spieltechnisch wird hier die “Persona”-Engine genutzt, was gut und schlecht zugleich ist. Gut sind wie immer die rundenbasierten Kämpfe, die auch beim eintausendsten Mal noch Spaß machen und spannend sind.

Seltsam übergestülpt wirkt dagegen die Einteilung in Tage und damit verbundene Zeitlimits. In “Persona” sind diese Zeitlimits eine näher rückende Klausur oder der Tag, an dem die Schüler von der Schule geworfen werden. Das wirkt organisch. In “Metaphor” muss immer etwas herbeigelogen werden. Mal sind es die Tage, bis eine Straße wieder geöffnet wird, ein anderes mal ist es die Zeit bis Regenwetter angesagt ist, mal die Tage bis dringend abgereist werden muss. Das wirkt immer seltsam und artifiziell.

Dennoch funktioniert es, und das liegt wieder an der spannenden Geschichte, der tollen Welt und vor allem an den extrem gut geschriebenen Figuren. Bleibt der erste Begleiter noch etwas blass und langweilig, sind spätestens die Ritterin Hulkenberg oder der Fledermauswächter Heismay nicht nur originelle Figuren, sondern wirklich tolle Charaktere, mit denen man gerne Zeit am Lagerfeuer verbringt und die man im Verlauf des Games wirklich gut kennenlernt.

Was mir nicht gefällt: Die Lernkurve steigt auf “Standard” bereits kurz nach dem Spieleinstieg extrem an. Die Gegner sind plötzlich superschwer oder müssen binnen drei Zügen besiegt werden, was ohne exakt optimierte Skills der richtigen Personas nicht möglich ist. Es gibt superviele Freiheitsgrade, aber in der Regel funktioniert nur ein kritischer Pfad so richtig – den zu finden und eventuelleFehlentscheidungen zu bemerken kostet aber Stunden, und dann kann man nur hoffen, noch einen alten Spielstand zu haben. Hat man den nicht, hat man sich halt verskillt und scheitert dauerhaft. Das ist frustrierend und schränkt die Lust, mit den vielen Möglichkeiten des Magiesystems zu experimentieren, sehr ein.

Bislang 35 Stunden auf der Uhr und nicht mal zur Hälfte durch.


Machen:

Eine Reise nach London!
Und eine nach Dresden! Letztere leider rein Dienstlich, sonst hätten wir mal ein Lesertreffen gemacht 🙂


Neues Spielzeug:

Der Monat der neuen Klamotten.
Ich trage nur Jacken im M65-Schnitt, diese klassische Schimanski-Jacke. Eine für den Winter und eine für den Sommer. Praktisch, viele Taschen und unverwüstlich – eigentlich. Meine Lieblingswinterjacke, eine Vintage Industries in M von 2013, war “Pre-Used”: Der dunkelgraue Stoff war mit Bleiche vorbehandelt, um ihn an manchen Stellen abgenutzt aussehen zu lassen und ihm so mehr Textur zu geben. Das hier ist sie:

Problem: In Kombination mit Waschmittel oder in der Reinigung wurde die Reste der Bleiche wieder aktiviert und fraßen sich langsam, aber unaufhörlich durch den Stoff. Zuletzt sah meine Lieblingsjacke also aus wie zerlumpt, mit echten Löchern und Rissen überall.

Nun also der Ur-Enkel, eine M65 “Orton”, wieder in M und wieder von Vintage Industries. Gleicher Stoff (aber ungebleicht!), einfacherer Schnitt, weniger Details, dafür teilweise verhunzt (Innentasche, in die kein Smartphone passt, Stoff nimmt Hautfett an, zu hoher Kragen). Aber nun. Alles wird schlechter.

Beim Stöbern im Vintage Industries Katalog auf der Seite von FC-Moto dann noch das hier gefunden: Eine Jacke von IXS, eine X-Tour LT Montevideo-ST aka Montevideo Air 2.0. Passt in L absolut perfekt, auch mit der TechAir-5-Airbagweste darunter.

Die Schultern und Arme sind fast vollständig aus Leder, das Teil verfügt über viele, beindruckend clevere Details und extrem gute Reflektoren. Besonders gut: Quasi die ganze Front lässt sich zur Belüftung aufzippen.

Gab es gerade runtergesetzt, von 600 auf 190 Euro, aber nur noch in der High-Vis-Option mit neongelben Feldern. Da war ich mir nicht sicher: Will ich das wirklich? Eigentlich mache ich mich immer über so Leute in Warnwesten lustig. Andererseits: Wenn es hilft nicht umgefahren zu werden? Ach, immer diese Entscheidungen. Nach Konsultation mit Expertinnen war klar: Doch, will ich, und mit dem Gelb kann ich leben. Ich hatte noch nie eine so gut sitzende Motorradjacke, die kann gerne die bollerig geschnittene, sackartige sitzende und doch für eine Airbagweste eigentlich zu enge FLM ersetzen.

Außerdem gab es noch drei Pyjamas aus gebürsteter Baumwolle von Marks & Spencer, aber die führe ich hier nicht vor.


Ding des Monats:

Ein R2-D2-Toilettenpapierhalter! So etwas kommt dabei raus, wenn man Ali mit einem 3D-Drucker unbeaufsichtigt lässt. Danke, alter Freund – ich komme aus dem Grinsen immer noch nicht heraus.


Archiv Momentaufnahmen ab 2008

Momentaufnahme: Januar 2025

Momentaufnahme: Januar 2025

Herr Silencer im Januar 2025

“Ich bin auf der Titelseite?!

Wetter: Die ersten Tage Minustemperaturen und Schnee, an Befana plötzlich Temperatursprung auf 10 Grad und Sonne. Danach wilde Schwankungen zwischen -9 und +6 Grad, starkem Schneefall und Tauwetter, dann irgendwas dazwischen mit dichtem und gefrierendem Nebel. In der letzten Woche wird es mit bis zu 9 Grad sehr warm, bleibt aber nass. Schietwetter.


Lesen:

Michelle Hunziker: Una vita apparentemente perfetta [2024, Kindle. Dt: “Ein scheinbar perfektes Leben – Wie ich aus Liebe zu meiner Tochter den Fängen der Sekte entkam”]
Autobiographie über Hunziker, vermutlich über Kindheit, Karriere, Familie und besonders der Zeit in einer Sekte.

Tja, habe ich gedacht: Biste mal mutig, lieste mal nicht immer nur Comics oder Geronimo Stilton, sondern ein echtes Buch auf italienisch. Dann musste ich feststellen: Ich muss jedes zweite Wort nachschlagen und verstehe trotzdem nicht, was der Text mir sagen will.

Kurze Leseprobe auf Deutsch daneben gelegt: Auch den deutschen Text verstehe ich nicht! Das liegt auch an der, gar nicht mal soooo guten, Übersetzung, vor allem aber liegt es an der blumig-metaphorischen Ausdrucksweise, die gespickt ist mit Idiomen. Inhaltlich also vermutlich recht simpel, sprachlich aber geradezu hirnverdrehend und deshalb nur 20 Seiten gelesen und dann weggelegt.


Hören:


Sehen:

Alien Romulus [2024, Bluray]
Minenkolonie XY irgendwo am Arsch von Z: Eine Gruppe Jugendlicher will sich nicht länger vom Weyland-Yutani-Konzern ausbeuten lassen, stiehlt einen kleinen Frachter und flüchtet. Unterwegs wollen sie “nur eben noch mal” etwas aus der verlassenen Forschungsstation Remus holen, die in wenigen Stunden in einen Planetenring crashen wird und daher verlassen ist. Das läuft natürlich nicht so gut, und die Gruppe muss sich in den Romulus-Teil der Station durchschlagen – nichts ahnend, dass da das Alien mit seinen Kumpels Party macht.

Wow. Endlich mal wieder ein Alienfilm mit nachvollziehbarer Handlung und Ideen, die nicht völlig verkopft sind. Wo zuletzt “Prometheus” und “Covenant” Artsy-Fartsy Kopfgeburten waren, die man ohne Textinterpretation nicht verstehen konnte, ist “Romulus” sehr geerdet und kommt ohne pseudo-philosophischen Überbau aus. Dabei sprüht der Film vor geilen Ideen – angefangen bei den zahlreichen Anknüpfungspunkten zum allerersten Alien-Film von 1979 bis hin zu Sequenzen, die man so noch nie gesehen hat. “Romulus” ist weniger Horror als vielmehr spannender Thriller und wirklich extrem gut gemacht.

Interstate 60 [2002, DVD]
Michael J. Fox doored einen Radfahrer zu Boden, regt sich auf und wünscht sich, dass das nie passiert sei. Prompt springt die Zeit 5 Minuten zurück. Fox reisst die Tür seines Wagen auf, rennt auf die Straße – und wird von einem LKW überfahren. Stellt sich raus: Der Radfahrer war Gary Oldman, und der ist einer der wenigen Flaschengeister in den USA. Wie immer muss man SEHR aufpassen, was man sich von einem Flaschengeist wünscht.

Was er sich wünscht, das weiß James Marsters gar nicht. Also nimmt er den Auftrag von Christopher Lloyd an, ein Päckchen quer durch die USA zu fahren. Einzige Bedingung: Als Route ist die Interstate 60 zu nehmen. Obwohl die gar nicht existiert. Und dann nimmt Marsters auch noch Gary Oldman als Anhalter mit.

Marty McFly und Doc Brown gemeinsam in einem Film? Dazu Oldman und Kurt Russell? Und dann ist der Film von 2002, warum hat man von dem noch nie was gehört? Ganz einfach: Weil er völlig kukuck ist. Der könnte ohne weiteres von David Lynch sein, so skurril ist er teilweise. Der Start ist etwas holprig, dann entwickelt sich das ganze zum Roadmovie und damit einer Nummernrevue der Skurrilitäten.

ACHTUNG SPOILER! “Interstate” guckt man am Besten ohne auch nur eine Kleinigkeit über den Inhalt zu wissen. Aber: Man kann den aktuell nirgends schauen. Den gibt es nicht im Stream, und die wenigen DVDs die existieren, sind arschteuer. Deshalb im folgenden Spoiler.
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So trifft Marsters auf einen Ort, in dem alle Teenies vom örtlichen Sheriff drogenabhängig gemacht wurden, um sich nicht zu reproduzieren und zugleich billige Arbeitskräfte zu sein. Oder auf eine ganze Kleinstadt, in der nur Anwälte leben, die sich permanent wegen jeder Kleinigkeit verklagen, schon auf dem Weg zur Arbeit. Was in einer kafkaesken Gerichtsverhandlung endet, an deren Ende alles gesprengt werden soll.
Oder auf eine horny Anhalterin, deren Versuch mit Gary Oldman zu schlafen in einem Schreckmoment endet, weil der keine Genitalien hat.
Oder auf einen krebskranken Vertriebsmanager mit Dynamit am Körper, der schlechte Dienstleistungen mit Bombendrohungen quittiert.

Das ist alles völlig drüber und durchaus unterhaltsam, hinterlässt aber beim ersten Schauen völlig Ratlosigkeit, weil der rote Faden zu fehlen scheint. Am Ende ergibt alles einen Sinn, aber da fühlt man sich schon, als habe man einen Drogentrip erlebt. Trotz Starbesetzung und tollen Ideen ein sehr nischiger und eigener Film, der nicht jedem gefällt. Um ehrlich zu sein: Ich bin mir auch immer noch nicht sicher, was ich davon halte.
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Mars Express [2024, Prime]
Mars, 23. Jahrhundert. Eine Privatdetektivin wird engagiert, um eine verschwundene Frau aufzuspüren. Gemeinsam mit ihrem Partner, einem Roboterwesen mit menschlichen Erinnerungen, macht sie sich an die Arbeit – und kommt einer gigantischen Verschwörung auf die Spur, die in der Vernichtung einer ganzen Lebensform enden wird.

Puh. “Mars Express” beginnt als Film Noir im Cyberpunk-Setting, wechselt dann aber schnell die Ebenen und landet bei tiefgreifenden Fragen und einem Ende, das dem von “Blade Runner” in nichts nachsteht. Kritiker bezeichnen den in Frankreich entstandenen Film als europäische Antwort auf “Ghost in the Shell”, und ich bin geneigt mich dem anzuschließen. Sehr spannend, in fast jeder Szene frische und so noch nie gesehene Ideen und ein Schluss, der einem noch Tage später ein flaues Gefühl in der Magengrube macht.

Disclaimer [Apple TV+, 2024]
Irgendwann in den 90ern ist ein Jugendlicher ertrunken. Dessen Vater terrorisiert auf seine alten Tage die Frau, die er für schuldig daran hält.

Kevin Kline als grumpy old man! Cate Blanchett als Femme Fatale! Sascha Baron Cohen als betrogener Ehemann! Story die in Italien und London spielt! Count me in!

Tatsächlich beginnt die Serie mit einer Rückblende, deren Geruch nach kaltem Sperma der Rest der sieben Folgen nie wieder loswerden. Alles hier ist unangenehm, und das liegt nicht an den Schauspielern, die eine fantastische Leistung abliefern. Das liegt vor allem am Aufbau des Plots, der eine Story für einen 90-Minuten Film auf eine Miniserie auszuwalzen versucht und verzweifelt als Füllmaterial erratische Handlungen der Figuren und pseudo-dramatische Dialoge in jede Ecke stopft. Dabei kommt etwas heraus, was sich völlig seelenlos anfühlt – in keiner Sekunde leidet man mit den Figuren oder empfindet nur ein Fünkchen Empathie für diese seltsamen Leute da auf dem Bildschirm. Stattdessen versackt alles ab Folge zwei in grenzenlose Langeweile. Erst in der letzten Episode gibt es dann einen Twist, aber die vermeintlich dramatische Enthüllung entlockt einem dann nur noch ein egales Schulterzucken und ein schläfriges Gähnen.

Star Wars: Skeleton Crew [Disney+, 2024]
Eine Gruppe Kinder findet im Wald ein Raumschiff, düst damit davon und stößt auf Piraten.

“Goonies im Weltraum”, so wurde Skeleton Crew angekündigt, und das trifft es sehr genau. Von Kameraeinstellungen bis hin zu Walkie-Talkies und Verfolgungsjagden auf Fahrrädern atmet hier alles Look&Feel des Klassikers von 1985. Das ist nicht schlimm: Die Serie ist spannend, unterhaltsam, hat viele feine Ideen und ist ein klein wenig gruselig – großer Abenteuerspass! Die Kinderdarsteller nerven nur ein kleines Bißchen, Jude Law als zwielichtiger Piratencaptain hat erkennbar Spaß an seiner Rolle, und die vielen echten Sets machen das hier zur besten Star Wars-Serie seit dem schwermütigen “Andor”.


