Gnadenloses Leben

Momentaufnahme: April 2024

Herr Silencer im April 2024

„Io voglio il soleeee“

Wetter: Anfang des Monats bricht der Sommer aus: Über 20 Grad und Sonnenschein! Mitte des Monats wird es dann aber wieder krass kalt, mit nur -3 bis 5 Grad und Schnee. Erst die letzten Tage des Monats bringen wieder sommerliche Temperaturen und ein wenig Sonne.


Lesen:

Brian K. Vaughn, Fiona Staples: Saga [Graphic Novel, Vol. 1-11, 2014-2023]
Der Weltraum: Ein Planet mit hohem Technologieniveau führt Krieg gegen die Bewohner seines Mondes, die sich mit Magie wehren. Verträge und Beistandserklärungen ziehen die halbe Galaxis in diese blutige Auseinandersetzung. Mitten in diesem Chaos passiert etwas Unerhörtes: Eine Kriegerin der Techniker verliebt sich in eine Soldaten der Magier. Die beiden zeugen ein Kind, und das erzählt in der Retrospektive die Geschichte seiner Eltern und seinem Aufwachsen auf der Flucht in einem Baumraumschiff vor Technikern und Magiern, Schwiegereltern, Ex-Geliebten des Vaters, Kopfgeldjägern und Lügenkatzen.

„I fell in love with your Son ´cause he is fucking beautiful“
-„But looks will fade“
„I´m not talking looks“

Es sind Dialoge wie dieser, für die man „Saga“ lieben kann. Oder für die teils absurden Geschöpfe, wie den Roboterprinzen mit einem Röhrenfernseher als Kopf. Oder die skurrilen Welten. Oder Einfälle wie den, dass die Technikkriegerin ausgerechnet einen Liebes-Groschenroman zu ihrer Bibel erklärt und vom Autor den Sinn des Lebens wissen möchte. Oder das der Babysitter der Geist eines Teenagers ist.

Oder das sich die Zeit genommen wird, die Gefühle der Protagonisten zu visualisieren. Die Illustratorin Fiona Staples findet dafür fast immer die richtigen Bilder – oder eben gerade nicht: Wenn ein ungeborenes Kind im Mutterleib verstirbt, bleibt in „Saga“ der Satz „So viel hätte möglich sein können. Wir werden es nie erfahren. Was bleibt ist ein Gefühl von…“ einfach in der Luft hängen, und es folgt ein halbes Dutzend völlig schwarze Seiten. Das ist mutig und eindrücklich.

Damit endet das Thema aber nicht. Bill Vaughn schreckt nicht davor zurück zu erzählen, welche Qualen eine Frau durchleidet, die einen toten Fötus im Bauch hat, aber niemanden findet, der zu einer Abtreibung bereit ist. Als Gegengewicht zu diesen düsteren Geschehnissen wirken dann die kleinen, magischen Momente des Familienglücks um so wertvoller und werden angemessen zelebriert.

Durch dieses Gleichgewicht aus freudigen und düsteren Episoden wirkt „Saga“ insgesamt einfach superliebenswert, ist dabei aber auch dramatisch, spannend, bewegend, aber im Kern immer eine Geschichte, die sich um Liebe, Familie und Erwachsenwerden dreht – mit allen Höhen und Tiefen. Manchmal gipfelt die Erzählung in kleinen Weisheiten, die man sich merken kann:

„Wenn eine Kette nur so stark ist wie ihr schwächstes Glied, dann ist eine Familie wie ein Seil. Wir sind viele, schwache Fäden und wir überleben nur, weil wir hoffnungslos miteinander verflochten sind“.

„Saga“ ist übrigens noch nicht vorbei, nach einem längeren Hiatus des Autors geht die Serie nun weiter – und stieg gleich wieder als erfolgreichste Comicreihe in die US-Charts ein.

Stefan Ulrich: Und wieder Azurro: Die geheimnisvolle Leichtigkeit Italiens [2022]
Ehemaliger Auslandskorrespondent der Süddeutschen Zeitung bereist Italien um herauszufinden, was dessen „Leichtigkeit“ ausmacht.

Ich habe fast alle Bücher von Ulrich gelesen. Seine Beobachtungen der italienischen Gesellschaft, die Beschreibungen von landestypischen Eigenheiten, der Kampf seiner Familie mit dem Alltag in Rom – das hat mir vor 10 Jahren sehr geholfen, Italien als Land und die Menschen und ihre Denkweisen zu verstehen und mich dort hineinzufinden.

Leider findet sich in „Azurro“ überhaupt nichts von dieser Sorte Nutzwert. Der Autor bereist verschiedene Orte Italiens, die er teils noch von früher kennt, ergeht sich in Landschaftsbeschreibungen und versucht immer wieder, und meist eher unbeholfen, darzustellen, wie er hier ebenso auf seinen eigenen wie auch auf Goethes Spuren wandelt. Dabei kommen Episoden heraus, die sich ständig zu wiederholen scheinen: Landschaftsbeschreibungen, Erinnerungen, Goethezitat, Anekdote-über-Personen-die-eine-Ruine-gekauft-und-daraus-ein-Gasthaus-gemacht-haben oder die Begegnung mit einem alten Weggefährten, Rince and Repeat.

Haste ein Kapitel gelesen, kennste alle Kapitel. Kennste die Orte, kriegste schöne Erinnerungen. Kennste die Orte nicht, ist es gänzlich lahm – zumal sich nie die Frage gestellt wird, ob die vermeintliche „Leichtigkeit“ vielleicht nur in der Einbildung von Ausländern existiert.


Hören:


Sehen:

Scoop [2024, Netflix]
Ein Paparazzo fotografiert 2010 im Central Park den britischen Prinzen Andrew beim Spaziergang mit dem verurteilten Pädophilen Jeffrey Epstein. Kurz darauf gelingt ihm noch eine Aufnahme von „Randy Andy“, der zusammen mit Epstein und jungen Frauen in einem versteckten Haus ein- und ausgeht.

Neun Jahre später stolpert eine junge BBC-Redakteurin über die Aufnahmen und nimmt Verhandlungen über ein Interview mit dem Buckingham Palace auf. Kurz nach Epsteins „Selbstmord“ kommt der Termin tatsächlich zustande. Im Gespräch mit Gillian Anderson redet sich der Prinz um Kopf und Kragen, und der „Scoop der Dekade“ führt zu seinem völligen Rückzug von der royalen Bühne.

Unaufgeregt erzählt, aber sehr intensiv gespielt. Besonders die Protagonistinnen sind absolut großartig: Billie Piper als Redakteurin und Gillian Anderson als Interviewerin zuzusehen, ist eine wahre Freude. Ist man allerdings nicht gänzlich gedanklich bei der Sache, ist „Scoop“ etwas langatmig und -weilig.

Aquaman 2 The Lost Kingdom [2023, bluray]
Bösewicht ist von Sauron besessen und macht deshalb den Klimawandel. Um das aufzuhalten, kämpft Jason Maoam gegen schlechtes CGI.

Argh, bäh. Ich mochte den ersten Aquaman wegen seines ungewöhnlichen Looks und des World-Buildings. Das der zweite Teil ewig in der Mache war und X Nachdrehs erfahren hat, ließ Schlimmes vermuten, und es hat sich bewahrheitet: Dieser Streifen ist der kleinste und dümmste gemeinsame Nenner, herausgemendelt aus Publikumsbefragungen und Studio-Einmischung.

Der Plot ist hanebüchen doof, die Story überkompliziert und völlig atemlos erzählt, Charaktere gibt es hier nicht, dauernd knallt und explodiert alles (auch unter Wasser!) und die eigentlich nicen Schauspieler erkennt man häufig nicht, weil die Köpfe von Momoa, Nicole Kidman oder Dolph Lundgren von echt schlechtem CGI-Makeup überdeckt werden und ihre Körper auch erkennbar aus dem Computer kommen und nicht zu den Köpfen passen.

Echt, als hätte man einen Actionfilm auf Wish bestellt. Das der Bösewicht und das Setting für den Endkampf so aussehen, als hätte man alte Sauron-Modelle aus Herr der Ringe recycelt, fällt dabei kaum noch ins Gewicht.

Till Death [2021, BluRay]
Die Ehe von Megan Fox ist einseitig unterkühlt. Er überschüttet sie mit Aufmerksamkeit und Geschenken, sie ist ihm gegenüber abweisend und eisig und begeht Seitensprünge. Eines Tages hat ihr Mann die Faxen dicke. Während eines Ausflugs in ein einsames Wochenendhaus kettet er sich mit einer Handfessel an seine Ehefrau und schießt sich eine Kugel in den Kopf. Die hat nun nicht nur eine Leiche am Hacken Hals im Schlepptau, sondern noch mehr Probleme: Anscheinend hat der Ex vor seinem Tod ein perfides Endgame inszeniert, was u.a. vorsieht, dass die Ehefrau den Kopf verliert.

Von dem Film hatte ich null von erwartet, als ich diese Bluray für 99 Cent vom Grabbeltisch mitgenommen habe. Ich mochte in der Vergangenheit die Megan Fox zwar mal ganz gerne anschauen, aber deren Zenit ist nun auch schon 15 Jahre her, und in der Zwischenzeit ist sie nur durch geschmacklose Ausfälle und unkontrolliertes Kinderkriegen aufgefallen.

Tatsächlich ist „Till Death“ aber erstaunlich spannend und unterhaltsam. Der Plot ist gar nicht so simpel wie es auf den ersten Blick scheint, und im Verlauf der Story gibt es immer wieder Einsprengsel von „The Revenant“, „Escape Room“ und vor allen „Saw“ – und sowas mag ich ja sehr. Kann man sich mal antun, gibt´s bei Prime in der Flatrate.

Straight Heads [2007, DVD]
Auf dem Nachhauseweg von einer Party werden Gillian Anderson und ihr Begleiter von einer Gruppe Jäger überfallen. Er wird so schlimm verprügelt, das er ein Auge verliert, sie wird vergewaltigt.

Schwer traumatisiert haben die beiden Probleme, wieder zurück ins Leben zu finden. Durch Zufall entdecken sie ihre Peiniger und beschließen Rache zu nehmen.

Düsterer Revengeporn, der einen ob seiner Brutalität immer wieder angewidert den Blick abwenden lässt. Die Gewaltszenen sind fast so schlimm wie in „Irreversibel“, den einzigen Film, den ich nie zu Ende geschaut habe. Von Anderson brillant gespielt, aber in Summe eher nichts, was man gucken sollte.

Der Stern von Indien [2017, BluRay]
1947: Die Briten ziehen sich langsam aus Indien zurück, wodurch die Spannungen zwischen religiösen Gruppen so groß werden, dass sie das Land zu zerreißen drohen. Der neue britische Vizekönig sieht sich das an, berät sich mit Ghandi und anderen und fasst einen gewagten Plan: Er will die ehemalige Kolonie in zwei freie Länder aufspalten, in Indien und Pakistan. Im Hintergrund verfolgt Churchill eigene Pläne und versucht eine Barriere gegen die Sowjetunion zu errichten. In der Folge kommt es zur größten Landflucht aller Zeiten, 14 Millionen Menschen flüchten, eine Million stirbt.

Ich hatte mich immer gefragt, wieso heute in Indien plötzlich die religiösen Spannungen so groß sind, dass dort bevorzugt Faschisten gewählt werden. Stellt sich raus: Bildungslücke meinerseits. Erst durch diesen Film habe ich gelernt, dass das ein uraltes Problem ist und durch die Handlungen der Briten noch verschärft wurde. Dass sich die Geschichte nach 70 Jahren wiederholt, genau wie das Erstarken des Rechtsextremismus in Europa, ist kein Zufall. So lange reicht das Familiengedächtnis.

Der Film, der im Original übrigens „Viceroys House“ heißt, deutet die Folgen des „Mountbatten-Plans“ nur an, das Augenmerk beleuchtet die Wochen und die politischen Umwälzungen, die zu seiner Entstehung führten.

Das ist nicht immer stringent inszeniert, häufig schweift die Geschichte zu Nebenfiguren ab, deren Bedeutung sich nicht erschließt. Aber: Spiel und Ausstattung sind opulent und manche Szenen sehr einprägsam. Etwa, wenn die britischen Ladies, die gerade aus einem Nachkriegslondon kommen und rationiertes Essen gewohnt sind, sich unter den entsetzten Augen der indischen Diener über das Hühnchen hermachen, dass eigentlich als Hundefutter gebracht wurde. Das der Film von einer Enkelin einer Vertriebenen inszeniert wurde, bietet einen besonderen Gänsehauteffekt.


American Psycho [2000, Bluray]
In den 80ern: Koksnasige Immobilienhändler lassen es krachen. Einer aus der Narzistenbande bringt Leute um.

Laaaaaangweilig. Es ist schlicht langweilig, einem Arschloch dabei zuzusehen, wie er sich an seiner Selbstoptimierung hochzieht, neidisch auf die Visitenkarten anderer Leute glotzt und zwischendurch Prostituierte vögelt und Leute umbringt – oder auch nicht, vielleicht ist alles nur ein Traum. Ich mag darin weder einen relevanten gesellschaftlichen Kommentar noch eine tiefere Aussage entdecken, die Hochglanzbilder sind Selbstzweck und sich stets selbst genug.


Spielen:

Shadow of the Tomb Raider [2018, Replay, PS5]
Lara Croft und irgendwas mit Dschungel und Eingeborenen.

Replay des Spiels von 2018. Ich mochte es damals nicht, obwohl ich die beiden Vorgängerspiele geliebt habe. Jetzt habe ich ihm eine eine zweite Chance gegeben, und was soll ich sagen: Die Grafik ist beeindruckend. Die Fehler, die damals das Gameplay richtig scheißig gemacht haben, sind behoben. Aber ansonsten hatte ich damals völlig Recht, als ich das Spiel als „dumm“ bezeichnet habe.

„Shadow of the Tomb Raider“ ist ab Minute eins Fremdscham pur. Alles, alles lässt mich innerlich winseln, weil es so dumm ist.

Charaktere: Dumm.
Setting: Dumm.
Ereignisse: Saudumm (Flugzeug bricht in der Luft auseinander, der Teil ohne Flügel segelt ganz normal weiter)
Dialoge: Übelkeitserregend dumm.
Quests: Saudumm, und die Questgeber sind viel zu häufig jammernde Kinder.
Progression: Dumm. Kaum ein Skill ist hilfreich, keiner wird benötigt, Auswirkungen auf Spielstil gibt es kaum.

Story: UN-FASS-BAR dumm. Lara klaut ein Buttermesser der Inkas oder Mayas, ist ja eh alles das selbe, und dann geht die Welt unter – oder es gibt nur schlechtes Wetter, das weiß man nicht so genau.

Am Himmel steht eine dauernde Sonnenfinsternis, es sei denn, die Sonne scheint. Das Brotmesser kann die Welt neu machen, wenn man es in ein silbernes Kistchen steckt, aber warum und ob das jetzt gut ist, weiß niemand. Der Bösewicht will mal die Welt unterwerfen, mal nur sein Heimatdorf schützen, und eigentlich ist er nur ein Maya oder Inka oder Azteke, der tief im Urwald leben möchte. Also sucht man eine silberne Schachtel oder auch nicht, denn worum es jetzt wirklich geht oder was auf dem Spiel steht, das wird nie klar, weil die Erzählung so verworren ist.

Alles, alles hier ist kackedumm und ergibt in keiner Sekunde auch nur den geringsten Sinn.

Dazu kommt: „Shadow“ ist ein Paradebeispiel für kulturelle Diffamierung und Aneignung. Die weiße Frau Croft zieht sich Klamotten des indigenen Volkes an und zeigt dem dann, wie man Dinge richtig macht. Und das Ureinwohner wahlweise als hilflose Naivlinge gezeigt werden oder als blutbeschmierte Wilde mit abgeflexten Lippen, das war auch 2018 schon übelst cringe.

Damals wie heute war ich froh, dass der Mist nach recht kurzen 8 Stunden (ohne Nebenquests, die sind allesamt Zeitverschwendung) vorbei war. In keiner Sekunde habe ich mich in dem Game und seiner Story wohl gefühlt. Ständig musste ich mich schämen oder genervt denken: Wie DUMM ist das hier alles!? Und welche Dummheit kommt als nächstes?

So sehen Games aus, bei denen jedes Einzelteil gar nicht mal schlecht ist, wo am Ende der Entwicklung aber die Einzelteile nicht zu einem sinnvollen und guten Ganzen zusammenkommen.


Machen:
* Die V-Strom 800 in Rekordzeit umbauen und ausrüsten lassen. Nun ist sie fast komplett. Vermissen ist eine starke Motivation.


Neues Spielzeug:


Ding des Monats:


Archiv Momentaufnahmen ab 2008

Kategorien: Momentaufnahme | 3 Kommentare

Momentaufnahme: März 2024

Herr Silencer im März 2024

„Früher waren Serien etwas für Leute, denen Filme zu lang waren.

Heute sind Filme etwas für Leute, die keine Zeit für Serien haben.“

Wetter: Anfang bis Ende des Monats trocken und warm. Gelegentlich nachts noch um den Gefrierpunkt, meist aber 6-12 Grad.


Lesen:

Walter Moers: Die 13 1/2 Leben des Käpt´n Blaubär [2002]
Kleiner Blaubär zieht in die Welt hinaus und erlebt die ersten 13 1/2 seiner 27 Leben.

Wird nach hinten raus doch etwas zäh.


Hören:

Crooked Still: Little Sadie (aus dem „The Last of US, Part II“-Soundtrack)

Poe: This Road (Aus dem „Alan Wake II“-Soundtrack)


Sehen:

The Fall [Staffel 1-3, 2013-2016, Netflix]
Ein Mörder geht um in Belfast, und Gillian Anderson versucht ihn zu fangen.

Ich mag normalerweise keine Krimis, aber „The Fall“ hat zwei Besonderheiten: Zum wird hier von Anfang an auch die Seite des Mörders gezeigt, sein Doppelleben, seine peniblen Vorbereitungen und wie oft er haarscharf davonkommt. Zum anderen ist die Zeichnung der Kommissarin außergewöhnlich – wortkarg, außergewöhnlich kompetent, sexuell aggressiv – das sind alles Attribute, die normalerweise Frauen nicht zugeschrieben werden, und die Gillian Anderson hier auf bemerkenswert minimalistische Weise spielt. Ich habe die Frau ja schon im Theater gesehen und weiß, die was auf dem Kasten hat, aber „The Fall“ ist Anderson auf der Höhe ihrer Kunst.

Das einzige Problem: Die Serie ist zu lang. Ein einziger Fall zieht sich über drei Staffeln, und Mitte der zweiten Staffel wird der Mörder erwischt. Danach werden irgendwelche Psychospielchen hinkonstruiert, die weder tonal zum Beginn der Serie passen noch spannend anzuschauen sind. Das ist schade, denn nach hinten raus reißt die Serie damit ein, was sie vorne an Großartigem aufgebaut hat.

The Gentlemen [2024, Netflix]
Im Film „The Gentlemen“ zog ein begnadeter Botaniker und Gangster ein Cannabis-Netzwerk in Großbritannien hoch. Der Clou: Seine Produktion verlegte er unter die Ländereien verarmter Adliger. Die freuten sich über ein geregeltes Einkommen, um ihre alten Herrenhäuser zu erhalten, und die Cannabis-Produzenten waren auf dem privaten Ländereien völlig ungestört.

Die Serie „The Gentlemen“ zeigt nun die Perspektive eines solchen Adligen, der unerwartet Anwesen, Land und eine unterirdische Cannabis-Farm erbt. Schnell wird er in die kriminellen Machenschaften verwickelt, bei denen ständig etwas schief geht.

Guy Ritchies typische Gangsterstories, endlich im Serienformat! Skurrile Charaktere, unnötige Gewalt und komische Situationen inklusive. In einer Nebenrille: Hitlers rechtes Ei. Sehr unterhaltsam.


Spielen:

Stray Gods [2023, PS5]
Musikerin Grace staunt nicht schlecht, als eines Nachts eine fremde Frau vor ihrem Appartement steht, zusammenbricht und in ihren Armen stirbt. Noch erstaunlicher: Die Tote war die Muse Kalliope, und mit ihrem Tod sind ihre musischen Kräfte auf Grace übergegangen.

Dummerweise verdächtigen nun die Götter des Pantheon Grace des Mordes und geben ihr sieben Tage Zeit, um ihre Unschuld zu beweisen. Bei ihren Ermittlungen sind Grace ihre neuen Musenkräfte hilfreich. Menschen und Götter offenbaren ihr gegenüber ihr Innerstes – wenn Grace sie zum Singen bringt. So kulminieren Unterhaltungen regelmäßig in Musicalnummern.

Ach, was für eine schöne Idee! Ich bin ja großer Musical-Fan, und bei „Stray Gods“ stimmt einfach ganz viel. Der Grafik wird in Standbildern transportiert, deren Comicstil mich sehr anspricht. Die Charaktere und Dialoge sind toll geschrieben, die Sprecher hervorragend und die Gesangsnummern wirklich schön, wenn auch nicht bombastisch, arrangiert. Da stört es dann auch wenig, dass das eigentliche Gameplay nur aus der Auswahl von Dialogoptionen besteht, manche Szenen etwas langatmig ausgespielt werden und es nur wenige, wirklich relevante Entscheidungen gibt – die aber das Ende maßgeblich beeinflussen.

Sehr günstiges und mit ca. acht Stunden kurzes, originelles Game für zwischendurch.


Machen:
* Vermissen, immer noch.
* Die V-Strom 800 umbauen und ausrüsten lassen. Die erste Fahrt dafür ging nach Coburg, zu CLS EVo.


Neues Spielzeug:


Ein Battery Guard von inAct. Das streichholzschachtelgroße Gerät, überwacht jetzt die Batterie der ZZR und schickt ab und an Bluetooth-Burstmessages ans Smartphone. Klein, leicht und mit ca. 20 Euro sehr günstig. Danke an Max für´s finden!


Ding des Monats:

Einen Nolan N100-6, ein Tourenklapphelm, in matt-schwarz. Der Vorgänger, der Nolan N100-5, taugt mir nicht für Reisen und der Nolan N104 ist so in die Jahre gekommen, dass auf der letzten Fahrt die Elektronik ausgefallen ist. Da musste jetzt dringend was anderes her, und wie der Zufall will, kommt Nolan nun endlich mit dem neuen Reisehelm raus. Und was für einem: Schönes Design, wertiger als der Vorgänger, sieht gut aus und passt perfekt.

Bleibt natürlich die Frage will ich wirklich einen schwarzen Helm fahren? Bei den großen Ketten gibt es gerade nur den Matt-Schwarzen, aber eigentlich ist mir etwas Auffälligeres lieber. So gut mir der Batman-Look gefällt, irgendwie war mir sofort unwohl bei dem. Alternativen? Naja: Das von mir heiß geliebte Platinum-Silbern ist leider aktuell nicht im Programm, und auch eine echte Hi-Visibility-Option fehlt. Es gibt vom Hersteller nur die Dekore weiß (sieht scheiße aus), schwarz (das aber wahlweise in flat, matte, glossy, graphite, schwarz mit bunten Punkten und vulcan grey) oder „Clown, der in einen Farbtopf gefallen ist“, letzteres aber gerade nur in Italien.

Nach kurzem Überlegen und Rumjammern also den matt-schwarzen Helm zurückgeschickt und einen Metallic-Weißen von einem kleinen Importeur organisiert. Sieht langweilig aus, aber immerhin ist der nicht unsichtbar. Nun bin ich einer der ersten, der mit dem neuen Premiumhelm der Italiener durch die Gegend fahren wird – Multi-Point Kommunikation und Notbremsleuchte inklusive.

Vom Start weg unbefriedigend, aber hey: Ein neuer Helm!


Archiv Momentaufnahmen ab 2008

Kategorien: Momentaufnahme | Ein Kommentar

Momentaufnahme: Februar 2024

Herr Silencer im Februar 2024

„Sie wollten ja schwarz, und das ist ihre“

Wetter: Meist grau und regnerisch bei um die 8 Grad. In Summe der wärmste Februar seit Beginn der Aufzeichnungen. Und vermutlich der kühlste der kommenden Jahrzehnte.


Lesen:

Walter Moers: Die 13 1/2 Leben des Käpt´n Blaubär [2002]
Kleiner Blaubär zieht in die Welt hinaus und erlebt die ersten 13 1/2 seiner 27 Leben.

Ein früher Moers: Sprühend vor Fantasie, ohne sich dabei zu sehr im Worldbuilding oder endlosen Aufzählungen zu verlieren. Aber auch hier wird die Geschichte schon laufend von Einschüben unterbrochen, hier in Form von Lexikon-Einträgen. Nette, seichte Unterhaltung mit tollen Ideen.
Sehr lang, bin zur Hälfte durch.


Hören:


Sehen:

The Creator [2023, Disney+]
Künstliche Intelligenz hält Einzug in den Alltag, entwickelt sich – und jagt Los Angeles in die Luft. Danach wird KI in den USA verboten. Über die Jahre radikalisiert man sich und nimmt auch Menschen mit robotischen Prothesen ins Visier.

