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Category: Reisen

Reisetagebuch Japan (15): Ich bin im Dschungel, holt mich hier raus!!

Reisetagebuch Japan (15): Ich bin im Dschungel, holt mich hier raus!!

Das Dschungelcamp. Heute mit dem Reisetagebuch, einem Monsun, Regenwald-im-wahrsten-Sinne-des-Wortes und was der Mission “Erreiche den südlichsten Punkt Japans” noch so im Weg stehen kann. Ach, und ich schreie einen Tankwart an.

19. Oktober 2024, Sakurajima
Frühstück gibt´s im Hotel nicht, zumindest nicht für nicht-Japaner, also muss es das komische Brötchen mit Melonengeschmack aus dem Conbini tun. Dazu ein löslicher Kaffee. Also, wenn ich den Wasserkocher zum Laufen bekomme nur: Warum geht dessen Stecker nicht in die Steckdose? Egal wie sehr ich daran rumruckele, der will nicht.

Da muss es einen Trick geben. Muss man hier noch irgendwo drücken, ziehen oder reiben? Ob das Schild daneben Auskunft gibt? Was sagt denn der Übersetzer dazu?

Ach guck an! Die Blende lässt sich verschieben, das ist eine Kindersicherung! Ja cool. Wenn man es weiß, dann funktioniert das auch mit dem Stecker.

Einen heißen Kaffee in der Hand schaue ich über die Bucht. Der Himmel ist bedeckt, und schwere Regenwolken ziehen vom Meer heran. So lauschig die vergangene Nacht auch war: Das hier ist Schietwetter.

Besserung ist nicht in Sicht, im Gegenteil: Die stärksten Niederschläge ziehen alle Richtung Südcap, und das ist dummerweise genau der Ort, wo ich heute hin will.

Noch während ich die Wetterkarte studiere, beginnt es draußen zu regnen. Erst ein wenig, dann immer heftiger. Ich seufze und greife mir den Rucksack. Nützt ja nichts, also los!

Als ich den Yaris gerade vom Parkplatz steuern will, irritiert mich irgend etwas. Ich kann im Nachhinein nicht mal mehr sagen was es war, was mich abgelenkt hat, auf jeden Fall schaue ich nach rechts und lenke nach links und ausgerechnet dort ist ein Bordstein, so hoch wie eine Treppenstufe. Das linke Vorderrad des Yaris schrappt daran entlang, und obwohl ich gleich wieder einschlage, ist der Schaden passiert: Die Abdeckung der Felge hat derbe Kratzer abbekommen. Doof. Sowas ist mir noch NIE passiert in 30 Jahren Führerschein. Das wird Nou-San nicht freuen, wenn ich ihr ihren fast noch fabrikneuen Yaris zerschrammt zurückbringe.


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Reisetagebuch (13): Schatten der Vergangenheit

Reisetagebuch (13): Schatten der Vergangenheit

Reisetagebuch Japan. Heute schmiere ich mich mit Bärchenmilch ein, aber das ist auch so ziemlich das einzig Lustige.

Donnerstag, 17. Oktober 2024, Nagasaki
Es ist 08:00 Uhr, als ich in den Bus direkt vor dem APA-Hotel steige. Die Tür schließen sich mit einem Zischen und sperren zumindest für einen Moment die jetzt schon heiße und staubige Luft aus. Der Bus zockelt langsam um eine Ecke und biegt auf die Hauptstraße ein, dann latscht der Fahrer urplötzlich auf´s Gas und rast wie ein Besengter, nur um dann an der nächsten Haltestelle eine Vollbremsung hinzulegen, die alle Passagiere auf den Sitzen nach vorne wippen lässt. Der muss wohl einen Fahrplan einhalten.

Ich gucke aus dem Fenster und amüsiere mich über das “Coruscant Hotel” – ob da wohl der Imperator abteigt?

Einige Kilometer nördlich steige ich aus. Eigentlich wäre ich die Strecke zu Fuß gelaufen, aber bei dieser Hitze und der tropischen Luftfeuchtigkeit halte ich lieber mit meinen Kräften Haus.

Immerhin den letzten Kilometer geht es zu Fuß einen Berg hinauf. Zum wiederholten Mal fällt mir auf, wie schön in Japan die Kanaldeckel der Städte und selbst Pflanzeneinfassungen gestaltet sind.