Spielen:

Alan Wake II: The Lake House [2024, PS5 Digital]
Nach oder während der Ereignisse von Alan Wake II: Das Federal Bureau of Control schickt ein Team los, das herausfinden soll, warum die Verbindung zur FBC Forschungsstation “Lake House” in Bright Falls abgerissen ist. Agentin Estevez merkt schnell, dass das Forschungsteam ein eigenes Süppchen gekocht hat – und den Einfluss der dunklen Präsenz im Lake Cauldron unterschätzt hat.

Erfrischend kurze (nur zwei bis drei Stunden lange) Erweiterung zu “Alan Wake II”. Nach der Crazy-abgedrehten “What If”-Ballerbude aus dem ersten DLC erzählt “Lake House” eine durchgehende und spannende Handlung. Sehr angenehm: Anders als üblich muss man hier bei den meisten Dingen nicht rätseln, was eigentlich vorgeht. Estevez ist Veteranin des FBC und weiß einfach, was Thresholds und Overlaps sind und wie schlimm die dunkle Präsenz im Lake Cauldron ist. Es fühlt sich ganz anders an, wenn man als Spieler noch überfordert ist, weil eine Raum mal wieder seine Konsistenz verliert, die Spielfigur das aber kommentiert mit “Ach, der Fahrstuhl ist schon wieder verschwunden. Ist nur ein Feedback-Loop. Folgt normalerweise der Dreier-Regel. Nach dem nächsten Durchlauf sollte das vorbei sein”.

Das Estevez um die Mekenken des Bösen weiß, seine Tricks kennt und an paranormale Phänomene rangeht wie einst die Ghostbusters, indem sie Erscheinungen erstmal ihre Rechte vorliest, ist einfach mal sehr cool.


Machen:
Nicht viel, außer arbeiten und Dschungelcamp gucken und einen Bautrockner nach dem nächsten ausleeren. Oh, und die Morrigan hat die Titelstory im Kradblatt. Und ein wenig Fitness, um für die kommende Motorradsaison fit zu bleiben. Ach, und vielleicht nebenbei noch die ein oder andere Moppedtour aushecken. Hmmm, Moppedfahren. Ich merke gerade: Ich wäre dann jetzt bereit für Frühling.


Neues Spielzeug:

Ich sage es nicht gerne, aber: Eine Apple Watch. Nun sind Uhren für mich einerseits wichtig wegen der Funktion (Uhrzeit, Datum ggf. Höhenmesser), andererseits sind Uhren für Männer eine der wenigen Möglichkeiten Schmuck zu tragen. Ja, eine schöne Uhr ist Schmuck.

Da fängt es allerdings schon an: Ein Schmuckstück ist die Apple Watch gewiss nicht. Ich finde die nach wie vor pottenhässlich und möchte sie eigentlich nicht tragen. Meine bisherigen Uhren sehen allesamt nicht nur besser aus, sie sind auch kratzfester und haben Batterien, die 10 Jahre halten – die Applewatch läuft gerade mal 40 Stunden.

Warum trage ich nun doch so ein Ding? Herzüberwachung. In letzter Zeit habe ich wieder zu hohen Blutdruck (WOHER DAS WOHL KOMMT?!??) und das Herz holpert mit einer Extrasystole vor sich hin. Nunja. Nun also eine Smartwatch, zumindest für die Warnung vor Vorhofflimmern, denn Blutdruck kann das Ding dann doch nicht.

Schon die Auswahl der Uhr hat mich irre gemacht. Vorjahresmodell (Series 9) oder das aktuelle (Series 10)? Klein (42mm Höhe) oder groß (46mm)? Klein wirkt an meinem Handgelenk zierlich, groß ist aber gleich viel zu bulky. Nun mag ich in letzer Zeit große Uhren und trage aktuell Casios mit 50mm-Gehäuse, aber richtige Uhren folgen halt in ihrer Form dem Arm – die Applewatch ist aber nur ein großer, dicker Bildschirm, das sieht schnell seltsam aus.

Nach etlichem Ausprobieren ist es nun doch die 46mm-Variante der Series 10 geworden. Die ersten Tage hat mich das Ding irre gemacht: Mitten in der Nacht weckte sie mich mit “Zeit eine Minute zu stehen und den blauen Ring zu schließen!” – WTF?

Benachrichtigungen sollte man möglichst schnell abschalten, sonst tippt einem die Uhr bei jeder ankommenden Signal oder Whatsapp auf den Arm. Navigation und Wecker über Tippen am Arm sind nett, aber kein relevanter Mehrwert.

Die digitalen Zifferblätter sind allesamt hässlich, im Spektrum von mild-Hässlich bis abscheulich-hässlich. Eine Ausnahme bildet das animierte Snoopy-Watchface, aber das hat ein anderes Problem: Man schaut drauf, sieht einen Minifilm mit Snoopy, muss lächeln und bekommt gute Laune – weiß aber anschließend immer noch nicht wie spät es ist.

EKG und Blutsauerstoffmessung funktionieren. Ansonsten ist die Watch lediglich eine Spieglung des Telefons – der Nutzwert ist für mich, der das Teil nicht für Sport verwendet, bescheiden, von einem echten Mehrwert ganz zu schweigen. Von daher ist die Apple Watch ein Spielzeug. Der alte Satz Smartwatches are toys for boys, real man wear real watches. enthält unerwartet viel Wahrheit.

Immerhin: Strom scheint kein Problem zu sein. Ich lege die vor dem Duschen auf die Ladestation, wenn ich fertig bin, ist die Watch wieder voll. Aber ob ich das Ding wirklich dauerhaft tragen werden, kann ich noch nicht sagen.


Ding des Monats:

CS10-080 Schneeketten der italienischen Firma König (war mal zwischendurch Thule) für den Yaris. Ich komme aus dem Harzvorland, und wir haben im Winter IMMER Schneeketten im Kofferraum. Und einen Klappspaten. Und einen Beutel mit Split/Salzgemisch. Und… aber ich schweife ab.

Die Ketten der CS-Serie sind deswegen cool, weil sie mit wenigen Handgriffen angelegt sind und sich dann selbst festziehen und sichern, d.h. das sonst übliche “Anlegen-Anfahren-Anhalten-Nachspannen” entfällt. Auch fein: Zum Abnehmen reicht ein Zug an einem Sprengschloss, und die Kette fällt vom Reifen. Außerdem verkratzen die CS10 die Alufelgen nicht und haben, im Gegensatz zu Textilketten oder “Reifensocken”, keinerlei Verschleiss.

Die CS10 sind Restposten, die es gerade für wenig Geld gab und die genau auf die seltsamen Räder des Yaris (195/55 R16 auf verstärkten Winteralufelgen) passen. Dabei sind die Auslaufmodelle noch aus dickerem Material von 10mm Stärke (CS10), für die aktuelle Generation werden nur noch 9mm Ketten (CS9) verwendet.

Damit ist der kleine Toyota jetzt für alles gerüstet.


Archiv Momentaufnahmen ab 2008

Das war das Jahr, das war (2024)

Das war das Jahr, das war (2024)

Jahresende. Zeit für die Rückschau. Was bleibt von 2024?
Plus: Beste Bilder.

Lage der Welt:
Die Ukraine beginnt den Krieg mit Russland zu verlieren. Israel verliert den Rückhalt in der Welt, weil es seine Nachbarländer in Grund und Boden bombt und schreckliche Menschenrechtsverletzungen begeht. Nordkorea schließt ein Bündnis mit Russland. Die USA wählen zum zweiten Mal einen Trump, der im Vorfeld versprochen hat Konzentrationslager zu eröffnen, Deportationen durchzuführen, politische Gegner zu verfolgen, das Militär gegen die Bevölkerung einzusetzen, die Ministerien zu entkernen und nach Gesinnung zu besetzen und Amerika durch Strafzölle zu isolieren. Der Faschismus übernimmt die USA mit demokratischen Mitteln, um anschließend die Demokratie zu zerstören. Eine? Ach was, ALLE Demokratien.

Zum Jahresende mischt sich Musk in deutsche Politik ein, willfähriger Helfer ist der Springer Verlag. Und Trump verkündet, dass er gedenkt den Panama-Kanal zu besetzen sowie Grönland und Kanada zu annektieren.
Die Trump-Präsidentschaft läuft gefühlt schon Jahre, und dabei hat sie noch nicht mal begonnen. Ich bin jetzt schon erschöpft davon.
Aussichten: Sollte Trump seine Ankündigungen war machen und die USA andere Länder überfallen, dann bricht der offene dritte Weltkrieg aus.

Lage Europas:
Es rottet vor sich hin. Bei den Europawahlen gibt es einen ordentlichen Rechtsruck. Leider will von der Leyen, die den Ruck nach Rechts maßgeblich mit zu verantworten hat, unbedingt weitermachen. Was das bedeutet, ist klar: Paktieren mit den Rechten. Währenddessen zerfällt in Deutschland die Regierung, in Frankreich kommt durch das Erstarken der Rechten erst gar keine dauerhafte Regierung zustande. In einer angespannten Weltsituation ist Europa so schwach wie nie.
Aussichten: Europa zerfällt, die Oligarchen strecken ihre Finger danach aus. Es bräuchte jetzt starke Nationalstaaten und ein Bekenntnis zur EU. Haben wir beides nicht, daher ist langfristig wohl nur die Frage, wer uns zuerst annektiert: Russland oder China oder ob die USA Europa als Ferienland übernehmen.

Lage der Nation:
In der Ampel sabotiert die FDP wo sie kann, bis im Herbst alles implodiert.

Scholz, bis dahin unsichtbar, lässt daraufhin die Sau raus – und man möchte spontan seinen Redenschreiber zum Bundeskanzler wählen. CDU ist schlimmer, Merz und Söder baden im reinen Populismus, schüren Ängste und Hass auf die Grünen. Merz beklagt abwechselnd, das zu wenige Wärmepumpen eingebaut worden seien und stellt gleichzeitig in Aussicht, dass unter seiner Kanzlerschaft Atomkraftwerke gebaut und Windräder demontiert würden, weil letztere Umweltverschmutzung seien. Kein Witz.

Überhaupt, “die Union”. Für eine Union gibt es herzlich wenig Zusammenhalt in dem Laden. Teile biedern sich an Musk an. Teile reißen die Brandmauer zur AFD ein. Der Rest baut Luftschlösser und will das finanzieren, in dem bei Bürgergeld gekürzt wird. Das ist in Reinkultur “Der Arme nimmt Dir Deinen Keks weg!” WTF, ihr Spinner.

Direkte Folgen dieser unterirdischen Politik: Der Osten wählt AFD und das Bündnis Sara Wagenknecht. Die Folge: Merz zündelt noch schlimmer als zuvor und setzt auf das Trump-Rezept aus Zuwanderungs-Hetze und Abtreibungsgegnerschaft. Bar jeder Vernunft laufen alle demokratischen Parteien diesem Agenda-Setting hinterher und führen Grenzkontrollen ein. Ja, so kann man die Rechten auch stärken und das Land und Europa noch schneller in den Abgrund treiben. Für Februar sind Neuwahlen angesetzt.

Ansonsten jammert die Autoindustrie und behauptet sie darbt, und ich sage mal so: Mein Mitleid hält sich in Grenzen. Seit 2003 wundere ich mich, dass niemand bei VW und anderen deutschen Herstellern auf Elektro setzt, unfassbar teure und riesige Autos produziert werden und Gehälter gezahlt werden, von denen andere nur träumen. Ich dachte zwischendurch sogar, es läge an mir bzw. meinem zu kleinem Gehalt, das für mich ein VW schon aus Preisgründen nie in Frage käme. Stellt sich raus: Kaufen tut die Kisten schon lange keine Privatpersonen mehr. 84 Prozent aller Passats auf den Straßen sind Dienstwagen. Und nun kommt die geballte Quittung. Deutschland lebte in diesem Jahr noch in seiner Blase, hier ging das Narrativ rum, das sich Elektroautos nicht durchsetzen würden. Tatsächlich gingen die Verkäufe zurück, was als Beweis dafür herangezogen wurde. Nur: Damit sind wir allein auf der Welt. Und deutsche Autobauer bauen keine Modelle für den deutschen Privatmarkt, bringt also nicht, wenn die Diesel-Dieter sich noch einen Verbrenner mehr hinstellen.

Immerhin: Ausbau der erneuerbaren Energien ging gut voran. Im 3. Quartal wurden 63 Prozent des Energiebedarfs aus regenerativer Energieerzeugung gedeckt. Der Zubau der Kapazität lag bei 17 Gigawatt. Mal zum Vergleich: Das ist die Kapazität von 11 Atomkraftwerken! Oder man hätte damit 14 Mal den DeLorean zurück in die Zukunft schicken können. Das ist super.

Aussichten: Eine Große Koalition unter Führung von Merz. Schrecklich. Große Koalitionen stärken immer die Extreme und die Politikverdrossenheit. Grokos sind, was das Land so abgewirtschaftet, die Stimmung so polarisiert und die AFD stark gemacht hat. Und nun eine, der mit Merz und Scholz Männer ohne Charakter, wenig Moral und geringem Verstand vorstehen werden.

Ich Ich Ich
Das Jahr begann mit Sehnsucht und Weltschmerz und düsteren Aussichten. Es war dann auch düster, aber ganz anders als gedacht. Es ist einfach so irrsinnig viel passiert, dass die Zeit verflog und sich 2024 trotzdem so anfühlte, als würde es sich ewig ziehen.

Die ersten vier Monate Leben auf einer Baustelle, weil die Wasserschäden vom vergangenen Dezember repariert wurden. Im Februar fiel plötzlich die V-Strom 800 vom Himmel. Ab März schlimme Nachrichten allerorten. Der frühe Tod eines guten Freunds hat mich ziemlich mitgenommen. OPs und Krebs in der unmittelbaren Familie sind wohl gut ausgegangen, nach allem was man bislang weiß. Im Juni begann eindlich ein wenig Sommer, bis dahin war es nur kalt und nass. Ende Juli wurde der Aygo zerstört, es folgten sechs Wochen Brot&Butter-Motorradfahren. Ende September war alles soweit geregelt, das ich mir einen Monat Auszeit nehmen konnte. Danach ging es hektisch, aber wieder mit mehr Energie weiter. Und immer, immer wieder nervenaufreibende, schlafraubende Situationen bei der Arbeit. Eigentlich konstanter Alarmzustand, an gleich mehreren Fronten.