Wie sie nun mal so sind, trägt Amerika schließlich seine Überzeugungen auch in die Welt hinaus und überfällt Länder, in denen KI erlaubt ist und töten jeden, der sie kreieren kann. Unterstützt werden sie dabei von einer gigantischen Waffenplattform, die am Himmel schwebt und jederzeit Tod und Vernichtung bringen kann. Mittendrin ein Ex-Soldat, der auch dem radikalen Anti-KI-Glauben anhängt, aber durch einen Unfall selbst Prothesen bekommt.

Wahnsinnig kreativer Film. Design, Worldbuilding, Motivationen der Charaktere – das ist alles wahnsinnig gut ausgearbeitet und umgesetzt. Abseits der Details ist die Metaebene natürlich grandios: Die USA als christliche Radikalisten zu zeichnen, die Asien (und hier besonders Vietnam) überfallen, und aufgrund ihrer Ideologie transhumane und Menschen wahllos abschlachten, ist mutig – und durchaus in der aktuellen Realitiät verwurzelt.

Film für Menschen, die „Life. Die. Repeat.“, „Elysium“ oder „Chappy“ mochten. Für mich schon jetzt einer der Anwärter auf „Bester Film des Jahres“.

Hypnotic [2023, Prime]
William Fichner kann Menschen durch einen Wimpernschlag oder ein genuscheltes Wort hypnotisieren und dazu bringen, komplexe und schreckliche Dinge zu tun. Nur bei Ben Affleck klappt das nicht, weil der seine Tochter vermisst und deshalb „starke mentale Vorhängeschlösser“ hat.

Unglaublich, was für eine gequirlte Kacke dieses Machwerk ist. Die Suspension of Disbelief ist ab Sekunde eins ausgesetzt, denn jeder, der nicht Generation TikTok ist, weiß einfach, dass Hypnose nicht so funktioniert wie dieser Käse uns das weiß machen will. Ich weiß nicht, was das Studio für Kompromat gegen Fichner und Affleck hat, dass die in diesen Scheiß gezwungen wurden. Ich habe den Film echt nach 20 Minuten ausgemacht, weil mir dieser Quatsch körperliche Schmerzen bereitet hat.

Für mich schon jetzt einer der Anwärter auf „Schlechtester Film des Jahres“

Night on Earth [1991, BluRay]
Eine Nacht, fünf Städte, fünf Taxis:
In New York versucht sich DDR-Auswanderer Armin Müller-Stahl an seiner ersten Taxifahrt, verliert völlig die Orientierung und muss sich am Ende von seinen Fahrgästen den Job erklären lassen.
In Paris wirft ein farbiger Fahrer zwei Rassisten aus seinem Taxi und bekommt anschließend von einer blinden Beatrice Dalle eine Lektion in Sachen Vorurteilen.
In Los Angeles lehnt Winona Ryder eine Filmrolle ab, weil sie lieber Automechanikerin werden will.
In Rom labert Roberto Benigni einen Fahrgast wortwörtlich zu Tode.
In Helsinki tauschen sich eine Gruppe Betrunkener mit Matti Pellonpäa darüber aus, was wirkliches Leid ist.

Ach, einer meiner Lieblingsfilme. Habe ich früher geguckt bis das VHS-Tape Streifen im Bild hatte. Inzwischen hat der Film 33 Jahre auf dem Buckel. Klamotten und Autos wirken altmodisch, die Geschichten der Menschen und ihrer Schicksale sind aber ebenso zeitlos wie berührend – genau wie die unfassbar tollen Leistungen der Schauspieler:innen.


Spielen:

The Last of Us, Part II [2020, 2023 PS5-Remaster]
Replay des grauenvollen Meisterwerks.

Rache wird in vielen Geschichten als starke Motivation der Hauptfigur genutzt. „The Last of Us, Part II“ zeigt, was Verluste mit Menschen macht, die nicht loslassen können, und was der Wunsch nach Vergeltung wirklich tut: Einen Kreislauf der Gewalt erschaffen, der Charaktere ihre Menschlichkeit verlieren lässt und sie zu unfassbaren Gräueltaten verleitet.

„The Last of Us 2“ inszeniert das auf eine Art und Weise, dass ich beim ersten Durchspielen in 2020 manchmal nicht mehr weiterspielen wollte.

Ich wollte nicht, das Dinge passieren, wie sie passieren. Aber das hier ist nicht meine Geschichte, sondern die der Ellie und Abby, und die handeln so, wie sie es tun.

TLOU2 zeigt damit auf eindrucksvolle Weise, das Videogames ein eigenständiges Medium sind, denn sie können etwas tun, was andere Medien nicht können: Die Spieler/Konsumenten zu Tätern machen. Das kann ein anderes Medium nicht leisten, und deshalb wird die Umsetzung dieses Games als Staffel 2 und 3 der TV-Serie nicht einfach werden.

„The Last of Us“ ist Trauer und Leid, in jeder Sekunde und in jedem Augenblick. Beim zweiten Durchlauf weiß man schon, wie sich das Drama entfalten wird, aber der emotionale Impact ist immer noch da. Dieses Videospiel macht keine Freude. So viel Wut und Gewalt, so viel Schmerz und Verzweiflung kristallisieren um einen Kern aus Liebe – das kann Menschen nicht kalt lassen, die nur einen Funken Empathie besitzen.

Braucht nun das beste Spiel für die PS4 nur vier Jahre nach Release ein Remaster? Warum nicht – die PS4 lief stets am Anschlag und machte Geräusche wie ein Düsenjet, wenn TLOU2 lief. Auf der PS5: Totenstille, dafür aber bessere Performance, nahezu keine Ladezeiten, höhere Details und Sichtweiten, weniger Pop-Ins – das Spiel profitiert durchaus von der besseren Hardware.

Beim Remaster mit dabei sind ein neuer Roguelike-Modus, Making-Ofs und Entwicklungskommentare. Wer die PS4-Version schon besitzt, bekommt das Upgrade für 10 Euro.

Übrigens: Meine Sympathien liegen bei Abby, eindeutig.

Lost Words – Beyond the Page [Switch, 2021]
Isabelle ist neun Jahre und führt ein Tagebuch. Darin notiert sie ihren Alltag, schreibt aber auch eine Fantasygeschichte mit sich selbst in der Hauptrolle. Isabelle hängt sehr an ihrer Großmutter. Als es der gesundheitlich immer schlechter geht und sie schließlich stirbt, ist Isabelle verzweifelt und wütend und findet keine Worte mehr. Das Tagebuch hilft dabei, die Trauer zu bewältigen.

Was für ein wunderbares Kleinod! Man merkt, dass die Geschichte aus der Feder von Rhianna Pratchett stammt. Sehr einfühlsam wird das Verhältnis von Isabelle zu ihrer Großmutter geschildert, und wenn dann der Verlust eintritt, ist der emotionale Impact wirklich zu spüren. Das ist minimalistisch und gleichzeitig wunderschön in Szene gesetzt.

Auch wenn einige Bilder plakativ sind, verfehlen sie nicht ihre Wirkung. Wenn die Trauer Isabelle in der Fantasywelt in Form eines großen, schwarzen Hundes verfolgt oder die Protagonistin in einer nebelverhangenen Schwarz-weiß Welt jegliches Ziel verliert, dann fühlt man absolut, was sie gerade durchmacht.

Spielmechanisch gibt es nicht superviel zu tun, das Erleben der Geschichte steht hier klar im Vordergrund. Das Gameplay ist zweigeteilt: Während Isabelle Tagebuch schreibt, erscheinen Worte auf den Seiten, über die sie hüpfen und gelegentlich ein Puzzle legen oder Bilder malen muss. Das ist in erster Linie wunderhübsch anzusehen und sprüht vor Kreativität.

Davon losgelöst gibt es die Fantasygeschichte, in der man tatsächlich durch eine andere Welt reist, in der Worte Macht haben. Mit einem Stick wird Isabelle gesteuert, mit dem anderen wählt man Worte – Verben wie „Anheben“, „Zerbrechen“ oder „Reparieren“ – aus und ebnet der Figur so den Weg durch die Spielewelt. Das ist auf der Switch leider häufig sehr fummelig, weil die Sticks viel zu empfindlich reagieren und die milimetergenaue Platzierung der Verben zum Geduldsspiel wird.

Das stört aber selten wirklich, und die die wunderbare Geschichte um Verlust und Trauer gleicht das alles wieder aus.


Machen:
– Vermissen, immer noch.
– Eine V-Strom 800 Probe fahren und spontan kaufen.


Neues Spielzeug:


Ding des Monats:


Archiv Momentaufnahmen ab 2008

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Sehnsucht

Seit Wochen schiebe ich eine betrübte Stimmung. Doofe Nachrichten häufen sich, meine Augenerkrankung macht mir zu schaffen, aber das allein ist es nicht. Die aktuellen Sehprobleme lassen sich noch korrigieren, das kostet nur Zeit und Geld.

Die dunkelsten zehn Wochen des Jahres liegen gerade hinter uns, und nur ganz langsam werden die Tage wieder länger. Aber auch das ist nicht der Grund für meine grüblerische Laune. Ich bin nicht anfällig für Winterblues. Ich MAG die dunklen, kurzen Tage sogar. Ich mag es, dass wir hier eine eigene Jahreszeit für Einmummeln haben, bei der es keine Schande ist auf der Couch rumzuliegen und zu Lesen oder Videospiele zu spielen oder zu Häkeln oder was man sonst so macht, wenn man viel Zeit im Drinnen verbringt.

Ich hätte eigentlich auch superviel zu tun, eine neue Sprache will gelernt werden, eine Fernreise vorbereitet, das Blog hier müsste umziehen, aber… auf nichts davon habe ich wirklich Lust. Stattdessen mache ich Spaziergänge im Dunkeln und seufze in den Nachthimmel.

Wirklich, ganz seltsame Laune. Ich schleiche durch die Gegend und fühle mich leer. Und ein wenig traurig. Aber warum?

Gestern dann die Erkenntnis: Ich vermisse ganz fürchterlich.

Mir fehlen gerade Dinge und Menschen, die ich zurück- oder ziehen gelassen habe. Das waren ganz viele, kleine Trennungen, jede davon aus ihren Gründen richtig und gut und keine große Sache, aber alle zusammen haben doch ein spürbares Gewicht, das meine Schultern gerade nach unten zieht.

Vieles hört sich trivial an. Zu dem, was ich hier bereits so erzählt habe, gehört zum Beispiel, dass das Legendäre Gelbe Auto weg ist. Oder das hier im ganzen Haus Bautrockner dröhnen, und kommende Woche werden hier Decken und Treppen rausgerissen und dann müssen wir gucken, ob und wie das hier weiter gehen wird. Die Barocca liegt in Einzelteilen in der Garage rum und wird nicht mehr mit mir auf eine lange Reise gehen.

Überhaupt werde ich in diesem Jahr keine lange Fahrt mit einem Motorrad machen. Dadurch, auch das so eine Erkenntnis, werde ich Orte und Menschen, die mir viel bedeuten, frühestens in eineinhalb Jahren wiedersehen. Alles so kleine Verluste, auf unterschiedlichsten Ebenen. Jeder für sich trivial, aber jeder nagt an mir und führt in Summe zu diesem diffusen Gefühl des Vermissens. Es ist, als ob sich eine latente Traurigkeit in die bleiernen Tage eingewoben hat.

Das ist ungewohnt, das kenne ich so von mir nicht. Meine Impulskontrolle ist häufig nicht besonders ausgeprägt. Wenn es mir nicht gut geht, oder ich etwas möchte, oder ich jemanden vermisse, dann setze ich alles daran das zu ändern. Das Gewünschte zu beschaffen, aktiv zu werden, zu handeln. Und sei es nur, dass ich das Vermissen durch Vorfreude ersetze, etwa weil ich eine Verabredung mit der Person in sechs Monaten treffe, oder so.

Gerade geht das alles nicht. Ich kann nichts unternehmen, ich kann nur warten. Ein neues Motorrad lässt sich nicht im Januar Probe fahren (zumal, wenn es noch gar nicht verfügbar ist). Sommertouren, die nicht möglich sind, werden auch durch noch so viel Wollen nicht einfach realistisch. Bei anderen Sachen kann ich gerade die Umstände nicht einfach ändern.
Ich muss mich in Geduld üben.
Manchmal bleibt halt nur das Vermissen.
Oder die Sehnsucht.
Oder beides.

Aber nun. Nachdem ich jetzt weiß, was mir zu schaffen macht, fällt es mir leichter, damit umzugehen.
Das hier ist nur eine Phase.
Die geht vorbei.

Wenn das Warten erst vorbei ist, dann wird das Vermissen verblassen, wie diese fahle Sonne am Winterhimmel. Und vielleicht nimmt dann auch die Sehnsucht ab.

Kategorien: Gnadenloses Leben | 10 Kommentare

Momentaufnahme: Januar 2024

Herr Silencer im Januar 2024

„Das Jahr geht schon sechs Monate, und es ist immer noch Januar!“

Wetter: Es regnet und regnet und regnet in der ersten Woche, das Hochwasser schwappt in ganz Niedersachsen rum. Zum Glück ist es dabei mit 5 Grad recht warm. Wäre es kalt, es wäre eine Schneekatastrophe wie 1978. Kalt wird es erst in der zweiten Woche, schlagartig fallen die Temperaturen auf minus neun Grad. Schnee legt die Flughäfen und die Bahn lahm. In der dritten und vierten Woche ist der Schnee weg, die Temperaturen schwanken um den Gefrierpunkt, manchmal guckt die Sonne durch.


Lesen:

Walter Moers: Ensel und Kretel [2002]
Ensel und Kretel verlaufen sich im Wald.

Ein früher Moers: Strotzend vor Kreativität, ohne sich in seiner eigenen Welt zu verrennen und in Details abzusaufen. Das eigentliche Märchen ist recht kurz, die Buchlänge wird gestreckt durch „Mythenmetzsche Abschweifungen“ – in diesen Einschüben erzählt der fiktive Autor von „Ensel und Kretel“, Hildegunst von Mythemetz, einfach irgendwas. Oder er schreibt einfach mal zehn Seiten „Brummli Brummli Brummli Brummli Brummli…“. Schräg, aber gut.


Hören:


Sehen:

The Menu [2022, Disney+]
Junges Paar hat einen ganz besonderen Feinschmeckerabend in einem Sterne-Restaurant auf einer einsamen Insel gebucht. Hier wird unter anderem Molekularküche geboten, so etwas wie Schaum, der nach Wildschwein schmeckt. Jeder Gang ist eine intellektuelle Herausforderung, die vom kultisch verehrten Chefkoch Ralph Fiennes erläutert wird. Ab dem dritten Gang wird es dann aber seltsam, als „Unschöne Wahrheiten“ serviert werden, und als ein Sous-Chef als Beilage mit dem Namen „Mein Wahnsinn“ vor den Augen der Gäste Suizid begeht ist klar, dass der Abend entgleist.

Ich wusste nichts über diesen Film und bin über eine Szene auf TikTok auf den aufmerksam geworden. Unvorbereitet hineinzustolpern ist aber der beste Weg, den Streifen zu genießen. Anfangs rätselte ich noch: Ist das eine Komödie? Ein Drama? Ein Thriller? Um so immer tiefer in die Spirale des Wahnsinns gezogen zu werden, die die Geschichte aufmacht. Auch wenn die Story letztlich nicht viel zu bieten hat – allein das Setting und das Spiel des hochkarätigen Casts sind toll, und der Plot ist hoch spannend.

Pathaan [2023, Bluray]
Böser Terrorist bedroht Indien und Pakistan, Geheimagent Sha Rukh Khan muss ihn aufhalten und reist dabei um die Welt.

Nach hanebüchenem Mumpitz wie „Zero“ endlich wieder ein Actionfilm mit SRK. Und was für einer: Hier wird eindeutig auf den Spuren von James Bond gewandelt, und das auf hohem Niveau. Das Drehbuch hat irre Einfälle, die auch toll umgesetzt und gefilmt sind. Keine Sekunde kommt hier Langeweile auf, es ist einfach eine Freude sich hier das Hirn zuballern zu lassen. Das hier ist Actionfilm und Heistmovie, auf Triple-A-Hollywoodniveau. So lange am anderen Ende der Welt so tolle Filme wie „Pathaan“ entstehen, braucht es Hollywood nicht.

Die Bildqualität der BluRay ist Wahnsinn – im Gegensatz zu vielen westlichen Produktionen ist das Bild hell und messerscharf, nicht grainy und so dunkel, dass man sich eine Taschenlampe wünscht.

Barbie [2023, Online-Leihe]
Barbie wohnt im Barbieland, zusammen mit ganz vielen anderen Barbies. Kens laufen da auch rum, haben aber nichts zu melden. Barbie lebt ein gutes Leben in der Gewissheit, die Emanzipation der Frauen in der Echten Welt so vorangetrieben zu haben, das Frauen absolut gleichberechtigt sind und alles werden können, was sie wollen.
Als sie eines Tages Gedanken an den Tod hegt und sie Plattfüße bekommt, muss Barbie in die Echte Welt – und stellt zu ihrem Erstaunen fest, das Frauen hier eben nicht gleichberechtigt sind. Das findet nur einer toll: Ken, der sich prompt daran macht, im Barbieland ein Patriarchat zu errichten.

Okay, DAS ist mal ungewöhnlich. Ein High-Concept-Film, der auf so vielen Ebenen funktioniert, dass nahezu jede und jeder, der nicht gerade tief misognyn ist, etwas daran findet.

Sehr toll sind schon die optischen Gimmicks. Jede und jeder, der in den vergangenen 60 Jahren Kind war, ganz egal ob er selbst eine Barbie besessen hat oder nur die Schwester oder die Grundschulfreundin: Man WEISS einfach, wie Barbiespielzeug aussieht und nach welchen ungeschriebenen Gesetzen Kinder damit spielen. All das findet sich hier in diesem Film wieder, und das allein ist schon toll.

Die Grundidee ist erstaunlich, die Story funktioniert, das Pacing ist nahezu ohne Hänger und der Cast mag, was er tut. Filmisch ist das Ganze sehr gelungen umgesetzt. Einfach ein guter Film, und einer mit einer sehr wichtigen Botschaft. Schön, dass der im vergangenen Jahr im Kino der Renner war!


Spielen:

Robocop: Rogue City [2023, PS5]
Kurz nach den Ereignissen von RoboCop 2: Der Megakonzern OCP will Detroit abreißen, um an seiner Stelle eine Luxusstadt zu bauen. Das alte Detroit wird derweil von Drogen und Gewalt überschwemmt. Symbol für Gerechtigkeit ist RoboCop: Eine Vollkörperprothese, in der das Hirn des ermordeten Polizisten Alex Murphy sitzt.

Paul Verhoevens „RoboCop“, der alte Film von 1987, hat mich schwer beeindruckt, als ich ihn zum ersten Mal sah. Noch heute gehört der Streifen zu meinen All-Time-Favorites, schlicht weil er kein Actionfilm ist, sondern ein Drama. Gesellschaftliche Entwicklungen, Kapitalismuskritik, aber auch zutiefst philosophische Fragen wie „Was ist Menschlichkeit, und was macht einen Menschen aus“? werden hier verhandelt und sind geradezu genial gefilmt und mit Splatterszenen vermischt.

„Rogue City“ ist eine Liebeserklärung an den den Streifen und fängt dessen Stimmung perfekt ein. Als RoboCop walzt man durch 80er-Jahre-Zukunfts-Settings, die vollgestellt sind mit Chevrolets und Röhrenfernsehern, was aus heutiger Sicht teils liebevoll-naiv erscheinen.

Mit der Unreal5-Engine sieht das bemerkenswert gut aus. Gameplaytechnisch wechseln sich akzeptable Shooter-Sequenzen, Erkundungseinlagen, Tatortermittlungen, Puzzles und Dialogsequenzen ab. Beides ist unterhaltsam, auch wenn man deutlich das geringe Produktionsbudget dieser maximal Double-A-Produktion merkt. Abseits der Hauptstory gibt es noch Nebenmissionen, die aber allesamt wenig interessant sind. Was aber extrem gut rüberkommt, ist das Gefühl, mit einem tonnenschweren und nicht besonders beweglichen Cyborg durch die Gegend zu laufen, der durchaus etliche Kugeln abkann. Dass Peter Weller, der Originalschauspieler, die Figur spricht und ihr das Gesicht verleiht, trägt maßgeblich dazu bei, dass dieses Game eine Offenbarung für alle Robocop-Fanboys ist.

Alan Wake II
Im Wald hinter dem verschlafenen Nest Bright Falls wird eine Leiche gefunden. FBI-Agentin ermittelt und merkt sehr schnell, dass sie es hier nicht nur mit Totschlag zu tun hat, sondern ein seltsamer Kult sein Unwesen treibt. Bald darauf stolpert sie mitten in der Nacht mit einer mickrigen Taschenlampe durch den Wald und und findet den Schriftsteller Alan Wake, der hier vor 13 Jahren verschwunden ist. Der berichtet von einem weitaus größerem Problem: Anscheinend hat sich eine seiner Geschichten selbstständig gemacht und schickt sich an, die Realität zu verändern. Dummerweise ist das eine Story aus dem Horror-Genre.

Das erste „Alan Wake“ aus dem Jahr 2010 war ein seltsam Ding, dem man seine holprige Produktionsgeschichte ansah. Eigentlich als Open-World-Twin-Peaks mit Stephen-King-Story gestartet, war es am Ende ein linearer Survival-Shooter, der vor allem wegen seiner tollen Schauplätze, der originellen Grundidee und vor allem der Atmosphäre in Erinnerung blieb.

„Alan Wake II“ ist nun nicht einfach more-of-the-same, sondern spielt sich deutlich anders. Zwischen Passagen mit Actioneinlagen wird nun viel erkundet und gerätselt und die Story zusammengepuzzelt. Die ist wesentlich besser produziert und auch besser erzählt als in Teil eins, und in Sachen Atmo hat das finnische Studio Remedy nochmal ordentlich draufgelegt. Die Grafik ist bombastisch und super detailliert, die ganze Welt von Bright Falls sieht fantastisch aus.

Also alles supi? Leider nicht. Es ist nie ein gutes Zeichen, wenn ich mich um ein Spiel drücke und lieber was anderes mache, als es zu starten. Bei AW2 war das die ersten 10 Spielstunden so, und der Grund ist das sperrige Gameplay. In den Erkundungspassagen schleichen de Figuren im Schneckentempo durch die Gegend, hier verkommt das Spiel zu einem lahmen Walking-Simulator, dessen Grafik auf der PS5 im Quality-Modus in vielen Szenen ruckelt.

Die Kämpfe gegen besessene Kultisten sind ein Graus, weil weder Zielen noch Ausweichen gut funktioniert, Munition nie ausreichend vorhanden ist und die Gegner einfach sau schnell, im Dunkeln kaum zu sehen und Bullet Sponges sind. Gerade wegen Letzterem ist es auch keine Schande, den Schwierigkeitsgrad von „Normal“ auf „Story“ zu stellen. Spätere Gegner halten nämlich nicht nur mehr Treffer aus, als man an Munition tragen kann, die erledigen die Spielfigur auch mit einem Schlag aus der Ferne, manchmal ohne das man sie vorher sieht. Das macht keinen Spaß, zum Glück sind die Kämpfe aber nicht im Vordergrund.

Da man nicht frei Speichern kann, sondern auf oft weit auseinanderliegende Speicherpunkte angewiesen ist, kann man hier – wie schon beim Vorgängerspiel „Control“ – viel Lebenszeit mit Neuladen und Hin- und Herlaufen verbringen, um dann dank der absurd langsamen und miesen Steuerung sofort wieder ins Gras zu beißen.

Problematisch ist auch das Pacing. Die Agentin kann sich jederzeit in ihren „Mind Palace“ flüchten, d.h. man schaltet zwischen der Spielwelt und einer großen Pinnwand hin und her, auf der Spuren, Hinweise und Gedanken in die richtige Reihenfolge sortiert werden müssen, damit die Spielfigur daraus vielleicht Erkenntnisse zieht. Tut sie aber meistens nicht. Zumindest nicht vor dem Spieler, und so artet die Detektiv- zur Fleißarbeit aus, die darin besteht, Fotos an die richtige Stelle zu kleben. Da dass andauernd gemacht werden muss, bremst dieses Element den Spielfluss erheblich aus – fünf Minuten spielen, dann Vollbremsung und Bildchen auf die Pinwand kleben, dann geht´s erst weiter. [Nachtrag: Gerade erst erfahren: Muss man nicht alle 5 Minuten machen, nur an bestimmten Storypunkten, sonst geht es aber tatsächlich nicht weiter]

Was mich dann aber doch in den Bann gezogen hat, so ca. ab Spielstunde 12, ist der unbedingte Willen der finnischen Entwickler zu Skurrilität und einer komplexen Story. Was dadurch an originellen Ideen aufgefahren wird, ist einfach nur bemerkenswert – ich habe noch nie ein Spiel mit einem Musicallevel gesehen, und wie sich die Geschichte entwickelt ist SO bemerkenswert, dass ich im Nachgang dem Autoren Sam Lake eine Dankesnachricht geschickt habe – denn sowas erlebt man sehr, sehr selten.