Mein Ziel ist ein großes Gebäude, das von Weitem aussieht wie ein Backsteinbau, es dann aber doch nicht ist. Er besteht aus geschnittenen, großen Steinquadern, die aussehen, als wären sie schon einmal woanders verbaut gewesen.

Vor dem Gebäude stehen Statuen. Es erschliesst sich auf den ersten Blick, dass sie vom Verlust von Unschuld und Tod erzählen.


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Reisetagebuch Japan (12): Lufthafen

Reisetagebuch Japan (12): Lufthafen

Reisetagebuch Japan. Heute mit beeindruckend vielen Umstiegen und der Erkenntnis: Das ist nicht Genua.

Mittwoch, 16. Oktober 2024, Kyoto
Ich liege schon lange wach und starre die Zimmerdecke an, als ich um 7:15 Uhr endlich aufstehe. Noch kurz eines dieser seltsamen Erdbeerpäckchen über einem Toast ausgewrungen, dann geht es auch schon wieder zum Bahnhof.

Der Zug geht erst in einer Stunde und bis zum Bahnhof sind es nur fünf Minuten zu Fuß, aber da der Bahnhof von Kyoto so riesig ist, möchte ich ausreichend Zeit haben um in Ruhe mein Gleis zu finden. Zeit haben ist schön, zumal der Rest des Tages hektisch werden wird – heute muss ich insgesamt fünf Mal umsteigen. Was auch erklärt, weshalb ich die vergangenen Tage in jeder Stadt und jeden Tag in Reisezentren war und Zugreservierungen geholt habe.

Die erste Fahrt ist nur 17 Minuten lang, und in dieser kurzen Zeit macht der Shinkansen den Sprung von Kyoto nach Osaka. Dann heißt es eine halbe Stunde warten. Die Zeit nutze ich, um mir im Reisezentrum noch mal zwei neue Reservierungen zu holen – auf der Rückfahrt werde ich wieder sechs Mal umsteigen müssen.

Mit dem Shinkansen mit dem schönen Namen Sakura, dem “Kirschblütenexpress”, geht es dann weiter nach Westen. Der Zug ist etwas in die Jahre gekommen, die Sitze haben ein wenig was von Ommas Sofa.

Ach guck, seit 1975 gibt es den Shinkansen (auf der San’yo Line zwischen Osaka und Hakata, Danke, Snoeksen)? War ein guter Jahrgang. Bin ich auch.

Drei Stunden dauert die Fahrt, bis der Zug in Shin-Tosu ankommt, einem Ort, von dem die meisten Menschen außerhalb von Shin-Tosu noch nie etwas gehört haben. Hier beträgt die Umsteigezeit nur kappe sieben Minuten, und in der Zeit muss man einmal quer durch den Bahnhof. Zum Glück ist der nicht besonders groß, und da der Shinkansen (natürlich) bis auf die Minute pünktlich ist, klappt der Umstieg in den Lokalexpress auch.

Die Landschaft, die draußen vorbei zieht, ist nun nicht mehr durch Städte geprägt. Es sind weite Felder, in denen nur ab und an kleine Siedlungen und Dörfer zu sehen sind. Das Wetter ist anders geworden. War es heute morgen noch bedeckt, scheint nun die Sonne aus allen Knopflöchern.

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Reisetagebuch Japan (11): Erdbeerig

Reisetagebuch Japan (11): Erdbeerig

Reisetagebuch durch Japan. Heute gehe ich einfach spazieren und entdecke Dinge, es gibt eine Erdbeer-Ellipse und Leder aus Schimmelpilzen.

Dienstag, 15. Oktober 2024, Kyoto
Aufwachen und erstmal denken: Wo bin ich? Ach ja – Kyoto, immer noch.

Um kurz nach Sieben fahre ich mit dem Fahrstuhl ins Erdgeschoss – pardon, in den ersten Stock, wie das hier heißt. Im Eingangsbereich des Hotels stehen einige Plastikstühle und einfache Tische, dahinter eine Anrichte mit einem Kaffeeautomaten, einem Stapel Toastbrot, drei Toastern und zwei Schüsseln mit Marmeladenpäckchen. Breakfast for Champions!