Ein sich wiederholendes Thema: Fast alle Dinge und Vorhaben brauchten in diesem Jahr zwei oder mehr Anläufe. Der feine Jasmin, Freude des vergangenen Sommers, erfror am letzten Wintertag und musste ersetzt werden. Eine neue Brille (die erste mit Gleitsicht) war falsch berechnet und musste nochmal gemacht werden. Dito die Sonnenbrille, mit den Werten der Bildschirmbrille gefertigt wurde und nicht zum Fahren taugte. Binnen 12 Monaten musste zwei mal ein Auto gekauft werden.

Der neue, gebrauchte Yaris wurde dann gleich Dauergast in der Werkstatt, wegen Baum vorm Kopf und vergniesterten Bremsen. Die ZZR kam aus der Werkstatt zurück und verbrauchte plötzlich 1,5 Liter mehr auf 100 km. Alles, alles fühlte sich an wie: Drei Schritte vor, voller Stop, dann fünf Schritte rückwärts und alles nochmal von vorn. Eine permanente Sackgasse.

“Ja, ich parke in der Einfahrt, wie Du gesagt hast. Ach, das ist jetzt auch nicht recht?!”

Auch in diese Kategorie fällt: Das gerade nach einem Wasserschaden reparierte Haus hat im Dezember 2024 erneut eine Überflutung abbekommen und jetzt geht alles, alles wieder von vorne los. Schweinerei, dröhnende Bautrockner, Baustelle.

Das ist der harmlose Teil. Da, wo die Decken wirklich so richtig eingestürzt sind, kann man von einer Etage in die andere gucken.

Immerhin, was überhaupt nicht auf dem Zettel stand und unvermittelt einfach so funktioniert hat: Die Beschaffung und der Umbau der V-Strom 800 und die Tour mit ihr im Sommer. Das war ebenso unverhofft wie toll, dass hätte ich zu Jahresbeginn nicht gedacht. Auch die Japanreise hat problemlos geklappt. Eigentlich hat alles funktioniert, wo ich mich echt hintergeklemmt und jedes Detail überwacht oder die Sachen gleich selbst gemacht habe. Hm.

In Summe bin ich geneigt zu sagen: 2024 war fordernd. Am Ende sind die meisten Dinge gut geworden, aber weil nichts auf Anhieb geklappt hat, war gefühlt jede Kleinigkeit stets mit Kampf verbunden und hat viel Kraft und Zeit und Geld gekostet. Trotzdem oder gerade deswegen gehe ich aus 2024 so entschlossen und fit heraus, wie ich zuletzt 2013 war. Zum Jahresende stelle ich fest: Mir geht es gut. Ich fühle mich gut. Mir ist heitere Gelassenheit nicht in die Wiege gelegt, aber aktuell ruhe ich in mir.
Ja, ich bin resilient AF.

Und sonst noch?

Worte des Jahres: Non puoi piacere a tutti. Non sei lasagna.” (“Du kannst nicht von allen gemocht werden. Du bist keine Lasagne.”)

Worte, die ich nicht mehr lesen oder hören möchte: “Ihnen eine erfolgreiche Woche” als Verabschiedung. Sagen nur BWL-Lullies und Möchtegern-Businesskasper.

Und immer noch: Das sich pandemisch verbreitende “Dazu später mehr” in Texten, Videos und Podcast. Wenn Du diese Formulierung verwenden willst, halte inne – ist das ein Hinweis darauf, dass mit deiner Struktur was nicht stimmt.

Was ich nicht mehr sehen möchte: Stroboskop-Effekte in Filmen und Serien. Bei mir lösen die zwar keine epileptischen Anfälle aus, aber angenehm ist es nicht und vor allem belastet es die Beamerblende wie Sau. Ich weiß auch nicht, was sich Filme wie Star Wars 9 oder Serien wir zuletzt Squidgame dabei denken, wenn fünf Minuten nur Geblitze gezeigt wird. Möchte man, dass die Leute vom Handy aufgucken?

Zugenommen oder abgenommen: Abgenommen. Satte sieben Kilo. Da mit steigendem Alter der BMI gnädiger wird, habe ich damit fast Normalgewicht.

Mehr ausgegeben oder weniger? Ich habe NOCH NIE IN MEINEM GANZEN LEBEN so viel Geld ausgegeben wie in diesem Jahr. Anfang des Jahres dachte ich noch: “Ach, hast ja ein wenig Geld auf dem Konto und die Boxen sind kaputt. Kaufste Dir mal neue Lautsprecher von Teufel.” – zu dem Zeitpunkt war ich mir sicher: Das war die teuerste Anschaffung des Jahres. Und DANN ging es erst richtig los: Neue Brille wurde plötzlich nötig. Neues Motorrad ergab sich. Eine gebrauchte XBOX drängte sich auf. Binnen eines Jahres musste zwei Mal ein gebrauchtes Auto gekauft und mit Reifen ausgestattet werden. Die Mikrowelle ging in Rauch auf. Das war alles extrem Kostenintensiv. Wären die Flüge nicht schon gebucht gewesen, ich hätte die (dann auch recht teure) Japanreise nicht gemacht.

Die teuerste Anschaffung: Als Einzelobjekt der gebrauchte Toyota Yaris. In Summe: Die V-Strom 800 mit all dem Gedöns.

Luxus des Jahres: Die Büchersammlung aufgestockt um das “Sandman Universe” – jetzt steht hier wieder die größte Sandman-Sammlung Göttingens.

Mehr bewegt oder weniger: Deutlich Mehr.

Die hirnrissigste Unternehmung: Japan von Nord nach Süd durchqueren zu wollen. Hat nicht geklappt, aber dazu später mehr.

Ort des Jahres: Diese Farm da in den Bergen.

Zufallspromi des Jahres: Hayley Atwell. Tolle Schauspielerin.

Person des Jahres: Robert Habeck. Krass, wie resilient, rational und besonnen der Mann trotz all der Anfeindungen und der Hetze bleibt. Versucht als einziger keine Illusionen zu verkaufen. Kanzlermaterial.

Nervende Person des Jahres: Hattrick! Der Preis geht, wie schon in 2022 und 2023, zu gleichen Teilen an Friedrich Merz und Elon Musk. Der eine hatte 1992 einen Unfall mit einer Cryo-Maschine und wurde erst jetzt wieder aufgetaut, der andere hat sich radikalisiert, ruiniert Gesellschaften und den Planeten und ist vermutlich der operierende Präsident der USA. In 2024 haben beide nochmal eine Schippe an Arschlochigkeit draufgelegt. Dabei habe ich immer noch das verhängnisvolle Gefühl, die laufen sich gerade erst warm.

Das beste Essen: Mugnaia in Roccafinadamo

Das seltsamste Essen: Diese Ramen Bowl von Lawson, wo die Brühe bei Raumtemperatur ein wackelpuddingartiger, nach Fisch schmeckender Glibber war. E-Kel-Haft.

Das beste Süßkram: Ich hätte ja gesagt: Der Pumpkin-Pudding von Familiy-Mart, aber dann kam unvermittelt vor Weihnachten ein Päckchen an. Der Inhalt eroberte den ersten Platz. Nein, nicht das Kilo Parmesan. Die Kaffee-Pfirsiche (Peschi di Caffé) von Giulies Mama.

2024 ENDLICH getan: Das Blog hier umgezogen, auf einen Server bei Manitu. Die sind sehr gut.

2024 zum ersten Mal getan: Eine elektrische Heckenschere benutzt.

2024 das erste mal seit langer Zeit wieder getan: Gartenarbeit.

Gesundheit: Okay bis sehr gut. Magenprobleme weitgehend weg. Dafür plötzlich Anfang des Jahres Sehverlust um eine Dioptrie auf einem Auge.
It´s not the years, honey. It´s the mileage.

Ein Ding, auf das ich gut hätte verzichten mögen: Da gab es viel, aber ganz besonders hätte ich auf den Ärger bei der Arbeit verzichten können und auf die zweite Überflutung im Haus. Dieses Mal waren es nur 2.000 Liter, aber schon wieder sind die Lehmdecken eingestürzt.

Gereist? Ja, wenn auch sehr konzentriert: Eine Woche Testfahrt mit der V-Strom in den Süden, dann quasi den geballten Jahresurlaub in viereinhalb Wochen Japan.

Film des Jahres: So richtig geile Blockbuster gab es nicht. Ich habe viel handgemachtes Zeug aus den 80ern und 90ern geschaut, u.a. die alten “Mad Max” und Schwarzenegger-Füilme. Bei neueren Produktionen hatte ich viel Spaß mit dem indischen Actionkracher “Pathaan”, der ist, was Bond-Filme früher mal waren. In Erinnerung bleiben werden mir der sehr spannende “Till Death” und der optisch beeindruckende und clevere “The Creator”, der auch Film des Jahres ist.

Theaterstück des Jahres: “Mord im Orientexpress” bei den Gandersheimer Domfestpielen mit der großartigen Tabea Scholz.

Konzert des Jahres: Marina Santellis Jazz in den Bergen.

Song des Jahres: Musik spielt keine Rolle in meinem Leben. Sie kommt in meinem Alltag praktisch nicht vor. Umso erstaunlicher, dass ich in diesem Jahr gleich drei Songs sehr mochte: Shakespears Sister “All the Queens Horses” und das nach Portishead klingende “This Road” von Poe. Favorit ist aber das wütende “Naked in the Sun” von “The Jordan” aka “The Artist formerly known as Caro Emerald”.

Spiel des Jahres: Ein gemischtes bis schwaches Spielejahr, in dem ich häufig Oldies aus der XBOX 360-Ära noch einmal gespielt habe.

Beim neuen Kram hatte ich viel Spaß mit “Stellar Blade”, “Like a Dragon 8” und dem bezaubernden “Lost Words”. Cool war auch “Robocop”, eine gelungene Double-A-Produktion. Das wichtigste Game des Jahres ist sicher “Senua II”, meine persönlichen GOTY sind aber “Arkham Shadow” auf der Quest 3S und fantastische “Indiana Jones and the Great Circle” auf der Series X.

Scheißspiel des Jahres: “Watch Dogs – Legion”. Was für ein uninspirierter Dreck. Nach wenigen Stunden weggeworfen.

Serie des Jahres: Ich bin kein Seriengucker mehr, das meiste Neue finde ich doof und platt. Eine Offenbarung war die in zwei Staffeln auserzählte “Kevin can f** himself” – völlig grandios geschriebene High-Concept-Serie, die wirklich wusste, wo sie hin will.
Meine persönlichen Entdeckungen des Jahres sind aber Serien aus den 2010er Jahren, wie das sehr clevere “The Newsroom”. Serie des Jahres ist das erstaunliche “The Fall” von 2013. Fällt leider in Staffel 3 auseinander, bis dahin ist es aber grandios.

Buch des Jahres: Wieder deutlich mehr gelesen, was gut ist. Buch des Jahres ist “All´italiana” von Petra Reski – habe viel über italienische Politik daraus gelernt.

Graphic Novel des Jahres: 2024 war ich, auch das erste Mal seit langer Zeit, wieder heftig im Bereich Graphic Novels unterwegs: Das alte “Y – The Last Man” nachgeholt, das aktuelle “Saga” verschlungen, das sehr durchwachsene “Sandman Universe”, als Standalone “The Electric State” usw. Graphic Novel des Jahres ist: “Locke & Key: The golden Age”. Selten so viel Gefühl in solch einem Setting gesehen.

Ding des Jahres: Ganz klar, die V-Strom 800.

Spielzeug des Jahres: Gar nicht leicht zu entscheiden. Es gab dieses Jahr VIELE Spielzeuge: Ich liebe die Heckenschere von Bosch blau, am meisten verblüfft hat mich die Quest 3S. Am Praktischsten sind die neuen Gummistiefel von Dunlop. Am meisten Freude bereiten mir die Teufel-Lautsprecher, die machen mich schon Lächeln, wenn ich sie nur ansehe. Und klingen tun sie auch gut, auch wenn der Waschmaschinengroße Subwoofer selbst ganz runtergedrosselt noch die Mauern von Jericho zum Einsturz bringen kann.

Enttäuschungen des Jahres: “John Sugar”: Retro-Noir-Serie, die nach hinten raus einfach in sich zusammenklappt. “Dune 2” hat krasse narrative Lücken und ist langweilig. “Hypnotic” ist so hanebüchen dumm, dass ich den nicht länger als 5 Minuten ertragen habe. “Bayonetta 3” ist so überfrachtet, dass es keinen Spaß mehr macht. “Azurro” ist ein recht eitles Buch ohne Nutzwert.

Die schönste Zeit verbracht mit: Guten Freundinnen (nicht gegendert) bei interessanten Gesprächen und leckerem Essen. Ihr wisst, wenn ihr gemeint seid!

Anzahl Fiat 500s (seit 2016): Von 3.908 auf 4.614. Ein ziemlich gutes Fiat-500-Jahr

Vorherrschendes Gefühl 2024: “Nicht SCHON wieder!”

Erkenntnis(se) des Jahres: Demokratie muss für jeden liefern. Und wenn sie das Bauchgefühl oder das eigene Portemonnaie nicht befüllt, wählen die Leute ALLES – auch Faschisten.

In diesem Sinne: Ich wünsche einen guten Start in ein hoffentlich weniger schlimmes 2025. (Spoiler: Wird es natürlich nicht. Aber hoffen darf man ja.)

Sprengt Euch beim Jahreswechsel keine Körperteile weg!

@silencer137

#CapCut

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Nekrolog:

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Momentaufnahme: Dezember 2024

Momentaufnahme: Dezember 2024

Herr Silencer im Dezember 2024

“Non puoi piacere a tutti. Non sei una lasagna.”
(“Du kannst nicht von allen gemocht werden. Du bist keine Lasagne.” – Personaltip einer Buffona.)

Wetter: Zwischen 0 und 5 Grad und Nieselregen, es wird den ganzen Monat kaum hell, geschweige denn, dass die Sonne schiene. Regnerische Weihnachten. Letzte Monatswoche frostig-nasse -3 Grad.


Lesen:

Chris Broad: Abroad in Japan
2013 kommt der junge Brite Chris Broad nach Japan. Er soll japanische Lehrkräfte beim Englischunterricht unterstützen. Doof: Er spricht kein japanisch und die japanischen Englischlehrer kaum Englisch.

Chris Broad ist einer der erfolgreichsten Japan-Youtuber und hat mittlerweile eine eigene Bar in Shibuya. Die trägt den Namen “Lost” – und das Buch macht deutlich, wie “Lost” sich Broad in den ersten Jahren in Japan gefühlt hat, und wie er es dann plötzlich schaffte, Dauergast im nationalen Fernsehen zu werden. Faszinierend zu lesen, wie er sich durchgeschlagen hat und Stück für Stück erst die Sprache gelernt und dann das Land zu seinem zuhause gemacht hat.