Zusammengefasst: Geschichte und Inszenierung sind fantastisch, das Speichersystem nervig und das Gameplay in Kampfsequenzen unspaßig. Wenn man sich auf die Story einlässt und in die Welt von Alan Wake saugen lässt, spielen diese Punkte aber kaum eine Rolle.

Control [2019, Replay, Ultimate Edition PS5]
Jesse Faden betritt ein Gebäude in New York, das ihr zuvor noch nie aufgefallen ist, aber anscheinend schon immer da war. Das „älteste Haus“ beherbergt das „Federal Bureau of Control“. Diese Behörde kümmert sich eigentlich im Stil der „Men in Black“ um übersinnliche Phänomene, ist aber leider gerade selbst von einem überrannt worden. Jesse beginnt die leeren Korridore des FBC zu erkunden. Das sich das Gebäude über mehrere Dimensionen erstreckt und ständig seine Form ändert, macht die Sache nicht einfacher.

Als „Control“ 2019 raus kam, habe ich es inständig nicht gemocht. Das hatte sich das Spiel hart erarbeitet, denn obwohl es eine Wundertüte an Einfällen ist, fand ich ich Geschichte untererklärt und ohne echtes Ende, und auf der PS4 hatte es haarsträubende Performanceprobleme. Dazu kamen viel zu seltene und zu wenige Speicherpunkte und ein unbalancierter und nicht änderbarer Schwierigkeitsgrad, der mich zur Weißglut brachte: Teils musste man Minuten bis zu einem Bosskampf laufen, starb binnen Sekunden, starrte dann zwei Minuten auf einen Ladebildschirm und dann ging das wieder von vorne los.

Control hat es sich 2019 mit mir gründlich versaut, sogar so weit, dass ich das echte Ende vermutlich nie gesehen habe – ich erinnere mich daran, dass ich es sofort und ziemlich wütend gelöscht habe, als der Abspann über den Bildschirm lief.

Stellt sich raus: Das war ein Fake-Ende, der falsche Abspann hört nach wenigen Sekunden auf, und danach geht es nochmal weiter und bringt die Geschichte zu einem befriedigendem Ende. Überhaupt war ich überrascht, wie gerne ich jetzt Control nochmal gespielt habe. Das älteste Haus zu erkunden, die wuchtigen Kämpfe zu spielen, die Geschichte (die ich schon völlig vergessen hatte) Stück für Stück zu erleben – ganz großartig!

Lag ich dann damals falsch? Nein!

Ich hatte mit allen Punkten, die ich nicht mochte, absolut recht! Und nicht nur ich empfand das so, und deshalb kam ein Jahr nach Release ein Patch raus. Der balancierte die Bosskämpfe neu, fügte mehr Erklärungen und Speicherpunkte hinzu und brachte einen Modus mit, in dem man sehr detailliert den Schwierigkeitsgrad an die eigenen Vorlieben anpassen kann. Der ist auch immer noch bitter nötig, Control bleibt bock schwer – aber gerade wenn man an den nervigen Stellen die Schwierigkeit so einstellen kann, dass sich Gegner nach einem Treffer in Luft auflösen, dann wird die Power-Phantasie wahr und es fühlt sich wirklich so an, als hätte man die titelgebende Kontrolle.

Auf der PS5 läuft das Game trotz Raytracing, Unmengen an Partikeleffekten und einer irren Physikengine im Hintergrund völlig problemlos. So macht es richtig Freude, das älteste Haus zu erkunden und in den DLCs, die in der Ultimate Edition vorhanden sind, dem Verbleib eines gewissen Schriftstellers namens Alan Wake nachzugehen. Kennt man „Alan Wake II“, was damals höchstens in der Pre-Pre-Production gewesen sein kann, findet man im DLC schon die Kernmotive der Fortsetzung und Verweise auf Figuren, die dort auftauchen werden.

Übrigens: Die Ultimate Edition als Disc-Version für die PS5 gibt es nur zu horrenden Sammlerpreisen zu kaufen, und die Digitalversion ist auch noch unverschämt teuer. Wie Sand am Meer und für ein paar Groschen gibt es aber die Ultimate Edition für die PS4, und die enthält ein kostenloses Upgrade für die PS5.

Assassins Creed Revelations [2011, Switch Replay]
Assassinenmentor Ezio Auditore ist 53 und blickt auf ein unerfülltes Leben zurück. In Istanbul macht er sich auf Sinnsuche. Komplettes Review hier.

Dies ist ein Replay, das ich vor einem Jahr oder so auf der Switch begonnen und jetzt, so nebenbei beim Dschungelcamp gucken, beendet habe. Das 12 Jahre alte Spiel sieht auf der kleinen Konsole einigermaßen OK aus, fügt der ursprünglichen Version (die noch für XBOX 260 und PS3 rauskam!) weder grafisch noch spielerisch etwas hinzu.

Was bis heute Bestand hat: Der Trailer mit der Musik von Woodkid ist sicher einer der besten Spieletrailer aller Zeiten.


Machen:


Neues Spielzeug:


Ding des Monats:


Archiv Momentaufnahmen ab 2008

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Das war das Jahr, das war (2023)

Jahresende. Zeit für die Rückschau. Was bleibt von 2023? Plus: Beste Bilder.

Lage der Welt:
Es war das Jahr vier der COVID-Pandemie und Jahr zwei des Russland-Kriegs in der Ukraine. Nur, über Covid redet niemand mehr, das wurde für beendet erklärt, und der Ukraine-Krieg verliert Unterstützung.

Insbesondere rechtsextreme Politiker auf der ganzen Welt reden ihrer Bevölkerung ein, dass man es sich nicht leisten könne, weiter das überfallene Land zu unterstützen. Besonders schlimm ist das wieder in den USA, wo die Republikaner nach wie vor einen faschistischen Kult um Führer Trump bilden. Darüber zerlegen sie sich selbst und den Kongress, der mehrere Wochen nicht handlungsfähig ist.

Dass Trump aktuell in 91 Fällen vor Gericht steht, von Betrug über Unterschlagung bis hin zu Landesverrat und Anzettelung eines Aufstands, ficht die Grand Old Party nicht an. Auch nicht, das Trump ankündigt, im Falle einer Wiederwahl – und seine Partei hat hart daran gearbeitet, dass sie nicht mehr verlieren kann – Diktator werden zu wollen und politische Gegner mit Staatsgewalt zu verfolgen und einzusperren. Es kann niemand sagen, er habe von nichts gewusst – Superschurken wie Trump oder Musk sagen IMMER wortwörtlich, was sie als nächstes tun werden. Da ist kein Raum für „hat er nicht so gemeint“ oder „muss man anders interpretieren“ oder „Das ist nur Trump, wie er nun mal ist“. Nein, die USA unter Trump II werden eine faschistische Diktatur werden, und darauf sollte sich die neue, multipolare Welt vorbereiten.

DAS Trump gewählt wird, dafür sprechen momentan nahezu alle Umfragen. NIEMAND außer Joe Biden findet Joe Bidens Entscheidung gut, dass Joe Biden in 2024 noch einmal antritt. Zwar macht der greise Politiker sehr gute Arbeit und stellt die Weichen für ein grünes und digitales Amerika, wodurch die Wirtschaft prosperiert und sogar Firmen aus Europa anzieht, aber er ist schlicht unbeliebt und gilt als zu alt.

In Russland sitzt Putin fester im Sattel als je zuvor, obwohl im Juni die Wagner-Söldner gegen ihn zu putschen begannen. Russlands Kriegswirtschaft läuft, China und Indien sind wichtige Partner, Opposition sitzt im Knast oder im Exil, Wiederwahl im nächsten Jahr ist safe. Auf der Weltbühne machen sich Russland und China an Länder des globalen Südens ran und schmieden neue Allianzen. Die eint nur eines: Echten oder vermeintlichen Hass auf den Westen.

Dabei hasst sich der Westen auch selbst, rechtspopulistische und rechtesextreme Parteien sind überall im Aufstieg und werden sogar in Regierungen gewählt. Dort beginnen sie, die Demokratien von innen auszuhöhlen. In Europa ist das Ungarn, das den US Republikanern als Testlabor gilt, in Südamerika Argentinien.

Im Herbst eskaliert dann die Lage im nahen Osten, die Hamas überfällt Israel und massakriert und verschleppt die Zivilbevölkerung. Die israelische Regierung agiert zunächst gar nicht, dann kopflos.

Ansonsten? Winterdürre von Januar bis März, insgesamt heißestes Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen. Schlimmes Erdbeben in der Türkei, verzweifelte „Klimakleber“-Proteste, Finnland kommt in die Nato, Schweden wegen der Türkei nicht, Polen wählt die PIS aus der Regierung.

Außerdem: ChatGPT und andere LLMs gelangen in den breiten Einsatz und verzeichnen kometenhaft aufsteigende Nutzungszahlen. Binnen eines Jahres durchseucht die KI das Internet – Texte, Bilder, Übersetzungen – dafür braucht es nun keine Menschen mehr.

In Summe: Alles, alles schlimm und in 2024 wird es noch weitaus schlimmer werden. Früher war die Weltordnung bipolar, heute ist sie multipolar und damit noch irrer als vorher.

Lage Europas:
Europa eiert außenpolitisch weiterhin herum, was mit von der Leyen an der Spitze absolut erwartbar war. Nicht mal auf Ukraine-Unterstützung kann man sich noch verständigen. Schuld daran ist Querschläger Ungarn, das blockiert, wo es nur kann. Das Land wurde von Orban und Konsorten zu einer Autokratie umgebaut, die sie nun ausplündern und die ironischerweise dabei von Russland UND der EU abhängig ist. Ebenfalls schwierig: Erdogan zieht die EU weiter am Ring durch die Manege, wie es ihm gefällt.

Die Kommission folgt der Politik ihrer Chefin, bloße Vorhaben, Absichtserklärungen oder minimale Erfolge groß aufzublasen, dann aber wenig umzusetzen. Wiederbelebt und angegangen wird dagegen Zensursulas Lieblingsprojekt der Netzsperren, jetzt mit Bonusprogramm „Chatkontrolle“ – die EU will Zugang zu jedem Chatverlauf haben, überall und jederzeit. Man mag sich nicht ausdenken was passiert, wenn diese Überwachungsmaßnahmen in die Hände rechtsextremer Parteien fallen – aber soweit denken ja Politiker:innen offensichtlich nicht, die solchen Mist vorschlagen oder sogar beschließen. Man möchte heulen.


Lage der Nation:
Die Rot-Grün-Gelbe Bundesregierung (kurz „Die Ampel“) gibt nach wie vor kein gutes Bild ab. Und das, obwohl Habeck eine Energiekrise im Winter verhindern konnte und die Grünen kompromissbereit und staatstragend agieren, bis es ihnen richtig weh tut und ihre Basis entsetzt ist. Die SPD strickt an Sozialumbauten. Trotz allen möglichen Krisen, das muss man anerkennen, sitzen hier gute Leute am Werk und machen gute Arbeit.

Nein, neben sauschlechter Kommunikation sind es vor allem zwei Faktoren, die schon im Vorjahr, aber auch in 2023 das Bild völlig verzerren. Das eine sind die Panikreaktionen der FDP, das andere ist der Kanzler Olaf Scholz.

Die FDP hat bei den letzten Bundestagswahlen gerade bei Jungwählern hoch gewonnen, weil sie sich als zukunftsorientierte, aber liberale Partei präsentiert hat und damit attraktiv war für Wählerschichten, die das Klimaproblem ernst nehmen und gleichzeitig das Image der Grünen als sockenstrickende Baumumarmerpartei ablehnen. NACH der Bundestagswahl stellte die FDP aber den Hebel wieder um auf „Weiter so“ und bediente wieder die Interessen ihrer alten Klientels aus der Wirtschaft und pfiff auf Klima- und Grundrechtsschutz sowie digitale Transformation, also die Themen, die junge Menschen interessieren. Im Gegenteil, sie gebärdete sich erneut, wie schon in 2022, wie eine Oppositionspartei und verhinderte sinnvolle Maßnahmen, dieses Mal sogar auf europäischer Ebene.

Daraufhin rauschte sie bei den Landtagswahlen völlig in den Keller, zog daraus aber die falschen Schlüsse. Statt sich wieder auf die modernen Themen zu besinnen, wurde als neue Strategie „Quält die Gründen wo ihr könnt“ ausgegeben und öffentlich in der Regierung gezankt, woraufhin die Landesergebnisse noch schlechter wurden – nun aber für alle Regierungsparteien.

Der Kanzler war die meiste Zeit einfach nicht sichtbar. Keine Führung, keine öffentliche und sinnvolle Erklärung der Regierungspolitik, nichts. In der Außenwirkung regieren gerade Robert Habeck und Christian Lindner das Land, und letzterer versteigt sich leider in Symbolpolitik.

Die Opposition in Form der CDU/CSU könnte davon profitieren, wenn sie sich wirklich erneuern wollen würde. Stattdessen versammelt sie sich hinter Friedrich Merz, der dieses Jahr wieder etliche Beweise erbracht hat, das er mental immer noch im Jahr 1996 lebt und seitdem nichts dazugelernt hat. Klimaschutz? Zu teuer. Digitale Transformation? Nonsensethema. Stattdessen? Kürzen bei der den Ärmsten und den Rentnern, und: Leitkultur!

Ja, diese Zombiedebatte, die selbst ihr Erfinder 2006 als Unfug begriffen und für beendet erklärt hat. Merz ficht das nicht an, entgegen dem Rat aller Analysten versucht er mit „Das Boot ist voll“ und sozialer Kälte am rechten Rand zu fischen. Politikwissenschaftler wissen seit 1990: Das funktioniert nicht. Wenn etablierte Parteien so etwas versuchen, verschieben sie nicht nur moralische, ethische und soziale Normen, sie graben sich auch ihr eigenes Grab, denn dann wählen die Leute IMMER die Original-Rechten.

Es ist wirklich erbärmlich, man würde sich eine Opposition wünschen, die Strategien für die Zukunft entwirft, und keine, deren Lösung für jedwedes Problem in Kürzungen bei denen, die sowieso nichts haben, und Parolen von „weniger Zuwanderung“ besteht.

Immerhin wird immer deutlicher erkannt, dass das Land einen riesigen Investitionsstau hat und dringend nicht nur in die Zukunft, sondern ins hier und jetzt investiert werden muss. Dummerweise trickst die Bundesregierung beim Haushalt, was ihnen das Bundesverfassungsgericht untersagt. Viel Spielraum bleibt dann nicht mehr, weil IRGENDWELCHE TROTTEL JA EINE SCHULDENBREMSE INS GRUNDGESETZ SCHREIBEN MUSSTEN. Auf deren Einhaltung pochen Union und FDP auch und machen damit Deutschland international zur Lachnummer. Egal ob unsere europäischen Nachbarn oder die USA: Überall werden Milliarden in die Zukunft investiert. Bei uns nicht, aus ideologisch-konservativem Gründen. Die Times schreibt darüber ein langes Stück und nennt Deutschland bereits den „neuen, kranken Mann Europas“.

Die AFD, die in diesem Jahr in zwei Landesverbänden vom Verfassungsschutz als „gesichert Rechtsextrem“ eingestuft wurde, feiert bei den Landtagswahlen große Erfolge und stellt bei Kommunalwahlen jetzt Landräte und Oberbürgermeister. Letzteren natürlich in Pirna, wo sonst.

Der Aufstieg der Rechtesextremen ist übrigens keine Überraschung. Seit mindestens zehn Jahren schreibe ich an dieser Stelle darüber, wie tödlich es für eine Demokratie ist, wenn die verfassungstreuen Parteien demokratische Errungenschaften, wie z.B. Europa, als gegeben hinnehmen und in Wahlkämpfen darauf herumtrampeln. Große Koalitionen fördern nachweislich ebenso die extremen Positionen, und dieses Land wurde viel zu lange von einer GroKo verwaltet. Die Ampel macht zwar vieles besser, hat aber durch ihre schlimme Kommunikation Vertrauen verspielt. All das ist kein Grund Nazis zu wählen – aber so denkt leider nicht jeder.

Am Jahresende haben wir darum eine seltsame Situation: Eine Opposition aus Union und AFD, die beide entweder verhalten oder offen rechtsextrem sind und die die Uhr am liebsten 30 Jahre zurückdrehen wollen – bis in die Zeit, als in Rostock-Lichtenhagen noch Asylbewerberheime brannten.

Währenddessen sitzt die FDP in der Ideologie-Ecke und schlägt den blutigen Kopf immer wieder gegen die gleiche Wand, die SPD sediert vor sich hin und die Grünen sind kaum handlungsfähig, weil sie von allen gehasst und aus ideologischen Gründen blockiert werden. Himmel, hilf.

Immerhin: Die letzten drei deutschen Atomkraftwerke werden abgeschaltet, und der Ausbau der Erneuerbaren kommt voran. Im Herbst liegt der Anteil der Erneuerbaren bei der Stromerzeugung bei 60%, insgesamt deckten die den Stromverbrauch zu 52%. Niemand, außer Friedrich Merz, auch nicht die Stromerzeuger selbst, wollen noch Kernkraftwerke betreiben – umso unverständlicher, dass die CDU das weiter propagiert. Ach, klar – in den 90ern setzte man ja noch auf Atomkraft.

Ich Ich Ich
Ich trage seit Herbst 2022 Magenbeschwerden mit mir rum und entscheide mich im Februar endlich dazu, das mal untersuchen zu lassen. Die Hausärztin rätselt ins Blaue hinein und zögert eine Empfehlung für eine bildgebende Untersuchung bis Mai raus, und bis es dann endlich zur Magenspiegelung kommt, ist es Ende Oktober. Ergebnis: Entzündungen der Magenschleimhaut und der unteren Speiseröhre, vermutlich stressbedingt.

Ja, glaube ich gerne. 2023 war kein Spaziergang.

Die Arbeitslast war weiterhin durchgängig fordernd, wenn auch nicht signifikant höher als in den Vorjahren. Ruhige Zeiten gibt es in der Branche nicht mehr, wohl aber Lastspitzen, die dann so heftig ausfallen können, dass mir für alles andere – Menschen treffen, bloggen, Motorrad – die Energie fehlte. Also wirklich: Gar keine Energie. Nach Hause kommen, umfallen.

Lediglich die Gartenarbeit habe ich hinbekommen, die half dabei nicht irre zu werden. Was nicht geholfen hat, war das Wetter. Bis in den April rein fühlte sich einfach alles, alles wie November an. Bleischwer und grau, so lange, bis es mir wirklich aufs Gemüt schlug.

Zur Arbeit kamen die großen Sorgen um meinen Vater, der in den vergangenen Jahren in Demenz und Verwahrlosung abgerutscht war und der sich auch nicht helfen ließ. Ich stieß ein Betreuungsverfahren an, was de facto im März zu seiner Entmündigung führte. Aber noch bevor die Betreuung etwas ausrichten konnte, löste mein Vater alle Probleme auf seine Art und fiel einfach tot um.

Das brachte mir im Mai einen Besuch der Polizei ein, und die Frage, was nun mit einem völlig maroden, Ungezieferbefallenen und von einem Messie jahrzehntelang vollgemüllten Haus passieren sollte. Schweren Herzens entschied ich, das Erbe und damit mein Elternhaus mit allem darin, auch meinem Jugendzimmer mit meinen Büchern, Filmen und meinem persönlichen Besitz, auszuschlagen. Das war schwer.

Gut waren zwei Wochen Irland im Juni und vier Wochen Italien im Oktober, beides mit dem Motorrad. Vier Wochen klingt lang, aber es dauerte schon satte 14 Tage, bis ich nicht mehr an die Arbeit gedacht habe – die sich dann an Tag 15 prompt meldete und mich wieder zu einem ganz erheblichen Teil beschäftigte.

Später im Jahr dann die Trennung von meinem Legendären Gelben AutoTM, der geliebte Beamer rauchte ab und das Haus, in dem ich lebe, wurde in Teilen geflutet und ist nun baufällig, was sich potentiell zum Verkauf und damit zum Verlust meiner Bleibe auswachsen kann. Ach ja, und nach 18 erfolgreichen Jahren in einem Job, den ich eigentlich gerne mache, muss ich mich jetzt der Frage stellen, ob das noch das richtige ist.

Schon seltsam. Ich habe jahrelang in dem vollen Bewusstsein gelebt, dass mein Leben nahezu perfekt für mich ist. Nun verändert sich alles auf einmal, und besser werden kann es ja nicht – oder?

Bei all diesen persönlichen Fragen bin ich dann im November das erste Mal aus dem Nachrichten-Game ausgestiegen. Ich bin von Haus aus halt Medienmensch und Politikwissenschaftler, aber beim Thema Nahost habe ich kein Wissen, keine Meinung und höre/sehe/lese von mir aus auch keine Nachrichten dazu. DAS ist das erste Mal in meinem Leben, dass ich so ein wichtiges Thema einfach von mir fernhalte.

Ich bin stressfest und resilient, und ich habe 2023 erstaunlich gut überstanden. Aber in diesem Jahr wurde mehr als eine Grenze erreicht, und ich musste auf mich achten.


Und sonst noch?

Worte des Jahres: Man erfährt nur, wozu man bereit ist.

Worte, die ich nicht mehr lesen oder hören möchte: „…aber dazu später mehr“ in Texten und Podcasts. Der Ausdruck allein zeugt von Faulheit und schlechter Planung.

Zugenommen oder abgenommen: Abgenommen.

Die teuerste Anschaffung: Einen Toyota Aygo. Gebraucht, 11 Jahre alt, 46.000 km runter.

Luxus des Jahres: Plötzlich zwei Autos zu besitzen. Wenn auch nicht lange.

Mehr bewegt oder weniger: Mehr.

Die hirnrissigste Unternehmung: „Wir-geben-Dir-Geld-fuer-Dein-Auto.de“ zu kontaktieren. Der Terror, der dann auf allen Kanälen losbricht, wünscht man niemandem.

Ort des Jahres: Bari Sardo.

Zufallspromi des Jahres: Katrina Kaif. Wahnsinnig begabte Frau.

Person des Jahres: N.B. Wer hätte das gedacht.

Nervende Person des Jahres: Der Preis geht, wie in 2022, zu gleichen Teilen an Friedrich Merz und Elon Musk. Der eine hatte 1992 einen Unfall mit einer Cryo-Maschine und wurde erst jetzt wieder aufgetaut, der andere hat sich radikalisiert und ruiniert Gesellschaften und den Planeten. In 2023 haben beide nochmal eine Schippe draufgelegt. Dabei habe ich das verhängnisvolle Gefühl, die laufen sich gerade erst warm.

Das beste Essen: Simples, aber fantastisches Salami-Panino, liebe voll zubereitet von Signora M.

Das seltsamste Essen: Full Irish Vegetarian Breakfast.

Das beste Süßkram: Eis aus Ziegenmilch in Baunei.

2023 ENDLICH getan: Den alten Röhrenfernseher entsorgt.

2023 zum ersten Mal getan: Magenspiegelung. Dank Propofol kein Problem. Hicks.

2023 das erste mal seit langer Zeit wieder getan: Gehandwerkt, Dinge geändert und Pflanzen gekauft und Gemüse angebaut. Ach ja, und Waschlappen gekauft und benutzt, um Gas für die Dusche zu sparen. Hat funktioniert und die Haut hat´s gedankt.

Gesundheit: Geht so. Magenprobleme. Aber bin nach wie vor beweglich und agil und wieder fitter als in den Vorjahren. It´s not the years, honey, it´s the mileage.

Ein Ding, auf das ich gut hätte verzichten mögen: Die Überschwemmung, die die Dame in der Nachbarswohnung ausglöst hat. 7.000 Liter Wasser in einem Lehmbau sind halt nicht gut.

Gereist? Jahaa! Eine Motorradtour im Juni durch Irland und das Unvereinigte Königreich und eine im September durch die Schweiz, Sardinien und Festland-Italien. Sechs Wochen on the Road, das war super.

Film des Jahres: War ein gutes Filmjahr für kleinere Produktionen, während die großen Franchises größtenteils untergingen. „Woman King“ mit seinem starken, rein schwarzen und fast nur weiblichen Cast ist mein Film des Jahres. Ebenfalls toll: „The Father“, das Drama aus der Sicht eines Demenzkranken Antony Hopkins, sowie „Bullet Train“, einem schillernden, starbesetzten und sehr überraschendem Film. Auch gut: „Kate“, einem Netflix-Film, der einer vergifteten Killerin ins neonfarbene Tokyo folgt und der so gute Actionszenen hat, das man im Sessel zusammenzuckt. Fleissternchen für „Mission Impossible: Dead Reckoning Part I“ für handgemachte Action und den unbedingten Willen, in jeder Szene etwas noch nie Gesehenes zu zeigen.

Theaterstück des Jahres: „Frühstück bei Tiffanys“ als Ein-Personen-Stück aus Sicht des Nachbarn, der sich am Ende selbst in Holly Golightly verwandelt.

Musical des Jahres: „Der Graf von Monte Christo“ bei den Gandersheimer Domfestspielen.

Song des Jahres: „Set the Rain on Fire“ als Acoustic Cover von der fantastischen N.B. Wer Spotify hat, kann das hier hören: Klick.