Nein ernsthaft, kein Grund zu meckern. Das Frühstück ist im Zimmerpreis mit drin, und der ist mit rund 38 Euro sehr niedrig. Allerdings ist dieses Frühstück hier eine kleine Herausforderung. Der Kaffeeautomat sieht so aus, als hätte er drei Ausläufe. Ich wähle einen “normalen Kaffee” am mittleren Bedienfeld und stelle auch meine Tasse darunter, dann gucke ich mich kurz um stecke ein Toastbrot in einen der Toaster und als ich zurückkomme, ist meine Tasse zwar noch leer, aber dafür schwimmt das Ablagefach unter dem Auslauf. Offensichtlich hat der Kaffeeautomat doch nur einen Auslauf, und zwar mittig zwischen dem mittleren und dem rechten Bedienfeld, und den hab ich genau mit meiner Tasse nicht erwischt. Irreführendes Gerätedesign trifft auf dummen Nutzer. Verdammter Müll.

Ich nehme an einem Tisch Platz und besehe mir das Päckchen Erdbeekonfitüre. So eines habe ich noch nie gesehen. Es besteht aus zwei weichen Blasen, die mit sehr fester Folie verschlossen sind. Es gibt auch keine Aufreißlasche oder auch nur die Möglichkeit mit dem Fingernagel irgendwie unter diese Folie zu kommen.

Wenn ich bislang eins gelernt habe, dann ist das folgendes: Wenn du eine japanische Verpackung nur mit Gewalt aufbekommst, machst du irgendetwas verkehrt. Japanisches Verpackungsdesign ist hoch funktional und maximal bequem. Aber wie das hier funktionieren soll, das weiß ich beim besten Willen nicht.

“Komm her, ich zeige Dir, wie das geht”, höre ich mit einem mal – auf Deutsch. Ich blicke auf und sehe am Nebentisch eine ältere Dame, eine Japanerin. Ich stehe auf und gehe zur ihr hinüber.

“Ich musste gerade auch erst fragen, aber so geht das”, sagt sie, nimmt mir das Päckchen aus der Hand und drückt mit dem Daumen in die Mitte des Bildes mit der Erdbeere. Dort entsteht ein Falz. Daran entlang klappt sie das Päckchen so zusammen, dass die beiden Blasen außen sind, dann wieder zurück, so dass die beiden Blasen gegeneinander drücken.

Durch die Hin- und Herfalterei ist auf der Außenseite des Päckchens, genau der Mitte, ein kleines Loch entstanden, und dadurch kann man jetzt durch Zusammendrücken die Konfitüre herauspressen und direkt auf´s Brot spritzen.

Ich staune, dann bedanke ich mich und frage “Haben Sie mir angesehen, dass ich Deutscher bin?”
Die ältere Dame lacht.

“Nicht wirklich, aber ich komme halt aus Köln und bin grad nur zu Besuch bei einer Freundin. Ich spreche kein Englisch, nur Deutsch und ein paar Brocken Japanisch. Hättest Du auf die deutsche Ansprache nicht reagiert, hätte ich Dir nicht helfen können”.

“Ohne Englisch ist aber auch nicht einfach hier, oder?”, frage ich.
Sie seufzt.
“Zum Glück ist hier nicht alles so kompliziert wie die Marmeladenpäckchen. Viel macht man ja am Automaten oder im Internet. Tickets kaufen, zum Beispiel, ist ja alles automatisiert mittlerweile. In Deutschland sind wir noch lange nicht soweit.”

Da hat sie vollkommen recht. Japan hat in den vergangenen fünf Jahren einen guten Sprung nach vorne gemacht, in Deutschland werden immer noch PDFs ausgedruckt und wieder eingescannt.

Ich bedanke mich und wünsche ihr noch eine gute Reise.

Kleiner Exkurs noch zu den japanischen Verpackungen. Ich habe gelernt, dass man etwas falsch macht, wenn man mit einer Verpackung struggelt, als ich ein Onigiri, ein Reisdreieck, auspacken wollte und es dabei zerstört habe. Danach habe ich gesehen, dass es kleine Laschen an der Verpackung gibt. An denen zieht man, dann fällt die Verpackung nach links und rechts auseinander wie eine Blume. Danach zieht man ein Papier zwischen der Reismasse und dem Algenpapier weg, und Voila: Saftiger Reis in knuspriger Hülle. Ein kleines Wunderwerk.