Sehr lebendig und lustig geschrieben, und nebenbei erfährt man, warum die meisten Japaner kein oder nur schlechtes Englisch sprechen. Allzu tiefe Einblicke in die Gesellschaft oder die Geschichte Japans sollte man aber nicht erwarten. Das Buch ist nach hinten raus reine Nabelschau, ein Behind-the-Scenes des Youtube-Channels.


Hören:


Sehen:

The Penguin [Prime, Kaufoption]
Nach dem Tod von Gangsterboss Carmine Falcone (zu besichtigen im 2022er Kinofilm “The Batman”) herrscht in Gothams Unterwelt ein Machtvakuum. Der kleine Gangster Oswald “The Penguin” Cobb beobachtet genau, wie sich neue Konstellation und Allianzen bilden und alte Feindschaften gären. Als er jedoch im Affekt einen der neuen Bosse umbringt dämmert ihm: Er könnte auch einfach selbst der neue Unterweltkönig von Gotham werden!

Sehr geschickt geschrieben: Egal wie clever sich der Pinguin auch anstellt, seine Feinde und Freunde durchschauen ihn – und TROTZDEM schafft er es, sich aus Situationen herauszulavieren. Die Geschichte ist sehr wendungsreich und spannend. Wie gut das Ding geschrieben ist, merkt man an der Verteilung seiner eigenen Sympathien. Als Zuschauer sympathisiert man anfangs mit dem Underdog Cobblepot, wenige Folgen später schlägt das um und man ist auf der Seite seiner Gegenspielerin. Erfrischend: Diese Serie hält einen nicht für doof. Sie erklärt nicht alles drei Mal, bis es auch die Leute verstanden haben, die nebenbei die ganze Zeit am Handy rumspielen.

Colin Farrell besitzt ja nur die beiden Gesichtsausdrücke “schlimme Verstopfung” und “grimmig”. Unter der enormen und sehr guten Maske des Pinguins erkennt man ihn nicht, und das macht sein Spiel erstaunlicherweise viel besser! Sein Overacting wird durch pfundweise Latex auf ein subtiles Spiel herabgedämpft. Witzig, dass man ihn erst unter einer Ganzkörperprothese verstecken muss, um eine gute Leistung aus ihm herauszubekommen. Oder anders: Interessant, dass man den Schönling Farrell erst in einen hässlichen Gnom verwandeln muss, um ihm ordentliches Schauspiel zu entlocken.


Spielen:

Indiana Jones und der große Kreis [XBOX Series X]
Zwischen “Raiders” und “Last Crusade”: Ein sehr großer Mann bricht ins Marshall College ein und stiehlt die Mumie einer ägyptischen Katze. Die hatte Dr. Henry Jones, Jr. erst vor kurzem in Ägypten ausgebuddelt. Da er seine Katze zurück will, nimmt er die Ermittlungen auf. Eine erste Spur führt in den Vatikan, der 1937 von Mussolinis Schwarzhemden besetzt ist.

Yay, ein Indiana Jones Spiel!
Urgh, ein Indiana-Jones-Spiel aus der Ego-Perspektive?
Yay, es ist von Machine Games!
Urgh, es ist nur für die XBOX?

Wechselbad der Gefühle bei der ersten Ankündigung. Aber: Machine Games haben mit “Wolfenstein” schon bewiesen, dass sie Ego-Perspektive können UND gute Geschichten erzählen wollen. Deshalb hatte ich mir auch nach der Ankündigung, “Great Circle” sei ein XBOX-Exclusive, eine gebrauchte XBOX Series zugelegt. Ja, nur für dieses Spiel. (Später stellte sich dann raus, dass das Game auch für die PS5 kommen wird. Seufz.).

Bereut habe ich den Kauf der Series X nicht. Das neue Indy-Game läuft darauf auch mit dem automatisch geladenen High-Texture-Zusatzpaket perfekt und ruckelfrei, selbst in den großen und detailreichen Arealen.

Das Gameplay besteht aus Erkundung, Rätseln und gelegentlichem Faustkampf. Wie in den Filmen ist Dr. Jones allerdings kein guter Kämpfer – und der Griff zu einer Schusswaffe bedeutet meist Insta-Death. Erstaunlicherweise macht mir das eher langsame Vorgehen hier einen Heidenspaß, zumal fast Erkundungsmission durch eine sehr coole Actionsequenz (häufig in Cutscenes) belohnt wird. Langweilig wird es ohnehin nie, zwischen zwei der großen Hubwelten finden sich kleine Level, die linear ablaufen und die ein Actionfeuerwerk abhalten, das einen wirklich staunen lässt.

Auch wenn die Story um die verschwundene Katze erstmal simpel klingt: Der Plot, der sich nach und nach auftut, steht dem von “Raiders” in nichts nach. Wirklich, “Great Circle” ist sehr gut geschrieben und die Handlung deutlich besser als die der letzten beiden Kinofilme. Mehr noch: Das Spiel ist auch besser inszeniert als die Filme mit Harrison “Kein Bock” Ford. Alle Szenen sind Motion Captured, Kameraführung und Beleuchtung hat man sich von Spielberg und “Raiders” abgeguckt, und das Gespür für situativen Humor stammt eindeutig aus “Crusade”.

Sehr toll: Die Spielfigur sieht in Cutscenes wirklich exakt so aus wie der junge Harrison Ford und spielt so, wie er es in “Raiders” getan hat, inklusive des schiefen Grinsens und der manchmal irrlichternden Augen. Gesprochen und gespielt wird der Charakter von Troy Baker (“The Last of us”), der Harrison Fords gelangweilten Tonfall zwar etwas nasal, aber doch ziemlich gut imitiert.

In Summe: Auch, wenn ich noch nicht ganz durch bin, ist “Indiana Jones and the Great Circle” das beste Indy-Spiel seit “Fate of Atlantis” (und das ist 32 Jahre her!) – und mein Spiel des Jahres. Das Ding macht wirklich Freude.

Batman: Arkham Origins [2013, XBOX 360 Game auf XBOX Series X]
Weihnachtsabend in Gotham: Gangsterboss Roman Sionis befreit Kriminelle aus dem Gefängnis Black Gate und setzt ein Kopfgeld in Millionenhöhe aus. Das Ziel: Ein Gerücht. Denn ob es den schrecklichen Fledermausmann, der angeblich seit einem Jahr Verbrechern das Leben schwer macht, wirklich gibt, weiß man noch nicht sicher.

Im Laufe der Nacht stellt sich raus: Ja, den Batman gibt es wirklich. Der muss sich nicht nur den Profikillern erwehren – etwas anderes und viel Schlimmeres passiert in den Schatten.

Nachdem ich mich im vergangenen Monat in “Arkham Shadow” selbst durch Black Gate geprügelt habe, hatte ich Lust auf mehr Arkham-Universe. “Origins” kam 2013 als Prequel zu “Arkham Asylum” und “Arkham City” heraus, war aber damals von einem anderen Entwicklerstudio gemacht worden.

Ich mochte das nicht und urteilte damals: “Warner Bros. Montreal Studio kloppen irgendeinen Scheiß aus den vorhandenen Figuren und Assets zusammen. Da passen dann auch schlecht designte Rätsel, unfassbar dämliche Speicherpunkte, nicht funktionierende Schnellreisefunktion und einbrechende Frameraten ins Bild: Anscheinend hat dieses Game nie jemand Probegespielt.”

Keine Ahnung, was mich damals so in Rage versetzt hat. Ja, natürlich sind die Assets recycelt und manche Rätsel nicht gut, das erklärt aber nicht diesen Rant. Vermutlich war die PS3-Version einfach schlimm buggy. Die XBOX 360-Fassung jedenfalls läuft, 10 Jahre nach Release, perfekt und ohne merkliche Bugs.

“Origins” recycelt tatsächlich die komplette Stadt vom Vorgängerspiel “Arkham City”, aber durch das winterliche Setting fühlt sich Gotham hier ganz anders an. Schnee weht durch die nächtlichen Straßen, überall hängen Lichterketten und Weihnachtsdeko steht an jeder Ecke.

Die Story ist zwar simpel, der Plot bietet aber etliche Twists und ist teils wirklich sehr, sehr clever geschrieben. Den Höhepunkt der Schreibkunst ist die spielbare Szene nachdem der Joker das erste Mal auf Batman getroffen ist und im Gefängnis laut über ihre Dualität sinniert. Dank des geschickt geschriebenen Monologs denkt die anwesende Psychologin Harleen Quinzel aber, er flirte mit ihr. Hier wird eine gigantische Text-Bild-Scherer aufgemacht, wobei der Text absolut Doppeldeutig ist. Ganz, ganz großes Writing.

Auch im Kontext der anderen Spiele ergibt “Origins” viel Sinn. Der Batman, den wir hier sehen, ist wütender, unbeherrschter und viel brutaler als in den späteren Jahren. Er verweigert jegliche Hilfe, misstraut Commissioner Gordon und legt sich sogar mit Alfred an. Dadurch wird hier ein Grundstein für eine Charakterentwicklung gelegt, die in “Arkham Knight” ihren Abschluss findet. Darin vertrauen dann die Figuren einander und sind eng verbunden, während in “Origins” Misstrauen und Spannungen den Umgang prägen.

“Origins” macht Spaß, ist clever und ein gutes Arkham-Spiel. Woher kommt dann der Ruf als dummes und hässliches Stiefkind der Reihe? Eigentlich ist der unverdient, begründet ist er in einem Mangel an Innovation im Vergleich zu den Vorgängern und einer verhunzten Open World. Nach wenigen Spielstunden ist nämlich die Map von oben bis unten zugeschissen mit Hunderten von Nebenaufgaben. Completionists macht das nervös, aber wer das ignorieren kann, bekommt eine spannende und wendungsreiche Kampagne mit deutlich mehr als 12 Stunden Umfang.

Like a Dragon: Infinite Wealth [2024 PS5]
Ichiban Kasuga sucht seine Mudder – auf Hawaii. Dummerweise sind auch alle Gangs, Verbrechersyndikate und Geheimdienste der Insel und Japans hinter ihr her.

Interessanter Fish-out-of-Water-Ansatz des Yakuza-Epos mit viel frischem Wind. ZU viel frischem Wind.

Von allem ist hier zu viel drin, selbst nach 20 Spielstunden kommt das Game immer noch mit neuen Mechaniken und Features um die Ecke, und mein Kopf explodierte bald vor Dingen, die man machen kann/wissen muss/die storyrelevant sind.

Die Open World ist riesig und umfasst Honolulu, den Tokyoter Stadtteil Kamurocho und die Stadt Yokohama sowie mehreren Inseln. Die Schauplätze sind vollgestopft mit allen möglichen Arten von Aktivitäten: Neben Golf und Baseball und diversen alten SEGA-Games, die sich an Automaten spielen lassen, findet sich sogar ein komplettes Pokemon-Game und ein Aufbauspiel a la “Animal Crossing”. Wer will, kann MONATE in der Spielewelt von “Infinite Wealth” verbringen und diese Spiele spielen, ohne dabei in der Story des Hauptspiels auch nur einen Schritt vorwärts zu kommen.

Hat man verdaut, was einem das Game alles an den Kopf schmeißt und einigermaßen rausgefunden, was wirklich storyreleveant ist und was nicht, gibt es immer noch genug zu tun: Die Spielcharaktere müssen Jobs lernen, Geld beschaffen, Ausrüstung kaufen und jede Figur selbst muss auch leveln. Das gleitet häufig wieder in Grind ab, dieses Mal allerdings nicht ganz so lieblos wie im Vorgänger. Im Gegensatz zu dem hat sich auch das rundenbasierte Kampfsystem verbessert, das nun wesentlich mehr Bewegungsfreiheit und Kombos erlaubt und wirklich viel Spaß macht, auch im zweitausendsten Kampf noch. Der Plot ist wieder spannend und toll inszeniert, auch wenn die Story ziemlich dünn ist.

Ändert aber nichts daran, dass sich das Spiel gerade zu Anfang sehr nach Arbeit anfühlt. Das war auch der Grund, weshalb ich es nach dem Kauf im Januar 2024 angespielt, aber nach 20 Stunden keine Lust mehr hatte und es erst Anfang November wieder angefangen habe.

Erst ab einer gewissen Schwelle, wenn man weiß was man alles NICHT machen muss, welchen Summs man ignorieren kann und wenn die Story endlich Fahrt aufnimmt, wird es besser – ab dem Moment schwankte ich permanent zwischen ehrfürchtigem “Ohgott ich möchte, dass dieses Game nie endet” und angepisstem “Oh nein NICHT NOCH ein Abend lang Fleißaufgaben und Levelgrind”! Die “Arbeit” macht man irgendwann sogar zwei Mal, weil man mit zwei Partys und insgesamt zehn Charakteren unterwegs ist. Um die Hauptstory zu erleben, muss man rund 80 Stunden einplanen. Mit allen Nebenaufgaben, Animal Crossing und Pokemon liegt man vermutlich eher bei 120 bis 150 Stunden.

“Yakuza 8” also seeeeehr lange sehr unterhaltsam, aber alles andere als das perfekte Game, als das die Fachpresse es anpreist. Vermutlich hat das Spiel nur so hohe Bewertungen bekommen, weil die Tester ob des unfassbaren Umfangs entnervt aufgegeben haben. “Komm, nimm die 90er-Wertung, aber lass uns in Ruhe!”

Was ich mir vom nächsten “Like a Dragon” aber wünsche: Keinen Kazuma Kiryu mehr. Der Hauptcharakter der alten “Yakuza” Spiele hat sechs Serienteile plus diverse Spin-Offs und Prequels getragen, ist in der “Like a Dragon”-Welt offiziell schon seit drei Spielen tot, hat schon zwei Mal die Fackel weitergereicht und erhält hier zum gefühlt x-ten Mal seinen Schwanengesang. Ja, die Figur ist eine Legende, und es war nett ihn nochmal zu sehen, was für einen Eindruck er auf andere Charaktere früherer Spiele hinterlassen hat, aber jetzt lasst ihn verdammt nochmal endlich in Ruhe sterben. Passiert vermutlich nicht, denn eine der zweifelhaftesten Aussagen des Spiels ist: Man muss es nur wollen, dann besiegt man auch Krebs.


