So, ich bin auch wieder im Lande. Den Juni habe ich bis heute genutzt um eine kleine Runde mit dem Motorrad zu drehen. Wobei… so klein war sie am Ende gar nicht, diese Runde.

7.851 Kilometer sind zusammengekommen. Damit ist das knapp die zweitlängste Tour, die ich bislang gefahren bin. Die längste war 2019 nach Süditalien, und im Kern war das hier eine Neuauflage. Ich habe dieses Mal Orte etwas länger besucht, die ich damals nur im Durchflug erlebt habe. Das war schön, zumindest im Rahmen der Möglichkeiten. Die wurden durch die teils extremen Temperaturen begrenzt.
Ich halte trockene Hitze gut aus, aber bei 38 Grad ist es dann irgendwann auch bei mir vorbei mit der Lust auf Berge zu klettern oder Städte zu erkunden.

Viele Städte lagen allerdings eh nicht auf der Strecke. Ich hatte mir absichtlich die menschenleersten Regionen Italiens ausgesucht. Zum Beispiel die Berge der Abruzzen, wo sich Bären und Wölfe tummeln…

… oder die abgelegenen Orte Kalabriens, in denen die Zeit stehengeblieben zu sein scheint…

…die Wüstenlandschaft der Basilikata, wo man manchmal eine Stunde fahren kann, ohne einen Menschen zu sehen…

…oder das Molise, was in Italien so eine Art Bielefeld ist. “Das Molise existiert nicht. Ich kenne niemanden, der schon mal dort war”, heißt es an den abendlichen Stammtischen. Nun, ICH war dort, und es existiert nicht nur, es ist auch hybsch.
Drei Wochen abgelegene Orte und jeden Tage hunderte Kilometer mit sich allein im Motorradhelm, das ist eine gute Gelegenheit den Kopf frei zu bekommen.
Das war auch bitter nötig, denn wenn die Gedanken zersplittert und im ganzen Kopf verstreut sind, dann passieren dumme Dinge. So habe ich es zum Beispiel geschafft, das Motorrad mit Diesel zu betanken und bin mit einem Bremsscheibenschloß im Vorderrad losgefahren. Das Dieselabenteuer hat die Morrigan ohne Probleme überstanden, war zum Glück nur ganz wenig. Durch die Scheibenschloßnummer hat sie nun auch ihren ersten Umfaller hinter sich und die ersten Kampfspuren davongetragen.
Seltendämlich, sowas. Zumal die Suzuki und ich vorher Ausflüge in einen Olivenhain, eine Sanddüne und über ein Geröllfeld überstanden hatten OHNE uns langzulegen. Aber nun.
Der entspannte Teil fand dann auf einer gewissen Fischfarm statt. Der so ziemlich beste Ort der Welt, in der Region die nun wirklich niemand kennt.

Wobei auch hier mittlerweile Fotografen an den Pässen hocken und Bilder von einem machen.


So lange es nur Fotografen sind, die einen blitzen… Könnte übrigens auch sein, dass diese Tour im Nachgang noch sehr teuer wird. Italien hatte anscheinend Verkehrswochen, und ich wurde das ein oder andere Mal wohl gefilmt und gelasert… mal gucken, ob da noch was kommt.
Neue Freunde habe ich auch gefunden:


Ich war übrigens nicht NUR an menschenleeren Orten. Nach den ganzen Videos von umfallenden Motorradfahrern am Stelvio musste ich mich mal selbst davon überzeugen, wie schwierig dieser Pass eigentlich zu fahren ist.
Ich sag mal so. Schwierig sind nicht die Kurven. Schwierig ist der verdammte Zirkusrummel, den die Leute da veranstalten. Boomer in Supersportwagen, alte Männer auf dicken Moppeds, junge Männer auf Traktoren, dazwischen Hunderte von Radfahreren die sich immer irgendwie noch durchwurschteln müssen, obwohl man sich DENKEN könnte, dass in einer Steilkurve zwischen einem Bus, einem aufsetzenden Sportwagen und einem rudernden Motorradfahrer kein Platz mehr ist… DAS sind die Situationen, die die Stürze verursachen. Die Disneyieserung der Welt, die Alpen als Abenteuerspielplatz für Männer mit zu viel Geld, das ist das Problem.
Das Schöne: Um sechs Uhr Morgens pennen die Clowns noch, und der Stelvio ist magisch. Und zwar nicht ganz easy, aber gut zu fahren.


Ich hatte natürlich völlig nicht auf dem Schirm, dass ein katholischer Feiertag war. Solchen Kram kenne ich als Südniedersachse ja gar nicht. Wir haben hier nur zwei Feiertage pro Jahr, nämlich Weihnachten und Ostern, und die Landesregierung legt die aus purer Boshaftigkeit meist auf ein Wochenende.
Trotz Feier- und Brückentag fand die Tour dank Susemoto dennoch einen grandiosen Abschluss im Schwarzwald.

Die V-Strom 800 hat alles klaglos mitgemacht. Tolles Motorrad, zuverlässig und belastbar.
Dafür hat sie sich nun ein wenig Liebe verdient, es gibt ein neues Kettenkit und neue Reifen. Wobei die Touring Next II nach 13.500 Kilometer, davon sicherlich zwei Drittel auf Schnellstraßen und IMMER mit Gepäck, noch bemerkenswert gut in Schuß sind. Hinten sind noch 5 mm drauf, vorne 3mm und die Autobahnkanten sind kaum zu merken.

Ich habe übrigens deswegen so große Koffer, um viel Zeugs mitbringen zu können. Das habe ich dieses Mal auch reichlich getan.


Ob natürlich die Zwiebeln so gut werden wie in Tropea, werden wir sehen.

So. Jetzt erstmal wieder ankommen. Wäsche waschen. Motorrad putzen. Und versuchen, den klaren Kopf und das Urlaubsgefühl noch etwas in den Alltag hinüberzuretten.

2023: 6.142
2023: 5.853
2022: 5.679
2022: 6.338
2021: 7.306
2020: 5.575
2019: 8.124
2018: 6.737
2017: 5.908
2016: 6.605
2015: 5.479
2014: 7.187
2013: 6.853
2012: 4.557