Das zieht sich durch, bei den meisten Verpackungen gibt es einen ganz einfachen Trick, um sie zu öffnen. Aber die können aber noch mehr. Was ich bisher herausgefunden habe:

1. Bei Süßigkeitenverpackungen muss das Bild des Produkts mit dessen realer Größe übereinstimmen. Man weiß also immer, was einen in der Tüte erwartet. Wer beim Anblick einer solchen Verpackung denkt, da drin seien große Pralinen, der täuscht sich:

Die Dinger sind winzig, aber exakt so groß wie auf der Verpackung:

2. Verpackungen mit Snacks dubioser Konsistenz haben nicht immer, aber häufig einen “Chew-Index” aufgedruckt, also eine Skala, wie schwierig das Kram zu kauen ist. Perfekt für Leute, die mit ihrem Gebiss vorsichtig sein müssen. Englisches Weingummi, diese Plombenzieher, hat den höchsten Wert.

3. Bei Säften kann man anhand der Verpackung erkennen, wie hoch der Fruchtsaftgehalt ist. Wenn ein Saft ein Foto oder ein fotorealistisches Bild einer aufgeschnittenen Frucht enthält, dann ist es ein hunderprozentiger Direktsaft. Wenn weniger Fruchtgehalt drin ist, darf nur eine gemalte, unangeschnittene Frucht auf der Verpackung sein. Und wenn der Fruchtgehalt unter 5 Prozent liegt, darf es nur die abstrakte Zeichnung, eine Cartoonversion einer Frucht sein.

Mein komisches Erfrischungsgetränk mit “Weintraubengeschmack” muss also zumindest aus der Ferne mal mehr als fünf Prozent Frucht gesehen haben:


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Reisetagebuch Japan (10): Teigverprügler und kriminelles Schalenwild

Reisetagebuch Japan (10): Teigverprügler und kriminelles Schalenwild

Das Reisetagebuch durch Japan. Heute mit Teigverprüglern und kriminellen Rehen.

Montag, 14. Oktober 2024, Kyoto
Sitze ich wirklich im richtigen Zug? Kurz habe ich Zweifel, aber dann steigt eine Reisegruppe ein. Der japanische Guide verkündet langsam und sehr deutlich “Allora, trovate tutti un posto a sedere e parlate bassa, per favore! Arriviamo a Nara poco prima delle 10!”, dann nimmt er mir gegenüber Platz, schließt die Augen und pennt ein, währen die Italiener in seinem Schlepptau sich unsicher umblicken. Die wichtge Info war jetzt aber: Wir kommen um kurz vor 10 in Nara an. Super, da will ich auch hin, also bin ich richtig.

Nara ist eine kleine Stadt, 40 Kilometer südlich von Kyoto. Als eigenständiger Ort ist es kaum noch zu erkennen, es verschmilzt im Norden mit Kyoto und von Westen kommt Osaka immer näher heran. Japans Mega-Aglomerationen wachsen immer weiter.

Nara ist bekannt für seine große Parkanlage, die im Osten an die Berge stößt, und die will ich mir ansehen. Um dorthin zu kommen könnte ich einen Bus vom Bahnhof nehmen, aber ich laufe lieber zu Fuß durch den Ort.

An einem Laden bilden sich jetzt bereits jetzt, um kurz nach zehn, lange Schlangen vor allem ausländischer Touristen. So lange Schlangen, das Ordner mit Megaphon davor stehen und die Besucher einweisen und dafür sorgen, dass andere Passanten oder Autos überhaupt noch durchkommen. Was ist denn hier bloß los, dass es so einen Auflauf gibt? Ich schüttele den Kopf und laufe weiter.