Spiel des Jahres: Ein starkes Spielejahr! „Spider-Man 2“ ist handwerklich und erzählerisch super, zudem hatte kein Spiel in diesem Jahr ähnlich gutes Gameplay. Viel Spaß hatte ich auch mit Like a Dragons „The Man who erased his Name“, sowie dem Remake von „Resident Evil 4“ und dem „Horizon“-DLC „Burning Shores“. Zum Jahresende tritt überraschend „Alan Wake II“ auf den Plan. Das entpuppt sich trotz fantastischer Grafik zunächst als erstaunlich sperrig und hat schlechtes Gameplay, aber wenn man sich daran gewöhnt hat, es mit einem Horror-Walkingsimulator zu tun zu haben, geht´s – und dann folgt man einer unfassbar stark geschriebenen Geschichte in einer fantastischen Atmosphäre und kommt nicht mehr davon los. Alan Wake II wird mir am längsten im Gedächtnis bleiben, folgerichtig muss es das Spiel des Jahres sein.

Scheißspiel des Jahres: „Death Stranding“ – ganz übler Mist, der kaum eine Sekunde Spaß macht.

Serie des Jahres: „Picard“ Staffel drei war eigentlich TNG Staffel 8 und überraschend gut, „Strange New Worlds“-Staffel 2 ließ mich staunen ob der Liebe, die da drin steckt, und als Videospielverfilmung glänzte „The Last of Us“ mit viel Atmosphäre und guten Geschichten. Mein Gewinner war aber „Twin Peaks“, Season 3 von 2017. Hatte immer gehört, die sei so langweilig, und deshalb die hier seit Jahren rumliegenden Scheiben nicht angeguckt. Dann endlich rangetraut und wow, was für ein absolut geiler Shit!

Buch des Jahres: „London Calling“ von Annette Dittert. Viel gelernt über die britische Seele.

Ding des Jahres: Der Corsori Airfryer teilt sich den Platz mit dem unersättlichen Baustaubsauger von Kärcher, aber im Herzen: Das Legendäre Gelbe AutoTM, von dem ich mich in diesem Jahr getrennt habe.

Spielzeug des Jahres: Die 12V-Werkzeuge von Bosch blau. Ich liebe die handtellerkleine Flex!

Enttäuschungen des Jahres: „Banshees of Inisherin“ – sah so toll aus in den Trailern, entpuppte sich dann aber als planloser Scheiß. Ansonsten, wie schon 2022: Disney, alles davon. Der dritte Ant-Man Film, „Quantum Mania“, ist eine audiovisuelle und intellektuelle Beleidigung, gleiches gilt für alle Marvel-Serien oder die Demontage von Indiana Jones. Alles nur noch rotzegaler Content, die wollen einfach keine Geschichten mehr erzählen.

Die schönste Zeit verbracht mit: Pflanzen zu pflanzen und Dinge zu bauen und Europa aus dem Sattel des Motorrads anzuschauen.

Anzahl Fiat 500s (seit 2016): 3.908. Ja, war ein hervorragendes Fiat-500-Jahr

Vorherrschendes Gefühl 2023: Nichts ist sicher.

Erkenntnis(se) des Jahres: Veganes Essen ist nicht automatisch gesund. Und: „My Fair Lady“ ist eine Missbrauchs-Story um häusliche Gewalt und toxische Beziehungen.

In diesem Sinne: Ich wünsche einen guten Start in ein hoffentlich weniger schlimmes 2024. (Spoiler: Wird es natürlich nicht. Aber hoffen darf man ja.)
Sprengt Euch beim Jahreswechsel keine Körperteile weg!

Nekrolog:
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Momentaufnahme: Dezember 2023

Herr Silencer im Dezember 2023

„Man erfährt nur das, für was man auch bereit ist.“

Wetter: Monatsbeginn eiskalt mit -3 Grad und einem halben Meter Schnee, dann Regen-Regen-Regen. Es regnet ohne Unterbrechung wochenlang, bis an Weihnachten die Talsperren bis zum Überlauf voll sind und Niedersachsen überflutet wird.


Lesen:

Walter Moers: Die Labyrinth der träumenden Bücher [2011]
Der Schriftsteller Hildegunst von Mythenmetz kehrt nach zwei Jahrhunderten zurück in die Stadt der träumenden Bücher. Bald hegt er einen Verdacht: Ist der auch der finstere Bücherkönig wieder da? Aber der ist doch vor 200 Jahren vor seinen Augen verbrannt, oder nicht? Die Antwort auf dieses Rätsel liegt im Labyrinth unter der Stadt…

…in das der Protagonist in dieser Geschichte nicht vorstößt. Das gesamte Buch liest sich wie ein zu lang gewordener Prolog, der zwar wieder fantastische Beschreibungen der Welt Zamoniens beinhaltet, passieren tut hier aber: Nichts. Richtig losgehen soll es, laut Nachwort, im Folgeband – der aber seit 12 Jahren auf sich warten lässt.

Walter Moers: Der Bücherdrache [2019]
Die Abenteuer eines Buchlings, der in den Katakomben unter Buchhaim einen sprechenden Drachen trifft, der ihn essen will.

Knappe Fingerübung von Moers. Schön zu lesen, aber sehr kurz.


Hören:

„Set Fire to the Rain“ als Acoustic Cover einer absolut begnadeten Amateuersängerin, die ich zufällig persönlich kennen darf. Zufallsfund, absolut fantastisch, Ohrwurm. Der Link geht zu Spotify.


Sehen:

The Homesman [2014, Blu-Ray]
Hillary Swank ist eine starke, unabhängige Frau, die 1890 an der wilden Westgrenze der USA ganz alleine eine Farm bewirtschaftet. Das Leben ist hart, aber sie beißt sich durch. Insgeheim leidet sie darunter, mit 31 Jahren als „Alte Jungfer“ zu gelten und dass selbst die Männer, die bei weit zurückgeschraubten Ansprüchen gerade mal die minimalsten Anforderungen an Heiratsmaterial erfüllen, ihre Anträge trotz sorgfältiger Argumente ablehnen.

In dieser Situation nimmt sie sich einer seltsamen Bitte ihrer Kirchengemeinde an: Drei Frauen haben aufgrund der harten Lebensbedingungen den Verstand verloren und sind eine Gefahr für sich und andere. Hillary Swank soll sie einsammeln und zurück in den sicheren Osten bringen. Unterwegs rettet sie den Halunken Tommy Lee Jones, den sie zur Hilfe verpflichtet. Gemeinsam bekommen sie und die traumatisierten Frauen es mit Banditen und Indianern zu tun.

Hillary Swank! Tommy Lee Jones! Zwei meiner Lieblingsdarsteller in einem Film! Warum habe ich noch nie was von dem gehört? Weil er seltsam ist. Offensichtlich ein Herzensprojekt von Tommy Lee Jones, der dafür einen Roman adaptierte und auch Regie führte.

Ziel war es vermutlich, den vergessenen Pionierinnen des wilden Westens ein Denkmal zu setzen. Das klappt auch anfangs sehr gut, wenn man die Entbehrungen und die Lebenssituation der Frauen sieht – und das, obwohl trotz der sehr guten Schauspieler:innen die Charaktere blass und ihre Motivationen erratisch bleiben.

Aber zum Ende hin gibt es einen Punkt, der das ganze bricht, die Geschichte entgleisen lässt und den Film volle Kanne an die Wand fährt. Binnen zweier Szenen verwandelt sich der „Homesman“ von „Strange, aber gut“ zu einem uninteressanten Trainwreck ohne Aussage.

Schön sind die Landschaftsaufnahmen, die den Begriff episch verdient haben. „Homesman“ wird „feministischer Western“ genannt, aber ich bin mir da nicht sicher – ich finde den Umgang der Story mit dem Hauptcharakter unwürdig.

Renfield [2023]
Mr. Renfield besucht eine Selbsthilfegruppe für Menschen, die in toxischen Beziehungen stecken. Davon kann er ein Lied singen, denn er selbst ist auch „Co-Dependent“, wie das Krankheitsbild so schön heißt. Bei ihm ist es sein Chef, der ihn erniedrigt und ihn zu ungewollten Taten zwingt. Sich von dem zu lösen ist aber gar nicht einfach, denn Renfield arbeitet seit 250 Jahren für einen Chef namens Dracula.

Ach, was für wunderbarer Trash. Nicolas Cage als Dracla ist herrlich anzuschauen und sein Overacting endlich mal richtig eingesetzt, Nicholas Hoult als überaus kompetenter und schwer verliebter Renfield ist super und Awkwafina als Love Interest strange as ever.

Abseits des prima Cast und der ungewöhnlichen Story ist es aber der absurde Gewaltgrad, der den Film zum Lacher macht. Da werden Köpfe und Arme abgerissen und mit ihnen andere Leute aufgespießt, Körper in der Mitte zerpflückt und so hart in Unterleibe getreten, dass in einem Röntgencut das Skelett aus dem Rektum fliegt. Völlig absurd, und damit in bester Tradition von „Bad Taste“ – ich mag solchen edlen Trash.

Indiana Jones und das Rad des Schicksals [BluRay]
Sein Sohn ist in Vietnam gefallen, Marion hat ihn verlassen, die Pensionierung steht vor der Tür und die Welt ist kein Abenteuerspielplatz mehr. Über all all das ist Indiana Jones einsam und verbittert geworden. Das Jahr 1969 ist definitiv nicht mehr seine Zeit, und als sich seine Patentochter als Con-Women und Tomb Raider herausstellt, die ihn zu einem Abenteuer nötigt, ist er alles andere als begeistert.

Ich hatte ja nicht viel erwartet. Mir war schon klar, dass Harrison Ford auch auf diesen Film wieder keinen Bock haben wird, aber nach dem absurden „Königreich es Kristallschädels“ aus 2008 mit seinem Story-Nonsense und seinen legendär-schlechten CGI-Effekten hätte ich erwartet, dass man in Indy 5 wenigstens auf eine gute Geschichte und gute Special Effects setzt.

Dem ist leider nicht so, „Rad des Schicksals“ tanzt selbst unter allerniedrigsten Erwartungen Limbomäßig durch. Zwar wurde das Meiste an echten Sets gedreht, aber die realen Szenen wurden anschließend so nachbearbeitet, dass es aussieht, als wäre der ganze Streifen vor LED-Wänden entstanden. Egal ob Schauplätze in Glasgow (das hier als New York(!) herhält) oder Marokko oder Cefalu auf Sizilien, das hier Syrakus darstellen muss – alles, alles sieht künstlich und nach Stagecraft aus dem Rechner aus. Muss man auch erstmal hinkriegen.

Leicht seltsam, aber immerhin Okay ist der digital verjüngte Ford in den ersten 20 Filmminuten. Die Eröffnung hat viel vom Timing und der Kameraarbeit der alten Filme. Danach wird es aber schlimm, denn man hat Harrison Fords erkennbaren Unwillen zur Arbeit als einen Storybestandteil eingebaut. Indy in 1969 ist ein verbitterter, alter Mann, der keine Ahnung mehr von der Welt hat und einfach nur noch sterben will. Das läuft natürlich der Figur des charismatischen, lebenshungrigen Abenteurers genau zuwider, und in der Folge wird Indiana Jones nachhaltig demontiert.

Der lieblose Umgang macht auch vor herzigen Nebencharakteren nicht halt. So taucht John Rhys-Davis´ Salah noch einmal kurz auf, wünscht sich mit Tränen in den Augen nichts sehnlicher als noch einmal die Wüste zu spüren und auf ein letztes Abenteuer zu gehen – und wird einfach mit einem „Nö“ stehen gelassen und ward nie wieder gesehen.

Ebenso Antonio Banderas, dessen sympathischer Fischermann ein unwürdiges Ende findet, kaum das er im Film aufgetaucht ist. Die Figur der Patentochter Helena, die zusammen mit Jones auf ein letztes Abenteuer gehen soll, ist leider sehr unsympathisch geschrieben – sie benimmt sich abwechselnd wie der letzte Arsch oder eine Klassenstreberin, ohne je an Tiefe zu gewinnen.

Wie gerne hätte ich gesehen, wenn Phoebe Waller-Bridges („Fleabag“) mit Harrison Ford herumbantert, um am Ende als starke Frau die Abenteuerreihe weiterzuführen. Dazu wird es nun kaum kommen, denn wenn kein Funke überspringt, kann auch keine Fackel weitergetragen werden. Funken sieht man hier nie, in keiner Szene wirken Indiana Jones und Helena auch nur halbwegs sympathisch. Keine Chemie, nirgends.

Handwerklich richtig dumm ist aber Dramaturgie und Pacing. Viel zu lange ist überhaupt nicht klar, wozu das ganze Hin und Her eigentlich gut sein soll und was hier auf dem Spiel steht. Erst 20 Minuten vor Schluss enthüllt der böse Nazi seinen Plan und welche Gefahr es zu verhindern gilt. Für ein ordentliches Finale ist dann trotz der langen Laufzeit aber keine Zeit mehr, und Ratzfatz ist der Film vorbei und man fragt sich, was man da gerade gesehen hat.

So hanebüchen dumm „Königreich des Kristallschädels“ auch war, er hat immerhin seine Figuren mit Respekt behandelt und ihre Handlungsbögen zu einem guten Ende gebracht. Das „Rad des Shicksals“ demontiert einfach alles auf liebloseste Art und Weise und lässt die Trümmer liegen. Warum hat man Harrison Ford überhaupt ans Set getragen, wenn man so offensichtlich keine Idee hatte, was man in einem „Indy 5“ erzählen wollte? Nein, diese Leichenfledderei macht keinen Spaß. Am Ende bettelt Indiana Jones übrigens „Lass mich sterben“, und man gönnt ihm das von Herzen.


Spielen:

Replay: Spider-Man [2018, PS5-Remake von 2021], Spider-Man: Miles Morales [2021, PS5]


Machen:
Bis zum 19.12. Höchstlast bei der Arbeit, dann entspannt sich die Lage.


Neues Spielzeug:

EDI 4 von Kärcher
Ein, höhö, elektrischer Eiskratzer, hihi, na klar, sowas braucht man uuuuuuunbedingt.
Ja, so habe ich auch reagiert, als ich zum ersten Mal davon gehört habe.

Und dann habe ich das Ding auf TikTok in Aktion gesehen und sofort bestellt. Der EDI hat eine rotierende Scheibe auf der Unterseite, auf der sechs Kunststoffkanten sitzen. Damit fräst das Ding Autoscheiben binnen Sekunden eisfrei. Das funktioniert wirklich hervorragend.

Das Design vereint fail und epic in sich. Gut gelungen: Durch die Form des Hauptschalters gibt man automatisch die richtige und nötige Anpresskraft weiter. Fail: Der fummelige und mit Handschuhen nur schwer bedienbare Ein-Schalter und der, mit einem lökerigen Gummistopfen versehene, proprietäre Ladeanschluss. Hier hätte ich mir USB-C gewünscht, zumal der Akku nicht groß ist. 15 Minuten, länger hält der nicht. Da man für das Enteisen eines kompletten Fahrzeugs aber weniger als 2 Minuten braucht, reicht er zumindest 7 Tage.

Meine größte Sorge war: Hinterlässt das Ding Kratzer? Denn beim Legendären Gelben Auto hatte ich mir mit einem manuellen Kratzer, allerdings mit Metallklinge, alle Scheiben rumdrum zerkratzt. Das macht der EDI wohl nicht. Was er auch nicht macht: Einsätze in oder auf Schnee. Den muss man nach wie vor per Hand beseitigen. Der EDI4 ist keine Schneefräse, aber ein sehr guter Eiskratzer.


Ding des Monats:


Archiv Momentaufnahmen ab 2008

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Momentaufnahme: November 2023

Herr Silencer im November 2023

„Farewell, Eleanor!“

Wetter: Monatsbeginn mild und viel Regen und Sturm, zweite Woche trocken und grau bei Temperaturen zwischen 9 und 12 Grad, dann Dauerregen bei null bis sieben Grad, letzte Tage Schneefall bei Minustemperaturen und vereiste Straßen.


Lesen:

Jeremy Clarkson: Pigs Might Fly [Kindle, 2023]
Gesammelte Kolumnen zu Jahr drei auf der Diddly-Squat-Farm, dieses Mal mit Schweinezucht. Wie üblich unterhaltsam, man lernt viel über das britische Agrarsystem.


Hören:

Das Lederhosenkartell [2023, Podcast]
Alexander Gutsfeld ist hauptberuflich Journalist, aber zwei Wochen im Jahr nimmt er sich frei, um auf der Wiesn, dem Oktoberfest, Rikscha zu fahren und damit Leute abzuzocken. Gutsfeld liebt die Wies´n, und geht in sieben Podcastfolgen dem gigantischen Geschäftsbetrieb aus Bier, Hendl, Sex, Koks und Kotze nach.

Eingebettet in Rikscha-Anekdoten und O-Tönen von lallenden Gästen wird die Geschichte des Fests, und wie die Familie Käfer es verändert hat, genauso erzählt wie der Versuch eines abgebrochenen Studenten, sich mit den mächtigen Brauereien anzulegen oder des Bombenattentats und seinen Folgen. Immer wieder gibt es dabei hoch interessante Einblicke, etwa, wenn die Rikscha Gäste zum Bordell befördert und dafür Provision bekommt, oder wenn ein gefasster Koksdealer von seinen Eskapaden in den 90ern erzählt.

Sehr gut konzipiert, saubere O-Töne und wahnsinnig geringer Eitelkeitsfaktor des Autors – ich habe die sieben Folgen á 45 Minuten mit Vergnügen weggehört.

Der Podcast im Netz


Sehen:

Last Night in Soho [2022, Prime]
Junge Studentin zieht in ein Appartement im Londoner Stadtteil Soho. Dort träumt sie von einer jungen Tänzerin, die in den Sechzigern nach Soho gekommen ist. Jede Nacht setzt sich der Traum fort, und die Studentin erlebt, wie die Tänzerin erst von einem Nachtclubbesitzer verführt, dann in die Prostitution gezwungen wird. Die Studentin ist fasziniert, aber plötzlich tauchen Personen aus den Träumen in der Realität auf. Macht sie am Ende nächtliche Zeitreisen und erlebt einen Mordfall mit, der wirklich so passiert ist?

Edgar Wright macht immer interessante Filme. Aus seinem Kopf stammen u.a. Hot Fuzz, Shaun of the Dead, Worlds End, Scott Pilgrim vs. The World oder auch Baby Driver. Nun also „Last Night in Soho“, und der ist eine gemischte Tüte. Er bietet stylische und bis in Details durchkomponierte Bilder, braucht aber ziemlich lange, um aus dem Quark zu kommen.

Die Schauspielerinnen sind okay, können aber die schlecht geschriebenen Figuren nicht retten. Besonders schade: Diana Rigg hat in ihrer letzten Rolle wenig zu tun, und dabei gibt sie sich auch noch sichtlich keine Mühe.

Die Story kann sich lange nicht entscheiden, ob sie Thriller sein möchte oder doch Fantasy oder gar Drama, bevor sie schließlich in Horror abgleitet und dann, im letzten Drittel, wirklich wild wird und einen Twist bietet, der mich echt überrascht hat.

Zusammengefasst also ein durchaus überraschender High-Konzept-Film, dem aber die Inszenierung wichtiger ist als seine Charaktere – etwas, das mir bei „Baby Driver“ schon aufgefallen ist und was eine Eigenart von Edgar Wright zu sein scheint.

Gunpowder Milkshake [Blu Ray]
Karen Gillians Mudder lässt eines Tages die pubertierende Tochter allein in einem Diner zurück. Die heult kurz in ihren Milchshake, dann tritt sie in Muddis Fußstapfen und wird Auftragskillerin. Jahre später versiebt sie einen Job und muss Zuflucht bei drei Bibliothekarinnen suchen. Die lesen nicht nur kleinen Kindern Bücher vor, sie sind selbst Bestandteil eines Assassinenzirkels.

Achtung, der Trailer verrät alle interessanten Plotpoints:

Holla die Waldfee, 2022 war wohl das Jahr stylischer Filme um Auftragskillerinnen. Nach dem erfrischenden „Bullet Train“, dem grandiosen „Kate“, dem mediokren „The Protege“ habe ich nun den vierten Film entdeckt, der im vergangenen Jahr mit der gleichen Thematik aufwartete.

Die Story ist recht schlicht, der Plot übersichtlich, die Actionszenen etwas lieblos inszeniert und keinen Teil des Films hat man nicht woanders schon besser gesehen, zumal „Gunpowder Milkshake“ hemmungslos bei John Wick klaut, was das Worldbuilding und die Bildästhetik angeht. Also ein doofer Film?

Keineswegs. Mir hat die Optik sehr gefallen, und auch wenn Umsetzung der Actionszenen im direkten Vergleich zu „John Wick“ verlieren, so haben sie doch stest Wucht und sind originell – ich habe zumindest noch keine Actionszene gesehen, in der die Protagonistin ihre Arme nicht bewegen kann, sich aber dennoch gegen eine Horde Lachgasbedröhnter Kerle zur Wehr setzen muss.

Was es aber richtig raushaut, ist der fantastische Cast. Karen Gillian (Nebula aus „Guardians“) ist die Tochter, Lena Headey („Game of Thrones“, „Terminator Chronicles“) die Mudder, und die Bibliothekarinnen sind Angela Basset, Michelle Yeoh und Carla Gugino („Sucker Punch“) – und alle, alle haben Freude an ihren Bad Ass-Rollen. Empfehlenswert für alle, die „John Wick“ mit einem weiblichen All-Star-Cast sehen mögen.

Mission Impossible VII: Dead Reckoning, Part I [2023, BluRay]
ChatGPT läuft Amok und geht stiften in die Cloud. Da es den Browserverlauf von jedem Menschen kennt, ist auch jeder erpressbar und damit die Welt nicht mehr sicher. Tom Cruise rennt einem McGuffin hinterher, von dem er nicht weiß, was der tut, und stolpert von Abu Dhabi über Rom und Venedig bis in den Lake District und nach Norwegen.

„Mission: Impossible“ ist das letzte, große Action-Franchise, und hier wird wieder satt abgeliefert. Die gesamte Laufzeit von zwei Stunden und 44 Minuten enthält praktisch keine drei Minuten, in denen nicht etwas Spektakuläres, noch nie Gesehenes oder Spannendes passiert.

Egal ob Infiltrationen, Verfolgungsjagden oder Kämpfe, Regisseur McQuarrie und Produzent Cruise versuchen immer neues, ungewöhnliches oder sogar nie Dagewesenes zu zeigen – und das, in dem Sie wirklich echte Stunts filmen. Wenn riesige SWAT-LKWs in der Innenstadt von Rom Dutzende Motorroller umfahren, Cruise einhändig einen Fiat durch die Kanalisation steuert, mit einem Motorrad von einem Berg springt oder Speeddiving betreibt – dann haben dafür echte Menschen (und Cruise) wirklich ihr Leben riskiert, an echten Schauplätzen, und das sieht man einfach. Hier staunt und fiebert man noch mit, anders als z.B. bei den CGI-Orgien der Marvel-Filme, wo alles sichtbar aus dem Computer kommt und völlig egal und beliebig ist.

Abseits der cleveren Story, der tollen Kameraarbeit, den so noch nie gesehenen Drehorten und der grandiosen Stunts sind es vor allem die Schauspieler:innen, die „Dead Reckoning“ zu etwas ganz Besonderem machen. Ving Rhames hat hier einen intensiven (und gefühlt letzten) Auftritt, Rebecca Ferguson rockt als Ilsa Faust wieder alles weg und Esai Morales als Handlanger der KI ist herrlich charismatisch und unheimlich.

Die besten Performances kommen aber von Hayley Atwell und Pom Klementieff. Atwell als gerissene, aber von der Situation überforderte Diebin ist einfach spitze, und Klementieff („Mantis“ aus den „Guardians of the Galaxy“-Filmen) gibt ihre Rolle als Killerin mit einer solchen körperlichen Leidenschaft, wie man sie zuletzt bei Famke Janssen in „Goldeneye“ sah. Großartiger Film, aber leider nur der erste Teil – der zweite muss noch zur Hälfte gedreht werden und kommt frühestens 2025 in die Kinos.


Spielen:

Spider-Man 2 [2023, PS5]
New York hat jetzt zwei Spider-Männer, und beide haben so ihre privaten Probleme. Peter Parker versucht mit dem Tod von Tante May klar zu kommen und sich in ein „Erwachsenenleben“ mit Job und Haus einzufinden, Miles Morales muss Collegebewerbungen schreiben und hat darauf so gar keine Lust. Gegen diese Art von Herausforderungen ist der Kampf gegen Söldnertruppen, die in New York plötzlich Jagd auf Superbösewichte machen, eine willkommene Abwechselung.

Das erste „Spider-Man“ war 2018 eine gameplaytechnische Offenbarung, weil die Fortbewegung durch ein riesiges New York einfach fantastisch funktionierte. Wermutstropfen waren eine, mit repetitiven Aufgaben zugeschissene, Open World, die sich arg nach Strafarbeit anfühlten, sowie ein etwas unbalancierter Schwierigkeitsgrad.