Machen:


Neues Spielzeug:

Ein CTEK CS One Batterieladegerät. Das Ding ist zu gleichen Teilen cool und eine Unverschämtheit.
Cool: Man kann es nicht verpolen. Es lädt vollautomatisch und ermittelt dafür alleine die richtigen Einstellungen. Es lädt alle Batterietypen (AGM, CCA, Lithium-Ionen). Es besitzt Rekonditionierungs- und Wiederbelebungsprogramme. Es kann als 12V-Stromquelle genutzt werden, z.B. um während eines Batteriewechsels die Fahrzeugssysteme am Laufen zu halten.

Unverschämt: Es besitzt keine Taste. Um Funktionen wie die Rekonditionierung oder Konstantstrom zu nutzen, muss man sich per App mit der Cloud des Herstellers verbinden, sich dort einen Account anlegen, sich einloggen und dann per Bluetooth auf das Gerät gehen. Ich HASSE Geräte, die nur mit Cloudanbindung funktionieren. Zumal man hier dauernd wieder ausgeloggt wird.

Auch unverschämt: Das Gerät ist arschteuer (um die 150 Euro, auch wenn es jetzt im Sale wesentlich günstiger war) und TROTZDEM muss man Dinge wie einen Gummischutz oder ein Anschlusskabel für Peripherie Extra kaufen. Und: Die neuen Stecker sind der letzte Mist (es gibt keine Entriegelung, einmal eingerastet muss man die Nasen mit Kraft auseinanderreißen).

Ich habe es jetzt trotz der Unverschämtheiten behalten. Die V-Strom hat schon eine Dose dafür bekommen und wird nun über den Winter ab und an darüber mit Strom versorgt.


Ding des Monats:

Gummistiefel. Wollte ich mir in Anbetracht steigender Anzahl von Katastrophen, Garteneinsätzen und der Kombination (katastrophale Garteneinsätze) eh mal zulegen. Nach dem erneuten Wasserrohrbruch, während dem ich wieder auf nassen Socken durch die Gegend geflitzt bin, jetzt also Dunlop Purofort + S5 in schwarz. Neoprengefüttert, ölbeständig, Durchtrittschutz, Stahlkappe. Die nächste Katastrophe kann kommen.

Trotzdem seltsames Gefühl. Mein letztes Paar Gummistiefel war knallgelb und hatte noch Entchen auf der Seite. Da war ich fünf.


Archiv Momentaufnahmen ab 2008

Momentaufnahme: November 2024

Momentaufnahme: November 2024

Herr Silencer im November 2024

“MAN BEKOMMT KEIN GELD WIEDER WENN MAN EXTRA LANGSAM AM BLITZER VORBEIFÄHRT!”

Wetter: Anfang des Monats sind die Bäume kahl und es ist neblig, einstellig kalt und viel Regen. Ab Monatsmitte weniger Regen, mehr Frost. Monatsende um die 5 Grad und trocken.


Lesen:


Jeremy Clarkson: home to Roost
Mehr Anekdoten von Clarksons Farm. Zusammengefasst sind hier seine Sunday Times-Kolumnen der letzten 12 Monate. Wie üblich unterhaltsam, aber erzkonservativ.


Hören:


Sehen:

The Sunlit Night [Prime]
Das Leben der amerikanischen Kunststudentin Frances ist ein Traum: Erfolgreich auf ein Stipendium beworben, Model-Freund, eine liebevolle Familie. Bis zu dem Moment wo sich die Eltern scheiden lassen, ihr Freund Schluss macht und sich das “Stipendium” als etwas superabsurdes herausstellt: Frances soll einem knurrigen Künstler dabei helfen, seine Scheune gelb zu streichen und damit zum Kunstwerk zu machen. Die Scheune steht in einem Fjord. In Norwegen.

“Das ist mein Freund. In seinen blonden Beinhaaren verfängt sich Dreck. Ich hasse seine Schultern” – mit solchen Beschreibungen der Ich-Erzählerin fällt dieser Film direkt in die Tür, und dafür möchte man ihn sofort lieben. Leider wird sehr schnell deutlich: Der Film besteht nur aus seltsam-bemühten Momentaufnahmen, die ziemlich Random aneinandergeklebt sind. Vermutlich wäre der Streifen gerne “Amelié in Norwegen”, leider ist er das nicht mal im Ansatz. Das die Schauspieler nicht miteinander spielen hilft nicht wirklich, selbst Gillian Anderson und Zach Galifinikakis stehen ziemlich ratlos in der Gegen herum. Schade.

Despicible Me 4 [2024, JAL]
Ex-Bösewicht Gru macht sich einen neuen Feind. Dummerweise ist der ein Superschurke und hat es nun auf Grus Familie abgesehen. Die geht in Zeugenschutzprogramm – aber wie unauffällig kann eine Familie aus einem Ex-Bösewicht, einer EX-Agentin. drei ADHS-Kindern und eintausend Minions schon sein?

Ich mag die “Ich, einfach unverbesserlich”-Filme sehr gerne. Die sind nämlich in vielen Szenen inszeniert wie die alten “Nackte Kanone”-Streifen: Im Vordergrund wird ernst durchgespielt, während im Hintergrund das Chaos tobt und Running Gags bis zum get no durchgezogen werden. Blink and you missed it. Das passiert auch hier wieder und ist hoch vergnüglich, täuscht aber nicht über die vorhersehbare Story hinweg. Auch ärgerlich: Die Super-Minions sind ein Element, das im Film so gar nicht funktioniert und sehr offensichtlich nur wegen Merch-Verkäufen drin ist. Oder das ist die Vorbereitung für ein weiteres Minions-SpinOff, aber dafür ist es eigentlich zu scheissig gemacht.

Fly me to the Moon [2024, JAL]
Kennedy hat verkündet, dass man bis zum Ende der Dekade auf dem Mond gewesen sein will. Nun ist schon 1968, viel Zeit bleibt nicht mehr bis zum Ende des Jahrzehnts, und daher arbeitet Channing Tatum sehr ernsthaft am Weltraumprogramm der NASA.

Was er braucht: Mehr Geld und mehr Leute.
Was er nicht braucht: Die PR-Tussi Scarlett Johansson, die das Mondprojekt dem Kongress und der Bevölkerung “verkaufen” und so finanzieren soll.

Allerdings ist sie dabei sehr erfolgreich, bald sprudelt Geld aus Werbedeals und Amerika ist im Weltraumfieber. Dann kommen die Bedenken: Was, wenn die Mondlandung fehl schlägt? Fällt Amerika dann nicht in eine kollektive Depression, und die Russen lachen sich ins Fäustchen? Wäre es nicht besser, man ginge auf Nummer sicher und inszenierte die Mondlandung gleich im Studio, um sie live im TV übertragen zu können?

Seltsamer Film. Wirkt ein wenig als habe er ADHS. Vergnüglich, ohne Frage, aber irgendwie unfokussiert und sprunghaft. Keine Storyline konzentriert sich, alles wirkt sehr zusammengemischt. Als wäre sie für Leute, die beim schauen permanent auf´s Handy gucken und nur die Hälfte mitbekommen – geschrieben VON Leuten, die beim Machen des Films die Hälfte der Zeit auf´s Handy geguckt haben. “Ey, was wäre wenn die Johansson nicht nur eine PR-Tussi wäre, sondern auch eine Trickbetrügerin?” “Könnte sie nicht auch noch Piratin sein?” “Tolle Idee!!”

Leider taugen auch die Darsteller nicht als Klebstoff für dieses Konstrukt. Channing Tatum und Scarlett Johansson sind zwar ausnehmend schöne Menschen, haben aber überhaupt kein Charisma – Folgerichtig entwickeln diese Teflon-Schauspieler auch zusammen keinerlei Chemie.

Letztlich ist “Fly me to the Moon” eine unterhaltsame Nummernrevue mit schönen Menschen in schönen Kulissen, aber herzlos und ohne Charme und echten Witz. Nicht mal als Dokudrama taugt er, denn der Stoff ist frei erfunden – was Verschwörungsmystiker natürlich nicht glauben.

Deadpool & Wolverine [2024, JAL]
Deadpool gräbt Wolverine aus und macht mit ihm gemeinsam das Marvel-Multiverse unsicher.

Wie Meta kann ein Film sein? Deadpool & Wolverine: JA!!!!!

Was hier an Dekonstruktion aufgefahren wird ist beachtlich, sehr unterhaltsam und äußerst blutig. Dabei funktioniert der Film weniger als die Vorgänger über Pipi-Kaka-Witze als vielmehr Style over Substance. Die vielen Cameos und Insidergags haben mich echt staunen lassen. Auch wenn der Plot Banane ist, spürt man hier an jeder Ecke die Liebe zum Material. Für Fans von Marvel – und für solche, die schon immer mal sehen wollten, wie klassische Marvel-Figuren und Timelines übern Deister gehen.


Spielen:

Batman: Shadow of Arkham [2024, Meta Quest 3S]
Zwischen “Batman: Arkham Origins” und “Arkham Asylum”: Gotham brennt. Brandstifter sind die Anhänger des Kultführers “Rat King”. Über den weiß man nichts, und seine Anhänger schweigen eisern. Batman beschließt sich in Verkleidung unter die Kultisten zu mischen, und lässt sich in das legendäre “Black Gate”-Gefängnis sperren.

Woah. Ich bin amtlich beeindruckt. “Shadow of Arkham” orientiert sich stark an “Arkham Asylum”: Mit Black Gate gibt es einen ähnlich gestalteten, räumlich begrenzten Schauplatz, der aber viel Abwechselung bietet. Beeindruckend ist vor allem die gelungene Übertragung in die virtuelle Realität. Als Kleinkrimineller “Matches” Malone läuft man durch das Gefängnis und belauscht Insassen, als Batman gleitet man über die Gassen Gothams, löst Rätsel und prügelt sich durch Gegnerhorden.

Nahezu jedes Gameplay-Element der Arkham Reihe wurde hier umgesetzt. Es gibt das Freewlow-Kampfsystem, es gibt die Predator-Passagen, in denen man lautlos und aus den Schatten heraus Feinde ausschalten muss, und es gibt die Detektivsicht, die beim Rätseln hilft – aber all das aus der Ego-Perspektive, dreidimensional und mitten im Raum! Und alles funktioniert nahezu reibungslos und flüssig. Freilich artet das in Sport aus, wenn man während der Kämpfe minutenlang Luftboxereien austrägt – aber wenn ich nach einer Massenkeilerei schwer atmend mitten in meinem Wohnzimmer stehe, um mich herum die bewusstlosen Körper der Ratten-Kultisten, dann ist die Immersion wirklich immens. Und der Muskelkater am nächsten Tag ist real, nicht virtuell.


Machen:

– Den Yaris ein ums andere Mal in die Werkstatt bringen.
– Mir den Arsch abarbeiten.


Neues Spielzeug:

Eine VR-Brille, eine Meta Quest 3S. Ich sage es nicht gerne, aber ich bin echt beeindruckt: Facebook hat hier viel richtig macht. Die Entwicklungssprünge bei VR und AR in den ergangenen Jahren waren doch erheblich. So braucht es mittlerweile kein Kamerasetup mehr, keine UV-Strahler und keinen leistungsstarken Rechner, an den ein schweres Headset mit pixeliger Auflösung angeschlossen wird. Bei der Quest 3S ist alles integriert – aufsetzen und loslegen. Anwendungen schweben frei im Raum und lassen sich mit den Händen bedienen, ähnlich wie in “Minority Report”. Wer es präziser braucht, kann kleine Controller in die Hand nehmen und die virtuelle Umgebung mit kleinen Sticks und Tasten steuern. Über ein Client-Programm ist es möglich den Inhalt des eigenen Rechners frei im Raum schweben zu lassen und daran zu arbeiten – ein Notebook bekommt so z.B. ein riesiges (und für andere unsichtbares!) Display.

Youtube oder Prime laufen auf der Quest, und das Ergebnis ist beeindruckend: Plötzlich schwebt ein riesiger Kinobildschirm im eigenen Wohnzimmer oder in einer virtuellen Umgebung. Mehr Apps und Games gibt es im Meta-eigenen Store. Die Spiele sind dabei beeindruckend: Der Klassiker “Beat Saber” läuft super, technisch und spielerisch haben hier aber “Arkham Shadow” (s.o.) oder “Assassins Creed Nexus” die Nase vorn. Deren Grafik bewegt sich ca. auf dem Niveau einer XBOX 360, aber das tut dem Spaß keinen Abbruch, eben weil alles flüssig läuft und man mitten drin ist.

Die Meta Quest 3S teilt sich die technische Basis des bessern Modells Quest 3, spart sich aber einen LIDAR-Sensor und setzt auf ein altes Optiksystem aus Fresnell-Linsen. Die erzeugen in sehr dunklen oder sehr hellen, monotonen Umgebungen einen leichten Halo-Effekt, in Games oder Filmen fällt der aber nicht auf. Der fehlende Radar-Sensor ist gar nicht zu bemerken, der wird durch bessere Kameras und Software kompensiert. Toll ist die dynamische Soundberechnung, die durch die im Brillenband verbauten Minilautsprecher ausgegeben wird. Tonquellen lassen sich präzise im virtuellen Raum orten und verändern den Klang und die Lautstärke, wenn man sich ihnen nähert. Das trägt wesentlich zur Immersion bei.

Eigentlich macht die Meta 3S all das, das die Apple Vision Pro auch tut. Vielleicht nicht in derselben Qualität, aber dafür kostet sie nur 329 Euro, nicht 4.000. Für mich noch wichtiger: Man kann die Quest 3S mit Brille nutzen. Das ist gut, denn so kann auch ich das Headset nutzen – anders als die Apple Vision Pro, denn unter der ist keine Brille möglich, und optische Einsätze mit 12 Dioptrien gibt es nicht.

Investieren sollte man als Brillenträger unter der Quest 3S dann allerdings in einen Linsenschutz, z.B. von VR Optiker – sonst kann es sein, das die Brille die Linse im Headset verkratzt. Auch sinnvoll: Eine Kopfhalterung aus dem Zubehörhandel, denn der Standard-Strappen taugt nicht für wilde Sessions a la “Shadow of Arkham” (s.o.).

Alles in allem das perfekte Headset für den Einstieg in VR und AR, wenn man bereit ist, sich in das Ökosystem von Facebook zu begeben.


Ding des Monats:


Archiv Momentaufnahmen ab 2008

Momentaufnahme: Oktober 2024

Momentaufnahme: Oktober 2024

Herr Silencer im Oktober 2024

“Summimasen, watashi wa doitsunindesu. Watashi wa nihongo o hanasemasen.”