Später werde ich herausfinden, dass in dem Laden Mochi hergestellt wird, eine japanische Süßigkeit aus Reis. Mochi ist mit nichts vergleichbar, was es im Westen gibt. Es fühlt sich im Mund samtig und weich an, ohne klebrig oder süß zu sein. Damit es seine einzigartige Konsistenz bekommt, muss der Teig mit Hämmern verprügelt werden. Der Laden hier hat daraus eine Show gemacht, “High Speed Mochi Making”, wo zwei bis drei Leute mit großen Hämmern bis zu drei mal die Sekunde(!) auf einen Mochiklumpen einschlagen:

NATÜRLICH ist das viral gegangen, und nun stehen Touristen aus aller Herren Länder von morgens bis Abends vor dem Fenster und filmen die Teigverprügler. Kaufen tun die wenigsten was. Es geht nur um das Video für Insta.

Dann finde ich den Eingang zum Park.

Gleich beim Betreten werde ich mißtrauisch von einem Reh beäugt. Böse funkelt es mich an, aus verschlagen blickenden Augen.

Ich kenne diese Sorte schon.
Sikahirsche.
Das sind die schlimmsten. Sehr gefährliche Tiere, mit einem starken Hang zur organisierten Kriminalität. Sie bilden gerne Banden, rauben einzeln oder in Gruppen Touristen aus, erpressen Schutzgeld von Kioskbesitzern und sind ganz groß in Trickbetrug, von Hütchenspielerei bis Internet-Scams. Bei der Wahl der Mittel sind sie nicht zimperlich. Gegen eine Gruppe Sika-Hirsche wirken russische Inkassounternehmen harmlos.

Am Eingang des Parks warnen Schilder vor den gemeingefährlichen Terror-Hirschen. Bildhaft ist dargestellt, wie die Viecher alten Frauen die Handtasche stehlen, Kinder verprügeln und beim Hütchenspiel betuppen.

Um die Tiere ruhig zu stellen soll man Wegzoll an sie zahlen. 200 Yen sind das Minimum, und die Hirsche erwarten, dass man die in Form von harten, dünnen Keksen rüberreicht.

Deshalb werden die überall verkauft, von unglücklich dreinschauenden Verkäuferinnen, die unter den Argusaugen von Reh-Aufpassern zu weniger als dem Mindestlohn schuften müssen.

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Reisetagebuch Japan (9): OH LOOK! THAT`S AMAZING!! AND SOOOOO TASTY!!!

Reisetagebuch Japan (9): OH LOOK! THAT`S AMAZING!! AND SOOOOO TASTY!!!

Das Reisetagebuch durch Japan. Heute gibt es eine Fahrt mit dem Excellent Express 3000 und ich treffe den Fächermeister.

Sonntag, 13. Oktober 2024, Hakone
Rundum sind grüne Wälder, ein Fluß plätschert in Hörweite, die Sonne geht gerade auf und vor dem Fenster zwitschern sogar Vögelchen. Ist geradezu kariesverursachend malerisch hier. Kein Wunder, dass Hakone der Sehnsuchtsort für die Großstädter ist.

Das Hotel bietet auch Frühstück an. Ich bekomme ein Tablett serviert, auf dem für jeden Geschmack etwas zu finden ist. Neben einem kleinen Salat liegen Würstchen und Speck, dazu Pudding und Vanillesauce und dazu ein winziges Brötchen und ein Stück dicken Toast. Sieht etwas wild zusammengewürfelt aus, aber zumindest ist für jeden Geschmack etwas dabei. Dazu gibt es Kaffee. Mein erster Kaffee seit elf Tagen!

Ich beeile mich mit dem Frühstück. Zum einen, weil der Tag heute wieder lang wird und ich früh aufbrechen will. Zum anderen will ich von der Gruppe Franzosen weg, die unmittelbar nach mir das Café des Hotels betreten hat. Jetzt sitzen sie an der langen Tafel und plappern in Lautsprecherlautstärke durcheinander. Wirklich, an die Ruhe der Japaner habe ich mich so schnell gewöhnt, dass mir die Lautstärke der Europäer unangenehm und peinlich ist.

Bei strahlendem Sonnenschein und 20 Grad wandere am Fluss entlang und durch die Straßen von Hakone in Richtung Bahnhof. Die Morgensonne hat sich gerade über die Berge geschoben, und der Fluss glitzert im hellen Licht.