„Spider Man 2“ baut Bewährtes aus und hat die Kritikpunkte fast sämtlichst ausgebügelt. Die Fortbewegung und das Kampfgameplay sind noch einmal deutlich besser geworden und der Schwierigkeitsgrad gut meisterbar, und die Open-World-Aufgaben kommen jetzt organisch rein und nerven nicht mehr. Im Gegenteil, das hier ist das erste Spiel seit langem, dass es geschafft hat, dass ich mich den Tag über freue abends nach Hause zu kommen und wieder die Spielwelt zu erkunden.

Die Story und die Inszenierung ist auch noch einmal intensiver, und dass dafür das Spiel etwas kürzer ausfällt, ist kein Drama – zumal 25 bis 30 Stunden halt auch nicht wirklich wenig sind, und die Hauptgeschichte durchinszeniert ist wie ein Actionfilm und wirklich keinerlei Hänger hat. Was auch deutlich wird: Die Spiele erzählen übergreifend nicht die Geschichte von Peter Parker, sondern die von Miles Morales. Das ist mutig und frisch. Sehr geiles Spiel, großer Spaß, und endlich mal wirklich Next-Gen-Grafik und Null Ladezeiten.

Like a Dragon Gaiden: The Man Who Erased His Name [2023, PS5]
Kiryu Kazuma, der Yakuza, der einst als „Drache von Dojima“ für Angst und Schrecken sorgte, ist tot – zumindest behauptet er das, während er unter dem Namen Joryu und wie einst Clark Kent mit einer Brille eher schlecht getarnt durch die Gegend läuft und kleine Aufträge für eine Agentenorganisation erfüllt. Zu seinem großen Erstaunen erkennt ihn dabei aber jeder, und bald sind die Arschlochkinder im Waisenhaus wieder in Gefahr. So kommt der Ex-Drache nicht umhin, sich erneut durch Yokohama und Osaka zu prügeln, um schlussendlich dabei zu helfen, die beiden größten Yakuza-Organisationen in Japan aufzulösen.

War wohl als Spin-Off geplant, zumindest deutet darauf der Name „Gaiden“ (Nebengeschichte) im Titel hin. Tatsächlich fühlt sich „The Man who Erased his Name“ vom Scope her etwas kleiner an als die sonstigen, episch ausufernden Erzählungen der „Like a Dragon“-Spiele. Nichtsdestotrotz gibt es auch hier wieder eine verwickelte Geschichte, schräge Figuren, zahlreiche Plot Twists und coole Schauplätze.

Etwas ärgerlich ist ein Hänger in der Spielmitte, bei der man Käfigkämpfe bestehen und Sub-Stories abarbeiten muss, bevor die Hauptgeschichte weitergeht. Da die aber gewohnt skurril und/oder dramatisch sind und sogar Auftritte von Figuren aus „Judgment“ bieten, ist das verschmerzbar.

Gameplaytechnisch hat man hier „Yakuza 6“ vor sich, allerdings mit einem neuen Kampfstil, bei dem Agentengadgets zum Einsatz kommen. Klingt nett, spielt sich aber ein wenig wurschtig – umso besser, dass das gewohnte Kiryu-Dampfhammer-Vorgehen auch erlaubt ist. Ich hatte mit dem Ding rund 20 Stunden großen Spaß, hab am Ende ein Tränchen verdrückt und bin jetzt total gespannt auf das im Februar erscheinende „Like A Dragon: Infinite Wealth“, zu dem „Gaiden“ eine Brücke baut.


Machen:
– Einen Flug klicken und dabei sehr aufgeregt sein.
– Eine Überschwemmung im Haus entdecken und daraufhin tagelang räumen.


Neues Spielzeug:

Soundcore Liberty 4 NC
Ich mag das Unternehmen Anker ja sehr. Egal, was die Chinesen veröffentlichen, es ist immer technisch und qualitativ top und dabei meist im Verhältnis günstig. Unter der Marke „Soundcore“ vertreibt Anker seine Lautsprecher und Kopfhörer.

Nachdem meine 2019er Kopfhörer von Billiganbieter Boltune ihre einst erstaunliche Kapazität von 19 Stunden Wiedergabe drastisch verloren hatten, musste nun etwas Neues her. Zum ersten Mal keine Bluetooth-Kopfhörer mit Neckband, das ich bislang sehr schätzte, weil man die nicht verlieren kann, sondern welche mit Ladeschachtel und Noisecanceling.

Und, was soll ich sagen – ich bin sehr begeistert von den Liberty 4 NC! Zugegeben, ich bin nicht audiophil, aber die Musikwiedergabe klingt für meine Ohren prima, die Bässe sind kräftig, wummern einem aber nicht das Trommelfell kaputt, die Mitten und Höhen klingen sehr klar und präsent. Auch Podcastwiedergabe klingt gut, ohne das man am Equalizer (der in einer App steckt) rumfummeln muss. Die Form ist für meine Ohren sehr angenehm, der Sitz in Ordnung – auch, wenn ich noch etwas größere Silikonkappen bevorzugt hätte, aber ich habe auch gigantische Ohrkanäle.

Die Akkulaufzeit ist rund 9 Stunden, das Ladecase schafft bis zu 5 Aufladungen, macht insgesamt 45 Stunden Wiedergabezeit, bevor das Ding an die Steckdose muss.

Der Hammer ist aber das Noisecanceling. Gerade monotone Geräusche wie Motoren im Zug oder im Bus verschwinden vollständig und weichen himmlischer Ruhe. Das hier ist mein erstes Paar Ohrhörer mit ANC, aber die Fachpresse schreibt, es sei nahezu auf einem Level mit denen der Airpods Pro – und dabei kosten die Liberty 4 NC gerade mal 80 Euro (in den regelmäßigen Aktionen sogar weitaus weniger).

Weniger toll ist der Transparenzmodus, bei dem die Kopfhörer Außengeräusche durchstellen kann, da sind Störungen und Rauschen drin. Aber ich kann Leute ohnehin nicht leiden, die bei Gesprächen mit anderen die Ohrhörer drinlassen, also mache ich das selbst auch nicht.


Ding des Monats:

Das Kleine Gelbe AutoTM, zum letzten Mal. Aus diesem Grund wird es hiermit feierlich umbenannt und findet fürderhin als Legendäres Gelbes AutoTM Erwähnung.


Archiv Momentaufnahmen ab 2008

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Momentaufnahme: Oktober 2023

Herr Silencer im Oktober 2023

„Heizung BLEIBT AUS!“

Wetter: Monatsbeginn auf Sardinien mit 15 bis 25 Grad sehr angenehme Verlängerung des Sommers. Ab Monatsmitte wird es in Deutschland eisekalt, die bis dahin auch hier sommerlichen Temperaturen fallen abrupt bis auf Null grad nachts und 8 Grad tagsüber. Das Monatsende wieder milder bei 10-13 Grad.


Lesen:

Annette Dittert: London Calling – Als Deutsche auf der Brexit-Insel [2017, Kindle]
Annette Dittert ist Auslandskorrespondentin der ARD und weltweit unterwegs. Als sie von New York nach London versetzt wird, hat sie sofort das Gefühl angekommen zu sein. London, da ist sie sich sicher, wird ihr neues Zuhause werden. Sie kauft ein marodes Hausboot und wohnt fortan in Little Venice, den kleinen Kanälen hinter dem Bahnhof Paddington. Doch dann kommt der Brexit, und Dittert zieht los, um zu verstehen, wie die Briten ticken – und stellt sich die Frage, ob London sie immer noch ruft, oder ob es an der Zeit ist, die Stadt zu verlassen.

Annette Dittert ist mir schon lange ein Begriff. Die Frau hat Witz und ist bekannt für richtig guten Journalismus, blitzgescheite Analysen und einen trockenen Humor. Genau so ist auch dieses Buch: Es erzählt kleine Geschichten rund um London und seine Einwohner:innen, wirft Blicke hinter die Kulissen der sich ständig wandelnden Stadt und erklärt nebenbei, wie das Leben auf einem Hausboot sein kann. Ich mochte besonders die Einblicke, die Dittert in Interviews sammelt, und die oft runde Erklärungen für britische Eigenarten liefern – wie zum Beispiel der Vorliebe britischer Männer, in Gegenwart von Frauen schmutzige Witze zu erzählen. Das ist schlicht ihrem Unvermögen zu flirten geschuldet. Wunderbares Buch, ich habe es verschlungen.


Hören:


Sehen:

Tyrannosaur [2011, Prime]
Ein heruntergekommener Vorort in England: Joseph ist am Ende. Der aggressive Mann sucht nur den nächsten Grund um auszurasten. Er erschlägt im Affekt seinen Hund, bedroht seine indischen Nachbarn, randaliert und verprügelt Kinder.

Als er der schüchternen Hannah begegnet, behandelt er sie wie Dreck. Dabei hat die ganz eigene Probleme: Hinter einer gutsituierten und bürgerlichen Fassade misshandelt ihr eifersüchtige Ehemann sie auf´s Übelste. Er uriniert auf sie, während sie schläft und vergewaltigt sie, wann ihm danach ist. Um nicht völlig irre zu werden, klammert sie sich an ihren Glauben. Als schließlich alles um Hannah zerfällt, wird ausgerechnet Joseph ihr letzter Halt.

Was für ein toller Film, was für ein schlimmer Film.

Toll ist die Inszenierung, die Schauspieler, die Kamera. Olivia Cole und Paul Mullan spielen ihre beschädigten Charaktere in feinen Nuancen, das ist wirklich große Schauspielkunst. Schlimm ist der Film, weil er auf´s Grausamste zeigt, was Menschen einander antun können. Der deutsche Untertitel „eine Liebesgeschichte“ ist nachgerade gelogen, denn hier geht es nicht um Liebe oder Glück. Hier geht es um Sicherheit in einer grausamen Welt, die völlig ohne Hoffnung ist. Ein Film, der bei mir noch lange nachwirkte.

Three Thousand Years of Longing [2022, BluRay]
Tilda Swinton findet in Istanbul eine Flasche, aus der Idris Elba entsteigt. Der Dschinn gewährt drei Wünsche, aber als Professorin für Geschichten weiß Swinton um die Haken, die Dschinn-Wünsche haben können und weigert sich, sich mehr zu wünschen als einen Schluck Tee. Der Dschinn muss allerdings drei Herzenswünsche erfüllen, um seine Freiheit zu erlangen. Um Vertrauen aufzubauen, beginnt er, Episoden aus seiner Lebensgeschichte zu erzählen. Drei Jahrtausende Liebe, Verlangen und das Leid, was daraus folgen kann.

Der Trailer ist irreführend und versucht einen ganz anderen Film zu verkaufen als „Three Thousand Years“ ist, deshalb hier ein Clip mit einem Ausschnitt aus dem Streit zwischen Dschinn und Professorin:

Was für ein bezaubernder, kleiner Film. Istanbul als Kulisse ist unverbraucht, und die episodenhaften und wehmütigen Erzählungen des Dschinns sind von George Miller („Mad Max Fury Road“) schön inszeniert und gefilmt. Wirklich zauberhaft wird die Geschichte durch die Leistungen von Swinton und Elba, die sind halt einfach großartige Schauspieler.

Was mir nicht gefallen hat ist das Ende. Eigentlich ist der Film nach 90 Minuten vorbei, die Geschichte kommt dann zu einem seltsamen und abrupten, aber stimmigen und befriedigendem Ende. DANN aber ist noch ein zweites Ende drangeflanscht, das sich wie ein Epilog anfühlt und weder Sinn ergibt noch zum Rest der Geschichte passt. Das wirkt, als hätte man es nach Publikumsbefragungen noch fix nachgedreht. Also, wenn man mich fragt: Feiner Film, aber die letzten 20 Minuten einfach nicht gucken.

Diabolik [2021, BluRay]
Italien in den 1960ern: Die Polizei jagt einen Mann in einer Maske, der spektakuläre Einbrüche begeht und so skrupellos ist, das er auch vor Mord nicht zurückschreckt. „Diabolik“, wie er sich selbst nennt, ist seinen Häschern immer einen Schritt voraus – doch dann verliebt er sich in sein nächstes Opfer. Wird die Femme Fatale sein Untergang – oder seine Komplizin?

„Diabolik“ wurde 1962 von zwei Schwestern erfunden und ist in Italien bis heute so bekannt wie Micky Maus. Seit 61 Jahren erscheint monatlich ein Comicheft mit Geschichten um den eiskalten Meisterverbrecher, die denen um „Fantomas“ sehr ähnlich sind. (BTW Wann immer ich kann, kaufe ich mir so ein Heft und lerne damit Italienisch).

Die moderne Verfilmung hier hatte ein Budget von nur 8,5 Millionen Euro, transportiert aber ganz exakt die Stimmung und den Style der Comichefte. Wirklich, was die Macher mit dem wenigen Geld angestellt haben, ist unglaublich – der Film sieht ähnlich gediegen und wertig aus wie „UNCLE“ vor ein paar Jahren, und atmet Stil und Style aus jeder Pore. Die Geschichte enthält Drama, Heists, Spannung und lässt einen immer wieder mitfiebern, wie Diabolik wohl nun wieder entkommen wird. Spannender Film für einen Krimiabend.

The Proposal [2009, Disney+]
Sandra Bullock ist ubertoughe Bossfrau in New York und der Albtraum ihrer Angestellten. Fehler werden nicht verziehen – aber dann macht sie selbst einen, und plötzlich droht der gebürtigen Kanadierin die Abschiebung aus den USA. Daraufhin stellt sie ihren Assistenten Ryan Reynolds vor die Wahl: Entweder er heiratet sie, oder sie ruiniert seine Karriere. Reynolds spielt mit, aber die Sache mit der geplanten Spontanhochzeit glaubt die US-Einwanderungsbehörde nicht. Der Glaubwürdigkeit helfen soll ein Besuch bei Ryans Familie in Alaska, aber auch das klappt nicht.

Die Story von „Selbst ist die Braut – Sie müssen die Chefin jetzt küssen“ (ein deutscher Titel aus der 80er-Jahre-Hölle) ist natürlich hanebüchener Romantikunfug – die Vorstellung, das eine soziopathische Persönlichkeit 3 Minuten vor Filmende vielleicht doch Gefühle oder ein Gewissen entwickelt, ist etwas weit hergeholt. Wegen Ryan Reynolds braucht man das hier auch nicht gucken, der spielt wieder nur Ryan Reynolds, diesmal mit seinem „geprügelter Dackel“-Blick.

Nein, der Grund warum ich (als Romantikfilm-Verächter) viel Spaß mit dem Streifen hatte, waren die irrwitzigen und wirklich guten Dialoge und der große Spaß, den Sandra Bullock und die großartige Betty White offensichtlich am Set hatten. Bullock hat so viel Freude daran, richtig fies zu sein, das sie das eiskalte Biest mit so viel Verve spielt, als hätte sie nach den vielen Everybodys-Darling-Rollen was nachzuholen, und White als spitzbübische Großmutter ist einfach… Knuffig bis zum Umfallen! Sehr netter Film für verregnete Sonntagnachmittage, hoher WAF, keine reine Romantikkotze.


Spielen:

Assassins Creed Mirage [2023, PS5]
Straßendieb Basim wird im Bagdad des Jahres 960 in die Bruderschaft der „Hidden Ones“ aufgenommen und legt sich mit einem Orden an, der die hohen Gesellschaftskreise infiltriert hat und schon wieder außerirdische Artefakte ausbuddelt.

Die letzten Teile von Assassins Creed waren riesige, langweilige Open Worlds, in denen man über hundert Stunden herumgrinden musste, ohne das eine halbwegs ordentliche Geschichte das Ganze zusammenhielt. „Mirage“ ist viel kleiner und hat eine Geschichte – also eigentlich gut, oder?

Leider nur so Mittel, denn die Story von Mirage passt auf einen Bierdeckel, verliert sich im Mittelteil und ist wirklich schlecht inszeniert. Konflikte werden nicht erzählt, sondern nur behauptet, und sind dann entweder egal oder führen zu seltsamen Momenten. Die Beweggründe der Figuren und woher sie Dinge wissen, sind unklar. Und selbst die Spielfigur bleibt erstaunlich egal. Es geht hier wieder mal um nichts. Das mag der Tatsache geschuldet sein, dass „Mirage“ ursprünglich „nur“ ein DLC zum krebsartig verwucherten „Valhalla“ war.

Schade eigentlich, denn die eine originelle Grundidee der Story ist gut und der Name „Mirage“ ergibt am Ende wirklich Sinn, mit einer besseren Inszenierung hätte die weitaus mehr Wucht gehabt. So meuchelt man sich rund 25 Stunden durch die Hauptgeschichte, um Bagdad von sinisteren Gestalten zu befreien und Basims Geschichte zu erfahren, aber die kommt erst in der letzten Spielstunde in Fahrt.

Was nicht heißt, das „Mirage“ ein schlechtes Spiel ist – im Gegenteil. Aller überflüssiger Speck von Valhalla wurde entfernt, verschwunden sind Loot-Fluten, tausende von Waffen und 300teilige Skillbäume. Basim ist auch kein Wikinger, er hält nichts aus und muss heimlich vorgehen. Dementsprechend gibt es hier keine Hau-Drauf-Kämpfe, sondern heimliche Attentate und viel Schleicherei. Die ist sehr einfach gehalten, aber das ist Okay, damit komme ich zurecht – Stealth á la „Metal Gear Solid“ ist mir zu schwer, aber hier hatte ich Spaß.

In Summe hat mir dieser Ausflug nach Bagdad mehr Spaß gemacht als die 150stündige Wikingersaga, die irgendwann nur noch Content war, der Zeit verbrannt hat. Doll war es trotzdem nicht, aber an „Assassins Creed“ habe ich auch keine Erwartungen mehr.


Machen:
Bis Monatsmitte noch Motorradherbst auf Sardinien und in Italien, dann hat mich die Arbeitswelt in vollem Umfang wieder verschlungen.


Neues Spielzeug:

Wera kraftform Micro Big Pack 1
Jahrelang habe ich mich über die billigen Uhrmacherschraubendreher aus dem Baumarkt geärgert, deren Köpfe sofort nach dem Auspacken rund sind und die Schrauben nicht lösen, sondern nur nur kaputtmachen. Dieses Set besteht nun aus 25 feinen und sehr guten Mikrowerkzeugen und macht mich sehr glücklich.

Wera Joker 6004 Selbstjustierendes Maulschlüsselset
Wie der Name schon sagt: Universal-Maulschlüssel, die sich selbst auf die erforderliche Größe einstellen und eine Ratschen-Funktion haben. Damit bekommt man selbst in Ecken mit wenig Platz Muttern los, ohne ständig neu ansetzen zu müssen. Die vier Schlüssel decken eine Spannbreite von 7 bis 19 mm ab und ersetzen damit 12 herkömmliche Maulschlüssel.


Ding des Monats:

Corsori Airfryer 5,5L
Ja, ich weiß, bin late to the party. Gefühlt die ganze Welt, zumindest mein halber Bekanntenkreis und meine Twitter-Timeline, entdeckten während der Pandemie (neben dem Backen von Bananenbrot) Heißluftfritteusen für sich. Das sind eigentlich Umluftbacköfen, die aber in einem geschlossenen Kreislauf bis zu 200 Grad heiße Luft auf Speisen pusten und sie damit quasi frittieren – ohne Öl.

Seitdem bin ich da drum rumgeschlichen… ich bin Küchengeräten gegenüber misstrauisch. Nur weil etwas praktisch scheint, heißt das noch nicht, dass man es auch im Alltag wirklich nutzt. Reiskocher mögen zwar praktisch sein, aber meine Güte, ein Topf auf dem Herd kann auch Reis kochen. Dazu kommt: Meine Küche ist nicht riesig, die kann ich nicht mit Quatsch vollstopfen. Und ich bin nicht der Typ für Küchengeräte. Echt, Dinge wie ein Thermomix wären an mich völlig verschwendet.
Andererseits wäre es schon geil, gelegentlich mal Pommes machen zu können. Oder Kroketten. Oder Fischstäbchen, ohne das hinterher alles drei Tage riecht. Oder Jalapeno-Poppers! Oder Frühlingsrollen!! Oder… ach, Brötchen und Pizza kann so eine Heißluftfriteuse auch?!

Kurze Rede: Ich habe beim letzten Primeday die Impulskontrolle verloren, und nun steht jetzt hier also so ein „Speiseföhn“ ((C) Kiki) in der 5.5L-Version (weil die das Bedienfeld vorn hat und die Stellfläche mit der 4,7-Liter-Version identisch ist) und macht mir viel Spaß. Ich probiere gerade jeden Tag, was man da noch alles reinwerfen kann und entdecke, was die bisher ignorierten Fächer in der Tiefkühlabteilung noch alles hergeben.

Ebenfalls entdeckt: Vegane Lebensmittel sind nicht zwangsläufig auch gesund. Dieser ganze vegane Kram aus dem Supermarkt enthält UN-FASS-BAR viel Fette und Zucker, das hätte ich so auch nicht gedacht. Der Speiseföhn bringt es an den Tag.


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Momentaufnahme: September 2023

Herr Silencer im September 2023

„Frei, endlich frei“

Wetter: Anfang des Monats nachts mit 12 Grad schon kühl, tagsüber kommt aber der Sommer zurück, mit bis zu 30 Grad in der ersten Woche. Auch der Rest des Monats bleibt sommerlich, mit tags 18-20 Grad und wenig Regen. Ab der dritten Woche weile ich auf Sardinien, hier sind es tags 25 Grad, nachts 17.


Lesen:

Paul Preuss: Venus Prime 5 [1991]
Ellen Troy unterzieht sich einer Reihe von Operationen, dann fliegt sie zum Jupitermond Amalthea. Kaum dort angekommen, schmilzt der Mond und gibt ein Geheimnis preis: Im Inneren steckt ein Weltenschiff einer uralten Zivilisation. Zum Glück ist Troy auch darauf vorbereitet.

Endlich, im fünften Band dieser seltsamen Reihe, nimmt die Geschichte wieder Formen an. Nach den unspannenden Ausflügen ins Krimi-Genre und der völlig vergurkten Transhumanismus-Story ist die Precursor-Story um Alien-Zivilisationen erfrischend stringent.

Was Paul Preuss leider nach wie vor nicht kann: Personen, Emotionen, Situationen, Motivationen, Dialoge. Stattdessen ergeht er sich wieder in Beschreibungen von Himmelskörpern. Sein mangelndes Gespür für… so ziemlich alles führt ihn dann auch direkt in die tiefsten Plotholes. Da wartet ein Weltenschiff Millionen von Jahren darauf, sich zu enttarnen und alle(!) Bewohner:innen eines ganzen Sonnensystems in sich aufzunehmen – und dann haben die Erbauer den Timer nur auf 15 Minuten gestellt, und das Schiff von der Größe eines Planeten fliegt mit nur 8 Personen an Bord los? WTF? Ganz schlimmer Anfall von schlechtem Timing, oder?

Immerhin: Nachdem die Protagonistin im letzten Band über weite Teile nicht vorkam und dann unvermittelt als psychopathisches, mordendes Drogenwrack wieder auftauchte, ist sie jetzt wieder back to normal, taucht ab dem zweiten Drittel des Buches auf und spielt sogar eine Rolle. Leider heißt das aber auch wieder: Ellen Troy ist Ms. „Ich weiß und kann alles“. Woher sie Dinge weiß? Unbekannt. Warum sie Dinge kann? Tja weil, halt.

Paul Preuss, der für die „Venus Prime“-Reihe ja das Universum von Arthur C. Clarke fleddert, verargumentiert seinen Quark damit, dass er sich „an einer Erzählstruktur eines alten, japanischen Textes, älter als Homers Ilias“ orientiert, bei dem der Lesende Arbeit investieren muss, bis die Geschichte völlig neu ansetzt und ihren Kern preisgibt – was zeigt, dass ein völliger Kopfmensch, der am Liebsten in theoretischen Konstrukten lebt, nicht zwangsläufig Fantasie haben muss oder automatisch tolle Geschichten erzählen kann.

Schlimm, leider. Seltsamerweise gibt es von der Reihe, die sechs Bände umfasst, ausgerechnet den ersten und den sechsten nicht als e-Book, und so begebe ich mich mal in die Antiquariate um zu erfahren, wie der Kram endet.


Hören:


Sehen:

The Gentlemen [2020, Prime]
Matthew McConaughey ist der König der Cannabishersteller in Großbritannien. Niemand weiß, wo er die Unmengen an erstklassigem Gras anbaut, und seine Organisation agiert völlig im Schatten.

Das ändert sich, als er sein Geschäft ob der kommenden Legalisierung von Marihuana verkaufen will. Plötzlich wird der selbsternannte „König des Dschungels“ von der chinesischen Mafia, Collin Ferrells Amateurboxertruppe und einem Zeitungsmogul gejagt. Diese Geschichte hat sich zumindest der schmierige Journalist Hugh Grant so zusammengereimt, und versucht damit Geld zu erpressen – ausgerechnet von einem Profikiller in McConaugheys Diensten.