Wetter: Anfang des Monats in Tokyo mit tags wie nachts 25 Grad und 85 Prozent Luftfeuchtigkeit sehr schweißtreibend. Ende des Monats Regen und mit 12 bis 15 Grad deutlich kühler.


Lesen:

Jason Schreier: Play Nice. The Rise, Fall, and Future of Blizzard Entertainment
Der Titel sagt es schon: Die Geschichte des Gamestudios Blizzard, das weltweit erfolgreiche Spiele wie Warcraft, World of Warcraft, Starcraft, Diablo oder Overwatch macht. Nachgezeichnet wird die Unternehmensgeschichte von den Anfängen als Anhängsel eines Verlags für Lernmedien, über die Zeit unter Activison und die Knechtschaft unter Bobby Kotick bis hin zur Übernahme durch Microsoft im vergangenen Jahr und der enttäuschten Hoffnung auf eine bessere Zukunft.

Jason Schreier ist der Starjournalist der Gamingszene, und ich liebe seine Berichte bei Kotaku bzw. Bloomberg und sein erstes Buch, das grandiose “Blood, Sweat and Pixels”. Aus dem stammt das Zitat:

“Hier ist eine andere Theorie: JEDES Videspiel wird unter Ausnahmebedingungen produziert. Wie auch sonst? In Videospielen kommt Kunst und Technik zusammen, und beides ändert sich zu schnell um planbar zu sein. Es ist, als ob man jedes Mal, bevor man einen Film dreht, eine neue Kamera erfinden muss. Und während man filmt, wird jeden Tag das Drehbuch umgeschrieben.”

Der Nachfolger, “Press Reset”, war dann schon nicht mehr ganz so dolle. Trotzdem: Schreier wirft Detail- und Kenntnisreiche Blicke hinter die Kulissen. Die Bücher sind dabei in Kapitel gegliedert, jedes widmete sich einem Game bzw. einem Studio. Das war mir oft ein wenig zu kurz, bei manchen der Insiderstories hätte ich mir einen längeren Text gewünscht.

Den gibt es hier, das gesamte, 400 Seiten starke Buch widmet sich ausschließlich Blizzard, einem der wichtigsten und vielleicht das erfolgreichste Gamestudio der Welt – und ausgerechnet der Firma, von der ich noch nie ein Spiel gespielt habe. Macht aber nichts, ich kann auch so Spaß daran haben, hinter Kulissen zu blicken und zu erfahren, wie Firmen ticken und wie ihre Produkte entstehen. Dachte ich.

Leider ist dem nur zum Teil so. Der Spaß geht mir ab, wenn Schreier Blizzard kontinuierlich als einen Laden beschreibt, der als Bro-Bude anfängt und dessen Gründer beim ersten Winken mit Geld in Sportwagen rumfahren, während sie ihrer Belegschaft erzählen, dass man leider, leider keine Löhne zahlen kann, von dem die Angestellten leben könnten. Aber man arbeite ja für Rum, Ehre und SPASS bei Blizzard. Das ist ab Anfang unerträglich, wird aber bis kurz vor Ende des Buches von Schreier als etwas einzigartiges und Tolles gezeichnet – erst in der späten Activision-Phase und im Zusammenhang mit den Gerichtsverfahren wegen Sexorgien in der Führungsriege des Unternehmens wird der Ton skeptischer.

Man merkt dem Buch an, wieviel Arbeit darin steckt und wie viele Interviews Schreier geführt hat. Aber auch das ist irgendwann ein Problem, wenn der Autor sich in der Masse an Quellmaterial verheddert. Wenn auf jeder zweiten Seite fünf neue Personen eingeführt werden, deren Leben und Karriere irgendwann später oder nie wieder aufgegriffen wird, geht irgendwann Übersicht und roter Faden flöten. Vermutlich hätte es dem Ganzen gut getan, wenn man sich entweder stärker auf die Firmengschichte oder die Entstehung der Games oder auf die Stories der Personen konzentriert hätte und die anderen Bereiche jeweils kürzer gefasst hätte. So wandert der Fokus hin und her und macht es manchmal nicht einfach den, häufig nicht chronologisch erzählten, Stories zu folgen.

In Summe ein interessantes Buch, das aber seltsam ambivalent rüberkommt: Begeisterung bzw. deplatzierte Neutralität gegenüber einem ausbeuterischen Scheißladen, der nie so benannt wird und die Geschichten von Personen und Spielen, die leider in zu vielen persönlichen Details absaufen. Oder anders: Über Blizzard hätte ich gerne weniger gewusst. Als nächstes bitte Ubisoft oder Ryu Ga Gotoku, Herr Schreier.

Saskia Fröhlich: Introvertiert – Na und?
Was bedeutet es, introvertiert zu sein? Was unterscheidet introvertierte und extrovertierte Persönlichkeiten, wie sind die Bedürfnisse? Was für Mythen gibt es? Wie wirkt sich Introvertiertheit in Partnerschaften aus? Wie kann man mit Introvertiertheit in bestimmten Situationen umgehen?

Saskia Fröhlich ist selbst heftig introvertiert, gleichzeitig eine wirklich gute Comedienne und bekannt auf TikTok und Youtube. Tatsächlich hatte ich beim Lesen die ganze Zeit ihre Stimme im Kopf (“Willkommen in meiner kleinen Scheiß-Drecksküche!”), was absolut passend ist – denn das Buch ist so geschrieben, wie Saskia sich in ihren Videos gibt.

Die Erklärungen zu Introvertiertheit (Sie verwendet den Begriff “Introversion”, der macht mir Brrr) sind gut und amüsant zu lesen, zumal auch viele persönliche Situationen geschildert werden. Das persönliche ist eine Stärke und gleichzeitig eine Schwäche des Buchs.

Mir hat ein Blick über den Tellerrand des persönlichen Erlebens gefehlt, oder zumindest ein etwas deutlicherer Hinweis darauf, dass Introvertiertheit ein Spektrum darstellt: Sie kann sich so krass wie bei Saskia äußern, muss es aber nicht. Eine grobe Skala wird lediglich im Kapitel über Partnersuche erwähnt. Da die unterschiedlichen Ausprägungen von Introvertiertheit aber echt wichtig sind, werden jetzt viele Introvertierte da draußen ins Grübeln kommen – ich mag Partyspielchen, bin ich jetzt doch nicht introvertiert?

Flockig zu lesen und die Zielgruppe, jüngere Introvertierte, finden hier Erklärungen zu ihren Bedürfnissen und beruhigende antworten auf die Frage “Stimmt mit mir etwas nicht, wenn ich Zeit für mich brauche und mich soziale Situationen erschöpfen?” . Als gefestigterer Mensch erfährt man (vermutlich) wenig Neues über sich selbst.


Hören:


Sehen:

Die junge Frau und das Meer [JAL, auch Disney+]
New York, 1926: Gertrude Ederle ist die Tochter eines deutschen Einwanderers. Deshalb kann sie etwas, was amerikanische Mädchen nicht können: Schwimmen. Und das sogar so gut, dass sie trotz widrigster Umstände Goldmedaillen erschwimmt. Dann setzt sie sich in den Kopf den Ärmelkanal zu durchqueren. Dass sie das Potential dazu hat, macht ihren Trainer, dessen großer Traum auch die Kanalquerung ist, neidisch – keine guten Voraussetzungen.

Faszinierender Film, der die Diskriminierungen zeigt, denen Frauen vor 100 Jahren ausgesetzt waren. Um das zu tun und damit Trudes Leistungen gebührend zu würdigen flunkert er hier und da bei der Story – auch dort, wo es eigentlich nicht nötig wäre. Schade, sowas verdirbt mit ein Biopic immer ein wenig. Spielt aber keine große Rolle, am Ende habe ich trotzdem geheult. Hervorragende Ausstattung, wundervoll gefilmt, Daisy Ridley in sehr guter Form.


Spielen:


Machen:
Den Monat in Japan verbringen.


Neues Spielzeug:


Ding des Monats:


Archiv Momentaufnahmen ab 2008

Momentaufnahme: September 2024

Momentaufnahme: September 2024

Herr Silencer im September 2024

“Mache ich, wenn die Zeit dafür gekommen ist!”

Wetter: Anfang des Monats sommerlich heiß mit 25 bis 30 Grad, dann stürzen die Temperaturen auf tagsüber 15 und nachts einstellig. Gebietsweise viel Regen – in Osteuropa so viel und so schlimme Überschwemmungen wie noch nie. Monatsende winterlich kühl bei 6 Grad.


Lesen:

Petra Reski: All´Italiana: Wie ich versuchte, Italienerin zu werden
Italienische Staatsbürgerin werden oder nicht? Diese persönliche Frage der venezianischen Journalistin Petra Reski bildet die Rahmung für einen Streifzug durch die Zeit. Der ist manchmal persönlich und erzählt von ihrer Ankunft, Sozialisierung und Arbeit in Italien, begleitet aber auch die die politischen Geschehnisse des Landes von den 1990ern bis heute: Die Mafiamorde an Borsellino und Falcone, erinnerungswürdige Interviews und immer wieder der Würgegriff von Berlusconi sind chronologisch aufbereitet und erlauben tiefe (und zum Glück wertende!) Einblicke in ein Italien, das so in der deutschen Wahrnehmung selten stattfindet.

Hier wird kein “Bella Italia” verklärt oder “Azurro”-vernebelten Wohlfühlanekdoten nachgehangen. Reski findet im Schlimmen immer noch das Schlimmere, resigniert erstaunlicherweise aber nie. Auch dann nicht, als deutsche Gerichte die Zensur ihres Buchs über Mafia in Deutschland anordnen.

Faszinierend, toll geschrieben, kurzweilig und: Zu kurz.


Hören:


Sehen:

Wolfs [2024, Apple TV+]
George Clooney beseitigt Probleme und Hinterlassenschaften anderer Leute. Schnell, diskret, keine Fragen. Niemand tut und kann, was er tut – denkt er. Bis eines Nachts Brad Pitt im Türrahmen steht und den gleichen Auftrag hat wie Clooney: Eine Leiche verschwinden lassen.

Überraschender wie stylisher Thriller, der sich und seine Protagonisten nicht ganz ernst nimmt. Regisseur und Drehbuchautor John Watts weiß ganz genau, was seine Stars können und was er von ihnen will, und Clooney und Pitt liefern. Immer wieder findet hier Kommunikation nur über Blicke oder bedeutungsschwangeres Schweigen statt. Die Verdichtung der Handlung auf eine Nacht in einem winterlichen, Max-Payne-artigen New York ist ein hervorragender Kniff. Spannender und ungemein cooler Film, und der erste, der mich allein durch eine Kameraeinstellung zum Lachen brachte.

John Sugar [2024, Apple TV+]
Colin Farrell ist ein knallharter Privatdetektiv in Los Angeles. Sein Auftrag: Eine entführte Millionenerbin finden.

Neo-Film Noir in modernem Setting, mit einem Colin Farrell, der mal wieder cool sein darf und nicht die ganze Zeit guckt, als hätte er Verstopfung? Count me in, ich LIEBE Film Noir. Von “John Sugar” allerdings fühle ich mich betrogen. Unique Selling Point beim Pitch war wohl ein Genremix, und dass….

SPOILER!
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…die Geschichte kurz vor Schluss darin abgleitet, dass John Sugar und seine Partner allesamt Außerirdische vom Planeten Pups sind und nur nach Hause wollen Das ist eine lustlose wie merkwürdige Auflösung.
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Spoilerende!

In der Summe: Bis Folge sechs verworren erzählte Geschichte, die kurz vor knapp mit einem Deus Ex Machina-Moment aufgelöst wird, der so herbeihalluziniert wirkt als hätte eine KI nicht nur der Vorspann gemacht, sondern auch das Drehbuch geschrieben. Bäh.

Stranger than Fiction [2006, BluRay]
Will Ferell ist kleiner Beamter beim Finanzamt. Er lebt allein, in einem geordneten, sich stets wiederholenden Leben. Das wird durcheinandergebracht, als er eines Tages eine Stimme hört, die jede seiner Handlungen beschreibt und sogar seine Gedanken ausspricht. In seiner Not wendet er sich an Literaturprofesssor Dustin Hoffmann, der zu dem Schluss kommt: Ferrell ist eine literarische Figur. Jetzt muss er nur noch den Autor finden, der seine Geschichte schreibt.

Netter kleiner Film, der nicht überraschend ist, aber zum Ende hin mit einem tollen Dilemma aufwartet. Ich mag Will Ferrell eigentlich nicht, aber hier spielt er ernst und überzeugend. Der Rest des Casts ist großartig: Magie Gyllenhaal ist fantastisch und Dustin Hoffman liebt seinen knarzigen Professor. Nur Emma Thompson overacted ins schwer erträgliche, aber nun.


Spielen:


Thank Goodness you´re here![2024, Switch]
Ein viel zu kleiner Handlungsreisender kommt in eine kleine Stadt und muss für die Bewohner zahlreiche Aufgaben erledigen.

Trailer:

Skurriles, kleines Game mit abwechslungsreichen Minispielchen. Teils sehr lustig, manchmal ärgerlich, weil man stundenlang die Wimmelbilder auf der Suche nach der nächsten Aufgabe absuchen muss.

Star Wars Outlaws [2024, PS5]
Vor “A New Hope”: Kay Vess ist eine junge Hackerin und Diebin. Sie träumt vom Coup und einem eigenen Schiff, um endlich ihren Heimatplaneten verlassen zu können. Tatsächlich bekommt sie die Gelegenheit zu einem großen Bruch, aber der geht schief und sie flüchtet in einem Privatraumschiff des Verbrecherkönigs, den sie ausrauben sollte. Jetzt hat sie zwar ein Schiff, aber dafür Kopfgeldjäger am Hacken und jede Menge anderer Probleme. Bleibt nur: Eine kriminelle Karriere als Outlaw einschlagen und Jobs in den heruntergekommensten Kaschemmen des Outer Rim annehmen.

Auf dem Papier ein interessantes Ding: Ein Star Wars Game mit einer Open World, aber ohne Jedi. Spieltechnisch hat UbiSoft hier ein Assassins Creed im Weltraum gebaut, mit starkem Stealth-Anteil.

Zum Release erschien das Game leider sehr buggy. Figuren glitschen durch Wände, Speicherpunkte sind absurd weit auseinander, Kletterpassagen manchmal Glücksspiel. Ein halbes Jahr Polish hätte dem Spiel gut getan, um zumindest diese Unschönheiten zu beseitigen.