Der nächste Zug geht um 08:39 Uhr, aber der fährt mir vor der Nase weg, als ich den Bahnhof von Hakone betrete. Ich sehe auf die Uhr: 8:38 Uhr und 53 Sekunden – selbst schuld, in Japan ist halt selbst die Lokalbahn pünktlich. Macht aber nichts, ich wollte eh´ erst den nächsten Zug nehmen und war lediglich zu früh dran. Nur halt nicht früh genug für den Vorgängerzug.

Mein Zug ist ein EXE – Excellent Express 3000!!!


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Coverboy

Coverboy

Das Kradblatt bringt die Morrigan als Titelstory und ich bin, äh, Coverboy. Man beachte außerdem das Ausfaltblatt in der Heftmitte (nur in der gedruckten Ausgabe).

Die Online-Ausgabe von Kradblatt 02/2025 gibt es hier: kradblatt.de

Reisetagebuch Japan (8): By any Means

Reisetagebuch Japan (8): By any Means

Reisetagebuch Japan. Heute geht die Bahn steil, die Eier werden schwarz und ich nehme ein Bad – mitten in der Nacht, auf einem Dach.

Samstag, 12. Oktober 2024, Sendai.
Als der Shinkansen aus dem Bahnhof Sendai abfährt erklingen Spinetttöne aus den Lautsprechern. Na, das hat ja mal Stil.

Irgendwie witzig, das so viele Dinge und Orte in Japan einen eigenen Jingle oder Klangteppich haben. In Tokyo hat jede U-Bahn-Station ihre eigene Haltemelodie. Hier im Shinkansen besteht der Klangteppich aus Spinetttönen, dann folgen Durchsagen auf japanisch und englisch. Meist sind es Verhaltensregeln: Nicht rauchen. Nicht im Wagen telefonieren. Nicht laut sprechen. Alle Sitzplätze sind reserviert, außer im Wagen mit der Nummer 6. Großes Gepäck bringt man bitte in den Gepäcknischen am Anfang und Ende des Wagens unter.

Letzteres ist wichtig. Die Gepäckablagen über den Sitzen sind für Aktentaschen gemacht, maximal für kleine Trolleys und Rucksäcke wie meinen Cabin Max. Größere Rollkoffer und Wanderrucksäcke müssen auf die Gepäckflächen, und in den meisten Zügen muss man die vorab reservieren. Ob das Gepäck und man selbst eine Reservierung hat, wird kontrolliert. Ständig. Aber nicht aufdringlich – die Kontrolleure haben Listen, welche Plätze belegt und welche frei sein sollen. Sie gehen permanent durch die Wagen und gleichen die Listen mit den Belegungen ab. Bei Vollbelegung natürlich witzlos, aber sie tun es halt. Das ist die Pflicht. Genau wie es dazugehört, sich beim Verlassen des Wagens noch einmal umzudrehen und vor den Fahrgästen zu verneigen, selbst wenn niemand das beachtet.

Ich checke nochmal mein Telefon. Es ist erst kurz nach sieben und der Zug, in dem ich sitze, ist in der Japantravel-App – ein Essential für alle Touristen – auch zu sehen. Danach verläuft sich die Verbindung im Dunkeln. Auch Google Maps gibt sich ratlos. Aber gut, ich bin nicht nervös. Das hier ist Japan. Irgendwo werde ich schon irgendwann ankommen. Hier kann nichts passieren, auch wenn ab und an auf englisch über die LED-Display der Text “JR East and The Police together are now on the Alert!” läuft. Wegen was die wohl alarmiert sind? Ob jemand wohl Gepäck ohne Reservierung abgestellt hat?


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Reisetagebuch Japan (7): Die Hölle und die Göttin

Reisetagebuch Japan (7): Die Hölle und die Göttin

Reisetagbuch Japan. Heute geht es in das Tal der Hölle, mein Albtraum wird beinahe wahr und eine Göttin hantiert mit einem Tischtennisball.