„The Gentlemen“ ist vielleicht Guy Ritchies bester Film. Starke Charaktere, eine undurchsichtige Story und ein noch verwickelterer Plot, der durch einen unzuverlässigen Erzähler nicht einfacher wird. Die Schauspieler sind großartig, die Kameraarbeit ausgezeichnet und der Gegensatz der eleganten „Gentlemen“ zu ihren rauen Methoden, der rauen Umwelt und dem rauen England könnte besser nicht ausgearbeitet sein. Sehr stylisch und spannend bis zum Schluss, allerdings auch vor Testosteron triefend – auch wenn der Film am Ende die einzige(!) Frau im Cast als „Königin“ behauptet.

SAW I-VIII [2004-2018, BluRay]
Menschen wachen in tödlichen Situationen auf: Mal in einem leeren Keller angekettet, mal in explosive Apparaturen eingesperrt. Es gibt immer einen Weg sich zu befreien, aber der ist meist radikal und erfordert Selbstverstümmelung. Das gilt als perfider „Test“, ob die Personen des Lebens würdig sind, und als zweite Chance – denn ausnahmslos jeder der Gefangenen hat in seinem Leben etwas extrem Schlimmes getan und meist hinter einer bürgerlichen Fassade vertuscht.

Die Saw-Filme sind ein Guilty-Pleasure, zu dem ich gerne immer wieder mal zurückkehre. Ähnlich wie in „Cube“ oder „Escape Room“, die ich auch sehr mag, übt anscheinend das Motiv, Arschloch-Menschen bestraft zu sehen, einen starken Reiz aus.

Nun habe ich zum ersten Mal alle, zwischen 2004 und 2018 entstandenen, Saw-Filme am Stück geschaut und bin überrascht: Tatsächlich ergeben alle Teile hintereinander weg ein Gesamtbild, bei dem jeder einzelner Film ein Puzzlestück (SIC!) einer größeren, übergreifenden Geschichte ist, die am Ende des achten Films wieder an den Anfang des ersten zurückführt. Die Story ist jetzt nicht umwerfend und spürbar entlang des Erfolgs der Filme zusammengepfriemelt, aber immerhin passen alle Teile ineinander und überraschen. Hätte ich nicht erwartet, dass die Reihe auf mehreren Ebenen gut funktioniert.

John Wick Chapter IV [2023, BluRay]
Alle so „sumthingsumthingsumthingsinister!“ und John Wick so: „Boom, Headshot“. Teil 4 der Saga um einen legendären Killer, der wider Willen aus dem Ruhestand zurückkehrt und sich mit einer geheimen Bruderschaft der Auftragsmörder anlegen muss.

More of the Same der letzten Teile: Stylische Kameraarbeit, spektakuläre Kampfszenen, viel sieht nach Handarbeit und echtem Aua aus. Die letzte halbe Stunde war dann aber so over the Top, dass meine Suspension of Disbelief entnervt das Zimmer verliess – was Wick dort einstecken muss und tut ist übermenschlich. Aber nun, Absurdität ist bei Wick Programm.

Der Plotkäse führt hin zu einem tief befriedigenden Ende auf den Stufen von Sacre Coeur im Sonnenaufgang über Paris – dem darf bitte kein „John Wick 5“ folgen, zumal man Keanu Reeves mittlerweile sein Alter von 60 Jahren doch anmerkt.

Across the Spiderverse [2023, BluRay]
Miles Morales versucht Familienleben und Superheldentätigkeit als Spider-Man unter einen Hut zu bekommen – und versagt kläglich. Da kommt ein Besuch von einer Spider-Woman aus einem Paralleluniversum gerade recht. Stell sich raus: Es gibt ein ganzes Multiversum, und in dem existiert eine Gesellschaft von „Spider-People“, die die Ordnung der Zeiltlinien aufrecht halten. Miles würde so gerne dazu gehören, erlebt aber eine Überraschung: Selbst unter Seinesgleichen wird er als störendes Element wahrgenommen und schließlich als freies Radikal gejagt.

Wie auch Teil 1 sprüht diese Fortsetzung vor inhaltlichen und künstlerischen Ideen. Jede Szene hat einen „Blink and you miss it“-Moment, und das sich alle Figuren konsequent weiterentwickeln ist feine Erzählkunst. Der Film endet mit einem Cliffhanger – die Auflösung folgt in zwei Jahren im dritten Teil.


Spielen:

Like a Dragon: Ishin! [2014, 2023, PS5]
1860 verändert sich Japan radikal. Englische Handelsschiffe laufen die Küstenstädte an und zeigen eine Welt jenseits des isolierten und von einem Shogun zentral geführten Reichs auf. Die Gesellschaft verändert sich, Unruhen breiten sich aus. In dieser Turbulenten Zeit wird ein Samurai und Clanfürst brutal ermordet. Sein Ziehsohn Sakamoto Ryōma wird schnell als der Schuldige ausgemacht. Der taucht ab und versucht herauszufinden, wer oder was wirklich dahintersteckt. In der Kaiserstadt Kyo kommt er einer Verschwörung auf die Spur, deren Drahtzieher das Feudalsystem in Japan abschaffen und die Nation mit dem Kaiser als Zentrum neu erschaffen wollen.

Interessanter Kniff, das Gameplaygerüst und die Figuren der „Yakuza“-Reihe zu nehmen und die als ganz andere Charaktere in einem historischen Setting auftreten zu lassen. Der aus „Yakuza“ bekannte Kiryu Kazuma ist hier der Samurai Sakamoto Ryōma, der tatsächlich existiert hat. Auch die Hauptereignisse des Spiels sind historisch verbürgt, auch wenn alles dazwischen sehr frei und zugunsten einer spannenden und persönlichen Erzählung interpretiert ist.

Zugunsten dieser persönlichen Erzählung wird leider auch darauf verzichtet, den zugrundeliegenden Konflikt (Jahrhundertelange Isolation Japans, Erpressung durch die Engländer, Streit zwischen Kaiser und Shogun) zu erläutern. Kennt man den nicht, wird man wenig verstehen. Kennt man ihn, geht es trotzdem völlig durcheinander. Ein wenig mehr Substanz hätte der Geschichte gut getan.

Yakuza-Typisch ist die persönliche Story von Ryoma simpel, aber der Plot komplex, verwickelt und mit etlichen Twists versehen. Ebenso serientypisch ist der Mix aus ernster Hauptgeschichte und absurden Nebenaufgaben und Minispielchen. Letztere sind wieder überbordend, von Musikspielchen über Reaktionstests (Holzhacken, Kanonenkugeln im Flug zerschlagen, Nudeln mit der richtigen Soße servieren) bis hin zu Arena-Wettkämpfen und Farmville(!) ist hier wieder endlos Quark dabei, den man zum Glück ignorieren darf.

Das Kampfsystem hantiert jetzt neben Fäusten auch mit Schwertern und Pistolen und Kombinationen aus beidem, was sich sehr unterschiedlich spielt. Gerade zum Ende hin werden die Mid- und Endgegner aber wieder sackschwer, und hier kommt die Mechanik an ihre Grenzen. Wer aktuelle, schnelle Schwertsysteme („Jedi: Survivor“) kennt, wird hier Frust erleben, denn die Engine spielt Animationen immer erst aus, bevor die nächste Eingabe möglich ist. Statt schnellem Blocken und Konterattacken kann es sein, das der Held ein Mal stolpert und während des Falls so die Hucke voll bekommt, das er nie wieder aufsteht. Zum Glück bietet das Spiel nach mehreren Fails von allein an, in einen niedrigeren Schwierigkeitsgrad zu wechseln.
Technisch kommt bei der 2023er Neuauflage des (2014 nur in Japan erschienenen) Spiels nicht die Dragon-Engine der Hauptspiele zum Einsatz, sondern die Unreal4-Engine. Die ist OK, allerdings sieht das Game nicht so schick aus wie „Yakuza 6“ oder die „Judgment“-Reihe des gleichen Studios.

Für Freunde von „Ghost of Tsushima“, japanischer Geschichte und/oder Yakuza-Fans geeignet, alle anderen werden dieses Spiel befremdet beäugen und Verständnisprobleme haben.


Machen:
Arbeit-Arbeit-Arbeit, dann vier Wochen Motorradherbst in der Schweiz und auf Sardinien.


Neues Spielzeug:

Ein Toyota Aygo. Zwölf Jahre alt, 46.000 km gelaufen, top in Schuss. Gekauft, stillgelegt und eingelagert. Warum? Weil die Gelegenheit zum Kauf dieses überaus vernünftigen und robusten Autos günstig war. Der Gebrauchtwagenmarkt ist ansonsten immer noch völlig überdreht, neue Elektroautos zu teuer. Auch wenn der Zeitpunkt jetzt nicht der richtige war und ich nun plötzlich, ganz dekadent, ein Reserveauto besitze. Die Tage des Kleinen Gelben AutosTM sind zwar gezählt, aber noch sind einige übrig.


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Strandgespräche

Am Strand bei Castelsardo.

Elke (69) zu Gisela (63): „Ich nehm ja immer diesen einen Salat, da, nicht Ruccola, den anderen. Komm´ ich getz nicht drauf. Jedenfalls, der ist hier ja ganz schwer zu kriegen, nicht wahr. Und wenn dann kost´ der richtig teuer und ist auch meist nicht so gut. Aber was willste machen, zu Hause kost ja auch alles teurer. Muss man vielleicht halt auch mal weniger kaufen. Mein Mann kauft immer doppelt so viel wie wie wir brauchen, da schmeiß ma´immer die Hälfte weg. Kann man sich in Zukunft dann nicht mehr leisten, ne. Muss man halt kürzer treten. Wir komm´ ja aus nem kleinen Kaff bei Düsseldorf weg, wissen nicht mal die Düsseldorfer wo das ist, haha. Ich sach ihn, da ist was los! Überall diese Festkleber! Ich habe schon Angst überhaupt ins Auto zu steigen, nicht das sich da einer vor festklebt! Ich bin ja nicht so groß, und aus dem X5 kann ich doch gar nicht sehen, wenn sich da vor dem Auto einer festgeklebt hat! Wenn ich jetzt einen von den tot fahr, wie soll ich dann in Zukunft überhaupt noch ohne Angst Auto fahren! Immer diese Spinner, die sofort das Klima retten wollen. Dabei geht datt nicht von heute auf morgen. Genau wie diese Radfahrers! Datt glaubense nicht, wie das bei uns abgeht! Am Wochenende kommense alle aus ihre Löchers gekrochen, diese Radfahrers, und dann fahrense da links und rechts auffe Straße rum, die wo für Autos ist, mit ihre lange Fahrräders da! Sie glauben ja nicht was die da alles drin haben in diese lange Dingers! Einkauf und Kinder und sogar HUNDE! Müssense sich mal vorstellen! Die dürften gar nicht auf die Straße so, die sollen erstmal die Regels lernen! Wo kommen wir denn da hin, diese Fahrräder da zwischen den ganzen Autos! Gefährden sich und andere, nur weil sie sofort das Klima retten wollen. Und überhaupt braucht es viel mehr Kontrolleure! Neulich im Fernsehn, da habense so junge Bengels gezeigt, auf der Couch und mir teure Handys, die haben direkt in die Kamera gesagt: Was sollen wir arbeiten! Wir kriegen vom Staat so viel geschenkt!“

Gisela (mit schwerem, osteuropäischen Akzent):: „Die krijgn in Deutschland sooooo viiiiel gäschänkt!“

Elke: „Also ich finde, das muss kontrolliert werden und sobald einer arbeitsfähig ist und nicht arbeitet, zack, alles weg. Das geht doch so nicht weiter, aber die Grünen, die lassen ja auch jeden rein. Die Ukraine mussten wir ja nun unterstützen, der Putin, sag ich immer, der hat böse Augen, der macht ja sonst nicht stop. Aber diese ganze Afrikaners, die unterstützen wa ja auch, und das geht ja nicht. Am schlimmsten ist aber mitte Arbeit. Da sollen wir alten länger arbeiten und die jungen wollen nicht!“

Gisela: „Dabei chaben wijr noch gaaaar nicht das raauus, was wijr in die Rente eingezjahlt chaben!“

Elke: „Genau! Aber nun, steckense nicht drin, ne. Manche könn´ ja auch nicht. Unser Nico, der ist jetzt 29 und wohnt auch immer noch zu Hause, ist halt alles nicht so leicht mittem Job und so. Drei Ausbildungen hat er angefangen, aber datt war ja alles nichts. NIIIIICO! NIIIIIIICO! Ne, Du hatt es nicht leicht, Junge!“

Nico (blickt vom Handy auf): „Und Du bist nicht ganz knusper im Kopf, bei dem Müll, den Du den ganzen Tag redest“

Kategorien: Ganz Kurz, Gnadenloses Leben | 4 Kommentare

Momentaufnahme: August 2023

Herr Silencer im August 2023

„Och nö, nicht schon Herbst!“

Wetter: Monatsbeginn mit 15 Grad kühl und nass und windig, Wacken fällt wegen Matsch faktisch aus. Aber gut, die Natur kann es brauchen. Was niemand braucht: Luftfeuchtigkeit um 98% und dabei Temperaturen von 28 Grad, wie in der dritten Woche, das fühlt sich an wie in den Tropen und macht Mitteleuropäer kaputt. In der letzten Woche kommt unvermittelt der Herbst: Dauerregen und Überschwemmungen in Süddeutschland, in Göttingen bedeckt und nur noch 10 Grad.


Lesen:

Paul Preuss: Venus Prime 4: The Medusa Encounter [1990]
Auf dem Jupiter stürzt der Prototyp eines Gasgleiters ab. Ellen Troy geht dem nach, verliert aber auf halbem Weg die Lust an der Ermittlung und kümmert sich erstmal um ihre eigene Vergangenheit: Sie nimmt halluzinogene Drogen, versteckt sich zwei Jahre an Bord eines Jupiterschiffs und wird darüber irre.

Gut, im vierten Band der Reihe geht es also ENDLICH um die großen Mysterien in der Vergangenheit der Hauptfigur, die seit Teil eins nur angerissen werden. Hier steht kein trivialer Kriminalfall im Vordergrund, sondern die Geschichte der Protagonistin.

Dadurch treten allerdings Preuss´ Schwächen um so deutlicher zu Tage. Er kann weder Figuren noch Dialoge schreiben oder spannend erzählen, und in der Folge bleibt das hier eine sehr technische und emotionslose Geschichte, die oft erratisch vor sich hinmäandert und in der seitenlang die Wolken auf dem Jupiter beschrieben werden, in der aber Figuren herumstaksen, deren Handlungen nicht im Ansatz nachvollziehbar sind. Mittendrin verschwindet sogar die Hauptfigur für 200 Seiten und ward bis kurz vor Schluss einfach nicht mehr gesehen, und als sie wieder auftaucht ist sie verrückt wie ein Sack Katzen und wird von einer Nebenfigur ohne Vorwarnung in Koma geprügelt. Na, Halleluja.

Sinn ergibt das erst im Epilog: Da wird nach dem Ende des Buchs auf fünf Seiten in einem Expositiondump ausgekotzt, was einem der Autor mit seinem Werk sagen wollte. Die Ideen sind auch durchaus interessant, aber die Umsetzung ist so grauenvoll und ein ziemlich großer Twist am Ende ist so undramatisch und emotionslos präsentiert, dass ich mehrfach nachlesen musste, um ihn mit zu bekommen. Die Erklärung versteckt sich dann in zwei Halbsätzen. Handwerklich extrem schlecht.


Hören:

„Banksy – Rebellion oder Kitsch“ [rbbKultur Podcast]
In neun Teilen versucht der Podcast dem Phänomen Banksy nach zu spüren. Es wird seine Geschichte erzählt, viel gemutmaßt und rund um die Welt geflogen, um vor Ort O-Töne einzufangen.

Ich höre gerne und viel Podcasts, bei jeder Gelegenheit. Dieser hier ist schlicht unerträglich. Ja, man KANN in einem Podcast mit einem Voiceover arbeiten, oder mit O-Tönen, oder mit Athmo, oder mit Hintergrundmusik – wenn man aber ALLES gleichzeitig macht, dann wird ergibt das einfach akustisches Chaos, und das passiert hier ständig.

Ebenfalls unangenehm fällt die Ego-Zentriertheit der Macherin Ortrun Schütz auf, schon in den Trailern. „Hören Sie meinen neuen Podcast“ tutet es da – als wäre sie die Marke und nicht der RBB. Das zieht sich leider durch: „Ich war in…“, „Mir erzählt Person XY…“ – kann man machen, klingt in meinen Ohren halt ungefähr so:

@sophiatokk

Warum sind die immer so krass überfordert und dramatisch ?

♬ Originalton – Sophia

Manchmal geht das so weit, dass Ortrun Schütz als Voiceover über Sätze von Ortrun Schütz spricht und sich selbst kommentiert. Wirklich wahnsinnig unangenehm, sowas. So lange das persönliche Erleben dem Werk nichts hinzufügt, wäre es gut, die Journalistin als Person nähme sich etwas zurück. Auch Doku-Podcasts sind Journalismus, und keine Kunst – dieser Podcast hat aber sogar eine Story-Beraterin, die vermutlich die zeitlichen Vor- und Rücksprünge zu Banksy-Aktionen konzipiert hat, was manchmal einen peppigen Folgeneinstieg bietet, deren Verortung in Zeit und Kontext aber oft nicht einfacher macht.

Ich war in England, den USA, Palästina…“, zählt Ortrun Schütz auf, und als Zuhörer fragt man sich unwillkürlich: WARUM? Warum musste Ortrun Schütz ein halbes Dutzend Fernreiseziele anfliegen? Der Erkenntnisgewinn hält sich nämlich in argen Grenzen, die Interviewpartner hätte man auch in einer Videokonferenz befragen können. Zumal Ortrun Schütz selbst zu Ortrun Schütz kommentiert, das Ortrun Schütz nicht allen Gesprächspartnern alles glaubt – aber die O-Töne mit den mutmaßlich falschen Behauptungen sind dann in der Welt und werden nicht weiter geprüft.

So bleibt bei der wiederholten, stolz präsentierten Aufzählung der vielen Flugreisen unweigerlich der Gedanke, dass hier jemand Rundfunkgebühren genutzt hat, um mal ein wenig in der Welt rumzukommen und sich selbst als Marke aufzubauen. Neues über Banksy erfährt man tatsächlich wenig bis gar nicht – das war aber auch nicht zu erwarten, immerhin gibt es zu ihm schon ein Dutzend Podcasts und einige gute TV-Dokumentationen.

Wer sich selbst ein Bild machen möchte: Zum Podcast auf der Seite des RBB, Alternativ findet er sich auch in der ARD-Audiothek-App.


Sehen:

Frühstück bei Tiffanys, Der Graf von Monte Christo, My Fair Lady [Gandersheimer Domfestspiele]
Wieder volles Programm bei den 64. Gandersheimer Domfestspielen, und wie jedes Jahr ein tolles Erlebnis. Vor der Kulisse der Gandersheimer Stiftskirche kehrt der, im Post-Napoleonischen Frankreich unschuldig eingekerkerte, Edmond Dantes als „Der Graf von Monte Christo“ zurück und nimmt vernichtende Rache an denen, die für seine Verhaftung zuständig waren.

Zwei Professoren versuchen aus einem Gossenmädchen eine Lady zu machen.

Sehenswert: Die Performance der ultravielseitigen Miriam Schwan (Eliza Doolittle, Mércèdes) und ihrer Hauptrollen-Kollegen Guido Kleineidamm (Prof. Higgins, Vater Dantes ) und Frank Bahrenberg (Oberst Pickering, div.)sowie das aristokratische Auftreten von Ben Timmers (Villefort).

Was mir besonders in Erinnerung bleiben wird: Die Erkenntnis, das „My Fair Lady“ auch eine Geschichte über Machtmissbrauch und häusliche Gewalt ist. Das wird auch sehr deutlich thematisiert, wenn Eliza Doolittle wiederholt vom wohlhabenden Professor als „unwürdiges Subjekt“ beschimpft und ein um andere Mal gedemütigt wird.

Nun werden die Gandersheimer Domfestspiele vor allem von Boomern besucht, und die Reaktionen des männlichen, alten, breitbeinig dasitzenden Publikums waren zum Teil dementsprechend. „Genau! So behandelt man eine Frau! Zeig´s ihr!“, so wurde es um mich herum gerufen. Umso schöner zu sehen, wie die alten Säcke am Kotzen waren, als nach der Vorstellung die Darsteller das Thema in einem Epilog deutlich benannten und am Ausgang Spenden für das örtliche Frauenhaus sammelten. Das war überraschend und gelungen und ich feiere diese Aktion! Fast 50.000 Euro sind so zusammengekommen, während die breitbeinigen Boomer Beleidigungen und „wokeness“-bashing hervorstießen.

5 Centimeters per Second [2007, BluRay]
„Fünf Zentimeter pro Sekunde, das ist die Geschwindigkeit, mit der die Blütenblätter des Kirschbaums zu Boden sinken“. Ein Mädchen und ein Junge begegnen und trennen sich, werden erwachsen, finden Jobs und Partner, und doch fühlen sie ein diffuses Vermissen. „Wie schnell muss ich leben, um Dich wieder zu sehen“?

Drei wunderschöne Episoden, die so viele große Gefühle anhand ganz kleiner Szenen vermitteln. Die Sehnsucht nach einer geliebten Person, die zu einer weiten Bahnreise antreibt. Die aufsteigende Furcht, sie könnte nicht auf einen warten, als der Zug Verspätung hat. Die Verzweiflung, wenn der Wind den Zettel mit der Telefonnummer davon reißt. Sehr berührend, regt zur eigenen Reflexion an. „5 Centimeters“ ist ein frühes Regiewerk Makoto Shinkai, der später u.a. „Your Name“ und „Weathering with you“ gemacht hat.

The Places Promised in Our Early Days [2005, Bluray]
Der Norden Japans ist von einer fremden Macht besetzt, die ihre Kraft aus einem seltsamen Turm zieht. Zwei Jungen und ein Mädchen bauen ein Flugzeug und versprechen sich, eines Tages zu diesem Turm zu fliegen. Dann verschwindet das Mädchen aber, und erst Jahre später, mitten in einem Krieg, gibt es wieder Spuren von ihr.

Dieser Kurzfilm ist die Erklärung, warum „Your Name“ so eine perfekte Sache war. „Your Name“ ist das Meisterwerk, „Places Promised“ war das Gesellenstück von Makoto Shinkai. Auch hier wird mit dem Multiversum und dem Vermissen geliebter Menschen, die man nie kannte, über Welten hinweg gespielt, aber lange nicht so elegant und rund wie beim späteren Spielfilm.

Belle [2022, Prime]
„U“ ist eine virtuelle Welt. Unter Pseudonym findet hier ein depressives Mädchen ihre Lebensfreude wieder und sogar so viel Kraft, das sie anderen helfen kann.

Wow. „Belle“ ist ein Amalgman aus „Ready Player One“ und „Die Schöne und das Biest“. Wunderschön gezeichnet, hinreissend erzählt. Figuren, Plot, Pacing – hier stimmt nahezu alles. Kleiner Wermutstropfen: Die Songs klingen im Deutschen leider wie etwas, was in einer Barbiewerbung im Kinderprogamm laufen könnte. Dennoch: Ein wundervoller Film, der bei mir noch Tage nachgewirkt hat.

Battle Royale [2001, Bluray]
Japan, 20 Minuten in der Zukunft: Überbevölkerung ist ein Problem, die Arbeitslosigkeit ist hoch, gleichzeitig sind die Kinder völlig wohlstandsverwahrlost und gehen kaum noch in die Schule. Die Lösung: Die „Millennium-Bildungsreform“, deren Kern das „Battle Royale“-Gesetz ist. Das berechtigt Schulträger, Kinder ab der 9. Klasse in einem Wettkampf der Besten zu stecken – einen Wettkampf auf Leben und Tod. Eine der ersten Schulklassen, die das trifft, wird entführt und mit explosiven Halsbändern und tödlichen Waffen auf einer einsamen Insel ausgesetzt. Plötzlich stehen sich 40 Kinder mit Waffen gegenüber, und nur die letzte Überlebende darf wieder von der Insel runter.

Krasser Scheiß, diese Mischung aus Herr der Fliegen und Running Man, der jahrelang zu recht auf dem Index stand und erst seit 2017 frei erhältlich ist. Inhaltlich klingt das Ganze zwar sehr nach „Tribute von Panem“, dessen Vorbild es vielleicht auch ist, aber hier wird die ganze Brutalität gezeigt, die in den Hunger Games nur angedeutet wurde.

Neben den drastischen Bildern, in denen Blut spritzt, sind es vor allem Szenen, die sich um Suizid und Verzweiflung drehen, die im Gedächtnis bleiben. Hoch problematisch schon die Grundidee, das hier Kinder gegen Kinder kämpfen, und Erwachsene da einen Medienkick draus ziehen. Sehr brutal, sehr intensiv – aber so wenig geerdet, dass die ganze Laufzeit über meine Suspension of Disbelief ausgehakt ist. Das Ganze ist so unglaubwürdig, das world building so schlecht und alle Handlungen und Figuren so over the top, dass ich in keiner Sekunde vergessen konnte, hier einen Film zu sehen. Hat mich also nicht reingezogen, ist vielleicht auch besser so. In der Summe wirkt der Film nämlich wie ein Machwerk alter Männer, die sich daran ergötzen „die Jugend von heute“ (= faul, verkommen) möglichst brutal bestraft zu sehen.