Das hätte freilich nichts an den Gameplay- und Storyschwächen geändert. Der Start ist erzählerisch äußerst schwach und zieht sich ewig hin. Ich kann jeden verstehen, der nicht über den Prolog hinauskommt – das Spiel präsentiert sich zum Einstieg als so langweilig, dass man sich fragt, warum man seine Zeit damit verbringen soll. Zumal es oft nicht hübsch ist: Unbewegliche Holzgesichter und teils steife Animationen lassen einen unweigerlich fragen, warum Ubisoft selbst mit der neuen SnowDrop-Engine überhaupt keinen Wert auf sowas legt.

Wenn die Story losgeht wird es zwar besser, aber dann schlägt auch die Open World mit all ihren Schattenseite zu: Kay wird mit Aufträgen derart vollgeschissen, das es nicht mehr lustig ist. Es gibt drei Verbrechersyndikate, und wenn man für ein Syndikat arbeitet, werden die anderen Fraktionen sauer. Um alle bei Laune zu halten, muss man sich in Such- und Fetch-Quests den Arsch abzuarbeiten.

Dabei ist keine der Aufgaben in “Outlaws” einfach. Selbst für eine simple Aufrüstung des Blasters muss man halb Tatooine absuchen, bis man endlich einen (ständig den Standort wechselnden) Java findet, für den man dann wieder eine halbe Stunde irgendwelchen Blödsinn machen muss, bis man endlich das das benötigte Teil aus ihm rausschütteln kann.

Was das Gefühl des “Ich spiele hier nicht, das ist ARBEIT” angeht, sind die Hauptmissionen allein schon schlimm genug: Die Questketten sind zwar meist nett gemacht und gut geschrieben, aber VIEL zu lang.

Beispiel: Kay braucht einen Mechaniker. Um den zu bekommen, müssen wir:
– auf einen Planeten fliegen,
– eine Stadt erkunden,
– 10 Minuten im Dschungel nach dem richtigen Weg suchen,
– in eine imperiale Basis einbrechen,
– ein Rätsel lösen,
– den Mechaniker brefreien,
– wieder 10 Minuten durch den Wald fahren,
– eine Info suchen und finden,
– 10 Minuten durch den Wald fahren,
– einen Schrotthändler suchen und befreien,
– 10 Minuten über einen See fahren,
– des Schrotthändlers Schrott finden,
– 5 Minuten den Schrott des Schrotthändlers verfolgen, der von fliegenden Schrotthändlerschrottdieben geklaut wurde,
– in ein Syndikatscamp einbrechen,
– 10 Minuten über einen See fahren,
– in eine imperiale Basis einbrechen,
– ein Rätsel lösen,
– ein Feuergefecht überstehen
…und SCHON ist der Mechaniker bei uns. Easy, oder?

Das ist leider ein Muster. Nichts in “Outlaws” ist einfach, immer kommt noch mehr um die Ecke geschissen. Dadurch stellt sich auch kein “Ach, nur noch eine Mission”-Gefühl ein, weil an jedem vermeintlich kleinen Ding ein stundenlanger Rattenschwanz hängt. Keine Quest ist kurz und auf den Punkt, alles ist endlos kompliziert und dauert viel zu lange.

Ja, das fühlt sich so nach Arbeit an, wie es klingt. Oder man ignoriert den ganzen Bumms und die Fertigkeitenbäume und die Schiffs- und Speeder- und Ausrüstungsbäume und konzentriert sich nur auf die Hauptgeschichte. Das geht nämlich. Der Preis dafür: In der Endmission hat man es deutlich schwerer, und ohne eine Syndikatsbindung rutscht man in ein recht generisches oder sogar schlechtes Ende. Das sagt einem das Spiel aber nicht! Wüsste man, WARUM man endlos Zeit in die Aufrüstung von Schiff, Blaster und Syndikatquerelen stecken sollte, wäre das ja OK. So aber begreift man nicht, warum man abseits der Hauptstory überhaupt irgend etwas machen sollte.

Wenn wenigstens das Gameplay knackig wäre und Spaß machen würde! Das tut es aber nicht: Die Fahrzeuge, allen voran der Speeder, steuern sich schrecklich. Kletterpassagen sind unpräzise. Shooterpassagen funktionieren nur mäßig, weil das Deckungssystem schlecht ist und die Medipacks ewig brauchen um auszulösen (was man aufleveln kann, wenn man genug Javas schüttelt, aber auch das muss man sich erarbeiten). Der Controller ist so schlimm belegt, dass die Spielfigur statt zu laufen häufig mitten im Feuergefecht anfängt zu schleichen. Die Levelarchitektur ist so verwirrend, das ich des Öfteren auf Youtube gucken musste, wo der Ausgang aus einem Raum ist. Und die Schleichpassagen sind repetitiv, zu häufig und bei etlichen Missionen muss man ganz von vorn anfangen, wenn kurz vor Levelende ein Alarm ausgelöst wurde. Im Gamedesign aus der Hölle stecken sogar noch Eskortmissionen, was mich laut “Wollt ihr mich hier eigentlich verarschen??” rufen ließ.

Also alles schlimm? Erstaunlicherweise hatte ich doch ein wenig Spaß mit “Outlaws”. Die Umgebungen, Planeten, Städte und Raumschiffe sind toll designed und vermitteln echtes Star Wars-Flair. Endlich mal kein Jedi zu sein ist cool, Kay und die anderen Figuren (übrigens fast allesamt weiblich, egal welcher Spezies) sind interessant gestaltet, auch wenn sie wenig Charakter haben und keine Entwicklung durchmachen.

Nix, das fluffige Haustier, das aussieht wie eine Miniausgabe von Toothless aus “How to tame a Dragon”, ist nicht nur niedlich, das kleine Viech kann Wachen ablenken, Dinge stehlen und Kabel durchbeißen und so Explosionen auslösen. Das ist nett und macht Spaß. Und gegen Ende, auf die letzten zwei von 27 Stunden, wird sogar die Geschichte ganz gut.

In der Summe ist “Outlaws” ein extremer mixed Bag. Manche Systeme sind völlig overengineered, wie die Abendessen mit Haustier Nix, andere liegen in Trümmern, wie das Speederbike-Fahren. Überall blitzen feine Ideen durch, wie die, dass man Dinge von Personen lernt, die man trifft – eine nette, wenn auch mühselige Variante der Skilltrees. Wenn nur die Arbeit in der Open World nicht wäre! Ich behaupte mal: Ohne dieses ganze offene Gedöns und als lineares Spiel a la “Uncharted” hätte “Outlaws” besser funktioniert. So schimmert an vielen Stellen das Potential durch, was dieses Game hätte sein können und sollen – aber alles ist erstickt in Open-World-Beliebigkeit und roh wegen des fehlenden Polishings.

Alles kein gutes Zeichen für “Assassins Creed Shadows”. Aber das wurde auch gerade um vier Monate verschoben, lt. Ubisoft wegen der “Learnings aus dem Start von Outlaws”. Der hatte tatsächlich die Ubisoft-Aktie abstürzen lassen.


Machen:
Arbeiten, lang und schmutzig
ein letztes Mal DAS HAUS betreten


Neues Spielzeug:


Ding des Monats:


Archiv Momentaufnahmen ab 2008

Momentaufnahme: August 2024

Momentaufnahme: August 2024

Herr Silencer im August 2024

“A me basta di sapere che mi pensi anche un minuto.”

Wetter: Sonnig und warm, Mitte des Monats dann heiß mit über dreißig Grad. In der zweiten Monatshälfte fallen die Temperaturen um. Es wird mit 14 Grad kühl und fühlt sich nach Herbst an, dann reißt es noch einmal auf 30 Grad hoch, und unmittelbar danach stürzen die Temperaturen nachts ins einstellige. Sie letzte Woche ist dann ein Auf und Ab: Tags bis zu 28, nachts mal 16, mal 9 Grad. Den ganzen Monat über kein Regen.


Lesen:

Wolf Schneider: Deutsch für junge Profis – Wie man gut und lebendig schreibt
Gelungene Einstiege, für Leser:innen spannenden Schreibweise, unnütze Worte die weggelassen werden sollten, vermeintliche und echte Sprachtabus – Journalisten-Urgestein und Sprachprofi Wolf Schneider gibt Tipps für die Praxis, hier mit dem Fokus auf Online-Medien. Wie schreibe ich für Twitter (das Buch ist schon älter), für Blogs, für Webseiten?

Locke & Key: The Keyhouse Compendium
Rendell Locke wird bei einem Überfall getötet. Seine Witwe zieht mit den drei Kindern in ein altes Haus, das seit 300 Jahren im Besitz von Rendells Familie ist und den Namen “Keyhouse” trägt.

Der Name ist Programm, die Locke-Kinder entdecken seltsame Schlüssel im Haus. Die sind magisch, öffnen Türen zu weit entfernten Orten, den eigenen Kopf oder ermöglichen Gestalt- und Geschlechtwandelei.
Dummerweise ist noch jemand anderes hinter den Schlüsseln her. Letztlich müsse die Locke-Kinder die Jugendfehler ihres Vaters ausbaden.

Ich hatte auf Netflix einen Trailer zur Verfilmung gesehen und “Locke & Key” als Geschichte für Kinder abgetan. Wie falsch ich damit lag! Ja, Kinder bzw. Teens sind die Protagonisten der Story, aber der Plot gleitet spätestens ab dem zweiten Akt ins richtig Düstere ab, bedient sich Horrorelementen und kommt nicht unbedingt zu einem Happy End.

“Das Keyhouse Compendium” enthält auf fast 1.000 dünnen, aber hochfesten und exzellent gedruckten Seiten die gesamte Reihe, die von 2008 bis 2013 veröffentlicht wurde. Hat Längen, aber nicht viele. Erreicht nicht die Qualität des “Golden Age”-Bands, bringt aber genug Ideen mit um immer wieder zu überraschen und die Spannung zu halten. Schön gezeichnet, durchgesuchtet.

Marc-Uwe Kling: Views
Im Harz wird ein junges Mädchen von drei Afrikanern überfallen, vergewaltigt und ist dann verschwunden. Von der Tat kursiert ein Video in den sozialen Medien. Mit den erwartbaren Folgen: Die BILD fährt eine Kampagne gegen Ausländer, die üblichen Politiker fordern Abschiebungen, die AFD hetzt und rechte Influencer gründen “AH” – den “Aktiven Heimatschutz”. Die Polizei reagiert schnell und sucht überall nach Spuren, findet aber überhaupt nichts. Stattdessen kommt es im Land zur Selbstjustiz.

Was mir gefällt: Ein hochgefährliches Szenario, gnadenlos durchgespielt und beschrieben von jemandem, der sich mit Social Media und aktueller Technik auskennt – selbst ChatGPT hat einen Auftritt.

Was mir nicht gefällt: Kling hat anscheinend Tech- und Plotpoints an ein Bord gepinnt, mit einem sehr groben, roten Wollfaden verbunden und das ganze Ding in drei Wochen runtergeschrieben. Wie er in der Geschichte von A nach B kommt ist meist zweitrangig und holprig erzählt. Im Zweifel hat die Protagonistin halt eine Intuition und steht dann am nächsten Plotpoint. Um die gröbsten Unebenheiten zu glätten, wurde ein wenig sozialer Kitt aus dem Leben der Hauptfigur drübergeschmiert, was den Flow nicht verbessert.

Dazu kommt der leicht unfokussierte Schreibstil, den ich schon in “Qualityland” nicht mochte und der mit popkulturellen Anspielungen und ungeschickt eingeflochtenem Wissen überladen ist. Das Tatopfer heißt Lara Palmer – hier, fast wie die in Twin Peaks, kennste, kennste? – Das ist so platt, das selbst die Charaktere sich darüber mokieren, aber der Autor kann anscheinend nicht davon lassen. Auch grob hingezimmerte Erkenntnisse, wie dass es GPS-Tracker bei Amazon gibt und was LLMs aktuell können und was nicht, lässt Feuilletonisten staunen (“Ich habe sooo viel gelernt aus diesem Buch!”, Deutschland Funk), echte Menschen eher nicht.

Da spielt es dann fast keine Rolle mehr, dass das Ende wirkt, als hätte der Autor selbst keine Lust mehr darauf gehabt und es schnell hingeschrieben, während er eigentlich schon zum Abendessen gerufen worden war.

In der Summe: Wichtiges Thema, leider schlecht erzählt.


Hören:

En Vogue – Greatest Hits
Aaaaah, die 90er.


Sehen:

Kevin can f** himself [2021, Amazon Prime]
Allison ist mit Kevin verheiratet. In ihrem heruntergekommenen Wohnzimmer hängen ständig Kevins Vater sowie sein bester Freund und dessen Schwester ab und schmieden absurde Pläne. Die gehen immer schief, und Kevin muss sich irgendwie herauslavieren.

Klingt nach einer typischen Sitcom? Ist es auch. Aber nur zur Hälfte. Immer wenn Kevin auftaucht, ist die Serie wie eine Sitcom gefilmt: Statische Kulisse, grell ausgeleuchtet, knallige Farben, Lacher vom Band.

Die Kamera begleitet aber Allison und deren Geschichte, und wenn Allison alleine ist, wechselt die Perspektive und der Look der Serie: Die Kamera wird mobil, die Farben sind entsättigt, das Licht realistisch. Hier wird der echte Struggle einer Sitcom-Wife gezeigt, die Probleme, Träume und Ambitionen hat. Denen steht im Weg: Kevin.

Superinteressantes Konzept, das bei mir sofort verfangen hat. Dazu trägt auch die tolle Performance der Hauptdarstellerin bei. Interessant auch, was der Perspektivwechsel anrichtet: Schon nach zwanzig Minuten wird Kevin im Auge des Betrachters von einer liebenswert-witzigen zu einer ekligen Figur. Die Serie ist auch ein harscher Kommentar zu patriarchial geprägten Lebenssituationen, bei denen der Machtausübende egoistisch und infantil ist und die Verletzungen, die er zufügt, nicht mal registriert.

Man fragt sich unweigerlich, wie es Peggy Bundy oder der Frau von dem Typen aus King of Queens eigentlich hinter den Kulissen ging.

Furiosa [2024, BluRay]
Als Kind wird Furiosa von einer Gang entführt. Sie wächst unter Feinden auf und wird zum Road Warrior ausgebildet. Jahre später fährt sie Zeugs auf der Fury Road hin und her, vergisst aber nie, dass sie sich an dem Mann mit der Nase rächen will.

Nahtloses Prequel zu “Fury Road”. Das hier ist der interessantere Film, weil hier mehr dran ist: Mehr Geschichte, mehr Charakterzeichnung, mehr Worldbuilding und mehr Nase. Im Ernst: WARUM trägt Chris Hemsworth den ganzen Film über eine alberne Gumminase? Durch die scheint sogar in manchen Szenen das Licht! Hat für mich immer wieder die Immersion gebrochen.