Donnerstag, 10. Oktober 2024, Ryokan bei Atsumo
Als ich gegen 06:30 aufwache merke ich sofort, dass etwas fehlt: Dieses Gefühl der Schuld, das dieser wiederkehrende Albtraum in den letzten Tagen und Wochen nach jedem Aufwachen hinterlassen hat. Ich habe heute Nacht nicht davon geträumt, in einem japanischen Dorf ein Kind angefahren zu haben. Vermutlich, weil ich gestern endlich wirklich in Japan mit einem Auto gefahren bin, und mein Hirn die Befürchtungen und Ängste dadurch beiseite legen konnte. Wäre mir zumindest sehr recht, wenn dieser gruselige Traum damit ein für alle mal abgeheftet wäre und nie wieder auftauchen würde.

Wenig später stehe ich im Türrahmen des Frühstücksraums. Dort sitzt bereits eine Gruppe schnatternder Rentnerinnen und Rentner um einen der größeren Tische. In einer Ecke steht eine Karaffe mit Saft. Ich nehme mir ein Glas, dann setze ich mich an einen kleinen Tisch und warte. In der Küche, rumpelt eine ältere Dame herum, aber nichts passiert. Auf dem Tresen steht ein Schild mit einer Kaffeetasse.

Ich gehe hin und lasse es mir vom Telefon übersetzen. Da steht: Frühstücksgäste sollen bitte nicht zögern, sich Kaffee zu nehmen. Okay. Aber habe ich nun eigentlich Frühstück gebucht? Booking sagt nein, die Anmeldung sagt ja, ich sage: Egal. Ich will hier nicht noch länger warten. Ich trinke meinen Saft aus und mache mich auf den Weg.

Auf dem Parkplatz des Ryokans hat der Yaris die Nacht gut verbracht.

Ich gucke mir das Auto noch einmal etwas genauer an. Der Wagen, das ist mir gestern aufgefallen, spricht nämlich in Stimmen. Mehreren Stimmen. Neben Carplay, aus dem meine Siri tönt, gibt der Wagen von sich aus Verkehrshinweise auf Englisch, aber bei jedem Start kommen noch aus mindestens zwei anderen Ecken Stimmen auf Japanisch her.

Ah, neben meinem Knie hängt ein Gerät für Autobahnmaut. Das sagt anscheinend beim Start “Keine Karte installiert”. Okay, ich will ja auch nicht Autobahn fahren.

Und hinter dem Rückspiegel quatscht es auch hervor. Da klemmt eine Dashcam! Das erklärt auch das Gedüdel, wenn ich durch Schlaglöcher fahre, das ist wohl das akustische Signal zur Datensicherung. Okay.


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Reisetagebuch Japan (5): Die elektrische Stadt ist tot

Reisetagebuch Japan (5): Die elektrische Stadt ist tot

Das Reisetagebuch. Heute mit Hypersexualisierung, alten Bastlern und dem Himmelsbaum.

Montag, 07. Oktober 2024, Tokyo
Nach dem Klingeln des Weckers drehe ich mich noch mindestens drei Mal im Bett herum. Darin ist es warm und bequem, wie in einem wohligen Kokon der Glückseligkeit. Ein schlechtes Gewissen habe ich nicht. Heute ist das letzte Mal für Wochen, dass ich werde ausschlafen können. Ab morgen ist richtig Action angesagt, heute eher ein Tag zum Rumgammeln.

Gegen halb elf bin ich dann doch mal auf den Beinen und laufe durch die Straßen Akihabaras. Die Sonne scheint, mit 27 Grad ist es hochsommerlich warm und die Luftfeuchtigkeit immer noch sehr hoch – mittlerweile stelle ich mir vor dem Verlassen des Hauses gar nicht mehr die Frage, ob ich eine Jacke mitnehmen soll. Die ist nur Ballast. Die Einheimischen, vor allem die Büroarbeiter, sind in dunklen Anzughosen und weißen Hemden unterwegs. Die Touristen in kurzen Hosen und bunten T-Shirts. Ich trage schwarze Jeans und ein schwarzes Hemd. Einfach, weil ich Hemden gerne mag. Die sind leicht, haben eine praktische Brustasche, man kann sie im Fall extremer Hitze aufknöpfen, die Ärmel kann man lang lassen wenn es kühl ist und hochkrempeln wenn es warm ist und man ist immer und für jeden Anlass passend gekleidet – besser geht es kaum! Gegen die simple Eleganz und Vielfältigkeit eines Hemds sind T-Shirts dumm und hässlich. Das Leben ist zu kurz um dumme und hässliche Klamotten zu tragen.