Secret Invasion [2023, Disney+]
Die Welt ist insgeheim seit Jahren bevölkert von formwandelnden Aliens, die heimlich alles unterwandert haben. Jetzt will eine Fraktion der außerirdischen Krieg gegen die Menschen führen, weil…. (blättert im Skript) …deshalb! Nick Fury hält das Ende der Welt für zu unbedeutend, um den Avengers Bescheid zu geben und murkelt selbst vor sich hin.

Der Vorspann der Serie ist KI-generiert, das haben die Produzenten zugegeben. Was bislang noch nicht eingestanden wurde: Das eine KI auch die Drehbücher verfasst hat. Obwohl, dann wären sie vielleicht besser geworden… anyway, in den Comics war die „Secret Invasion“ ein großes Ereignis, in dieser Serie werden aber hauptsächlich die Eheprobleme von Nick Fury diskutiert. Kein Witz.

Nichts hier ist wirklich gut – Dialoge sind langweilig, die Schauspieler haben wenig Spaß und reißen ihre Stunden ab oder overacten, die Story ist dumm, der Plot hanebüchen. Da passt es, dass die sechs Folgen der Serie nach hinten raus immer kürzer werden, denn offensichtlich hatte NIEMAND mehr Bock auf diesen Müll. Besonders ärgerlich: Maria Hill stirbt, völlig grundlos.

Wie eine Spionage-Thriller-Serie (das wollte „Secret Invasion“ sein) im Marvel-Universum funktionieren kann, hat 2016 übrigens „Agent Carter“ gezeigt. Die hatte zwar nur ein Bruchteil von „Secret Invasions“ 200 Millionen Dollar Budget, aber dafür gute Drehbücher, ein besseres Pacing und vor allem: Die grandiose Haley Atwell.

Good Omens 2 [2023, Prime]
Engel Aziraphael und Dämon Crowley sind zurück. Beide von ihren jeweiligen „Seiten“ verstoßen, leben sie unter den Menschen. Das ist auch völlig okay für die beiden, denn über die Jahrtausende haben sich Engel und Dämon nicht nur angefreundet, sie haben auch einen Gefallen an den Subjekten gefunden, die sie beschützen bzw. verführen sollten.

Mit dem gemütlichen Himmel/Hölle-Ruhestand ist es vorbei, als der Erzenengel Gabriel in Aziraphaels Antiquariat stolpert – ohne Erinnerung daran, wer er eigentlich ist, aber einer wagen Ahnung, das demnächst (mal wieder) die Welt untergehen wird.

Der erste Teil von „Good Omens“ erschien 1990 als gemeinsames Buch von Terry Pratchett und Neil Gaiman. Jetzt, 33 Jahre nach Erscheinen des ersten Teils und acht Jahre nach Pratchtetts Tod nun also ein zweiter Teil. Lohnt sich das? Unbedingt. Zwar ist für mich leider nach wie vor der Darsteller von Arziraphael, der in britischen Produktionen unumgängliche Martin Sheen, ein Totalausfall, aber das macht nichts – David „Dr. Who“ Tennant hat so viel Bock auf Crowley, das er eh alles an die Wand spielt. Man sollte „Good Omens“ in „Crowley“ umbenennen, so viel Präsenz und Charisma hat der hier.

Der Plot holpert zwar ein wenig, aber da die anderen Figuren ausreichend interessant und nett gespielt sind, kann man sich das schon anschauen. Interessant, aber etwas langatmig erzählt, sind die Rückblenden: In jeder Episode wird ein wenig mehr zur Vergangenheit von Engel und Dämon enthüllt, und ihre Abenteuer im Verlauf der Jahrhunderte, vom alten Babylon bis ins viktorianische London, sind schon launig.


Spielen:


Super Mario Odyssey [2017, Switch]
Der böse Bowser hat Prinzession Peach entführt und will sie heiraten. Love Interest Mario verfolgt den Verbrecher durch mehrere Länder, in denen Bowser eine Spur aus Mundraub, Diebstahl und Sachbeschädigung hinterlässt.

Mein erstes „Mario“ seit „Super Marion Land“, und das war 1989 auf dem originalen Gameboy. Der Urahn hat mit „Odyssey“ ein nahezu perfektes Gamedesign gemein. Anders als das grau-schwarze Ur-Mario ist 2017er Neuauflage kunterbunt und größtenteils in 3D.

Besonderes Gimmick: Mario hat hier eine Zaubermütze. Wirft er die auf ein Lebewesen, kann er die Kontrolle darüber übernehmen. Es ist schon großer Spaß, fast jeden Feind und sogar riesige Dinosaurier nach Belieben übernehmen zu können und und plötzlich als Mario Rex durch die Gegend zu stampfen. Vor allem ist das abwechslungsreich, und „Odyssey“ atmet Originalität aus jeder Pore. Quasi im Minutentakt überrascht das Spiel mit kreativen, niedlichen, cleveren oder einfach nur saulustigen Einfällen.

All die kariesverursachende Niedlichkeit kann nicht darüber hinwegtäuschen, das „Odyssey“ stellenweise wirklich bockig schwer sein kann, manche Passagen sind extrem knifflig und die Savepoints manchmal unfair weit auseinander. Gerade im Finale des Games muss man sich Dutzende Male durch immer die gleichen Sequenzen schlagen, weil man nur mit Trial-and-Error rausfindet, wie es weitergeht und zwischendurch halt nicht gespeichert wird.

Tut der Freude aber keinen Abbruch: Mario Odyssey ist mit das Beste, was man in Sachen Jump and Run auf der Switch spielen kann, zumal auch deren Controller hier sinnvoll eingesetzt werden.


Machen:

Fluchen & freuen. Immer, wenn ich denke „Ok, jetzt sind die großen Ausgaben durch“ passieren… Dinge.

In diesem Monat: Auto durch TÜV (unerwarteterweise), Holz musste gekauft werden (Arschteuer!), meine Lieblingsjacke (Cranford Jacket von Vintage Industries) wird es in Zukunft nicht mehr geben, also habe ich gleich mal eine neue und eine auf Reserve kaufen müssen, andere Klamotten mussten zu einer aufwendigen Reinigung, der Akku im PS4-Controller ging kaputt und musste ersetzt werden, der Vodafone-Curve-Tracker gab den Geist auf, die Schreibtischlampe zerfiel einfach so in acht Teile, auf Kleinanzeigen gab es günstig einen Wera-Bitsatz an dem ich nicht vorbei konnte, und: Nach insgesamt 15 Jahren (davon 12 bei mir) begann der Sanyo Z700, mein treuer, kleiner Beamer, den Geist aufzugegeben.

Er schaltete sich spontan mit Hitzewarnung ab. Keine Ahnung, ob da ein Lüfter oder eine Steuerung nicht mehr wollte. Schade, wirklich. Zum einen, weil es bis heute keinen anderen Beamer gibt, der Lens Shift hat und bei FullHD im Ecomodus so leise ist und trotzdem so ein gutes und riesiges 360cm (=140 Zoll) Bild macht, zum anderen habe ich noch zwei Lampen dafür hier liegen. Einfacher als eine Werkstatt zu suchen war es nun, einfach für 260 Euro einen anderen, 10 Jahre alten, Z700 auf ebay zu erstehen – und der war ein Glücksgriff!

Der „neue“ Z700 ist ein Grund zur Freude, denn er funktioniert nicht nur, er hat auch ein fantastisches Bild. Ich hatte schon davon gehört, das bei organischen Displays über die Zeit die Farbpanels degenerieren. Bei meinem alten Z700 war das der Fall, aber ging das so langsam, das ich es über die Zeit nicht bemerkte und allenfalls manchmal die Vermutung hegte, dass das blaue Panel nicht mehr so ganz fit war. Im direkten Vergleich stellt sich raus: Das war völlig hinüber und zeigte nur noch blaustichiges Grau, wodurch das Bild insgesamt sehr dunkel wurde, weil der Beamer dadurch auch kein Weiß mehr mischen konnte. Beim „neuen“ Z700 funktioniert noch alles so, wie es soll, und ich bin völlig überwältig wie gut und farbig das Bild sein kann. Eigentlich war es ein Glücksfall, dass der alte Selbstmord begangen hat.

Tja, wir merken uns: Wenn es kein DLP-Beamer ist (der mit Farbrad und Spiegeln arbeitet) werden Beamer bei langer Nutzungszeit und Nutzungsintensität (16.000 Betriebsstunden in 12 Jahren) einfach mal schlecht. So schleichend, dass man es selbst nicht merkt.


Neues Spielzeug:

Ein Bosch Professional GSS160-1A Multi Schwingschleifer. Weil, da musste was abgeschliffen werden. 🙄

Na, im Ernst: Damit habe ich ein olles (aber arschteures) Fichtenbrett in eine superglatte Oberfläche für einen Schreibtisch verwandelt. Der Staubsauger hat dabei geholfen:


Ding des Monats:

Einen Quergriff von Wera. Ich liebe Quergriff-Werkzeuge, und dieser Griff hat eine Ratschenfunktion und einen Halter, in den man die Bits einfach reinklickt. Sehr cooles Teil.

Dazu: JIS-Bits von Rhino. JIS ist der Japanese Industry Standard für Kreuzschlitz. Sieht aus wie Philips, ist aber in winzigen Details anders. Diese Details machen, das man mit JIS-Schraubendrehern an allem Japanischen, sei es Kameras, Shimano-Gangschaltungen oder Motorrädern, keine Schrauben mehr vergnaddelt. Man bekommt damit sogar bereits vergnaddelte Philips-Schrauben los, weil die JIS sich in den Schraubenkopf krallen und eine höhere Kraftübertragung erlauben.

Zusammen sind diese beiden Dinger mein neues Lieblingsschraubendreherset.


Archiv Momentaufnahmen ab 2008

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Momentaufnahme: Juli 2023

Herr Silencer im Juli 2023

Wetter: Trocken. Heiß. Dürre. Zumindest bis zur dritten Woche, dann wird es kühler, und in der letzten Woche setzt Regen ein und es wird herbstlich kalt. Da wegen der langen Trockenheit auch manche Bäume ihre Blätter verlieren, fühlt sich das Ende des Julis an wie der Beginn des Herbstes.


Lesen:


Hören:


Sehen:

Die Tribute von Panem [2012, 20134, 2014, 2015, Blu-Ray]
Das Land Panem ist in zwölf Distrikte unterteilt, die von einer Hauptstadt aus regiert werden. Es herrscht Arbeitsteilung: In den Distrikten wird malocht bis der Hugo qualmt und in der Freizeit darf gehungert werden. Die Hauptstadtmenschen übernehmen dafür die Bürde, im Luxus zu leben und Frisuren zu tragen. Ein Mal im Jahr werden Spiele veranstaltet, bei denen Teilnehmer:innen aus allen Distrikten antreten und versuchen, sich gegenseitig umzubringen. Mehr durch Zufall überlebt Jennifer Lawrence diese Veranstaltung und wird zum Symbol des Freiheitskampfes schlechthin: Dem Spotttölpel.

Kannte ich bislang nicht, diese „Hunger Games“-Filme. Jetzt ist die Bildungslücke geschlossen, und ich stelle fest, dass ich nichts verpasst habe, als ich mich dem Hype Anfang der 10er-Jahre verschlossen habe, als die Streifen im Jahresabstand in die Kinos kamen.

Ungelenk, unbeholfen, dramaturgisch stümperhaft, handwerklich mies und teils unterirdisch gespielt sind noch die freundlichen Attribute, die man für die Filmreihe finden kann. Schon die Ausgangsdidee, das Kinder sich gegenseitig in einer Mischung aus Casting-Show und „Predator“ umbringen, ist bestenfalls zweifelhaft. Der Plot selbst ist dann aber wirklich absurd schlecht, hundsmies erzählt und in seinen moralischen Aussagen mindestens abseitig.

Man sieht die Hilflosigkeit der Filmschaffenden an allen Enden. Das beginnt beim Pacing des ersten Films, der viiiiiel zu lange braucht, um aus dem Quark zu kommen, über den unzusammenhängenden und wenig sinnstiftenden Plot des zweiten Teils und einem Finale, das aus zwei Filmen besteht, die gerne eine Mischung aus „Saw“ und „Gladiator“ wären und dennoch rüberkommen wie ein Projekt der Film-AG am Helmut Kohl-Gymnasium.

Da helfen auch Cameos von Größen wie Donald Sutherland nichts, dessen Grandezza spätestens bei der nächsten Einstellung mit einer der albernen Perücken und der billigen Ausstattung wieder vergessen ist.

Und warum zur Hölle hat man sich in der deutschen Synchro entschlossen, die auf Vogelnamen basierenden Codenamen der Rebellion zu übersetzen? Einen „Mockingjay“ als Symbol des Aufbegehrens einzudeutschen und daraus den „mächtigen Spotttölpel“ zu machen ist unfreiwillig komisch. „Du bist unser Spotttöpel“, jubeln die Rebellen der Protagonistin zu, und die fängt dabei nicht mal an zu lachen. Das passt zum Rest dieses, auch ansonsten nicht unterhaltsamen, Quarks.

Zwischendurch saufen die Streifen immer wieder in Szenen ab, die faschistischer Bildsprache huldigen. Wohlgemerkt wird hier nicht damit gespielt – die Bilder sind häufig Selbstzweck und kommen durch die pure Naivität ihrer Verwendung rüber wie eine Hommage an die Machwerke von Leni Riefenstahl. Das Jennifer Lawrence eine Gesichtslähmung spielt, fällt da kaum noch auf. In der Summe: Näh. Das BluRay-Set für 4 Euro vom Flohmarkt war vertretbar, aber hätte ich für diesen Müll Geld im Kino gelassen, ich würde mich heute noch ärgern.

Charlie staubt Millionen ab (The Italian Job) [1969, Blu-Ray]
Michael Caine klaut in Turin unter der Nase der italienischen Mafia einen Batzen Gold und flüchtet in Mini Coopers.

Für ihre Zeit spektakuläre Bilder werden hier nur lose von einer löcherigen Handlung zusammengehalten. Das macht der Film ab Beginn klar, wenn man als Zuschauer geschlagene fünf Minuten einem Auto bei der Fahrt durch die Alpen zusieht – eine Lahmarschigkeit die man heute, wo Kinofilme auch im Stream funktionieren müssen und wegzappen durch möglichst spektakuläre oder spannende Einstige verhindert werden soll, nicht mehr machen könnte.

Macht aber nichts, wer dranbleibt sieht Autos, die von Bergen purzeln, Autos in U-Bahn-Schächten und Autos auf Häusern. Das ist unterhaltsam, auch wenn die Charaktere aus Presspappe sind und die Handlung halt kaum vorhanden ist. Launig auch das Ende, das ob seiner Absurdität und seines (wörtlichen) Cliffhangers in Erinnerung bleibt und besser funktioniert als jedes Happy End.

Ebenfalls Zeugnis seiner Zeit: Der deutsche Titel. My Ass.

The Italian Job [2003, Blu-Ray]
Mark Wahlberg und Donald Sutherland klauen in Venedig einen Batzen Gold.

Dieser Film hat, abgesehen vom englischen Titel, dem Namen des Protagonisten und dem Modell des Fluchtautos, nichts mit dem Film von 1969 gemein. Hier gelingt der Heist in den ersten zehn Minuten, aber dann versackt die Handlung und wacht erst gegen Ende der Laufzeit wieder auf.

Dazu kommen andere Probleme, wie ein Cast, der die lökerige Handlung nicht tragen kann. Zwar ist der Antagonist Edward Norton, aber der hat erkennbar keinen Bock und telefoniert seine Rolle nur durch. Umso schlimmer, dass der Protagonist mit Mark Wahlberg besetzt wurde, der halt nichts anderes kann als Mark Wahlberg zu spielen. Donald Sutherland, Jason Statham und Charlize Theron haben zwar gute Laune, aber zu wenig Screentime, um das Ganze zu retten.

Zudem ist der Film gespickt mit popkulturellen Referenzen der Nuller Jahre, was ihn deutlich als Produkt seiner Zeit verortet und heute altbacken erscheinen lässt. So wird Napster geradezu obsessiv oft erwähnt, und Sean Fanning hat sogar ein Cameo, dessen Witz heute nur noch die wenigsten erkennen dürften.

Immerhin sind der Heist in Venedig und die Autojagd nett. In Summe kein Meisterwerk, aber durch seine Mission Impossible-Vibes ganz unterhaltsam.

Rick and Morty Season 6 [2022, Netflix]
Immer noch zum Schreien komisch, wenn Doc Brown-Verschnitt Rick und Sidekick Marty, äh, MORTY, Abenteuer erleben. Die Serie lebt von boshaftem Sarkasmus und produziert zuverlässig in jeder Szene Lacher, die Plots sind hirnverknotend komplex und absurd. Bestes Stück Zeichentrickserie der letzten Jahre.


Spielen:

Star Trek: Resurgence [2023, PS5]
Frisch überholt startet das Sternenflottenschiff „Resolute“ zu einer diplomatischen Mission. Mit an Bord: Die neue erste Offizierin Jera Rydek und, auf den Lower Decks, der Techniker Diaz. Die bekommen bald alle Hände voll zu tun, denn Besatzung und Schiff werden nicht nur in einen eskalierenden Konflikt zwischen zwei Völkern hineingezogen, auch der Weltraum selbst macht Zicken und verhindert plötzlich Warpsprünge.

Das kleine Studio Dramatic Labs besteht zum Großteil aus ehemaligen TellTale-Mitarbeitern. Die haben sich vorgenommen, die Tradition der TellTale-Spiele fortzusetzen, und das merkt man praktisch sofort. „TellTale-Tradition“ bedeutet im besten Fall: Spannende Geschichten, tolle Charaktere und Dialoge und immer wieder Entscheidungen, die teils dramatische und unumkehrbare Auswirkungen haben. Das bedeutet im schlimmsten Fall aber auch: Vor sich hinstotternde Technik, Audioaussetzer, hölzerne Animationen und elendige Ladepausen.

Echt, das Schlimmste an TellTale war das Festhalten an einer völlig veralteten Engine, die diese Effekte durch schlichte Überforderung produzierte. Dramatic Labs nutzt in „Resurgence“ aber nicht die TellTale-Engine, sondern die Unreal 4-Engine – und haben es irgendwie geschafft, sämtliche alten TellTale-Krankheiten nach zu programmieren.

Das Game legt selbst auf der PS5 nach jeder Einstellung eine sekundenlange Gedenkpause ein, die zuverlässig jeden Flow verhindert und jede Dramatik abwürgt. Man stelle sich einen Film vor, der bei jedem Schnitt das letzte Bild einer Szene eine Sekunde stehen lässt – genau das passiert hier und macht die Erzählung, die tatsächlich wie ein Film inszeniert ist, kaputt. Ebenfalls schlimm: Die Animationen sind hölzern, die Gesichter ein Witz und alle paar Minuten springt das Beleuchtungsmodell völlig aus der Schiene, was u.a. dazu führt, dass die Figuren aus dem Inneren ihrer Augen und Münder leuchten. Dazu kommt die unfassbar träge Steuerung, die sich anfühlt, als würde der Cursor in Teer stecken und Actionsequenzen, die in ihrer Unbeholfenheit totaler Cringe sind.

Warum „Resurgence“ trotzdem ein gutes Spiel ist und ich viel Spaß damit hatte? Eben wegen der Charaktere und der Geschichte. Auch wenn man als Spieler häufig ahnt, wie es weitergeht, ist der Plot spannend inszeniert und strotzt vor tollen Details. Das führt dazu, dass sich „Resurgence“, das zeitlich nach „Voyager“ spielt, anfühlt wie eine sehr gute Folge Strange New Worlds oder ein modernes „The Next Generation“.

Da die Kosten in Euro (40 Euro normal, 20 in Sales) und Zeit (10 Stunden) nicht übertrieben sind, lohnt sich Resurgence für alle Trekker unbedingt.


Machen:

Ein Wochenende mit der V-Strom durch den Odenwald donnern. Danach: 102.000 Km-Inspektion, wie erwartet ohne Befund.


Neues Spielzeug:

Wo gerade Prime Day war, kam noch eine 12V-Flex zu der, im vergangenen Monat begonnenen, Sammlung an Werkzeug hinzu. Ein Bosch GWS 12v-76 Winkelschleifer. Irgendwann muss man ja mit flexen mal anfangen, und das kleine Teil ist nicht nur erstaunlich stark, es macht mit den passenden Aufsätzen auch kurzen Prozess mit Rost.


Ding des Monats:

Staubsauger kauft man nicht oft im Leben. Der „Darel“ von De´Longhi war nach dem AEG Vampyr erst mein zweiter und hat jetzt auch schon wieder über zwanzig Jahre auf dem Buckel. Nun ist er ziemlich am Ende – die Bodendüse saugt sich entweder unverrückbar fest oder sie rollert Zentimeter vom Boden entfernt dahin, die Verschlüsse des Staubbeutelbehälters sind ausgeleiert und die Kunststoffteile im Innenleben zersetzen sich und werden als kleine Flocken hinten ausgeblasen. Muss man auch erstmal hinbekommen: Ein Staubsauger, der Räume schmutziger hinterlässt, als er sie vorgefunden hat. Also musste ein neuer her. Nur was? Ein fancy beutelloser Akkusauger? Nett, aber der Akku hält bestimmt nicht zwanzig Jahre, und überhaupt: Wer gibt über 400 Euro für sowas aus?.

In einem Anfall von Verrücktheit ist es nun ein Industriestaubsauger geworden:

Der „Kärcher WD3 Premium S V-17/4/20“ ist mit rund 100 Euro (inkl. Begrüßungsrabatt bei kaercher.de) günstig in der Anschaffung und mit 1.000 Watt stromsparender als der alte 1.850 Watt-Sauger, der gerne mal die Sicherungen fliegen ließ. Er saugt einfach ALLES weg, neben Staub auch Bauschutt und Flüssigkeiten, und er taugt sogar als Gebläse.

Das Beste: er verfügt über eine Steckdose, an die Werkzeuge für eine Absaugung angeschlossen werden können. Wird die genutzt, schaltet sich der WD selbst und leicht zeitversetzt ein und aus, wenn das Werkzeug geschaltet wird.

Wermutstropfen: Die Saugstärke lässt sich nicht regulieren, und im Vergleich zu modernen Akkusaugern ist er laut – aber immerhin nicht lauter als der alte Darel.


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Momentaufnahme: Juni 2023

Herr Silencer im Juni 2023

„Nicht nochmal dieses Haus.“

Wetter: Hochsommerlich warm bei 25-30 Grad, kein Regen. In der vierten Monatswoche Starkregen, der Kassel wegspült, dazu Tornados und Hagel.


Lesen:

Paul Preuss: Die Sternenkönigin [1989, Buch]
Eine junge Frau vegetiert in einem Sanatorium vor sich hin.Ihr Gedächtnis ist beschädigt, sie kann Informationen nicht länger als einige Minuten behalten. Eines Nachts spritzt ihr ein behandelnder Arzt heimlich synthetische Hirnzellen. Die Merkfähigkeit kehrt zurück, aber nun hat die junge Frau neue Probleme: Sie weiß immer noch nicht, wer sie ist und wird zudem von einem Killerkommando gejagt. Als sie wegen eines Brennens im Bauchraum einen Arzt aufsucht, macht der erstaunliche Entdeckungen: Über ihrem Magen sitzt leitendes Gewebe, wie eine Batterie, und ihre Knochen sind mit Antennen ummantelt.

Zuletzt vor 30 Jahren gelesen: Fantastische Science Fiction, die den Begriff „Science“ wirklich ernst nimmt – für viele der Phänomene im Buch werden technische Erklärungen vermittelt und dem Leser durchaus einiges an Konzentration abverlangt. Preuss lässt seine Hauptfigur in Kulissen und Szenarien der Autorenlegende Arthur C. Clarke agieren, hat aber leider wenig Gespür für Storybeats oder Charakterzeichnungen.

Die junge Frau bleibt dem Leser fremd, und der gesamte erste Teil – Gedächtnisverlust, Heilung, Flucht – wird auf wenigen Seiten abgehandelt, als hätte der Autor gar keine Lust auf Hintergrundgeschichte – und das, obwohl er einen so faszinierenden und geheimnisvollen Charakter geschaffen hat! Aber nein, nach dem Einstieg wird die Geschichte um die Vergangenheit der Frau nicht weitererzählt. Stattdessen wird tritt sie binnen weniger Absätze der Sternenflotte bei und wird Space-Detektivin, die den Raub eines seltenen Buchs aufklären muss. Die Geschichte wird zu einem Kriminalfall, die Vergangenheit der Frau spielt kaum eine weitere Rolle. Wutt?

Zum schlechten Erzählstil kommt die holprige, deutsche Übersetzung. Die ist stellenweise so plump und fällt gerne mal auf false friends rein, dass es weh tut. Unerfreulicherweise gibt es aber diesen ersten Band der Hexalogie nicht als englische Ausgabe für eReader.