Abseits davon: Sehr gut gemachter Actionfilm, spannend, tolle Einfälle, super Darsteller. Zu Unrecht an den Kinokassen untergegangen. Vermutlich hat die Nase den Film versenkt.

The Newsroom [2012-14, Staffel 1, BluRay]
Alternder republikanischer Newsanchor wird hart getriggert, als plötzlich seine Ex-Flamme seine neue Producerin werden soll. Die Folge: Er und seine Redaktion arbeiten aus Trotz wieder richtig journalistisch – und legen sich mit allen an.

Was für ein Juwel diese Serie ist! Die Themen sind die des echten Lebens der 2010er Jahre: Der Aufstieg der Far Right. Fukushima. Klimawandel. Hier werden krasse Themen verhandelt, und das auf eine Art und Weise, dass man fast Tränchen in den Augen hat, weil man sich Journalismus GENAU. SO. WÜNSCHT.

Das geht auch durchaus schonmal an die Schmerzgrenze, wie diese Sequenz zeigt:

Gleichzeitig führt die Serie vor Augen, wie Trump passieren konnte. Vor 15 Jahren, als die Handlung spielt, war die Tea Party-Bewegung die Anti-Establishment-Bewegung. Die wurde aufgesogen von den evangelikalen Rechten, die sich zunehmend radikalisierten und am Ende die Republikaner übernahmen. Slogans von “gestohlenen Wahlen” gingen damals schon rum, wenn die Republikaner verloren. Gleichzeitig änderte sie die Wahlgesetze so, dass sie bestimmte Bevölkerungsgruppen von der Wahl ausschlossen oder selbst dann gewannen, wenn sie weniger Stimmern bekamen.

Diese Mechanismen führten letztlich zu Trump, und die Serie zeigt das aus Sicht – eines Republikaners!

Weder in der Serie noch im echten Leben kam das gut an, diese erstklassige HBO-Serie nach drei Staffeln beerdigt und läuft bis heute nur unter Ausschluss der Öffentlichkeit auf Sky oder Wow oder Go oder wie der Kram diese Woche gerade heißt. Ordentliche deutsche BluRay-Veröffentlichungen gibt es auch nicht. Schade, denn die Serie ist wichtig – in ausnahmslos JEDER Folge gibt es Momente, die sich ins Gedächtnis einbrennen.

Der Plan [2011, BluRay]
Matt Damon ist ein aufsteigender Nachwuchspolitiker. Immer wieder begegnet er einer Frau, die für ihn bestimmt zu sein scheint – und immer wieder trennen verrückte Zufälle die beiden. Dann kommt raus: Schuld daran sind die grauen Herren vom “Bureau of Adjustment” (so auch der Originaltitel des Films), die kleine Änderungen vornehmen um DEM PLAN gerecht zu werden, und DER PLAN sieht nicht vor, dass Matt Damon mit Emily Blunt zusammenkommt.

Kleiner, feiner High Concept Film. Ist das romantisches SciFi? Oder eine Romanze mit übernatürlichen Elementen? Keine Ahnung, auf jeden Fall gefällt mir diese Mischung, die zum Ende hin ein wenig in “Dark City” plus “Dogma” (den Film von Kevin Smith, nicht das Lars-von-Trier Ding) kippt. Dazu kommt: Matt Damon, Emily Blunt, “Captain America” Anthony Mackie und “Mad Men”-Gesicht John Slattery spielen hier wirklich fantastisch.


Spielen:

Gears of War 3 [2009, XBOX 360 auf XBOX Series X]
Planet Dingens, Space Marines gegen Krabbelviecher.

Sehr cooler Deckungsshooter mit riesigen Actionpieces. Kurzweilig, knallt, Gameplay ist perfekt und sieht auch heute, 13 Jahre nach Release, noch gut aus. Erstaunlich vielfältig und die Kampagne ist überraschend lang.

Gears 5 [2019, XBONE auf XBOX Series X]
Planet Dingens, Space Marines gegen Krabbelviecher.

Fortsetzung der Geschichte aus Teil 4, dieses Mal mit Open-World-Hubs und einer besser geschriebenen Hauptfigur, die sogar eine Motivation mitbringt. Die ist weiblich (die Hauptfigur, nicht die Motivation), weshalb Fanboys einen Pflaumensturz bekamen. Ich habe Kat Diaz aber sehr gerne gespielt. Kurzweilig, Gameplay und Balance wieder perfekt, riesige Setpieces. Sechzehn Stunden Blockbusterunterhaltung auf hohem Niveau.


Machen:

  • Neues Auto suchen, kaufen und den Kram drum rum organisieren
  • Aygo verkaufen
  • Die nagelneuen Aygo-Winterreifen loswerden und Yaris-Winterräder organisieren
  • Arbeit Arbeit Arbeit
  • Letzter Feinschliff Ausstattung und 10.000er Durchsicht V-Strom

Neues Spielzeug:
SW Motech EVO LED Nebelscheinwerfer. Nach den ernüchternden Eindrücken zur Beleuchtung der V-Strom hat sie etwas bekommen, über das ich bislang gespottet habe: Zusatzscheinwerfer.

Es ist deutlich zu merken, dass aus dem Vorderteil des Motorrads jetzt drei Mal mehr Licht kommt als vorher. Erhöht die Sicht und die Sichtbarkeit. Sind natürlich Scheinwerfer die, hrmpf, nur bei Nebel eingeschaltet werden. Alles andere ist ja, hrmpf, in Deutschland nicht erlaubt.

Außerdem: Eine Baby Special 276 von Feuerhand. Der Klassiker, aber mit LEDs und zwei 18650er Akkus. Damit leuchtet das Ding, sagt der Hersteller, 14 Tage am Stück. Aber der behauptet auch, das Licht sei exakt wie das einer Öllaterne. Ist es nicht, es ist weniger warm. Nicht so schlimm kalt wie bei den chinesischen Fabrikaten, aber schon anders als eine echte Flamme.
Egal.

Was halt nett ist: Das Ding riecht nicht und überlagert damit nicht den Sommernachtsduft des Jasmin. Und es läuft nicht aus – anders als die letzte Öllampe, die ich vor zwei Jahren von Feuerhand gekauft habe. Das 2022er Modell des “Traditionsherstellers” ist so billig zusammengepfriemelt, dass es inkontinent ist, anders als seine 60 Jahre alten Geschwister. Rumpladderei passiert bei der LED-Version bestimmt nicht.


Ding des Monats

Ein 2021er Toyota Yaris in Mangan-Bronze.


Archiv Momentaufnahmen ab 2008

My Dirty Hobby (3): Feindliche Übernahme

My Dirty Hobby (3): Feindliche Übernahme

[Anm: Das, was ich hier gleich dauernd als Clematis bezeichne, ist keine. Das ist eine Prunkwinde. Danke, Frau Eckert, für den Hinweis!]

Kurzer Zwischenstand vom Balkon.

Vergangenes Jahr darbte Jasmin 1.0 vor sich hin. Ich vermutete damals, dass ich ihn zu viel goss – dabei war das Gegenteil der Fall. Seitdem ich weiß, wieviel Wasser die Pflanze eigentlich braucht, blüht er in einer Tour vor sich hin.

Und er bekommt überall Triebe und expandiert, für seine Verhältnisse in Rekordtempo. Jasmin ist nämlich eigentlich ziemlich faul und wächst sehr langsam, aber anscheinend denkt er gerade, jetzt sei Zeit zum loslegen. Tja, leider weiß er nicht, dass der Sommer quasi vorbei ist. Gut, kann man ihm nicht verdenken, gefühlt war ja bis Juni Winter. Was auch immer der Jasmin vor hat, bald ist es vorbei.

Seitdem der Oleander regelmäßig gegen die berüchtigten, gelben Oleanderblattläuse geimpft wird, legt auch er los mit Blüherei. Kumpel, auch Du musst dich jetzt echt mal beeilen, in vier Wochen wirds kalt!

Die desinteressiert hingeworfenen Clematis-Samen sind zu einem riesigen Homunkulus herangewachsen. Die Stützkonstruktionen aus zusammengetapten Bambusstäben hat sie quasi verdaut, in ihrem inneren zerbrochen und nutzt nun andere Wege, um sich zu halten.

Dabei expandiert sie wirklich in ALLE Richtungen, streckt sich zur Decke und versucht gleichzeitig aus ihrem Kasten zu krabbeln. Ich bin sicher: Wenn ich sie lassen würde, die würde den ganzen Balkon übernehmen!

Und das ist nur das, was man sieht! Kiwi Jenny II ist ganz braun und lässt die Fittiche hängen, wer weiß, was die Clematis unter der Erde mit der anstellt!
Im Ernst, ich sehe diesen Berg Biomasse und denke nur: Wo kommt dieser ganze Kram her??

Außerdem enttäuschend: Die Clematis soll eigentlich blühen. Diese spezielle mit dem Namen “Carnivale Veneziana” sogar in drei Farben. Tut sie aber nicht. Jeden Abend, wenn ich nach Hause komme, steht da einfach diese grüne Berg rum und hat zwar Blüten, aber die sind alle geschlossen.

Stellt sich raus: Das hinterhältige Gebüsch geht seinen clandestinen Welteroberungesplänen wohl bevorzugt nachts und frühmorgens nach. Heute morgen bin ich zufälllig früh auf den Balkon gestolpert und habe sie erwischt:

Ha!

Auch nett: Der im vergangenen Jahr durch Blattläuse und das Mittel-gegen-Blattläuse fast gestorbene Rainbow-Chili lebt wieder. Der hat sich echt von der Schwelle des Todes zurückgekämpft.

Zuverlässig enttäuschend ist Salatgurke Tanya. In diesem Jahr trägt sie keine Tomaten, dafür aber viel Mehltau und eine einzige Frucht, die mit ihren Dornen aber auch eher aussieht wie ein Alien-Ei aus dem Weltraum und nicht wie eine Gurke.

Spannend sind nach wie vor die Feigenbäume. Sind ja zwei, ein heller und ein dunkler, deren Stämme wie Liebende verschlungen sind. Beide produzieren gerade Früchte wie verrückt. Ich zweifele aber dran, ob die auch wirklich noch zur Reife kommen – entweder, ich schaffe es noch, auf den letzten Metern zu viel/zu wenig/anders verkehrt zu gießen oder, siehe oben, der Sommer ist nicht lang genug für das mediterrane Grünzeug. Wir werden sehen.

My Dirty Hobby (2): Sehnsucht pflanzen

My Dirty Hobby (2): Sehnsucht pflanzen

Kurzer Zwischenstand von Jahr Zwei der Balkonbegrünung. Wir erinnen uns: Im vergangenen Jahr hatte ich ein neues Hobby entdeckt, bei dem man sich durchaus auch mal die Hände schmutzig macht. Das Frühjahr begann mit einer massiven Enttäuschung, weil die “bis -15 Grad winterharten” Jasmin, Paradiesblumen und sogar die Kiwi Jenny bei  moderaten Minustemperaturen erfroren sind. Immerhin, die Feigenbäume und die Erdbeeren haben überlebt und auch der Oleander, der aber im Frühjahr gleich wieder gelb vor Blattläusen war.

Trotz akuter Unlust habe ich einen zweiten Anlauf gewagt. Neuer Jasmin, neue Jenny und statt Paradiesblumen einfach Clematis ausgesät.

Dann passierte: Nicht viel.  Jenny 2 und eine Sibirische Honigbeere krökelten vor sich hin,  die neue Generation Jasmin wollte nicht wachsen,  und selbst die Chinesische Wisteria kam nicht aus dem Quark.

Dann war ich eine Woche weg, kam wieder und BAM, alles hier ist explodiert. Das mag daran liegen, das es heuer erst im Juli wirklich warm geworden ist. Das mag aber auch daran liegen, dass die Nachbarin, die den Balkon in meiner Abwesenheit pflegte, einfach gnadenlos gegossen hat. Ich wurde ja immer vor Staunässe gewarnt und war entsprechend vorsichtig bei den mediterranen Pflanzen, aber das war wohl falsch, die wollen und brauchen mehr.

Anyhow, so sieht es jetzt aus. Die Erdbeeren wachsen in ihrem zweiten Jahr wie Zeng und sind gigantisch große geworden, auch wenn sie nicht viele Früchte tragen.

Das Hochbeet versorgt mich jetzt schon drei Monate mit irren Mengen Salat und frischen Kräutern, und Salatgurke “Tanya” ist dieses Jahr wirklich eine Gurke, auch wenn sie irgendeinen Pilz hat und offensichtlich versucht zu flüchten, in dem sie sich abseilt.

Der Japanische Maulbeerbaum ist ein kleiner Schwachkopf. Kann sich nicht von alleine aufrecht halten, wächst aber trotzdem als gäbe es kein Morgen. Erstaunlicherweise mag er gar keine direkte Sonne, selbst kurze Sonnenzeiten quittiert er mit verbrannten Blättern. Weichei.

Angst macht mir die Clematis. Man kann ihr beim Wachsen quasi zusehen. Sie umrankt und erwürgt ALLES (Ich muste Jenny 2 aus ihrem Griff befreien!) und streckt Tentakel in alle Richtungen aus.

Mein Balkon ist auch ein Ort geworden, an dem sich Sehnsüchte versammelt haben. Die Feigenbäume sind ein gutes Beispiel. Ich hatte Sehnsucht nach frischen Feigen, direkt vom Baum, wie ich es in Tropea oder in Lecce erlebt habe. Die Feigenbäume wachsen mit mehr Wasser wie ein Gebüsch, und bilden sogar Früchte.

Italien im Mai und Juni, das sind warme Sommernächte, die nach Jasmin duften. Das wollte ich hier auch, und es hat geklappt: Der Jasmin wuchert gerade und blüht und verbreitet diese pfefferige Note, die ich so liebe.

Der Neuzugang ist die Chinesische Wisteria, der Blauregen. Gulietta hat die auf ihrer Fischfarm als Dach für Terrassen gepflanzt, und das gefällt mir total gut:

Das will ich auch! Die Kletterpflanze soll eigentlich sehr schnell wachsen und ab dem zweiten Jahr wunderschöne Dolden ausbilden. Nun, diese hier ist zumindest noch nicht verreckt. Mal gucken, ob sie bis zum kommenden Jahr überlebt. Die Legenden um die Wisteria sind enorm: Sie entwickelt wohl so viel Kraft, das sie selbst Metallzäune und Regenrohre zerquetscht.

Mal gucken, wie es so weitergeht.