Vor mir quert ein kleines Mädchen von vielleicht vier oder fünf Jahren die Straße auf einem winzigen Fahrrad. Sie trägt Zöpfchen und ein rosa Kleidchen. Ur-niedlich sieht das aus. Die Kleine ist offenkundig ohne Begleitung – die Straßen hier sind halt einfach enorm sicher, weil so gut wie keine Autos fahren. Als das Mädchen gerade in der Mitte der Kreuzung ist, verfängt sich der Saum des Kleidchens in der Gangschaltung des Hinterrads. Mit einem herzzerreißenden Geräusch reißt ein Teil des Saumes, der Rest wickelt sich um die Radnabe.

Die Kleine strauchelt, fällt aber nicht hin, sondern kommt gerade noch so zum Stehen. Reflexhaft will ich helfen, halte dann aber inne – ich bin ein Fremder und spreche die Sprache des Kindes nicht. Zum Glück stellt sich raus, dass sie gar keine Hilfe braucht. Sie steht neben dem Fahrrad, besieht sich die Sache und denkt einen Moment nach, dann klappt sie den Seitenständer aus und greift vorsichtig in die Zahnräder. Sorgfältig wickelt sie den Stoff davon ab. Ich erwarte, dass sie jetzt in Tränen ausbricht, aber das passiert nicht. Sie hält den Saum des Kleidchens in beiden Händen und mustert die zerrissene und ölverschmierte Stelle mit großem Ernst, dann seufzt sie, steigt wieder aufs Fahrrad, rafft das Kleidchen etwas zusammen, damit es nicht nochmal ins Hinterrad gerät, und fährt weiter.

Das war wirklich eine erstaunliche kleine Szene.

Mein erster Weg heute morgen führt, noch einmal oder schon wieder, zum Bahnhof von Ueno. Im Reisezentrum für Touristen lege ich meinen Japan Rail Pass vor und lasse zwei Reservierungen für Zugverbindungen vornehmen. Die brauche ich erst in einigen Tagen, aber frühzeitige Reservierungen sind sinnvoll und praktisch Pflicht. Die kosten Inhaber des Railpasses auch nichts, aber man kann sie nicht online vornehmen, sondern nur im Reisezentrum oder an einem Automaten.

Im Reisezentrum spricht das Personal sehr gutes Englisch, daher ist mein Anliegen kein Problem und schnell erledigt. Für jede Teilstrecke bekomme ich ein grünes Reservierungsticket ausgedruckt. Die haben die gleiche Größe wie der Railpass und sehen auf den ersten Blick genauso aus – ich werde also aufpassen müssen, dass ich nicht aus Versehen statt einer benutzen Reservierungskarte den 650 Euro teuren Railpass wegwerfe.

Gegenüber des Eingangs zum Reisezentrum rotten in einer Nische zwei Münztelefone vor sich hin. Neben ihnen steht ein Regenschirmautomat, an dem man über eine App Schirme leihen kann. Zwischen dem Ding und einem Getränkeautomaten eingekeilt ducktt sich verschämt ein grüner Automat, den ich hier schon vor drei Tagen entdeckt habe.

“Pocket Change”, steht klein auf der Frontseite, und wenn man nicht weiß, was der Automat macht, erschließt sich das auch nicht sofort. Dabei ist er für Reisende endlos praktisch. In Japan sammelt sich nämlich rasant schnell Kleingeld in den Hosentaschen an, und zwar in einer Stückelung, die man nie wieder los wird. Zwar ist es in den vergangenen fünf Jahren VIEL besser geworden was die Akzeptanz von Kreditkarten angeht, zumindest hier in der Stadt, aber gerade an den kleinen Ständen und Restaurants sieht man Bares noch am liebsten oder akzeptiert erst gar keine Karten. Als Wechselgeld bekommt man dann aber häufig Münzen zurück, die man kaum wieder ausgeben kann und die manche Geschäfte auch nicht mehr annehmen. Dazu gehören 1, 5 und 10 Yen-Münzen. Alles unter 50 Yen ist praktisch nutzlos, und gerade die 1er wirken wie Spielgeld, die sind aus Alu gepresst.

Links sind brauchbare Münzen, rechts nutzlose.


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