Paul Preuss: Maelstrom (Das Venusrätsel) [1989, Kindle]
Die geheimnisvolle Frau hat den Namen Ellen Troy angenommen und arbeitet weiter als eine Art Space Marshall. Als solche geht sie einem Unfall auf dem Mond nach, der sich bald als Sabotage entpuppt.

Und wieder: Faszinierende Ideen, aber ohne Gespür für Storybeats und Dramaturgie erzählt. Die Protagonistin bleibt dem Leser weiterhin fremd, was umso schwerer wiegt, weil sie mittlerweile alles mögliche kann und alles weiß – ohne, dass sich erschließt, woher sie dieses Wissen hat. In der Detektivgeschichte um die Sabotage ist sie damit eine Deus Ex Machina für die Auflösung – was hart unbefriedigend ist.

Paul Preuss: (Das Marslabyrinth) [1991, Kindle]
Ellen Troy wird auf den Mars gerufen, nachdem dort ein außerirdisches Artefakt gestohlen wurde. Das Artefakt enthielt angeblich Informationen zur Rückkehr einer außerirdischen Rasse, die von einem irdischen Geheimkult verehrt wird. Troy wird den Verdacht nicht los, dass ihr Körper von genau diesem Kult modifiziert wurde, um den ersten Kontakt mit den fremden Wesen aufzunehmen. Ist sie überhaupt noch menschlich?

Auch hier wieder: Zu Beginn wird das große Rad geschlagen, Fragen um Transhumanismus aufgemacht und geheime Weltuntergangskulte angeteast, erzählt wird dann aber nur die Klärung eines Raubs und eines Mordfalls, und das sprachlich farblos und dramaturgisch überkompliziert. Nunja. Trotzdem will ich wissen, wie es um Ellen Troy weitergeht, und drei Bücher hat die Reihe noch.


Hören:

Bananarama: Best of [1999 CD]
„Cruel Summer“, „Venus“ u.a. – seichter 80er-Pop, den ich in den 80er verachtet habe. Nochmal reingehört: Gibt einige nette Songs, das meiste ist aber belanglos.


Sehen:

Alice, Darling [2022, Prime]
Für Alice läuft´s: Sie hat einen guten Job und Simon, ihren Freund, der sie über alles liebt und der sie auf Händen trägt. In jeder Minute, in der die beiden getrennt sind, schreibt er ihr verliebte Nachrichten. Manchmal geht es Alice nicht so gut, dann hat sie Schnappatmung und Panikanfälle, aber die kann sie gut verbergen. Bis sie, nach langem Zögern, ein paar Tage mit ihren besten Freundinnen weg fährt – ohne Simon.

Was für ein großartiger Film: Er zeigt das Leiden in einer toxischen Beziehung. Der Mißbrauch passiert hier aber nicht über physische Gewalt, sondern psychisch. Simon würde Alice nie schlagen oder nur bedrohen, aber er erdrückt sie mit seiner Liebe und seinen Ansprüchen, bis sie darunter zerbricht und von ihm abhängig wird. Diese Abhängigkeit und das Leid von Alice wird gezeigt, aber nie mit Worten erklärt. Das es hier keinen Expositiondump gibt, und man sich Alice Situation selbst erschließen muss, macht den Film noch intensiver.

Als Zuschauer sieht man zunächst Alice, wie sie zärtliche Berührungen, Blicke und Worte mit Simon austauscht, aber auch die Selbstverstümmelung, die sie insgeheim betreibt, und die Panikattacken, die sie immer wieder heimsuchen. Das ergibt am Anfang nicht viel Sinn. Was genau da vorgeht, erschließt sich erst Stück für Stück, dann aber mit einer Wucht, das man sich gegen Ende, bei Simons Worten „Da ist ja mein Mädchen, ich habe Dich heute noch gar nicht abgeküsst“ erbrechen möchte.

Dabei ist Simon, der Täter, über fast die gesamte Laufzeit gar nicht im Bild – aber er ist in Alice Kopf, ständig präsent, er begleitet jede ihrer Handlungen. Das dieses Gefühl transportiert wird und die Folgen einer psychischen Abhängigkeit so wuchtig vermittelt wird, ist der große Verdienst des Films. Dass das gelingt, liegt auch und zuvorderst am Spiel der großartigen Anna Kendrick – keine Ahnung, warum die für diese Rolle keinen Oscar bekommen hat.

Gambit – der Masterplan [2012, Blu-Ray]
Der Kunstsachverständige Colin Firth hat einen gar meisterlichen Plan: Er will seinem Chef Alan Rickmann, einem ungehobelten Nudisten, mit Hilfe des etwas schlichten Cowgirls Cameron Diaz ein gefälschtes Gemälde unterjubeln. Bis ins Detail hat er sich dieses Gambit durchdacht, doch bei der Ausführung scheitert es quasi bei Schritt eins.

Interessante Idee: Man zeigt einen Charakter und seinen Plan, und macht das Scheitern daran fest, dass die Wahrnehmung dieser Person und die Wirklichkeit gänzlich verschieden sind. So ist Colin Firth nicht so smart, wie er glaubt, und auch der – aus seiner Sicht – ordinäre und ungehobelte Chef ist nicht so dumm und pöbelnd, wie Firth in wahrnimmt, und diese Fehleinschätzungen lassen den Masterplan sofort aus den Schienen springen.

Wie gesagt, nette Idee. In der Praxis scheitert der Film aber selbst quasi sofort, an einem unglücklichen Schnitt, Untererklärung und Gefühligkeit – aber der Mitte wird es Gefühlsduselig, der Film weiß nicht mehr genau, was er sein will und die Story verliert die Richtung und entgleist. Plötzlich will der Film eine Boomer-Komödie sein (haha, guck mal, Colin Firth ohne Hose) dann eine Dramödie (oh, Cameron Diaz wird gfühlig), dann absurder Quatsch (Cameron Diaz fängt einen Löwen in einer Gemäldegalerie mit einer Vorhangschnur), dann wieder ein Heistmovie mit vierdimensionalen Schachzügen. Das klappt natürlich nicht.

Der Rotten Tomatoes-Score von 18% spricht eine deutliche Sprache und liegt nicht falsch. Abahey: Firth, Rickman und Diaz!

Mad Heidi [2022, Prime]
Die Schweiz ist ein faschistischer Überwachungsstaat, der Diktator macht die Bevölkerung mit Industriekäse gefügig. Einzig der Geisenpeter beglückt seine Ziegen noch persönlich und hat einen florierenden Schwarzmarkt für Ziegenkäse geschaffen. Die Operation fliegt auf, er wird von den Truppen des Regimes ermordet. Seine Freundin Heidi begehrt daraufhin gegen die Käsediktatur auf, wird von Mutter Helvetia zur Martial Arts Kriegerin ausgebildet und beginnt einen blutigen Rachefeldzug.

Ach, was für ein wunderbarer Käse! Der crowdgefundete Film ist herrlicher Trash nach Art von „Iron Sky“ und im Stil der Exploitation Filme, und macht daraus auch keinen Hehl („Swissploitation“). Die Kulissen erinnern oft an Wes-Anderson-Filme, die völlig abgedrehten Gewaltszenen an Budget-Slasher der 80er. Horror-Comedy ist die Klassifikation, und das passt. Auch wenn das Kunstblut hier Eimerweise fliesst, ist das oft urkomisch und originell – etwa, wenn ein Dissident mit Käsefondue gewaterboarded oder mit Toblerone kasteit wird.

Der Cast spielt gut -allen voran Casper van Diem (Sgt. Rico aus „Starship Troopers“), der an seiner Rolle als Diktator einen Heidenspaß hat. Meiden sollte man die deutsche Synchro – die ist ausnehmend schlecht, die englische Originaltonspur ist um Welten besser.

The Fast and the Furious [2001, Blu-Ray]
Kriminelle Bande begeht Überfälle auf Trucks mittels getunter Autos. Undercover-Cop versucht sich einzuschleichen, in dem er Straßenrennen fährt. Am Ende muss er sich zwischen Polizist sein und der Zuneigung von Vin Diesel entscheiden.

Zelebrierung von Straßenrennen und Tunerkultur. Doof, aber fette Bässe.

2 Fast 2 Furious [2003, Blu-Ray]
Der Teil ohne Vin Diesel. Paul Walker sagt in jedem Satz „Bro“, während er versucht in Miami einen Drogendealer hochzunehmen. Mit Autos.

Fast & Furios: Neues Modell. Originalteile. [2009, Blu-Ray]
Vin Diesel ist wieder da und überfällt LKW. Mit Autos. Das Geschäft läuft nicht so gut, und so taucht er unter und kommt erst wieder raus, als Michelle Rodriguez ermordet wird. Anscheinend ist Paul Walker daran Schuld, was Hulk wütend macht.

Fast Five [2011, Blu-Ray]
Vin Diesel hat Langeweile und beschließt, einem Mafiaboss Geld zu klauen. The Rock mag das nicht.

Ein Heistmovie, spielt in Brasilien. Kurzweilig und recht gut gemacht, wenn man es erträgt, das die Physik hier anders funktioniert als in der echten Welt und zwei kleine Autos schon mal einen Gartenlaubengroßen Safe durch die Straßen Rios ziehen können. Außerdem: Gal Gadot! Definitiv einer der besseren Filme der Reihe.

Fast & Furious 6 [2013, Blu-Ray]
Die Straßengang ist nach dem erfolgreichen Raub reich und lebt in Saus und Braus. Das hat ein Ende, als Dwayne Johnson vor der Tür steht. Der soll Jason Statham fangen, aber das können nur Leute mit Autos.

Fast & Furious 7 [2015, Blu-Ray]

Irgendwas mit Autos, die von Wolkenkratzer zu Wolkenkratzer springen und ein James Bond-Plot um einen MacGuffin.

Jetzt ist FF vollends absurd und völlig überdreht und echt eine Beleidigung für jede Hirnzelle.
„Sumthing sumthing sumthing Famiiiiiiilie.“ Vin Diesels Charakter ist schon lange zur Parodie geronnen, der Rest des Films sieht auch aus wie eine Satire.

Fast & Furious 8 [2017, Blu-Ray]
Irgendwas mit Autos, die von einem U-Boot gejagt werden – und Charlize Theron.

Ach rührend, der Film ist wie ein Kind, das mit Matchboxautos spielt – natürlich können Autos in der Fantasie eines Fünfjährigen fliegen und tauchen und ein U-Boot besiegen. Süß.

Fast & Furious 9 [2021, Blu-Ray]
Vin Diesels Autobande kommt James-Bond-Bösewicht auf die Spur. Um dessen Plan zu vereiteln, reisen sie mit einem getunten Auto in den Weltraum und benutzen magische Magneten, um Straßenzüge in Schutt und Asche zu legen.

Ja mei, viel Bumm und Knall und in seiner Absurdität schon wieder lustig.


Spielen:


Machen:
Reise durch Irland, Beisetzung, Urlaubsvertretung


Neues Spielzeug:
Ich bin erblich vorbelastet: Mein Vater hat Unmengen von Werkzeug gehortet. Entweder war das abgegnaddeltes Billigkram aus den 70ern oder das Billigste vom Billigen ausm Wiglo Wunderland. War letztlich auch egal, benutzt hat er das meiste davon nie.

Ich will es besser machen und habe mir vorgenommen, Werkzeug nur dann zu kaufen, wenn ich es wirklich benötige, aber dann nicht das Billigste. Nun galt in der Firma ein Lager umzubauen, und das wäre ja praktisch UNMÖGLICH gewesen, wenn ich nicht vorher die folgenden Dinge gekauft hätte:

Vermutlich kommt der Moment im Leben eines jeden Mannes, das er eine Handkreissäge kauft. Bei mir war es jetzt soweit. Geworden ist es eine Bosch GKS190, und da ich nie gelernt habe sowas zu benutzen, habe ich großen Respekt vor der.

Weil man auf einem Bein nicht stehen kann, gab es noch einen Akkuschrauber dazu. Ein Bosch GSB 12V-15. Das Vorjahresmodell, quasi. Das 12V System ist sehr klein und leicht, aber kräftig und der Akku hält wirklich lange.

Tja und DANN habe ich gemerkt, dass eine Kreissäge nicht alle Arbeiten gut löst, und weil ich nun vom Akkuschrauber den 12 Volt-Akku schon hatte, kam dann noch eine 12V-Stichsäge hinzu. Samt ordentlichen Sägeblättern. Und OMG was soll ich sagen?? Ich kannte bis dahin halt nur die 70er Jahre Bullcraft-Stichsäge aus meinem Elternhaus. Die verzog quasi sofort nach Ansatz und kaute mehr am Holz rum, als das sie sägte. Ich dachte, das sei bei allen Stichsägen so. Stimmt nicht! Diese kleine Bosch gleitet durch Fichtenholz einfach durch, nichts verreißt, nichts franst aus. SO kann Sägen gehen?! Eine Offenbarung!

…wenn ich mir die Einkäufe diesen Monat so ansehe, würde ich sagen: Ich kann nicht ausschließen, dass auf unserer Familie ein Fluch liegt, der mit dem Tod meines Vaters auf mich übergegangen ist und der macht, dass das Sammeln von Werkzeug unwiderstehlich wird. Da gibt es noch diesen schönen Schwingschleifer….


Ding des Monats:

Das geile TomToc Sling, genauer beschrieben hier: New Gear.


Archiv Momentaufnahmen ab 2008

Kategorien: Momentaufnahme | 7 Kommentare

Momentaufnahme: Mai 2023

Herr Silencer im Mai 2023

„Das kam jetzt nicht unerwartet, aber überraschend.“

Wetter: Anfang des Monats nachts noch bis 1 Grad kalt, tagsüber 10 bis 14 Grad. In der zweiten Woche kurz Sonnenschein und zwanzig Grad, dann aber wieder einstellig und Regen. Ende des Monats dann Sommer mit über 20 Grad.


Lesen:

Stephen King: Fairytale [Kindle]
Charlie ist 17 und lebt in einer kleinen Stadt in den USA. Eines Tages findet einen älteren Herren, der gestürzt ist und nun hilflos vor seinem Haus liegt. Charly hilft dem Mann, der sich als griesgrämiger Einzelgänger entpuppt. Die beiden freunden sich langsam an, und nach einiger Zeit rückt der Alte mit einem Geheimnis raus: Er hat Zugang zu einer anderen Welt. Einer Welt, in der es keine Elektrizität gibt und technische Geräte nicht funktionieren, in der Prinzessinnen und Dämonen normal sind. Charly betritt diese Welt und muss sich bald die Frage stellen: Ist er aus Prinzenmaterial gemacht?

Drei Monate habe ich an dem 900-Seiten-Buch rumgelesen, und das hat einen Grund: Es ist im Kern langweilig. King ergeht sich in Beschreibungen und Wiederholungen von Beschreibungen und scheint nie so richtig zu wissen, wo er eigentlich hin will.

Der Eindruck wird noch verstärkt, weil das Buch in zwei Teile zerfällt: Charlys Vorgeschichte und die Pflege für den alten Nachbarn und dessen Hund nehmen fast die Hälfte des Buches ein, sind viel detaillierter als sie sein müssten, lesen sich dabei aber noch ganz gut. Aber ab dem Moment, in dem Charly ins Märchenland wechselt, wird es endlos zäh, die Geschichte kommt nicht mehr von der Stelle, während gleichzeitig wichtige Dinge gar nicht erklärt werden und am Schluss ein Deus-Ex-Machina-Ende aus der Kiste hüpft. Trotz einiger schöner Einfälle und mild gruseliger Szenen: Keine tolle Geschichte.


Hören:

Portishead: Portishead und Portishead: Third [1997, 2008 CD]
Das 1994er Debutalbum „Dummy“ von Portishead liebe ich seit erscheinen heiß und innig, vor allem wegen der Kombination von Trip-Hop mit düsteren Melodien und schwermütigem Jazzgesang – warum kannte ich dann die beiden anderen Alben von denen nicht? Also flugs mal die CDs für ein paar Cent gebraucht gekauft und festgestellt: Keines von den Stücken auf dem 1997er Album „Portishead“ oder dem 2008er „Third“ gefällt mir. Ist alles unharmonisches Geschrammel und elektrisches Gequietsche. Bäh-bäh-bäh.


Sehen:

The Father [2021, Prime Video]
Anthony Hopkins hat mehr als ein Problem: Seine Tochter ist scharf auf die Altbauwohnung, in der er seit 30 Jahren lebt. Seine Haushaltshilfe klaut ihm ständig seine Armbanduhr. Und dann sind da immer wieder fremde Männer, die behaupten, seit Jahren in seiner Wohnung leben.

Sehr gelungener und zweifach Oscar-prämierter Film. Die Handlung wird aus der Sicht von Anthony Hopkins Charakter erzählt, und es braucht nicht lange, bis man als Zuschauer begreift: Dieser Erzähler ist unzuverlässig. Orte ändern sich von Szene zu Szene um Nuancen, manchmal werden die gleichen Charaktere von verschiedenen Schauspielern verkörpert.

Das ergibt auf berührende wie verstörende Weise einen Eindruck davon, wie ein Demenzkranker seine Umwelt wahrnimmt. Die darstellerischen Leistungen von Hopkins und Olivia Colman als seine Tochter sind großartig – ihre Verzweiflung, als er sie phasenweise nicht mehr erkennt, ist nahezu körperlich fühlbar. Zudem sind die Situationen wirklich aus dem Leben gegriffen – ich kann das ja leider beurteilen. Szenen, wie die, in denen Hopkins unterstellt, das „DIE“ ihm Dinge klauen oder Situationen, in denen er Fremden gegenüber so charmant und geistig klar ist, dass man eine Demenz nicht mal im Ansatz vermuten würde, das habe ich alles mit meinem Vater erlebt.

Trotz der schwere des Stoffes gleitet der Film nie ins Pathetische oder Dramatische ab, und das ist bewundernswert konsequent im Blickwinkel des Protagonisten begründet.

Ant-Man and the Wasp: Quantummania [2022, Disney+]
Paul Rudd, Evangeline Lilly, Michael Douglas und Michelle Pfeiffer stolpern vor Greenscreens herum.

Ach man, ich kann diese Filme nicht mehr ertragen, die zu 95 Prozent aus dem Rechner fallen. Alles, alles ist hier Computergrafik, nichts ist echt. Sicher, die Kreaturen sind fantasievoll gestaltet und das Produktionsdesign ist toll, aber aus dem Rechner ist halt alles möglich – da gucke ich kaum noch vom Second Screen auf, und schon gar nicht, wenn viele der Effekte so erkennbar schlecht sind wie in „Quantummania“.

Die ersten beiden Ant-Man-Filme hatten, trotz der dummen Hauptfigur, noch einen wunderbaren Charme: Sie sind locker inszeniert, humorvoll, oft erstaunlich warmherzig und verblüffen mit Perspektivwechseln, etwa, wenn Michael Douglas ein komplettes Bürogebäude wie einen Rollkoffer hinter sich herzieht. Davon ist in „Quantummania“ nichts übrig, außer seelenlosem CGI-Blitzlichtgewitter gibt es hier gar nichts mehr.

Da die Story belanglos und die Figuren doof sind, kann man den Film getrost links liegen lassen. Einziger Lichtblick ist Michelle Pfeiffer, die hat erkennbar Spaß an ihrer Rolle, aber sie kann diesen Murks halt nicht allein tragen.


Spielen:

Jedi Survivor [2023, PS5]
Jahre vor „Eine neue Hoffnung“ und fünf Jahre nach den Ereignissen von „Jedi: Fallen Order“ operiert der junge Jedi-Ritter Cal Kestis aus dem Untergrund und organisiert Sabotage-Anschläge gegen den Aufstieg des Imperiums. Zu seiner Frustration bringt das genau gar nichts, immer mehr Welten gelangen in den eisernen Griff des Imperators, immer mehr Verstecke werden ausgehoben.

„Jedi Survivor“ hat den festen Vorsatz, episch groß sein zu wollen. Die Welten sind riesig, die Aufgaben vielfältig und die Actionsequenzen wuchtig.

Damit teilt „Jedi Survivor“ aber das Schicksal von „Assassins Creed“, „Horizon“ und anderen Triple-A-Produktionen: Es ist ZU groß, teilweise sogar absurd groß. Vieles in diesem Spiel ist völlig over-engineered und aufgeblasen. Eine eigentlich banale Aktion („gehe zu einem Tempel und warne den Mönch“) wird hier zu einem achtstündigen Jump-An-Run-Level mit Rätseleinlagen ausgebaut, in dem man nach dem 87. absurden Klettereinsatz und dem 128. Steinrätsel nur noch rufen möchte „Es reicht jetzt! Rückt endlich den Mönch raus!!“.

Dazu kommt die Spielmechanik, die an Dark-Souls angelehnt ist, was ich nicht leiden kann und was m.E. auch nicht zu Star Wars passt: Gespeichert werden darf nur an gewissen Punkten im Spiel. Füllt man dort seine Lebensenergie wieder auf, tauchen ALLE zuvor besiegten Gegner wieder auf.

Das ist extrem nervig, zumal auch der Schwierigkeitsgrad auf Souls-Niveau ist, und selbst banale Wegelagerer dem Jedi-Helden bis zum Ende mit wenigen Schlägen die Fresse polieren, wenn man nicht genauestens ihre Angriffsmuster studiert und gelernt hat, die auf die Hunderstelsekunde genau zu parieren. Ich mag das nicht, ich habe weder zeit noch Lust 100 Mal zu sterben, bis ich endlich den Gegner auswendig kenn und den in Minutenlangen Kämpfen besiegen kann. Zum anderen passt das auch überhaupt nicht zu der Power-Fantasie, ein Jedi mit Lichtschwert zu sein. In der Folge habe ich den Schwierigkeitsgrad von „Normal“ auf „Einfach“ und dann auf „Story“ gestellt, was dann allerdings gleich wieder ZU einfach war – aber immerhin hat das Lichtschwert dann mal Schaden gemacht, und ich musste mich nicht von jedem hergelaufenen Ewok verhauen lassen.

Abseits der Kämpfe gibt es teils sehr knifflige Sprung- und Kletterpassagen und teils gigantische Welten, in denen es viel zu erkunden gibt, die aber allesamt langweilig aussehen. Es scheint nur noch Fels- und Sandplaneten zu geben, schön ist hier fast nichts. Die Belohnungen für die Erkunderei sind meist banale, kosmetische Items.

Die Story hat ein echtes Pacingproblem. Viel zu lang schlägt sie sich mit Mönchswarnerei rum und kommt nicht aus der Hüfte, aber wenn es dann los geht, gibt es wirklich überraschende Wendungen. Die hätten allerdings mehr Gravitas, wenn die Figuren und die Geschichten um sie herum, besonders in den Nebenmissionen, nur einen Hauch interessant oder emotional wären. Mit Ausnahme der Dathomir-Hexe Merrin und dem grummeligen Piloten Greez erhält hier aber keine der vielen Personen, die man trifft oder rettet, eine bedeutungsvolle Hintergrundgeschichte. Das schwächt die Plot-Twists und das Spiel insgesamt.

Immerhin: Über die gesamte Laufzeit glänzt Jedi Survivor immer wieder mit schönen Einfällen, wie einen der ungewöhnlichsten Bossfights, die ich je gesehen habe: Man fliegt in einem Affenzahn um den riesigen Gegner herum und muss sich nur darum kümmern, sich nicht zu verfliegen.

Technisch ist das Spiel zum Release in keinem guten Zustand erschienen. Auf der PS5 in FullHD hatte ich im letzten Spieldrittel Probleme mit Rucklern, und generell kann man jede Textur beim Laden per Handschlag begrüßen, so verzögert und nacheinander kommen die an. Schlimmer noch: Recht häufig reagierten Plot-relevante Objekte und Charaktere nicht, Umgebungsrätsel ließen sich nicht lösen und Dialoge blendeten sich nicht wieder aus. Neustarts haben hier stets geholfen und Patches sind unterwegs, aber schön ist anders.

Hört sich jetzt alles nicht so gut an, Tatsache ist aber: Ich habe mit „Jedi Survivor“ in der Kampagne auf leichtem Schwierigkeitsgrad durchaus Spaß gehabt. Zwar habe ich damit das Souls-Like-Spielprinzip ausgehebelt und von den optionalen Aufgaben nur die Hälfte erledigt, aber Jedi mit einem wuchtigen Lichtschwert sein und es den imperialen Schergen so richtig zeigen, das ist wirklich gut umgesetzt.


Machen:
– Abschiednahme vorbereiten


Neues Spielzeug:


Ding des Monats:

Compression Cubes! Das sind Packing cubes mit einem zusätzlichen, umlaufenden Reissverschluss. Kleidung reinwerfen, Komressions-Zip zuziehen und zack, sind selbst ausufernde Fleecejacken ein flaches, hartes Päckchen, das fast wie vakuumiert wirkt.

Ich habe bislang keine Packing Cubes in den Motorradkoffern genutzt, sondern stattdessen dünne Müllbeutel für Kleidung benutzt. Aber die Compression Cubes bieten eine dermaßene Platzreduktion, das ich fast versucht bin die kleinen Koffer für die nächste Tour zu verwenden.


Archiv Momentaufnahmen ab 2008

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